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II. DIE AUSREIßER

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Im Holly Tree Inn arbeitete einst ein junger Mann, der die Schuhe der Gäste putzte, Besorgungen machte und die Leute im Gasthaus bediente; sein Name war Cobbs, aber fast alle nannten ihn Boots, und dies ist die Geschichte, die er eines Tages erzählte.

"Angenommen, ein junger Herr, noch nicht mal acht Jahre alt, würde mit einer feinen, jungen Frau von sieben Jahren durchbrennen, würdet ihr das für einen seltsamen Anfang einer Geschichte halten? Ich kann euch versichern, dass es diesen Anfang gab, denn ich – der Boots aus dem Holly Tree Inn – habe ihn mit meinen eigenen Augen gesehen; ich habe sogar die Schuhe geputzt, in denen sie wegrannten, und diese waren so klein, dass ich nicht mal meine Hand reinstecken konnte."

"Master Harry Walmers' Vater lebte in Elms, in der Nähe von Shooter's Hill, sechs oder sieben Meilen von London entfernt. Obwohl er ungewöhnlich stolz war auf Master Harry, sein einziges Kind, hatte er ihn nicht verwöhnt. Er war ein Gentleman, der einen eigenen Willen und ein eigenes Auge hatte, und darauf wurde immer geachtet. Obwohl er dem feinen, aufgeweckten Jungen ein guter Gefährte war, behielt er dennoch das Kommando über ihn, und das Kind war ein Kind. Ich war damals Untergärtner bei ihm, und eines Morgens kam Master Harry zu mir und sagte:

" 'Cobbs, wie würden Sie Norah buchstabieren, wenn man Sie fragte?' Dann schnitzte er den Namen in Druckbuchstaben quer über den Zaun.

"Er konnte nicht sagen, dass er sich vorher besonders um Kinder gekümmert hätte; aber es war wirklich schön zu sehen, wie die zwei Winzlinge zusammen und tief verliebt spazieren gingen. Und wie mutig der Junge war! Du meine Güte, er hätte sein Hütchen weggeworfen, die Ärmel hochgekrempelt und sich auf einen Löwen gestürzt, wenn sie zufällig einem begegnet wären und sie Angst vor ihm gehabt hätte. Eines Tages blieb er mit ihr dort stehen, wo Boots Unkraut im Kies jätete, und sagte lauthals: 'Cobbs', sagte er, 'ich mag Sie'. 'Wirklich, Sir? Ich bin stolz, das zu hören.' 'Ja, ich mag Sie, Cobbs. Warum, denken Sie, mag ich Sie, Cobbs?' 'Keine Ahnung, Master Harry, wirklich nicht.' 'Weil Norah Sie mag, Cobbs.' 'Wirklich, Sir? Das ist sehr schmeichelhaft.' 'Schmeichelhaft, Cobbs? Wenn Norah einen mag, ist das besser als Millionen der glänzendsten Diamanten.' 'Gewiss, Sir.' 'Sie gehen weg, nicht wahr, Cobbs'? 'Ja, Sir.' 'Suchen Sie eine andere Anstellung, Cobbs?' 'Nun, Sir, ich hätte nichts dagegen, wenn es eine gute wäre.' 'Dann, Cobbs', sagte er, 'werden Sie unser Obergärtner sein, wenn wir heiraten.' Damit hakte er sie, in ihrem kleinen, himmelblauen Mantel, unter und ging weg.

