Читать книгу Das Leben ist zu kurz, um drüber nachzudenken! - Chapeau Baschtel - Страница 8

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Der fleißige Denker hatte nun bereits einiges über sich selbst erfahren und bemerkte, dass ihn wohl vor allem die Erfahrungen und Geschehnisse in seiner Kindheit geprägt hatten. Besonders diese, welche für die Gefühle verantwortlich waren, welche nach und nach immer unterschiedlicher und häufiger sein Leben beeinflussen sollten. Er versuchte sich nun zurück zu erinnern an die Zeit, als er vom Springseil weg ein echter Mann geworden ist. Es begann an einem kühlen Sommermorgen, die Vögel zwitscherten und die Sonne stieg am Horizont wie ein wunderschöner Feuerball empor…

Nein so ein Quatsch, das kam erst viel, viel später. Wir befinden uns immer noch im Grundschulalter. Mit zwei coolen Narben versehen konnte sich der kleine Mann kaum noch in den Pausen vor Mädels retten. Dies ging so weit, dass er in den großen Pausen kaum noch Zeit hatte sein Pausenbrot zu essen. Sobald der Pausengong erklang, befand sich bereits eine ziemlich dicke Schnur in Form eines Springseils um seine Hüften. Angespornt vom lautstarken Kommandieren der Reiterin, galoppierte der kleine Wunderknabe im wahrsten Sinne des Wortes so schnell es ging von Hü nach Hott. Was mögen die Mädchen wohl in diesen Momenten verspürt, geschweige denn gedacht haben? Hatten sie Freude daran angehende, heranwachsende Männer herum zu scheuchen und ihnen Kommandos zu geben? Na ja, solange das die Schnelligkeit der Jungs trainieren sollte, um im Gegenzug die Mädchen beim Kussfangen schneller einzufangen und sich den Kuss als Belohnung abzuholen, hatten die Jungs alle keine Einwände. Doch eines Tages ging es zu weit, der kleine Mann war wie so oft mit einem der Mädchen zu Nachmittagsspielen verabredet. Er wurde von seiner Mutter zu Silke gebracht, sie hatte sich mit Silkes Mutter zum Kaffee verabredet und er hatte nun die Gelegenheit in Silkes Zimmer mit Silke zu spielen. Silke war ein sehr hübsches Mädel. Sie war gut in der Schule, war im Turnverein, nahm Tanzunterricht und lernte ein Musikinstrument. Die Blockflöte. Also alles in allem, ein viel versprechendes und interessantes Mädchen. Schlichtweg ein guter Umgang. So bezeichnete sie zumindest die Mutter des kleinen Mannes. Doch er sollte eines besseren belehrt werden…

Nach knapp einer Stunde kannte er alle Flötenlieder aus Silkes Flötenliederbuch, alle Namen der unzähligen Puppen und Stofftiere, Silkes Lieblingslied, Lieblingsessen, Lieblingsverein, nein, Jungs nicht Fußball sondern Kunstturnen, der Gymnastik und Turnverein Grün-Weiß 1802 aus Oer-Erkenschwick, ihr Lieblingskleid, ihre Lieblingsschuhe, und und und…Ja, das packte Silke alles in eine einstündige Präsentation. Silke konnte allerdings noch viel mehr, sie konnte tanzen. Und das wollte sie nun mit dem kleinen Wunderknaben einmal genauer vorführen. Nach einigen motorischen Anfangsschwierigkeiten hatte er den Dreh raus und gab alles, und das zu >>Let´s Twist again<<. Man das machte ja sogar Spaß, dachte der kleine Mann. Silke und der Wunderknabe rockten das Zimmer. Doch da geschah es, Silke wollte dem Wunderknaben eine Drehung beibringen. Sie hätte wissen müssen, dass Jungs auf nur wenige, motorische Fähigkeiten beschränkt sind. Der kleine Mann verlor das Gleichgewicht während der Drehung und schoss mit Karacho in Silkes geliebtes 80 mal 150 cm großes Puppenhaus. Silke schrie wie am Spieß, wie Mädchen halt so schreien in dem Alter. Aber nicht vor Sorge, dass dem kleinen Mann etwas passiert sein konnte, sondern weil ihr Puppenhaus platt gemacht wurde. In null Komma nichts standen ihre und seine Mutter im Rahmen und wollten wissen was geschehen war. Als sie Silkes Puppenhaus zusammengefallen in der Ecke lagen sahen, sah es nicht gerade gut für ihn aus. Denn es stellte sich heraus, dass Frauen sich ohne Worte verständigen können.

