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Kapitel 6 - Kollateralschaden

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„Wo fahren wir eigentlich hin?“ fragte Schmitti und schnaubte immer noch von dem kleinen Spurt, den er hatte hinlegen müssen, um rechtzeitig im Auto zu sein, bevor Betty losfuhr.

„Zur Reeperbahn, wieso?“, antwortete Betty absichtlich ungenau. „Eh, warum? Habe ich da etwas nicht mitbekommen? Wir waren doch erst vor kurzem dort?“ Schmitti zog eine Grimasse. Er fühlte sich unwohl. Der kleine Spurt hatte ihm hefig zu schaffen gemacht.

„Ja, stimmt. Aber Frank hat was Neues herausgefunden. Das müssen wir jetzt überprüfen.“ Sie lächelte hintersinnig. Schmitti stöhnte. „Dieser blöde Forensiker. Warum informiert er immer nur Betty? Aber mich nicht ?“, grübelte er, während er versuchte eine einigermaßen bequeme Sitzposition auf dem Beifahrersitz des Dienstwagens zu erlangen. Der dunkelblaue Mercedes schwebte sanft über die verkehrsreichen Straßen und ließ ihn vergessen, dass er eigentlich ein dringendes Problem zu lösen hatte.

„Mach es nicht so spannend? Was hat Frank herausgefunden?“ fragte Schmitti ungeduldig. Betty grinste amüsiert, ließ ihren Kollegen auf eine Antwort warten und fuhr etwas ruppig mit dem Wagen an, damit er es sich nicht allzu bequem im Beifahrersitz machte.

„Aua“, stöhnte Schmitti und verdrehte verärgert die Augen. Betty ignorierte seine Beschwerde und konzentrierte sich auf den Straßenverkehr.

Kurze Zeit später fragte Schmitti erneut. „Also, was hat Frank neues entdeckt? Sprich endlich Klartext mit mir.“ Er sah sie grimmig von der Seite an und atmete demonstrativ laut ein und aus. Betty grinste, holte ebenfalls tief Luft und berichtete ihm, was der Forensiker herausgefunden hatte.

„Also, Frank meint Beweise dafür zu haben, dass eine der befragten Prostituierten gelogen hat.“ „Aha“, machte Schmitti und richtete sich im Sitz auf, während sie weitersprach.

„Lady Lydia, so ihr Berufsname, hat behauptet den Toten nicht gekannt zu haben. Frank hat aber über die „Chats“ auf dem Smartphone des Toten festgestellt, dass sie ihn sehr wohl kannte und dass sie auch noch mit einem Freund von ihm Sex gehabt hat.“

„Aha, sehr aufschlussreich“, behauptete Schmitti, obwohl er keinen blassen Schimmer hatte wovon seine Kollegin eigentlich sprach. „Nun“, erklärte Betty weiter, “Frank fand auch noch Schmauchspuren an der Kleidung besagter „Dame“.

„Schmauchspuren?“ fragte Schmitti und wurde munter neben ihr auf dem Beifahrersitz. „Das heißt wir haben endlich Anhaltspunkte dafür, dass der Tote wie vermutet angeschossen wurde und dann verblutet ist?“ Er sah sie fragend von der Seite an. Seine Kollegin nickte.

„Interessant, interessant“, grinste Schmitti mit neuer Energie. Denn er hatte mit dem Forensiker gewettet, dass die Verletzung des Toten durch eine Schusswaffe und nicht durch eine Stichwaffe herbeigeführt worden war. Jetzt hatte er das Dollarzeichen in den Augen und spürte eine große Genugtuung gegenüber dem Forensiker, der ihm hatte weißmachen wollen, dass es sich um eine Stichwunde handelte.

„Ja, in der Tat, die Sache ist interessant. Denn genau genommen haben wir nur durch einen Zufall herausgefunden, dass Lady Lydia etwas mit der Waffe zu tun hat.“ Betty schüttelte ungläubig den Kopf. „Wir haben so viele technische Möglichkeiten. Aber immer noch, hilft uns Faktor Zufall zu wichtigen Erkenntnissen zu gelangen.“ Ein Seufzer ließ erkennen, wie irritierend sie diese Tatsache fand.

„Moment, von welchem Zufall sprichst du?“ hakte Schmitti nach. Betty legte ihre Stirn in Falten, da ihr Kollege offensichtlich nicht den aktuellen Bericht des Forensikers gelesen hatte.