"Es war besser als ein Bild und einem Theaterstück ebenbürtig, den beiden Babys mit ihren langen, glänzenden, lockigen Haaren, ihren funkelnden Augen und ihrem schönen, leichten Gang zuzusehen, wie sie tief verliebt durch den Garten spazierten. Boots war der Meinung, dass die Vögel glaubten, die beiden seien von Ihresgleichen, und deswegen mit ihnen mitflogen und zu ihrem Vergnügen sangen. Manchmal krochen sie unter den Tulpenbaum und saßen dort eng umschlungen, ihre weichen Wangen berührten sich, und sie lasen über den Prinzen und den Drachen, von den guten und schlechten Zauberern und der schönen Tochter des Königs. Manchmal hörte er, wie sie darüber nachdachten, ein Haus im Wald zu bauen, Bienen und eine Kuh zu halten und ausschließlich von Milch und Honig zu leben. Einmal traf er sie am Teich und hörte Master Harry sagen: 'Liebste Norah, küss mich und sag, dass du mich wie wahnsinnig liebst, sonst springe ich mit dem Kopf voran hinein.' Und Boots stellte ausdrücklich klar, dass er gesprungen wäre, wenn sie nicht getan hätte, was er von ihr verlangte.

" 'Cobbs', sagte Master Harry eines Abends, als dieser gerade die Blumen goss, 'ich werde diesen Mittsommer meine Großmutter in York besuchen.'

" 'Tatsächlich, Sir? Ich hoffe, Sie verbringen eine schöne Zeit dort. Ich werde selbst auch nach Yorkshire gehen, wenn ich einmal hier fertig bin.'

" 'Fahren Sie auch zu Ihrer Großmutter, Cobbs?'

" 'Nein, Sir. So etwas habe ich nicht.'

" 'Keine Großmutter, Cobbs?'

" 'Nein, Sir.'

"Der Junge sah Cobbs eine Weile beim Gießen der Blumen zu und sagte dann: 'Ich bin wirklich sehr froh, dass ich gehen werde, Cobbs – Norah geht auch.'

" 'Dann wird es Ihnen gut gehen, Sir', sagte Cobbs, 'wenn Ihre Liebste an Ihrer Seite ist.'

" 'Cobbs', erwiderte der Junge und errötete: 'Ich lasse niemanden darüber scherzen, wenn ich es verhindern kann.'

" 'Das war kein Scherz, Sir', sagte Cobbs ergeben – ' – war nicht so gemeint.'

" 'Dann bin ich froh, Cobbs, denn ich mag Sie! Wissen Sie, Sie werden bei uns leben, Cobbs.'

" 'Sir.'

" 'Was glauben Sie, was mir meine Großmutter gibt, wenn ich da runterfahre?'

" 'Ich habe nicht den leisesten Schimmer, Sir.'

" 'Eine Fünf-Pfund-Note der Bank von England, Cobbs.'

" 'Uff!', sagte Cobbs, 'das ist eine mächtige Summe Geld, Master Harry.'

" 'Mit so viel Geld könnte man sehr viel tun. Nicht wahr, Cobbs?''

" 'Auf jeden Fall, Sir!'

" 'Cobbs,' sagte der Junge, 'ich verrate Ihnen ein Geheimnis. In Norahs Haus haben sie sie wegen mir aufgezogen und sich über unsere Verlobung lustig gemacht. Als ob das Ganze ein Spiel wäre, Cobbs!'

" 'Das, Sir', sagte Cobbs, 'ist die Bosheit der menschlichen Natur.'

"Der Junge, der genau wie sein Vater aussah, stand einige Minuten da und sah mit hell erleuchtetem Gesicht in den Sonnenuntergang. Dann verabschiedete er sich mit den Worten: 'Gute Nacht, Cobbs. Ich gehe jetzt rein.'

"Dann wurde ich der Boots im Holly Tree Inn, und an einem Sommernachmittag fuhr eine Kutsche vor, aus der diese beiden Kinder ausstiegen.

"Der Portier sagte zu unserem Chef, dem Inhaber: 'Ich weiß nicht genau, was diese kleinen Passagiere hier wollen, aber der junge Herr bestand darauf, hierhergebracht zu werden.' Dann stieg der junge Herr aus, half seiner Dame aus dem Wagen, gab dem Kutscher etwas Trinkgeld und sagte zu unserem Chef: 'Wir werden hier übernachten, bitte. Es werden ein Wohnzimmer und zwei Schlafzimmer benötigt. Koteletts und Kirschpudding für zwei." Dann hakte er sie in ihrem kleinen, himmelblauen Mantel unter und betrat stolz wie Oskar das Haus.

