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I. DER KLEINE TIM

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Es wird euch alle sehr überraschen, dass es einmal einen Mann gab, der Weihnachten überhaupt nicht mochte. Tatsächlich hatte man ihn mehrmals das Wort "Humbug" in Bezug auf Weihnachten verwenden hören. Sein Name war Scrooge, und er war ein harter, mürrischer Geschäftsmann, der nur darauf bedacht war, zu sparen und Geld zu verdienen, und der sich um niemanden kümmerte. Er bezahlte dem armen, hart arbeitenden Angestellten in seinem Büro gerade so viel, dass dieser die Arbeit ordentlich erledigte, und lebte selbst so einfach wie möglich, allein, in zwei düsteren Zimmern. Er war nie fröhlich oder liebenswert oder glücklich, und er hasste es, wenn andere Menschen es waren; und das war der Grund, warum er Weihnachten hasste, denn an Weihnachten wollen die Menschen glücklich sein, wenn sie es überhaupt können, und würden gerne ein wenig Geld haben, um es sich und anderen bequem zu machen.

Nun, es war Heiligabend, ein sehr kalter und nebliger Abend, und Mr. Scrooge, der seinem armen Angestellten sehr widerwillig die Erlaubnis gegeben hatte, den Weihnachtstag zu Hause zu verbringen, schloss sein Büro ab und ging selbst sehr schlecht gelaunt und etwas erkältet nach Hause. Nachdem er etwas Haferschleim zu sich genommen hatte, während er in seinem trostlosen Zimmer an einem ärmlichen Feuer saß, ging er ins Bett und hatte einige merkwürdige und unangenehme Träume, denen wir ihn erstmal überlassen wollen, während wir sehen, wie der kleine Tim, der Sohn seines armen Angestellten, den Weihnachtstag verbrachte.

Der Name dieses Angestellten war Bob Cratchit. Er hatte eine Frau und neben Tim noch fünf weitere Kinder. Tim selbst war sehr schwach und verkrüppelt, und aus diesem Grund liebte ihn sein Vater und der Rest der Familie umso mehr; außerdem war er ein lieber, kleiner Junge, sanft, geduldig und liebevoll, und hatte ein sehr süßes Gesicht, das man einfach liebhaben musste.

Wann immer er Zeit dafür hatte, machte es sich Mr. Cratchit zu seinem Vergnügen, seinen kleinen Jungen auf der Schulter durch die Straßen zu tragen, um die Geschäfte und die Menschen zu sehen; und heute hatte er ihn zum ersten Mal in die Kirche mitgenommen.

"Was auch immer Euren geliebten Vater und Euren Bruder Tim aufgehalten hat", rief Mrs. Cratchit, "das Abendessen ist fertig und der Tisch gedeckt. Er war an einem Weihnachtstag noch nie so spät dran."

"Hier ist er, Mutter!", rief Belinda, und "hier kommt er!", die anderen Kinder.

Herein kam der Vater, der kleine Bob, eingewickelt in eine Decke, die mindestens einen Meter an ihm herabhing, und das ohne Fransen; seine abgenutzten Kleider waren gestopft und gebürstet worden, damit sie so gut wie möglich aussahen; und der kleine Tim saß auf seiner Schulter. Er trug eine kleine Krücke, und seine Gliedmaßen wurden von einem Eisengestell gestützt.

"Nanu, wo ist unsere Martha", rief Bob Cratchit und sah sich um.

"Kommt nicht", sagte Mrs. Cratchit.

"Kommt nicht?", fragte Bob, dem plötzlich seine gute Laune abhandengekommen war, denn er hatte den ganzen Weg von der Kirche her Tims Vollblut gespielt und war zügellos nach Hause gerannt. "Sie kommt nicht am Weihnachtstag!"

Da Martha im diese Enttäuschung ersparen wollte, auch wenn es natürlich nur ein Scherz war, kam sie früher als vereinbart hinter der Schranktür hervor und lief ihm in die Arme, während die beiden jungen Cratchits den kleinen Tim schnappten und ihn ins Waschhaus trugen, damit er den Pudding im Kupferkessel singen hören konnte.

"Und wie benahm sich Tim?", fragte Mrs. Cratchit.

"Gut wie Gold und noch besser", antwortete sein Vater. "Ich glaube, Frau, das Kind wird nachdenklich, wenn es so viel zu Hause herumsitzt. Als wir unterwegs waren, sagte er mir, dass die Leute in der Kirche hoffentlich gesehen hatten, dass er ein Krüppel war, und sich freuen würden, am Weihnachtstag daran erinnert zu werden, wer die Lahmen wieder laufen ließ."

"Gott segne sein süßes Herz", sagte die Mutter mit zitternder Stimme, und auch die Stimme des Vaters bebte, als er bemerkte, dass "der kleine Tim nun endlich stark und tüchtig wurde."

Dann konnte man seine kleine Krücke auf dem Boden hören, und noch bevor ein weiteres Wort gesprochen wurde, kam der kleine Tim zurück und wurde von seinem Bruder und seiner Schwester zu seinem Schemel neben dem Feuer geführt; während Bob, Meister Peter und die beiden jungen Cratchits (die überall gleichzeitig zu sein schienen) die Gans holen gingen, mit der sie bald feierlich zurückkehrten.