„Nun, Lady Lydia war wie alle anderen Prostituierten, die wir über die Chats ermitteln konnten, auf unserem Revier gewesen. Dabei hat sie im Warteraum einen Schal aus Seide vergessen.“ „Aha“, machte Schmitti wieder. Doch dann fragte er. „Woher wusste Frank, dass der Schal dieser Lady Lydia gehörte?“ Betty grinste.

„Na weil der Schal nach dem Parfum duftete oder viel mehr stank, dass diese Frau verwendet hat.“ Schmitti legte seine Stirn in Falten. Er mochte es, wenn Frauen gut dufteten. Er selbst hatte einer früheren Freundin einmal ein teures Parfum gekauft.

„Wieso sagst du stank? Parfum duftet doch im Allgemeinen, oder etwa nicht?“ Sein Unverständnis war ihm ins Gesicht geschrieben. Betty konnte es nur deshalb sehen, weil sie gerade an einer roten Ampel anhalten musste. Amüsiert erklärte sie es ihm.

„Na es stank, weil die „Dame“ erstens zu viel davon verwendet hat und weil es zweitens ein sehr schweres Parfum war. Genau deshalb, wegen des starken Geruches haben wir den Schal ja auch nur zwischen den Stühlen an der Wand entdeckt.“ Sie grinste, als sie daran dachte, wie sie den Schal mit Einweghandschuhen vorsichtig zwischen der Wand und den Stühlen hervorgezogen hatte.

Unvermittelt stoppte sie den Wagen in einer Seitenstraße, der Reeperbahn und parkte ihn geschickt rückwärts in eine Lücke. „Wow“, machte Schmitti, der zwar auch gut fahren konnte, aber das Einparken hasste, weil er sich wegen seiner Leibesfülle schlecht nach hinten drehen konnte. Was aber absolut notwendig war, denn dieser Dienstwagen besaß nicht den Luxus einer elektronischen Einparkhilfe.

„Auf geht´s“, sagte sie nun, schwang sich aus dem Auto und stand bereits auf dem Bürgersteig, während Schmitti noch mit der schweren Tür und seinem massigen Körper kämpfte. Schließlich stand er neben ihr und fragte routiniert. „Welche Hausnummer?“ „Da drüben die rote Tür“, antwortete seine Kollegin und ging los.

Sie durchquerten den schön gefliesten Hausflur und stiegen in den Fahrstuhl, der teilweise mit Spiegeln ausgekleidet war und eher wie ein Hotellift wirkte als wie einer in einem Wohngebäude. „Erstaunlich nobel“, meinte Schmitti und war froh, dass es den Aufzug gab. Denn immerhin mussten sie in den vierten Stock fahren. „Ja, von außen sah es nicht so nett aus.“ Stimmte ihm seine Kollegin zu.

Lady Lydia zögerte, bevor sie die beiden Polizeibeamten in ihre Wohnung ließ. Doch sie besann sich eines Besseren und bat ihren Besuch nach kurzem Warten vor der Tür sogar in ihr Wohnzimmer.

„Wie kann ich Ihnen helfen?“, fragte sie dann mit übertriebener Freundlichkeit. Während Betty ihr erklärte, wieso sie hier waren und was sie von ihr wollten, starrte Schmitti die „Dame des Horizontalen Gewerbes“ unverhohlen an.

Ihr schweres Parfum, war ihm sofort in die Nase gestiegen. Umso neugieriger schaute er sie nun an. Sie trug ein sehr eng geschnittenes, schwarzes Kleid, das seitlich ab Höhe der Hüfte durch einen raffinierten Schnitt den Blick auf das gesamte Bein freigab. Die Beine zierten halterlose Strümpfe. Die Füße stecken in atemberaubend hohen High Heels. Das ganze wurde gekrönt durch einen Ausschnitt, der kaum etwas vom BH losen Busen verdeckte.

Schmittis Faszination und seine vermeidliche Erregung schien Lady Lydia weder zu stören noch zu irritieren. Im Gegenteil. Sie genoss es ihn zu erregen und es erfreute sie, dass er sich vermutlich Hoffnung machte, ohne zu ahnen, dass er nicht den Hauch einer Chance hatte, einmal mit einer Frau wie ihr Sex zu haben.

Sie hörte Betty aufmerksam zu und überlegte ganz offensichtlich, wie sie aus dieser unangenehmen Situation wieder herauskam, als plötzlich aus dem Nebenraum ein lautes Geräusch zu hören war.