"Boots überließ es mir, zu beurteilen, wie groß das Erstaunen war, als diese beiden winzigen Geschöpfe in den Salon einmarschierten – umso mehr, als der, der sie gesehen hatte, ohne dass sie ihn bemerkt hätten, dem Inhaber seine Ansichten über den Zweck ihrer Reise darlegte. 'Cobbs', sagte der Inhaber, 'wenn das stimmt, dann muss ich selbst nach York aufbrechen und ihre Freunde beruhigen. In diesem Fall müssen Sie ein Auge auf die beiden haben und sie bei Laune halten, bis ich zurückkomme. Aber bevor ich diese Maßnahmen ergreife, Cobbs, möchte ich, dass Sie herausfinden, ob sie richtig liegen. 'Sir', sagte Cobbs, 'das wird sofort erledigt.'

"Also ging Boots die Treppe hinauf in den Salon, wo Master Harry auf einem riesigen Sofa saß und die Augen von Miss Norah mit seinem Taschentuch trocknete. Ihre kleinen Beine hingen natürlich völlig in der Luft, und es war Boots wirklich nicht möglich, mir verständlich zu machen, wie klein diese Kinder für ihn aussahen.

" 'Das ist Cobbs! Das ist Cobbs!', rief Master Harry, kam zu ihm gerannt und fasste seine Hand. Miss Norah lief auf der anderen Seite zu ihm hin und nahm seine andere Hand, während beide vor Freude herumhüpften.

" 'Ich habe gesehen, wie Sie ausgestiegen sind, Sir', sagte Cobbs. 'Ich dachte mir, dass Sie es sind. Ihre Größe und Ihre Figur haben Sie verraten. Was ist das Ziel Ihrer Reise, Sir? Werden Sie heiraten?'

" 'Wir werden heiraten, Cobbs, in Gretna Green', erwiderte der Junge. 'Deswegen sind wir weggelaufen. Norah war ziemlich niedergeschlagen, Cobbs; aber jetzt, wo wir Sie gefunden haben, freut sie sich umso mehr.'

"'Danke, Sir, und danke, Miss,' sagte Cobbs, 'für Ihre hohe Meinung von mir. Haben Sie Gepäck mitgebracht, Sir?''

"Wenn ich Boots glauben darf, der mir sein Ehrenwort darauf gab, hatte die Dame einen Sonnenschirm dabei, ein Riechfläschchen, anderthalb gebutterte Toastbrote, acht Pfefferminzbonbons und eine Haarbürste, die vermutlich einer Puppe gehörte. Der Herr besaß eine Schnur von etwa sechs Metern Länge, ein Messer, drei oder vier Blätter Schreibpapier, die überraschend klein zusammengefaltet waren, eine Orange und einen Porzellanbecher mit seinem Namen darauf.

" 'Was genau sind Ihre Pläne, Sir?', fragte Cobbs.

" 'Morgen früh', antwortete der Junge – und der Mut dieses Jungen war geradezu sensationell!- , 'weiterfahren und heiraten.'

" 'Prima, Sir', sagte Cobbs. 'Würde es Ihren Vorstellungen entsprechen, Sir, wenn ich mitkommen würde?'

"Als Cobbs dies sagte, sprangen beide vor Freude auf und riefen: 'Oh, ja, ja, Cobbs! Ja!'

" 'Nun, Sir', sagte Cobbs. 'Wenn Sie mir die Freiheit erlauben, meine Meinung zu äußern, würde ich Ihnen Folgendes empfehlen: Ich kenne da ein Pony, Sir, und auch den Besitzer eines Phaetons; beides könnte ich mir ausleihen und Sie und Mrs. Harry Walmers, Jr. in sehr kurzer Zeit zum Ende Ihrer Reise bringen – ich fahre selbst, wenn Sie einverstanden sind. Ich bin mir nicht ganz sicher, Sir, ob dieses Pony morgen frei sein wird, aber selbst, wenn Sie morgen darauf warten müssten, könnte es sich für Sie lohnen. Was die Bezahlung für Ihre Unterkunft hier angeht, Sir: sollte es gerade etwas knapp bei Ihnen sein, wäre das kein Problem, denn ich bin Teilhaber dieses Gasthauses, und ich könnte den Betrag anschreiben lassen."

