Читать книгу Das Internat am Schlossberg - Cécile Tourin - Страница 7
Leyla
ОглавлениеEs war ein schöner warmer Abend und Gino sagte, dass er noch einmal hinunter in den Garten gehen will. Hinter dem Geräteschuppen hatte er heute Nachmittag eine Bank entdeckt. Wer dort sitzt, hat einen herrlichen Ausblick auf die Unterstadt von Meersburg und den See bis hinüber zu den Schweizer Alpen. Als Gino um die Hütte herum kam, erschrak er sich, denn er stand plötzlich vor Leyla. „Was machst du denn hier?“, rutschte es ihm, wegen der Überraschung hier jemanden zu treffen, ziemlich unhöflich heraus. „Sitzen“, sagte das Mädchen ruhig lächelnd, „und schauen.“ „Ja, schön hier nicht?“ „Und der Garten erst! Also ich freue mich schon, wenn ich hier was helfen kann.“ „Willst du etwa auch in die Garten-AG?“ „Na, klar! Du auch?“ Leyla nickte und Gino erzählte von seinem Gespräch mit dem Hausmeister. Dann fragte sie: „Kommst du von drüben aus der Schweiz?“ „Merkt man das etwa?“ Er lächelte, wusste er doch ganz genau, dass sein Dialekt ihn stets verrät. „Und du? Wo bist du zuhause?“ „Naja weißt du - zuhause - das kann ich dir gar nicht so leicht beantworten. Also zuletzt haben wir in Freiburg gewohnt.“ Gino merkte jedoch, dass das Mädchen darüber nicht weiter sprechen wollte und stellte ihr deshalb keine weiteren Fragen.
„Ich habe hier gar kein Kartoffelfeld gesehen. Vielleicht kann ich das in der AG mal anregen. Im Klostergarten drüben in Münsterlingen haben ein paar Freunde und ich nämlich eine neue Kartoffelsorte gekreuzt, die ‚Gokno‘.“ „Gokno, nie gehört, klingt komisch, warum heißt die so?“ „Wir haben sie in Kurzform so genannt, also eigentlich heißt sie ‚Goldknolle‘, weil sie unter der Schale eine so schöne goldene Farbe hat und die schmeckt – einfach toll sage ich dir!“ „Vielleicht können wir die ja hier anbauen. Könntest du denn auch Saatkartoffeln besorgen?“ „Na klar, die lasse ich mir von einem Gärtner dort drüben hierher schicken. Hast du übrigens ein gutes Zimmer?“
„Ja, das ist schon sehr gut. Dort wohne ich mit Marlene zusammen, die ist auch ganz nett. Weißt du schon, wie es morgen früh weitergeht?“ „Ja, wir sollen um 8 alle zu Frau Dr. Kern ins Büro kommen.“ „Alle?“ „Also alle, die neu sind, meine ich.“ „Ach so - ja klar, übrigens ein schöner Platz hier, diese Bank. Woll‘n wir uns mal wieder hier treffen?“ „Ja gerne, aber ich glaube, wir müssen jetzt rein.“ Es war inzwischen dämmrig geworden und sie wollten ja nicht gleich am ersten Tag Ärger bekommen. Auf dem Weg in das Haus beruhigte er Leyla: „Also wegen dem Carlo, da brauchst du dir keine Gedanken mehr zu machen. Mein Zimmerkollege, der Felix, hat den langen Rüpel ziemlich im Griff, glaube ich.“ Das Mädchen lächelte Gino sehr selbstsicher an und sagte nach einem kurzen Zögern: „Du musst nicht denken, dass ich Angst vor irgendjemandem habe, ich kann mich sehr gut wehren. Nur ich möchte hier keinen unnötigen Stress, verstehst du?“ Gino nickte, während er sie anschaute und dachte ‚Ängstlich siehst du tatsächlich nicht aus‘. Im Haus angekommen, verabschiedeten sich die beiden und gingen auf ihre Zimmer. Leyla wohnte in der 3. Etage, ein Stockwerk höher als Gino.