Das gab ärger zu Hause. Seine Eltern erklärten ihm, dass sich der kleine Mann bei Silke entschuldigen müsse und man anderer Leute Eigentum nicht einfach kaputt machen dürfe. Jegliche Erklärungsversuche scheiterten. Es ging sogar soweit, dass seine Mutter aus ihrer Jugend erzählte und sie sich immer so ein Puppenhaus gewünscht habe und somit sehr gut verstehen könne wie sich Silke nun fühlen mag. Das sah nicht gut aus für den kleinen Mann. Er versprach sich bei Silke zu entschuldigen und dachte damit ist die Geschichte vom Tisch. Also beschloss er seine Eltern um Erlaubnis zu fragen Tanzunterricht nehmen zu dürfen, da dies ihm bis auf den Ausfallschritt in Silkes Puppenhaus, sehr viel Freude gemacht hatte. Ja, der kleine Mann hatte dieses schöne Gefühl Freude in Verbindung mit Spaß an etwas entdeckt. Dieses sehr positive Gefühl wurde allerdings durch das Gefühl der Unfairness ersetzt, als ihm seine Eltern deutlich machten, dass er für die nächsten drei Wochen Hausarrest habe und er sich den Tanzunterricht abschminken könne.

Tagelang, erinnerte sich der fleißige Denker, beschäftigte ihn damals dieses Erlebnis. Dieser Tag hatte seinen Gerechtigkeitssinn hervorgerufen. Seit jenem Tag nahm er Entscheidungen anders wahr. Er wurde unfair behandelt, er sollte für etwas büßen, was er gar nicht verschuldet hatte. Nach diesem Ereignis fand auf dem Schulhof eine regelrechte Revolution statt. Die Jungs feierten ihn als Helden und die Mädchen, na ja, die hatten eine negative Meinung, drücken wir es mal so aus. Die Jungs und Mädchen waren nun wohl in einem seltsamen Alter. Für die Mädchen waren nun alle Jungs doof und für die Jungs gab es wichtigeres zu entdecken. Gemeinsame Interessen, Fußball, Atari und Abenteuerspiele auf dem Spielplatz, oder so tolle Dinge wie einer heranrasenden Seilbahn zu entkommen, aber hierzu kennen Sie ja schon die Story. Unser Wunderknabe war nicht gerade ein Fußballgott, aber er gab sich sichtlich Mühe. Der Wille war da, also wurde er Mitglied im örtlichen Kicker Club und durfte ab und an mal am Spiel teilnehmen. Das Wichtigste am Fußball war gar nicht unbedingt Tore zu schießen und erfolgreich zu sein, sondern es gab keine Mädchen, nur Jungs, keinen Zickenkrieg, keine Puppenwagen, oder –häuser, wir erinnern uns, sondern nur Teamgeist und Zusammenhalt des männlichen Geschlechts.

Irre wie früh sich dieser gravierende Unterschied zwischen Männlein und Weiblein im Kindesalter herauskristallisierte, dachte der fleißige Denker. Doch damit nicht genug dieses Verhalten des männlichen Geschlechts, sich in der Gruppe unter Gleichgesinnten sichtlich wohler zu fühlen, als an der Seite einer Frau welche einen Kinder- bzw. Puppenwagen schiebt, lässt doch tiefe Blicke in die Psyche aller Männer zu. Wir wollen nie wieder ein Seil um die Hüfte gelegt bekommen und an die Leine genommen werden. Wir wollen frei sein, frei wie ein Vogel, frei wie ein Fußball der in den Winkel gleitet, frei wie PacMan ohne Monster, frei wie ein GT3 ohne Traktionskontrolle. Ja, das wünschen wir Männer uns! Arme hoch wem das gelungen ist! Na ja, wie wir ja alle wissen, sieht die Realität leider ein wenig anders aus. Die meisten von uns, genauso wie es dem fleißigen Denker erfahren war, haben anstatt eines Seils nun eine Stahlkette um den Bauch, schieben Kinderwagen vor sich her und bauen Puppenhäuser. Und da wundert ihr Frauen euch, dass wir Männer so oft es geht Fußball schauen möchten? Lasst uns doch ein wenig Freiheit.

Somit findet der fleißige Denker heraus, dass wirklich sehr viele Dinge bereits in der Kindheit für das restliche Leben entschieden werden. Frauen üben schon als Kind an Puppen, wie man mit Babys und Kindern umzugehen hat und die Männer an die Familie bindet. Männer versuchen bereits in der Kindheit ihre Freiheit zu bewahren und suchen sich hierfür einen geeigneten Platz. Den Bolzplatz.

Das Leben ist zu kurz, um drüber nachzudenken!

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