Es entstand ein solcher Trubel, dass man eine Gans für den seltensten aller Vögel hätte halten können; ein perfektes Wunderwerk, gegen den ein schwarzer Schwan eine wahre Selbstverständlichkeit war – und in Wahrheit war es in diesem Haus auch so ähnlich. Mrs. Cratchit erhitzte die Soße (die schon vorher in einem kleinen Topf zubereitet worden war); Master Peter zerdrückte mit vollem Einsatz die Kartoffeln; Miss Belinda süßte die Apfelsoße; Martha wischte die vorher erwärmten Fleischplatten ab; Bob setzte den kleinen Tim neben sich an den Tisch; die beiden jungen Cratchits stellten Stühle für alle auf, wobei sie sich selbst natürlich nicht vergaßen, bezogen dahinter Posten und stopften sich Löffel in den Mund, damit sie nicht nach der Gans schrien, bevor sie an der Reihe waren, bedient zu werden. Schließlich wurde das Mahl auf dem Tisch angerichtet und das Tischgebet gesprochen. Es folgte eine atemlose Pause, in der sich Mrs. Cratchit anschickte, das Tranchiermesser, das sie vorher genau betrachtet hatte, in die Brust der Gans zu stechen; dann tat sie es, und als der sehnlich erwartete Schwall von Füllung herausfloss, erhob sich ein freudiges Raunen, und sogar der kleine Tim, angesteckt von den beiden aufgeregten jungen Cratchits, schlug mit dem Griff seines Messers auf den Tisch und rief schwach 'Hurra!'

So eine Gans hatte man noch nie gesehen. Bob sagte, er glaube nicht, dass eine solche Gans jemals zubereitet worden war. Ihre Zartheit und ihr Geschmack, ihre Größe und ihr vorteilhafter Preis waren die Themen der allgemeinen Bewunderung. Garniert mit Apfelmus und Kartoffelpüree war es ein hervorragendes Abendessen für die ganze Familie; tatsächlich hatte die Familie, wie Mrs. Cratchit beim Anblick eines winzigen Knochens auf der Fleischplatte freudig bemerkte, noch nicht einmal alles aufgegessen! Aber alle waren satt, und besonders die jüngsten Cratchits waren bis zu den Augenbrauen mit Salbei und Zwiebeln durchtränkt! Aber dann, als Miss Belinda abräumte und frische Teller brachte, verließ Mrs. Cratchit allein den Raum – zu nervös, um Zeugen gebrauchen zu können – , um den Pudding zu holen und hereinzubringen.

Man stelle sich vor, er wäre nicht fertig! Man stelle sich vor, er würde beim Herausnehmen in sich zusammenfallen! Man stelle sich vor, jemand wäre über die Hinterhofmauer geklettert und hätte ihn gestohlen, während sie sich an der Gans gütlich taten –Vermutungen, bei der die beiden jungen Cratchits ganz zappelig wurden! Es hätte ja so viel passieren können.

Aber dann! So viel Dampf! Der Pudding war heraus aus der Kupferform. Ein Geruch wie an einem Waschtag! Das war das Tuch. Ein Geruch wie in einem Restaurant und einer Konditorei nebeneinander, nicht zu vergessen einer Wäscherei in der Nähe! Das war der Pudding! Eine halbe Minute später betrat Mrs. Cratchit den Raum, errötet, aber stolz lächelnd. Sie hielt den Pudding vor sich, der aussah wie eine gesprenkelte Kanonenkugel, und der mit viel Brandy flambiert und mit einem Stechpalmenzweig dekoriert worden war.

Oh, was für ein wunderbarer Pudding! Bob Cratchit sagte, dass dies Mrs. Cratchits größter Erfolg sei, seitdem er sie geheiratet hatte. Da nun die große Last von ihr gefallen war, gestand Mrs. Cratchit, dass sie ihre Zweifel an der Menge des Mehls gehabt hatte. Jeder hatte etwas dazu zu sagen, aber niemand sagte oder dachte, dass es ein kleiner Pudding sei für eine so große Familie. Das wäre wirklich gemein gewesen! Jeder Cratchit wäre rot geworden, wenn er so etwas angedeutet hätte.

Schließlich hatten alle gegessen, die Tischdecke war gesäubert, der Kamin gefegt und das Feuer geschürt. Das heiße Zeug im Krug wurde verkostet und für perfekt befunden, Äpfel und Orangen wurden auf den Tisch gelegt und eine Schaufel voller Kastanien auf das Feuer gestellt. Dann stellte sich die ganze Familie Cratchit um die Feuerstelle herum auf. Bob Cratchit nannte es gern einen Kreis, dabei war es nur ein halber; und an seinem Ellbogen stand der gesamte Familienbesitz aus Glas. Zwei Becher und eine Puddingschüssel ohne Henkel.

