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Kapitel 1

Erschöpft schloss ich mit einem lauten Knall die letzte Patientenakte und legte sie mit einem tiefen Seufzer auf den Stapel zu den anderen Unterlagen auf meinem Schreibtisch. Hinter mir lag ein langer, harter Arbeitstag.

Die einhellige Expertenempfehlung lautete, täglich nicht mehr als vier maximal anderthalb Stunden dauernde psychotherapeutische Gespräche zu führen – mit großzügigen Pausen zwischen den Sitzungen, um sich von den einzelnen Terminen zu erholen. Doch heute hatte ich, sage und schreibe sechs kraftraubende Sitzungen geleitet. Und keine davon hatte ich pünktlich beendet. So etwas wie eine echte Pause hatte es gar nicht gegeben. In den wenigen freien Minuten zwischen zwei Patienten hatte ich hektisch eine Banane oder einen Apfel verspeist. Der Sprechstunde folgten die aufwendigen Dokumentationen der Sitzungen.

Müde rieb ich mir mit der Handfläche über die Stirn.

Andererseits … ich liebte meine Arbeit.

Vor mittlerweile fast fünf Jahren hatte ich mich als Psychotherapeutin mit einer Praxis in der besten Lage von Köln selbstständig gemacht. Anlaufschwierigkeiten hatte es kaum gegeben. Ich profitierte schnell von zufriedenen Patienten, die mich weiterempfahlen, sodass meine Praxis innerhalb kürzester Zeit ganz hervorragend lief. Darüber hinaus dozierte ich Psychologie an der hiesigen Universität. Meine wissbegierigen Studenten zu unterrichten und mit ihnen über die verschiedenen Therapieschulen und -ansätze zu diskutieren – auch das machte mir viel Freude.

Ich lebte in einer Eigentumswohnung im vierten Stock eines schicken Apartmenthauses in der zweitbesten Lage von Köln und verfügte über vier großzügig geschnittene Zimmer, eine Wohnküche, ein Bad mit Wanne sowie Dusche und eine riesige Dachterrasse, um die mich jeder, den ich kannte, beneidete. Sowohl zur Universität als auch zu meiner Praxis benötigte ich nur wenige Autominuten.

Köln war nicht immer mein Zuhause gewesen. Ja, ich stammte nicht einmal aus dem Rheinland oder der näheren Umgebung. Erst nach dem Abitur hatte es mich aus einem verschlafenen norddeutschen Dorf, das im Sommer vom Tourismus lebte und in den restlichen Monaten des Jahres komatös dahinvegetierte, zum Studium in die Rheinmetropole verschlagen. Auch wenn die Entfernung bis nach Hamburg nicht groß gewesen war, brauchte ich nach Jahren einsamer, fast morbider Schläfrigkeit zum Wohnen und Leben den taumelig machenden Rausch einer Stadt wie Köln. Hier gab es Kultur, alle nur erdenklichen Lebensentwürfe und eine Menge Toleranz. Hier war es bunt, vielfältig und manchmal ein bisschen skurril. Hier gab es den Rhein.

… und den Dom.

Wie sehr hatte es mich anfangs amüsiert, wenn die Urkölner mir von ihrem heimeligen Gefühl vorschwärmten, das sich einstellte, sobald sie von irgendwoher in ihre Stadt zurückkehrten und sich in der Ferne ganz plötzlich die Domspitzen zeigten.

Heute ging es mir ganz genauso. Wann immer ich mit meinem Auto auf Köln zufuhr und am Horizont die Spitzen des altehrwürdigen Doms erblickte, wurde mir warm ums Herz.

Nachdem ich nach Köln »ausgewandert« war, lernte meine Schwester Tina nur drei Jahre später während eines Wanderurlaubs ihren jetzigen Mann kennen, einen Tenor der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf.

Unter diesen Umständen hielt es auch meine Eltern nicht mehr in Norddeutschland. Schließlich lebten die Töchter und irgendwann auch ihre Enkelkinder im Rheinland. Um keinen Preis der Welt wollten sie ihre beiden Mädchen und deren Familien nur einmal im Jahr zu Weihnachten sehen – wenn überhaupt. Außerdem planten sie, nicht eine Entwicklungsphase ihrer Enkel zu versäumen. Bisher hatte es allerdings nur Tina fertiggebracht, zu heiraten und Kinder in die Welt zu setzen.

Mein Vater, Manager eines großen Konzerns in Hamburg, fand schnell eine neue Stelle in leitender Position in einem international tätigen Unternehmen mit Sitz in Köln, und meine Mutter gab kurzerhand ihr Dekoartikel- und Geschenkegeschäft an eine daran schon seit Langem interessierte Freundin ab. Meine Eltern kauften sich ein Haus im Kölner Speckgürtel, und unsere Familie war wieder zusammen.

