Читать книгу Ben, auch für Dich gibt es Liebe - Cedrina Lautenfeld - Страница 6

Fußball

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„Hat das Spiel schon angefangen?“ „Nein, bleib ruhig, Mann. Du hast noch nichts verpasst.“ Wieder einmal war Manuel zu spät gekommen zu ihren regelmäßigen Fußballabenden. Ben, Peter und Jannik kannten das schon und schlossen inzwischen Wetten ab, wie lange Manuel jedes Mal zu spät sein würde. Er war Halbspanier und nahm es mit der Pünktlichkeit nicht so genau.

„Ich habe Tapas von meinem Vater dabei. Bedient Euch“, sagte er entschuldigend, als er das hämische Grinsen der anderen sah, weil er wieder einmal unpünktlich war. „Er hat sie ganz frisch für uns gemacht. Die sind nicht aus seinem Restaurant, sondern nur für uns.“

Manuel lächelte stolz. Sein Vater war vor vielen Jahren aus Spanien nach Deutschland eingewandert. Er hatte keine Deutschkenntnisse, kein Geld und auch keine helfenden Verwandten gehabt. Dennoch hatte sein Vater es geschafft ein florierendes Restaurant aufzubauen und zu betreiben und zusätzlich auch noch ein paar seiner Verwandten finanziell zu unterstützen. Er war der Vorzeigesohn seiner Eltern und fuhr so oft es möglich war nach Spanien.

Manuels Mutter hatte er in der Sprachenschule kennengelernt. Sie war seine Lehrerin gewesen. Deshalb sprach auch Manuel nicht nur Deutsch, sondern auch Spanisch. Er liebte beide Sprachen und nutzte die jeweils andere, wann immer es zur Situation passte.

„Setz Dich Manuel, wir sind Dir nicht böse. Wir wissen doch, dass es Deine Art ist immer zu spät zu kommen.“ Ben grinste freundlich und machte für ihn Platz auf seinem Sofa.

Ben mochte Manuel, da dieser Physik studierte und auch Mathematik gut konnte. Beide fachsimpelten gern über diese Fächer.

„Hat einer von Euch auch Chips mitgebracht? Ich habe mich nämlich nur um das Bier gekümmert?“, fragte Ben nun in die Runde seiner Freunde. Peter und Jannik nickten und deuteten auf die noch geschlossenen Chipstüten, die unter Bens Sofatisch lagen.

Da alle wussten, dass Manuel fast immer Tapas mitbrachte, wurden die Chips erst gegessen, wenn sie alle Tapas verzehrt hatten. Schließlich wollten sie Manuels Vater und seinen Sohn nicht verärgern. Außerdem waren die frischen Tapas super lecker und bestanden fast nur aus Fleisch. Ein Sonderwunsch der Freunde, den Manuels Vater gern erfüllte.

Die vier Freunde trafen sich regelmäßig in Bens Studentenzimmer, da er der einzige von ihnen war, der einen Plasmafernseher hatte. Das Gerät hin knapp unter der Zimmerdecke und war ein Geschenk von Bens Vater, der seinen Sohn damit für eine sehr gute Zwischenprüfung belohnt hatte.

Das Fußballspiel begann. Alle vier fieberten mit beim Spiel der deutschen Nationalmannschaft. Manuel war froh, dass der Gegner nicht Spanien hieß, denn dann hätte er einen eindeutigen Interessenskonflikt gehabt. Daher konnte er nun entspannt mit seinen Freunden jede gute Aktion der deutschen Mannschaft bejubeln.

Auch Ben hatte sich wieder entspannt. Kurz vor Beginn des Spieles war er noch genervt gewesen, weil Sandra ihm wieder Ärger gemacht hatte. Sie wusste zwar, dass er regelmäßig mit seinen Freunden Fußball sah, doch hatte sie sich dieses Mal im Datum geirrt und wollte am heutigen Abend eigentlich mit ihm ins Kino gehen.