Darin war das heiße Zeug aus dem Krug allerdings genauso gut aufgehoben wie in goldenen Kelchen. Dann schenkte Bob es freudestrahlend aus, während die Kastanien auf dem Feuer knisterten und laut krachten. Dann wünschte Bob:

"Ein frohes Weihnachtsfest uns allen, meine Lieben. Gott segne uns!"

Die ganze Familie sprach ihm nach.

"Gott segne uns alle!", sagte als Letzter auch der kleine Tim.

Nun – ich habe euch schon erzählt, dass Mr. Scrooge am Heiligabend einige unangenehme und merkwürdige Träume hatte, und das waren sie wirklich; in einem davon träumte er, dass ihm ein weihnachtlicher Geist das Haus seines Angestellten zeigte, wo er sah, wie alle um das Feuer versammelt waren, und wo er hörte, wie sie auf seine Gesundheit tranken und der kleine Tim ein Lied sang, und wo er das erste Mal Kenntnis bekam vom Schicksal des kleinen Tims.

Wie Mr. Scrooge den Weihnachtstag verbrachte, wissen wir nicht. Er mag wegen seiner Erkältung im Bett geblieben sein, auf jeden Fall aber hatte er in der Weihnachtsnacht noch mehr Träume, und in einem davon nahm ihn der Geist wieder mit in das ärmliche Heim seines Angestellten. Die Mutter saß am Tisch und machte einige Näharbeiten, während ab und zu eine Träne auf das Holz fiel; das arme Ding sagte, dass der schwarze Stoff ihren Augen weh tat. Mit Ausnahme des kleinen Tim saßen die Kinder traurig und schweigsam im Raum herum. Oben saß der Vater, das Gesicht in den Händen versteckt, neben einem kleinen Bett, auf dem eine winzige Gestalt lag, weiß und unbeweglich. "Mein kleines Kind, mein hübsches kleines Kind", schluchzte er, während die Tränen durch seine Finger kullerten und zu Boden fielen. "Der kleine Tim musste sterben, weil sein Vater zu arm war, um ihm das zu geben, was er fürs Gesundwerden benötigte; und du hast dafür gesorgt, dass er arm blieb", sagte der Geist zu Mr. Scrooge. Der Vater küsste das kalte, kleine Gesicht auf dem Bett und ging nach unten, wo immer noch Stechpalmenzweige in dem bescheidenen Raum verteilt waren; er nahm seinen Hut und als er hinausging, warf er der kleinen Krücke in der Ecke einen wehmütigen Blick zu. Der Geist achtete darauf, dass Mr. Scrooge nicht nur diese Szene, sondern noch viele andere seltsame und traurige Dinge sah; aber, so merkwürdig sich das anhören mag, Scrooge erwachte am nächsten Morgen mit einem Gefühl, das er noch nie zuvor in seinem Leben empfunden hatte. Immerhin war das, was er gesehen hatte, nicht mehr als ein Traum gewesen, und er wusste, dass der kleine Tim noch nicht tot war. Scrooge war entschlossen, dass der Junge nicht sterben würde, wenn er es verhindern konnte.

"Ich bin leicht wie eine Feder, glücklich wie ein Engel und fröhlich wie ein Schuljunge", sagte Scrooge zu sich, als er zum Frühstück in den Nebenraum hüpfte, alle Kohlen auf einmal aufschüttete und zwei Stück Zucker in seinen Tee tat. "Ich hoffe, alle hatten ein frohes Weihnachtsfest und der ganzen Welt ein glückliches neues Jahr".

An jenem Morgen, am Tag nach Weihnachten, schlich sich der arme Bob Cratchit mit ein paar Minuten Verspätung ins Büro. Er erwartete nichts anderes, als ordentlich ausgeschimpft und gescholten zu werden, aber es passierte nichts dergleichen; sein Meister stand mit dem Rücken vor einem leuchtenden, warmen Feuer und lächelte. Tatsächlich, er lächelte, und er schüttelte seinem Angestellten die Hand, sagte ihm herzlich, dass er sein Gehalt erhöhen werde, und fragte ganz liebevoll nach dem kleinen Tim! "Und sorgen sie dafür, dass in ihrem Zimmer ein ordentliches Feuer brennt, bevor Sie sich an die Arbeit machen, Bob", sagte er, während er seine eigene Tür schloss.

Bob traute seinen Augen und Ohren kaum, aber er träumte nicht. Ein solches Treiben wie am Weihnachtstag hatte es im Haus der Cratchits noch nie gegeben – und auch nie einen solchen Truthahn, wie ihn Mr. Scrooge zum Abendessen geschickt hatte. Auch der kleine Tim bekam ein gutes Stück davon, denn er musste nicht sterben, ganz im Gegenteil. Mr. Scrooge war von diesem Tag an wie ein zweiter Vater für ihn, es fehlte ihm an nichts, und er wurde stark und kräftig. Mr. Scrooge liebte ihn, und wie konnte es auch anders sein, denn war es nicht der kleine Tim gewesen, der, ohne es zu wissen, durch den weihnachtlichen Traumgeist sein hartes Herz berührt und ihn zu einem guten und glücklichen Mann gemacht hatte.

Dickens' Geschichten über Kinder, für Kinder erzählt

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