"Boots erzählte mir, dass die beiden erneut in die Hände klatschten, vor Freude auf und ab hüpften, ihn 'Guter Cobbs!' und 'Lieber Cobbs!' nannten und sich in der Wonne ihrer vertrauensvollen Herzen küssten, während er, der sie gerade getäuscht hatte, sich als der gemeinste Schurke fühlte, der je geboren wurde.

" 'Gibt es irgendetwas, das ich Ihnen bringen lassen kann, Sir?', sagte Cobbs, der sich über alle Maßen schämte.

" 'Wir hätten gerne Kuchen nach dem Essen', antwortete Master Harry, verschränkte die Arme, streckte ein Bein aus und schaute ihn geradewegs an. 'Dazu zwei Äpfel – und Marmelade. Zum Essen selbst hätten wir gerne Toast und Wasser. Norah trinkt als Dessert immer ein halbes Glas Johannisbeersaft, und ich auch.'

" 'Ich werde ihn an der Bar für Sie bestellen, Sir', sagte Cobbs und verschwand.

"Die Art und Weise, wie die Frauen des Hauses – ganz ohne Ausnahme – jede einzelne – egal ob verheiratet oder ledig, sich um den Jungen kümmerten, als sie die Geschichte hörten, überraschte Boots. Er konnte sie gerade noch davon abhalten, in den Raum zu stürmen und ihn zu küssen. Unter Lebensgefahr kletterten sie an allen möglichen Stellen hinauf, um ihn durch eine Fensterscheibe zu betrachten. Am Schlüsselloch standen sie zu siebt. Sie waren total versessen auf ihn und seinen Wagemut.

"Am Abend ging Boots erneut in den Raum, um nachzusehen, wie es dem geflohenen Paar ging. Der Herr saß auf der Fensterbank und hielt die Dame in seinen Armen. Sie hatte Tränen im Gesicht und lag, offensichtlich sehr müde und schon fast schlafend, mit dem Kopf an seiner Schulter.

" 'Mrs. Harry Walmers, Jr., müde, Sir?' fragte Cobbs.

" 'Ja, sie ist müde, Cobbs; sie ist es nicht gewohnt, von zu Hause weg zu sein, und sie ist wieder sehr traurig. Cobbs, könnten Sie ihr einen Biffin bringen, bitte?''

" 'Ich bitte um Verzeihung, Sir', sagte Cobbs. 'Was soll ich – ?

"'Ich glaube, ein Norfolk-Biffin [A] würde ihre Lebensgeister wecken, Cobbs. Sie mag sie sehr.'

"Boots machte sich auf die Suche nach dem benötigten Stärkungsmittel, und nachdem er es gefunden und hereingebracht hatte, reichte es der Herr der Dame, fütterte sie mit einem Löffel und aß selbst ein wenig davon. Die Dame war sehr schläfrig und ziemlich unleidig. 'Was würden Sie, Sir', fragte Cobbs, 'von einem Nickerchen halten?' Der Gentleman stimmte ihm zu; das Zimmermädchen ging als erstes die große Treppe hinauf, dann folgte die Dame in ihrem himmelblauen Mantel, galant geführt von dem Gentleman; dieser küsste sie an der Tür und zog sich dann in sein eigenes Zimmer zurück, wo Boots ihn sachte einschloss.