Entsprechend enttäuscht reagierte sie, als er ihr absagte mit dem Hinweis auf den Fußballabend mit seinen Freunden. Statt verständnisvoll zu handeln und mit Claudia an seiner Stelle ins Kino zu gehen, zickte sie herum und machte ihm Vorwürfe, er würde zu wenig Zeit mit ihr verbringen.

Sie zeigte wieder einmal keinerlei Interesse an seinem Lieblingssport und beging dieses Mal einen entscheidenden Fehler. Sie kritisierte ihn für seine Fußballleidenschaft und deklassierte diesen Sport als öden Zeitvertreib von hirnlosen Idioten. Denn sie empfand es als sehr albern, dass 22 gestandene Männer 90 Minuten hinter nur einem Ball herliefen und für diesen Blödsinn auch noch bezahlt wurden.

Ben war empört gewesen und hatte ohne ein weiteres Wort ihr Zimmer verlassen. Sie hatte ihn sehr gekränkt, damit musste er erst einmal fertig werden.

Als er jetzt im Kreis seiner Freunde saß und dem Spiel der deutschen Nationalmannschaft zusah, schmerzte ihn die Bemerkung von Sandra nicht mehr so sehr. „Sie hat einfach keine Ahnung von Fußball. Sie kennt nicht einmal eine der Regeln und wird sie wohl auch nie kennen. Denn für Fußball, die Technik und die Taktik dahinter ist Sandra einfach zu blöd. Überhaupt waren wohl Frauen, mit Ausnahme meiner Mutter, zu blöd, um Fußball wirklich zu mögen. Das ist halt ein Sport für richtige Männer, sowie mich und meine Freunde.“ Er seufzte leise und enttäuscht. Aber seine Feststellung beruhigte ihn auch. Doch wirklich zufrieden war er noch nicht.

Er seufzte erneut leise und unbemerkt von seinen Freunden. Er dachte wieder an seine Mutter. „In Punkto Fußball war sie wirklich eine rühmliche Ausnahme gewesen. Sie spielte zwar nicht selber, aber sie beherrschte ein paar der Regeln und war bei fast allen meinen Fußballspielen dabei gewesen. Ich durfte mit ihr über Fußball reden, auch wenn sie nicht immer als mein Fachwissen verstand. Dennoch war sie mein größter Fan.“

Er lächelte. „Vielleicht bin ich eben zu hart mit den Frauen ins Gericht gegangen. Vielleicht gibt es ja doch die eine oder andere, die sich wirklich für diesen Sport interessiert und nicht nur mit ins Fußballstadion geht, weil ihr Freund oder ihr Mann diesen Sport mag.“

„Tor, Tor, wir sind in Führung gegangen“, jubelten plötzlich Jannik und Manuel ganz laut. Auch Peter stimmte in den Jubel der Freunde mit ein. Ben war irritiert. Es war ihm peinlich, aber seine Gedanken, hatten seine Aufmerksamkeit für einen Moment vom Geschehen auf dem Rasen abgelenkt, so dass er das erste Tor der deutschen Nationalmannschaft verpasst hatte.

Er lächelt angespannt und schaute sich die Wiederholung in der Zeitlupe ganz genau an. Danach jubelte auch er. „Wow, dieses Tor ist wirklich fantastisch gewesen. Das Zusammenspiel der Bayernspieler in der Nationalmannschaft hat hervorragend funktioniert. Der kleine Lahm erobert den Ball, bringt ihn in die gegnerische Hälfte, spielt ihn dann auf Müller ab und der sieht, dass Schweinsteiger frei zum Schluss kommen kann und spielt ihm den Ball zu. Das Ergebnis ist ein harter und genau gezielter Schuss knapp unter die Latte des gegnerischen Tores. Ein unhaltbarer Ball für den Torhüter, der entsprechend sauer drein schaute.“ Bens Analyse des Torerfolges war knapp, aber präzise. Seine Freunde nickten zustimmend.