»Sandra, ich mach jetzt mal Feierabend …« Meine Praxismanagerin Ulrike betrat den Raum, blieb kurz stehen und zeigte mit einem leicht vorwurfsvollen Gesichtsausdruck auf den Stapel Akten auf meinem Schreibtisch. »… natürlich erst, nachdem ich das hier einsortiert und weggeschlossen habe«, fügte sie ein wenig mürrisch hinzu.

»Danke. Lass dir einen schönen Abend wünschen, Uli«, antwortete ich lächelnd.

»Ja. Du dir auch. Erhol dich gut. Morgen stehen sieben Termine in deinem Kalender.«

Ich verdrehte die Augen. Schon wieder so ein verrückter Tag wie heute.

Entschlossen klemmte sich Ulrike die Patientenakten unter den Arm und verließ mein Zimmer. Ich hörte, wie sie in ihrem Büro den einbruchsicheren Arztschrank öffnete und die Akten einsortierte. Die schweren Türen schlugen zu und Uli drehte am Zahlenschloss.

Dann klackerten ihre hohen Absätze auf dem hellen Dielenparkett, sie öffnete mit einem »Tschö, Sandra« die Praxistür und … ich war allein.

Ich reckte und streckte mich gründlich, blieb mit hinter dem Kopf verschränkten Armen an meinem Schreibtisch sitzen und ließ den Blick, nicht ohne einen gewissen Stolz, durch mein Sprechzimmer schweifen.

Die Einrichtung war gemütlich und in sich stimmig. Die Wände schimmerten in einem zarten Beige. An der Decke hing ein alter, wunderschöner venezianischer Kronleuchter. Cocktailsessel mit blauen Kissen standen zusammen mit einem Tischchen an der Wand direkt neben der Tür. In einer Zimmerecke hatte ich eine ergonomisch geformte, mit blauem Leder bezogene Liege, in zwei weiteren Ecken Vitrinen aus warmem, hellem Holz aufstellen lassen. Aus dem gleichen Holz war mein nicht sehr großer Schreibtisch vor dem Fenster. Dezente Accessoires zierten die Wände, die Luft duftete ganz leicht nach Vanille.

Als ich die Ausstattung vor mehr als fünf Jahren äußerst penibel ausgesucht hatte, wollte ich, dass jedes Detail perfekt war, damit sich meine Patienten bei mir rundum wohlfühlten.

Und das taten sie.

Zu meiner geschmack- und stilvoll eingerichteten Praxis gehörten neben meinem Sprechzimmer und Ulrikes Büro eine Küche mit Kühlschrank, Herd und einer Sitzecke, zwei Toiletten für die Patienten, ein Bad für Ulrike und mich sowie ein kleiner diskreter Wartebereich. Mehr war nicht nötig. Als Psychotherapeutin achtete ich streng darauf, dass meine Patienten sich nicht begegneten. Nur in Ausnahmefällen, wenn ein Gespräch mal etwas länger dauerte, musste ein Patient warten.

Jetzt suchte ich das Badezimmer auf und betrachtete mich im Ganzkörperspiegel, den ich extra für Ulrike und mich gekauft hatte. Ich lächelte mir freundlich zu. Zwar war ich hundemüde, man sah es mir glücklicherweise jedoch nicht an – meine hellblauen, mit dunkelblauem Kajal und schwarzer Wimperntusche geschminkten Augen strahlten wach, meine Lippen waren voll und meine leicht gebräunte Haut war fest und glatt. Ich zog das Band aus meinem Haar, schüttelte meine blond gefärbten, schulterlangen Locken auf und schob mir den inzwischen bis zum Kinn reichenden Pony aus meinem schmalen Gesicht.

Ja, ich war mit mir zufrieden – eine Mitte dreißigjährige, beruflich erfolgreiche, schlanke und gut aussehende Frau.

Mein heimlicher Stolz waren zugegebenermaßen meine Brüste. Geformt wie zwei runde Äpfel mit zierlichen, rosinengroßen Knospen befanden sie sich noch immer an derselben Stelle wie vor zehn Jahren. Ich fuhr mit den Fingerspitzen über den kleinen Bauchansatz, den ich immer gehasst hatte. Aber da ihn die meisten Kerle erotisch fanden und auf ihn abfuhren, hatte ich mich mehr oder minder mit ihm arrangiert.

Kerle – das klang ein wenig abfällig, aber ja, so bezeichnete ich die Männer inzwischen. Meine Erfahrungen mit dieser Gattung waren nicht besonders gut. Entweder sie wollten ein fügsames, sanftes Weibchen, das sie dominierten, oder eine eigenständige, für sich sorgende Partnerin, die ihnen aber wie selbstverständlich die Hemden bügelte und das Abendessen kochte.