"Boots fühlte sich erneut als der gemeinste Betrüger, als sie ihn beim Frühstück (sie hatten über Nacht gezuckerte Milch, Toast und Johannisbeergelee bestellt) nach dem Pony fragten. Er gestand mir, dass er es fast nicht übers Herz gebracht hatte, den beiden jungen Dingern ins Gesicht zu sehen und daran denken zu müssen, wie verschlagen er geworden war. Wie dem auch sei, er log weiter wie ein Trojaner über das Pony. Er erzählte ihnen, dass es erst halb beschlagen sei und dass man es in diesem Zustand nicht rauslassen könnte, aus Angst, dass es sich verletzen würde. Aber im Laufe des Tages sei man damit fertig, und morgen früh um acht Uhr würde auch der Phaeton fertig sein. Als er in meinem Zimmer auf diese Situation zurückblickte, war Boots' Eindruck, dass Mrs. Harry Walmers, Jr. langsam der Mut verließ. Sie hatte vor dem Zubettgehen ihr Haar nicht gebürstet, und schien dazu auch morgens nicht in der Lage gewesen zu sein, sodass es ihr ins Gesicht hing. Aber Master Harrys Mut war ungebrochen. Er saß hinter seiner Frühstückstasse und stopfte Marmelade in sich rein, als wäre er sein eigener Vater.

"Boots vermutete, dass die beiden vor dem Frühstück Soldaten gezeichnet haben – zumindest weiß er, dass viele davon beim Kamin gefunden wurden, alle beritten. Im Laufe des Vormittags läutete Master Harry die Glocke – es war wirklich überraschend, wie sich dieser Junge hielt und munter sagte: 'Cobbs, gibt es in der Nähe gute Spazierwege?'

" 'Ja, Sir', antwortete Cobbs. 'Da gibt es zum Beispiel Love Lane.'

" 'Raus mit Ihnen, Cobbs!', polterte der Junge, 'Sie nehmen mich auf den Arm.'

" 'Entschuldigen Sie bitte, Sir', sagte Cobbs, 'er heißt wirklich Love Lane und ist ein sehr angenehmer Spazierweg; ich wäre stolz, ihn Ihnen und Mrs. Harry Walmers, Jr. zu zeigen."

" 'Norah, Liebes', sagte Master Harry, 'das ist sonderbar. Wir sollten Love Lane wirklich besuchen. Setz deine Haube auf, mein süßer Liebling, und lass uns mit Cobbs dorthin fahren."

"Boots überlässt es mir, zu beurteilen, für was für ein Scheusal er sich hielt, als das junge Paar ihm beim gemeinsamen Spaziergang mitteilte, dass es sich entschlossen hatte, ihm als Obergärtner zweitausend Guineen pro Jahr zu bezahlen, weil er ihnen so ein treuer Freund sei. Boots wünschte sich in diesem Moment nichts sehnlicher, als dass sich die Erde öffnete und ihn verschluckte; er fühlte sich so gemein, als ihre strahlenden Augen ihn ansahen und ihm glaubten. Nun, Sir, er lenkte so gut es ging vom Thema ab und führte sie die Love Lane hinunter zu den Auen am Wasser, wo Master Harry bei dem Versuch, ihr eine Seerose zu pflücken, fast ertrunken wäre – aber diesen Jungen erschreckte nicht das Geringste. Nun, Sir, sie waren erschöpft. Da alles so neu und fremd für sie war, waren sie unendlich müde und legten sich , wie die Kinder des Waldes, oder sagen wir der Auen, in eine große Ansammlung von Gänseblümchen und schliefen ein.

"Nun, Sir, irgendwann sind sie aufgewacht, und da wurde Boots eine Sache ziemlich klar, nämlich, dass sich Mrs. Harry Walmers' Gemüt gerade veränderte. Als Master Harry seinen Arm um ihre Taille legte, sagte sie, er habe sie 'so aufgezogen', und als er sagte: 'Norah, mein junger Maienmond, dein Harry zieht dich auf?', antwortete sie: 'Ja, und ich will nach Hause!'

"Wie auch immer, Master Harry blieb standhaft, und sein edles Herz war so glücklich wie eh und je. Als der Abend dämmerte wurde Mrs. Walmers sehr schläfrig und begann zu weinen. Deshalb ging sie, wie am Vortag, zu Bett; und Master Harry tat es ihr gleich.