Alle jubelten voller Begeisterung. Ben stieß mit einer Flasche Bier auf dieses Tor an und stopfte sich etwas von den letzten leckeren Tapas von Manuels Vater in den Mund. Als er dann wieder auf dem Sofa Platz nahm, war der Ärger von vorhin völlig vergessen. Er schwelgte in Fußballfreude und dachte an nichts anderes mehr.

Die Diskussion über Foul oder nicht und eine berechtigte gelbe Karte, brachte Ben und seinen Freunden so viel Spaß, dass der Lärmpegel in Ben Studentenzimmer deutlich über normal lag. Doch es beschwerte sich niemand, da die letzten Wochen vor Semesterende angebrochen waren und alle schon auf die vorlesungsfreie Zeit schielten. Zwar mussten noch ein paar Abschlussarbeiten geschrieben werden, aber das war für die meisten eher Nebensache.

Als das Spiel dann schließlich zu Ende war und die deutsche Nationalmannschaft mit einem deutlichen Trefferabstand zum Gegner gewonnen hatte, waren auch der Bierkasten sowie sämtliche Chipstüten leer. Ben und seine Freunde hatten einen tollen Fußballabend erlebt und wieder einmal ausführlich über Technik und Taktik fachsimpeln können.

„Sehen wir uns morgen beim Fußballtraining?“, fragte Ben eher beiläufig Jannik, der schon seine Jacke übergestreift hatte. „Na klar Mann. Nach so einem Spiel muss ich mich beim Training austoben. Diese wahnsinnig tolle Schusstechnik der Profis ist echt beeindruckend. Das will ich morgen trainieren.“

Ben hatte seinem Freund zugehört und grinste nun breit. Jannik schwärmte immer von der Technik, obwohl er selber kein wirkliches Talent dafür hatte. „In Ordnung. Ich nehme Dich beim Wort“, scherzte Ben. „Morgen stehe ich im Tor und Du versuchst die Bälle unhaltbar und gezielt zu platzieren.“ Ben hatte seine Worte ernst gemeint. Doch Jannik fühlte sich verschaukelt.

„Du spinnst doch. Gegen Dich im Tor habe ich doch keine Chance. Du bist doch ein zwei Meter Mann, so wie Manuel Neuer. Du pflückst mir doch jeden Ball aus der Luft. Nee, Mann, ich trainiere lieber mit Peter.“

Ben lachte amüsiert. Peter hingegen schaute eher lustlos von ihm zu Jannik. „Leute, ihr wisst doch ich bin keine Sportskanone. Ich trainiere, weil es mir Spaß macht und nicht weil ich die Schießbude der Mannschaft sein will. Im Tor bin ich eine Niete.“

Alle lachten. Peter war nicht gerade der sportlichste von ihnen. Sein Übergewicht war nicht zu übersehen. Doch seine Unsportlichkeit glich er mit Technik und Köpfchen wieder aus.

Manuel klopfte seinem Freund auf die Schulter und versuchte ihn zu versöhnen. „Dann mache ich halt den Torwart. Neuer ist mein großes Vorbild. Er hat den gleichen Vornamen wie ich, aber ich bewundere ihn für seine Technik. Der Mann hat echt Talent und die Ruhe weg. Egal wie die Bälle auf sein Tor geschossen werden.“

Alle nickten. Sie kannten das große Interesse von Manuel an einem Job als Torwart. Doch sein Talent reichte nicht aus. Außerdem war er mit knapp 1,70 m Körpergröße eindeutig zu klein, um ein wirklich guter Torwart zu sein. Er liebte zwar Fußball, war aber realistisch genug, um sich auf sein wahres Talent zu konzentrieren. Er wollte nach seinem Physikstudium in die Forschung gehen. Das war sein wahres Ziel.

„Gut Leute dann bis morgen.“ Ben öffnete die Tür seines Studentenzimmers und entließ einen nach dem anderen mit einem Schulterklopfen. Er war froh, so tolle Freunde zu haben.

Ben, auch für Dich gibt es Liebe

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