Beides war ich nicht.

Ich zog meinen leichten lilafarbenen Sommerpulli über der weißen Hose glatt und lächelte mir noch einmal aufmunternd zu, bevor ich das Bad verließ und nach meiner Handtasche griff.

Plötzlich fiel er mir wieder ein – dieser geheimnisvolle Brief ohne Absender …

Ein dicker Büttenumschlag hatte gestern zwischen verschiedenen Fachzeitschriften und einer Handvoll Rechnungen in meinem Briefkasten gelegen. Fast hätte ich ihn übersehen. Ich fischte ihn aus der übrigen Post und steckte ihn ungeöffnet in meine Handtasche. Morgen war auch noch ein Tag. Denn ich war spät dran und der Abend gehörte Connie und Katja, meinen beiden besten Freundinnen. Danach vergaß ich den Brief. Erst jetzt fiel er mir wieder ein und augenblicklich packte mich die Neugier.

Wer schickte mir einen Brief ohne Absender?

Und wer benutzte heute noch Umschläge aus Büttenpapier?

Aus dickem Büttenpapier!

Sicherlich hätte ich die Einladung zu einer Hochzeit erwartet, wäre dieses edle, kaum noch verwendete Papier das geeignete Medium dafür gewesen. Und der fehlende Absender hätte mich auch nicht irritiert. Doch meine Freundin Connie heiratete ihren Traummann Mark erst am zweiten Januar, dem Tag, an dem sich der Beginn ihrer kolossalen Liebesgeschichte jährte. Mit der Einladung zu diesem Event rechnete im Herbst. Jetzt war Sommer. Alle anderen Freunde waren bereits verheiratet, oder es war wie bei mir weit und breit kein Partner in Sicht, mit dem ein solches Ereignis anstand.

Während ich Ulrikes Büro betrat, kramte ich den geheimnisvollen Umschlag aus meiner Tasche. Meine Fingerspitzen fuhren über das feine, weiche Papier, bevor ich nach dem silbernen Brieföffner auf Ulrikes Schreibtisch griff und das Kuvert aufritzte.

Ich zog ein gefaltetes Anschreiben – ebenfalls aus dickem Büttenpapier –, den Flyer eines Luxus-Spa und eine Eintrittskarte aus dem Umschlag. Mit hochgezogenen Brauen legte ich Flyer und Eintrittskarte auf den Tisch und faltete gespannt den handgeschriebenen Brief auseinander. Beim Lesen wurden meine Augen immer größer.

Liebe Sandra,

was hältst du von einer kleinen Auszeit im Paradies?

Ich weiß, dass du deine spärlich bemessene Freizeit genießt – mit herrlichen Urlauben und gemeinsamen Unternehmungen mit deinen Freunden. Du besuchst Ausstellungen, Konzerte oder Museen. Du gehst ins Kino und in die Oper und genießt dein Leben.

Doch eine attraktive Frau wie du sollte sich regelmäßig feiern und verwöhnen lassen.

Ich würde mich freuen, wenn du meine Einladung ins Paradies annimmst und den kommenden Samstag im Heaven verbringst. Eine Eintrittskarte liegt diesem Schreiben bei. Und natürlich auch ein Flyer, damit du weißt, was genau dich dort erwartet.

Außerdem habe ich eine Überraschung für dich.

Komm, lass dich feiern und verwöhnen.

Kein Absender!

Und eine Unterschrift fehlte auch!

Wer hatte mir diesen Brief geschickt und lud mich zu einem Wellnesstag im Heaven ein?

Im ersten Moment fiel mein Verdacht auf Connie und Katja. Meine beiden Freundinnen wussten, wie hart ich arbeitete. Daher glaubte ich zunächst, sie überraschten mich mit der Einladung in das wundervolle Spa, das idyllisch an einem Hang oberhalb eines Sees lag. Gehört hatte ich von diesem Wellnesstempel bereits.

Doch eine attraktive Frau wie du sollte sich regelmäßig feiern und verwöhnen lassen – nein, Connie und Katja würden so etwas niemals schreiben. Das war einfach nicht ihr Stil. Auch die anderen Zeilen passten absolut nicht zu meinen Freundinnen. Sie hätten sich humorvoller Sätze bedient, gewürzt mit ein wenig Ironie und Sarkasmus.