"Gegen elf oder zwölf Uhr nachts kam der Wirt in einer Kutsche zurück, neben ihm Mr. Walmers und eine ältere Dame. Mr. Walmers schaute gleichzeitig amüsiert und ernst drein und sagte zu unserer Wirtin: 'Wir sind Ihnen sehr zu Dank verpflichtet, Ma'am, für Ihre freundliche Fürsorge unseren kleinen Kindern gegenüber, die wir nie ausreichend würdigen können. Bitte, Ma'am, wo ist mein Junge?' Und die Wirtin sagte: 'Cobbs hat auf die lieben Kinder aufgepasst, Sir. Cobbs, zeig dich mal!' Dann sagte er zu Cobbs: 'Ah, Cobbs! Ich freue mich, Sie zu sehen. Ich habe schon gehört, dass Sie hier sind!' Und Cobbs sagte: 'Ja, Sir. Ihr gehorsamer Diener, Sir.'

"Es mag euch vielleicht überraschen, das von Boots zu hören, aber er versicherte mir, dass sein Herz wie ein Hammer schlug, als er die Treppe hinaufging. 'Ich bitte um Verzeihung, Sir', sagte er, während er die Tür aufschloss, 'ich hoffe, Sie sind Master Harry nicht böse, denn er ist ein guter Junge, Sir, und wird Ihnen zu Ruhm und Ehre gereichen.' Boots gab mir zu verstehen, dass er sich in diesem Moment und in Anbetracht seines wagemutigen Geisteszustands mit dem Vater des feinen Jungen angelegt hätte, wenn ihm dieser widersprochen hätte; und natürlich hätte er auch die Konsequenzen getragen.

"Aber Mr. Walmers sagte nur: 'Nein, Cobbs. Nein, mein guter Freund. Danke!' Und als die Tür offen war, ging er hinein.

"Boots folgte ihm, hielt das Licht, und sah, wie Mr. Walmers zum Bett ging, sich vorsichtig nach unten beugte und das kleine, schlafende Gesicht küsste. Dann stand er eine Minute lang da, betrachtete es und rüttelte schließlich sanft an der kleinen Schulter.

" 'Harry, mein lieber Junge! Harry!'

"Master Harry schrak auf und schaute ihn an. Dann schaute er Cobbs an. Dieser Winzling hatte so viel Ehre im Leib, dass er Cobbs anschaute, um herauszufinden, ob er ihn etwa in Schwierigkeiten gebracht hatte.

" 'Ich bin nicht böse, mein Kind. Ich will nur, dass du dich anziehst und nach Hause kommst.'

" 'Ja, Paps.'

"Master Harry zog sich schnell an. Seine Brust begann zu schwellen, als er fast fertig war, und sie schwoll immer mehr an, während er seinen Vater anschaute; und sein Vater schaute ihn an, das stille Abbild von ihm selbst.

" 'Bitte, darf ich' – der Esprit dieses kleinen Geschöpfes und die Art, wie er seine aufsteigenden Tränen niederkämpfte! – 'Bitte, lieber Paps – darf ich – Norah küssen, bevor ich gehe?'

" 'Du darfst, mein Kind.'

"Also nahm der Vater Master Harry an der Hand, während Boots den beiden mit seiner Kerze den Weg in das andere Schlafzimmer zeigte, wo die ältere Dame am Bett neben der armen, kleinen, noch fest schlafenden Mrs. Harry Walmers, Jr. saß. Dort hob der Vater das Kind zum Kissen hoch, sodass dieses sein kleines Gesicht für einen Augenblick neben das warme Antlitz der schlafenden, kleinen Mrs. Harry Walmers, Jr. legen konnte – ein so berührender Anblick, dass eines der Zimmermädchen, die durch die Tür spähten, rief: 'Es ist eine Schande, sie zu trennen!' Aber dieses Zimmermädchen war, wie Boots mir sagte, schon immer sehr weichherzig. Nicht, dass das schlecht gewesen wäre. Ganz im Gegenteil."

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