Während Schmitti bei der ihn faszinierenden Lady Lydia blieb, lief Betty in den Nebenraum. Dort sah sie, dass eines der Fenster geöffnet worden war. Ein Teil der Gardine hing zum Fenster hinaus. „So ein Mist“, dachte Betty, ging schnell zum Fenster und sah hinaus. Unten sah sie, wie ein Mann mittleren Alters über die Feuerleiter ins freie kletterte. Ohne lange nachzudenken, kletterte sie auch aus dem Fenster und verfolgte den fliehenden Mann.

Zur gleichen Zeit hatte Schmitti Schwierigkeiten Lady Lydia davon abzuhalten die Wohnung zu verlassen. Es bestand kein Haftbefehl. Sie hatten die Prostituierte lediglich aufgesucht, um auf freiwilliger Basis ein paar mehr Informationen zu erlangen. Daher konnte Lady Lydia ihre Wohnung verlassen, ohne eine Straftat zu begehen. Dennoch folgte ihr Schmitti sofort. Er ahnte, dass sie genau wusste, weshalb die andere Person so fluchtartig die Wohnung verlassen hatte und wollte sie dazu befragen.

Aber sie war schneller am Fahrstuhl als er und so fuhr dieser ohne ihn ab. Notgedrungen musste er die Treppe ins Erdgeschoss nehmen. Doch als er schließlich keuchend und hustend dort ankam, war nichts mehr von der „Dame“ zu sehen. Sie war weiteren Fragen von ihm erfolgreich entkommen.

Schmitti entgegen sank auf den Boden des Hausflures und japste nach Luft. Ihm wurde sogar schwindelig und er sah Sterne. Er behielt zwar das Bewusstsein, doch war ihm klar, dass er schleunigst seinen Arzt aufsuchen musste.

Nach einer Pause, die ihm wie eine halbe Ewigkeit vorkam, schaffte er es zum Dienstwagen. Er setzte sich auf den Beifahrersitz, rief seinen Arzt an und machte einen Termin aus. Beim Atmen schmerzte ihn die Lunge. Das war zwar nichts neues, aber dieses Mal war der Schmerz so heftig, dass er befürchtete keine Luft mehr zu bekommen.

„Verdammte Glimmstängel“, fluchte er und hustete so heftig, dass seine Lunge noch mehr schmerzte. Sein Arzt hatte ihm schon mehrere Male empfohlen das Rauchen aufzugeben. Doch er konnte nicht davon lassen. Die Sucht nach Nikotin war zu stark.

Als Betty schließlich zum Wagen zurückkam, hatte sich Schmitti ein wenig erholt. Dennoch sah sie sofort, dass es ihm nicht gut ging. „Du siehst schlecht aus“, sagte sie besorgt, setzte sich auf den Fahrersitz und startete den Motor. „Hast du endlich einen Termin beim Arzt gemacht?“, fragte sie, als sie an einer roten Ampel anhalten musste. „Ja“, bestätigte er mit heiserer Stimme. Sie nickte, war aber immer noch besorgt.

Sie wusste auch ohne zu fragen, dass ihm Lady Lydia entkommen war. Daher erzählte sie von ihrem Fahndungserfolg. „Die geflüchtete Person aus dem Nebenzimmer ist ein Bekannter des Toten. Ich habe ihn erwischt und direkt aufs Revier bringen lassen. Bin schon sehr gespannt, was der Herr uns berichten wird. Vor allem will ich ganz genau wissen, wieso er geflüchtet ist. Was hat der Mann zu verbergen?“

Sie legte ihre Stirn in Falten und konzentrierte sich auf den Verkehr. Schmitti nickte und war froh sich noch etwas länger ausruhen zu können. Zudem genoss er den Anblick von Bettys verklebter Bluse. Sie war so schnell gelaufen bei der Verfolgungsjagt, dass dieses Kleidungsstück nun eng an ihrem Körper anlag. Ihr üppiger Busen kam daher noch besser zur Geltung. Das war ein Anblick, dem Schmitti nicht widerstehen konnte.

Auch wenn seine Lunge beim Atmen schmerzte, sein Schwanz war immer noch intakt und regte sich in seiner Hose. Doch dass es eng wurde in seinem Schritt war eher das kleinere der Probleme, mit denen er sich zu beschäftigen hatte.

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