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Krieg und Waffen

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Seit Ned Starks Hinrichtung hat der Krieg ständig mal in dieser, mal in jener Gegend der Sieben Königreiche getobt. Auch einige offene Feldschlachten haben stattgefunden: Die Kämpfe im Zuge des Stark-Lennister-Konflikts, deren Ergebnis die Gefangennahme Jaimes war, und natürlich die große Seeschlacht vom Schwarzwasser. Hauptsächlich jedoch ist es ein sogenannter Kleinkrieg gewesen, der in Form von Plünderungen ausgetragen wird. Zwar gelten Frauen und Kinder normalerweise nicht als kämpfende Partei, aber Frauen werden häufig vergewaltigt und ermordet, Kinder abgeschlachtet und Gefangene gefoltert; der Teufelskreis der Grausamkeiten ist endlos. Im frühen 12. Jahrhundert, als Stephan und seine Cousine Mathilde um den englischen Thron stritten, schien es, um mit einem zeitgenössischen Chronisten zu sprechen, während der „neunzehn langen Winter“ der Anarchie so, „als schliefen Gott und seine Engel“. So auch in Westeros: die Taktik der verbrannten Erde, brennende Bauernhöfe, abgestochenes Vieh, geraubte Vorräte, Vergewaltigung, Mord und Plünderungen durchziehen die Feldzüge.

Die Adligen bleiben vom Kampf relativ unberührt, es sei denn, sie befehligen wie Jaime aktiv Truppen im Feld und geraten in Gefangenschaft. Aus der Sicht mittelalterlicher Bräuche hätte man missbilligt, wie die Starks mit Jaime umspringen; normalerweise hielt man einen adligen Gefangenen unter halbwegs bequemen Bedingungen in Haft, während man das Lösegeld aushandelte, und nicht in einem zugigen Käfig unter freiem Himmel. Häufiger kam es so, dass sich die Aristokratie in ihre Burgen zurückzog und vom Tor aus den Ausgang des Krieges abwartete. „Eine überlegene Stellung aufzugeben, ist strategisch unklug“, so tadelt Roose Bolton Ramsay, als dieser einen Ausfall gegen die Armee von Stannis plant, der sein Lager nahe Winterfell aufgeschlagen hat (5.8). Doch obwohl das normannische Burgenbauprogramm in England und Wales nach 1066 für die neue Aristokratie ausgezeichnet seine Wirkung tat, riskiert man in Westeros mit der Taktik, sich hinter Burgmauern zurückzuziehen, den Bruch mit dem einfachen Volk, das die Hauptlast der Gewalttaten aller Angreifer zu tragen hat, wie Robert seiner Frau erklärt.

In diesen Kriegerkulturen, ob nun im Norden, in den Südlanden oder jenseits des Meeres in Essos, ist die Beziehung eines Mannes zu seiner Waffe zentral. Während die Dothraki ihre Arakhs schwingen („für einen Reiter ist eine gebogene Klinge genau richtig, leichter zu handhaben“, erklärt Jorah (1.3)), ist die Hauptwaffe in Westeros das Schwert. Die besten Stücke sind aus valyrischem Stahl geschmiedet, einem seltenen Werkstoff mit besonders guten Eigenschaften: er bleibt so scharf wie kein anderes Metall und zeigt ein charakteristisches Wellenmuster. Das Geheimnis, neuen valyrischen Stahl zu schmieden, setzt Drachenfeuer voraus und ist mit dem Untergang Valyrias verloren gegangen, doch das noch existierende Metall lässt sich umschmieden, ohne seine Eigenschaften zu verlieren: „Nur ein Metall konnte so dünn geschmiedet werden und dabei ausreichende Härte haben, um damit zu kämpfen, und diese Riffeln, dieser Stahl, der viele tausend Male in sich gefaltet war, war unverkennbar.“ (SdS 32 = SoS 32)

Auch im frühen England der angelsächsischen Zeit (5.–6. Jahrhundert n. Chr.) galten die alten Schwerter, die die Angelsachsen aus ihren Heimatgebieten auf dem Kontinent mitgebracht hatten, als überlegene Waffen. Die Schmiede, die sich in einer neuen Landschaft wiederfanden, brauchten Zeit, um Eisenerzvorkommen zu entdecken und die nötige Holzkohle aufzutreiben, damit die Temperatur des Schmiedefeuers hoch genug wurde, um festen, flexiblen Stahl herzustellen, der weder zu spröde noch zu biegsam war. Häufig erwähnt die altenglische Dichtung das Schlangenlinienmuster auf den Schwertern bester Qualität; es entstand durch das Musterschmieden, ein Verfahren, bei dem man einzelne Stahlstäbe miteinander verdrehte und verschweißte und sie anschließend wieder und wieder schmiedete, um sie geschmeidig und fest zu machen – genau jene Technik, die mit den Schmieden Valyrias untergegangen ist.