Ich bemerkte, wie ich bei dem Gedanken an Connie und Katja lächelte – die beiden hatten sich bereits in ihrer Kindheit kennengelernt und waren seitdem wie Schwestern. Ich hatte sie während des Studiums getroffen. Selbstverständlich waren Connie und Katja an der gleichen Fakultät eingeschrieben. Sie machten fast alles gemeinsam. Während eines Mittagsessens in der Uni-Mensa war weit und breit kein Platz mehr frei, außer am Tisch der beiden. Ich fragte, ob ich mich zu ihnen setzen dürfte, wir kamen ins Gespräch, verstanden uns prächtig und trafen uns ab diesem Zeitpunkt regelmäßig in der Kantine. Sehr lange blieb es dabei nicht. Schon bald teilten wir einen Großteil unserer Freizeit und verbrachten die Urlaube miteinander. Drei fest aufeinander eingeschworene Single-Frauen, die in jeder Hinsicht perfekt harmonierten und sich bei Problemen oder Liebeskummer umeinander kümmerten.

Nachdem wir unser Studium abgeschlossen hatten, machten wir alle drei Karriere. Connie leitete die Presseabteilung eines multinationalen Konzerns, Katja war Personalchefin in einem erfolgreichen Familienbetrieb, und ich hatte meine Praxis und die Dozentenstelle an der Universität.

Unsere Freizeit verbrachten wir weiterhin zusammen. Und obwohl Connie inzwischen mit ihrem Verlobten Mark zusammenlebte, trafen wir uns noch immer regelmäßig.

Ich legte das Schreiben beiseite und nahm den Hochglanzflyer des Spa zur Hand. Die Vorderseite zeigte das Foto eines Infinity-Pools, der direkt in den See zu fließen schien. Am Beckenrand standen bequem aussehende breite Liegen, auf denen sich schöne, schlanke Menschen in knappen Bikinis und unifarbenen Badehosen sonnten. Zwischen den Liegen befanden sich filigrane Beistelltische mit geeisten Cocktail- und Sektgläsern.

Ich faltete den Flyer auseinander und betrachtete die Fotos der riesigen Gartenanlage, die sich über mehrere Ebenen bis hinunter zum See erstreckte. Die über die Anlage verteilten Liegen und Wasserbetten waren extrem breit, die vor der Sonne schützenden Strohschirme ausladend. Das Wasser in den Whirlpools sprudelte goldglitzernd und ein kleines Saunadorf auf einer Ebene in der Mitte des Gartens zierte eine Unmenge an Bambuspflanzen. Auf einem anderen Bild war ein elegantes Restaurant mit großzügigem Außenbereich zu sehen, in dem sich lachende, gut gelaunte Gäste kulinarisch verwöhnen ließen.

Konzentriert las ich die kurzen Texte. Hier gab es wirklich alles, was das Herz begehrte. Neun Themensaunen, drei Aufgusssaunen, vier Dampfbäder, einen Kosmetik- und Massagebereich, gemütliche Ruheräume mit ausladenden Wasserbetten, schicken Sitzgruppen und Kaminen mit prasselnden Feuern, an die man sich ungestört mit einem interessanten Buch zurückziehen oder lediglich etwas trinken konnte.

Es gab Tagessuiten mit monströsen Whirlpools und riesigen Betten, in denen ganz zwanglos vier Personen Platz fanden. Die komplette Innenausstattung – Möbel, Teppiche und Dekorationen – stammte aus Indonesien. … damit du weißt, welches Paradies auf dich wartet. Das war es in der Tat – ein Paradies! Doch wer hatte mir diese Einladung geschickt? Connie und Katja kamen nicht infrage.

Mit zusammengezogenen Brauen überlegte ich, welcher Freund oder wer aus meiner Familie mich mit einem Wellnesstag überraschen wollen könnte.

Nein, sie schieden alle aus. Weder meine Freunde noch meine Eltern oder meine Schwester schickten mir eine anonyme Einladung. Die wollten, dass ich wusste, wenn sie mir etwas schenkten, dachte ich und schmunzelte.

Jetzt schaute ich mir die Schrift genauer an. Handelte es sich eher um eine männliche oder um eine Frauenhandschrift?

Eindeutig männlich! Die Buchstaben waren schnörkellos, klar und kerzengerade.

Warum war mir das nicht gleich aufgefallen?

Ich packte Brief, Flyer und Eintrittskarte zurück in den Umschlag und konsultierte meinen Kalender im Smartphone. Für Samstag hatte ich lediglich die Wocheneinkäufe und ein paar unwichtige Besorgungen notiert – das konnte warten. Die rätselhafte Einladung ins Spa, vielleicht zu erfahren, von wem sie stammte, und die in dem Brief angekündigte Überraschung hatten absoluten Vorrang.

Im Internet informierte ich mich über den genauen Weg zu dem einige Kilometer vor den Toren Kölns liegenden Spa Heaven und fand weitere Details. Das Spa hatte erst vor einem halben Jahr eröffnet und versprach exklusiven Luxus. Hier fand der gestresste Rheinländer Ruhe pur und zahllose Möglichkeiten, es sich richtig gut gehen zu lassen und zu entspannen.

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