Im Beowulf sind die alten Schwerter die besonders geschätzten; an ihnen haftet anthropologisch gesprochen das Mana, die Aura derjenigen, die sie in vergangenen Schlachten getötet haben; sie dünsten errungene Siege aus. Wenn ein Feind besiegt ist, nimmt der Sieger dessen Schwert und macht die Niederlage damit zum Teil der Geschichte dieser Waffe. Für seinen Kampf gegen Grendels Mutter leiht sich Beowulf das berühmte Schwert Hrunting aus, obwohl kein Metall die Haut der Kreatur durchbohren kann, ausgenommen ihr eigenes Familienschwert, das an den Wänden ihrer Höhle hängt. Zum ersten Mal in seiner Geschichte, bemerkt der Dichter, versagt Hrunting. Selbst Beowulfs eigenes Königsschwert Nægling erweist sich als machtlos, den Drachen zu überwinden, der dem Helden zum Verhängnis wird, und zerbirst am Schädel des Ungeheuers.22

Im Mittelalter haben Schwerter oft Namen, was auf eine Beziehung hindeutet, die näher an der zwischen Mensch und Tier steht als an der zwischen Mensch und leblosem Gegenstand. Ihre geliebte Schattenwölfin Nymeria hat Arya wegjagen müssen, Nadel aber gibt sie nicht aus der Hand, solange sie kann, und als sie das Schwert wiedergewinnt, indem sie Polliver tötet, markiert das einen entscheidenden Wendepunkt ihres Geschicks. Neds Zweihänder Eis, aus valyrischem Stahl geschmiedet, begleitet ihn vom ersten bis zum letzten Moment seiner Geschichte. Wir sehen, wie Ned das Schwert aus seiner Wolfsfellscheide zieht, um Will wegen Desertion aus der Nachtwache hinzurichten, und später benutzt Ilyn Payn es, um seinen Besitzer auf Joffreys Geheiß zu enthaupten. So mächtig ist Eis, dass Tywin es von einem Schmied aus Volantis, einem von dreien, die noch wissen, wie man valyrischen Stahl bearbeitet, in zwei neue Schwerter umschmieden lässt. Das eine Schwert, von seinem neuen Besitzer bezeichnenderweise „Witwenklage“ genannt, erhält Joffrey als Hochzeitsgeschenk. Das zweite wird Jaime übergeben, der es wiederum an Brienne weiterreicht, damit sie es auf die Suche nach Sansa mitnimmt. Brienne nennt die Klinge „Eidwahrer“, jenem Eid zu Ehren, den sie einst Catelyn geschworen hat. Und Langklaue, das valyrische Schwert des Hauses Mormont, hat Lord Jeor, der Kommandant der Nachtwache, an seinen Sohn Jorah weitergegeben und stellt es sicher, als Jorah aus Westeros flieht. Langklaue erhält einen neuen Schwertknauf, den statt des Bären der Mormonts der Schattenwolf des Hauses Stark schmückt, und geht nun an Jon Schnee. Das ist für den Schenkenden wie den Beschenkten ein einschneidender Augenblick; Jeor hat die Hoffnung aufgegeben, seinen Sohn je wiederzusehen, denn Jorahs Schande – er hat Wilderer in die Sklaverei verkauft – ist so leicht nicht auszulöschen. Indem er Jon Schnee das Schwert gibt, setzt Jeor praktisch ein Zeichen, dass der junge Mann sein Nachfolger sein soll, genau wie Sam es vorhergesagt hat, und wird ihm eine Art zweiter Vater. Schwertern wohnt eine emotionale Macht inne, die weit über ihre Funktion im Krieg hinausreicht.


Abb. 11: Mustergeschmiedetes modernes Schwert im Wikingerstil, geschmiedet von Jesús Hernandez

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