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Kapitel 3 Willkommen im Todestrakt

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Die Diagnostic Unit ist ein riesiger Gefängniskomplex, der für die Datenverarbeitung von Leuten errichtet worden war, die verurteilt waren, für eine gewisse Zeit im Gefängnis zu sitzen. Wir fuhren hinauf zum hinteren Eingang dieser Einrichtung. Die TDCJ-Wachleute, die diesen Eingang bewachten, suchten die Unterseite des Wagens ab. Danach durchsuchten sie den Wagen. Erst nachdem sie dies getan hatten, öffneten sie das Tor und ließen uns weiterfahren. Der Deputy fuhr den Wagen bis zu einem Eingang auf der Rückseite des Gebäudes und ich wusste nicht, was mich erwartete. Ich saß regungslos im Auto, gespannt wie eine Stahlfeder, und bereitete mich auf das Schlimmste vor. Als wir geparkt hatten, kamen vier TDCJ Wachen aus dem Gebäude, um den Wagen in Empfang zu nehmen. Sie unterhielten sich kurz mit den Deputys, dann öffnete sich plötzlich die Hintertür des Wagens.

Zu meiner Verwunderung stieg ein hagerer Wachmann zu mir hinten in den Wagen. Er setzte sich neben mich und sagte zu mir: „Insasse Flores, Sie befinden sich nun in TDCJ Gewahrsam. Hier werden Sie in Kürze auf ihrem Weg in den Todestrakt sein. Ich werde Sie hineinbringen und Ihnen diesen Schockgürtel abnehmen. Ich werde Sie wie einen Mann behandeln, wenn Sie sich auch wie einer benehmen“. Ich antwortete nichts. Ich starrte in seine Augen und hörte zu, was er mir mit seinem schleppenden osttexanischen Akzent sagte. Dann fragte mich der hagere Wachmann: „Haben Sie schon was gegessen“? Ich antwortete: „Nein“. Er sagte: „Sobald ich wieder drinnen bin, gebe ich der Küche Bescheid und Sie kriegen einen kleinen Mittagssnack.” Ich wusste, dass er freundlich zu mir war, weil er mich beruhigen wollte, damit ich die ganze Prozedur über mich ergehen lasse und keinen Ärger mache, aber ich zeigte ihm nicht, dass ich ihn durchschaute. Als er aus dem Wagen stieg, forderte er mich freundlich auf auch auszusteigen. Ich tat dies und stieg langsam aus, bis ich auf meinen eigenen zwei Beinen stand. Umringt von Wachpersonal machte ich mich langsam auf den Weg über eine Treppe in das Gebäude.

Mühsam schleppte ich mich hoch und sah die Übergangszellen, die die Wände des riesigen Raumes säumten. In einigen der Zellen befanden sich Männer, die darauf warteten abgeholt zu werden, während andere leer waren. Der hagere Wachmann öffnete schnell eine leere Zelle und forderte mich auf hineinzugehen, was ich brav tat. Wärter betraten die Zelle und entfernten mir die Handschellen und alle übrigen Fesseln. Der hagere Wachmann forderte mich auf, mich auszuziehen und ich zog meinen Pullover aus und übergab ihn dem Wachmann. Er nahm ihn mir ab und gab ihn wiederum an die Dallas Deputys weiter. Sie sammelten ihre „Fesselutensilien“ auf und verschwanden für immer aus meinem Leben.

Ich wusste, der spindeldürre Wachmann gebrauchte die sogenannte sanfte Tour, um mit mir fertig zu werden. Ich war sicher, die Deputys hatten ihm über mich erzählt und wozu ich ihrer Meinung nach fähig wäre. Diese Methode fand ich eigentlich ganz OK. Er wollte mich so schnell wie möglich in das TDCJ System kriegen und ich war damit einverstanden. Je früher desto besser. Der hagere Wachmann verließ die Zelle für ein paar Minuten und als er wieder zurückkam, hielt er ein paar Klamotten für mich in der Hand. Ein weißes Hemd, eine Hose, Boxershorts und ein paar graue Socken. Ich zog mich schnell um. Der hagere Wachmann stand neben der Zelle und sagte: „Sie sind ein Todestrakt-Häftling, also das höchst mögliche Sicherheitsrisiko. Aber wir beabsichtigen, Sie so schnell wie möglich hier durchzubringen. Wir können Sie bis heute Abend im Todestrakt haben. Gehen Sie einfach mit mir und kooperieren Sie, dann haben wir Sie in ein paar Stunden raus aus dieser Zelle.” Ich nickte zustimmend und setzte mich dann auf die Bank in meiner „Transferzelle“.

Ungefähr 30 Minuten später kam der hagere freundliche Wachmann zu meiner Zelle mit einer Papiertüte zurück und gab sie mir. Ich wusste, dass er nicht mein Freund war. Ich wusste, dass seine Arbeit Vorrang hatte. Er würde ihnen helfen, mich zur Exekution zu schleifen, wenn es sein Vorgesetzter von ihm verlangte. Ich machte mir keine Illusionen, aber obwohl mir das klar war, nahm ich die Tüte als eine Art Angebot entgegen. Ich dachte, dass ich so ohne größere Schwierigkeiten die Diagnostic Unit verlassen könnte. In der Tüte waren ein Wurst- und ein Käsebrot, ein paar Rosinen und ein Viertel Liter Milch. Es war das erste Essen, das ich zu mir nahm seit 24 Stunden, und in diesem Augenblick schmeckte es himmlisch. Der Hunger ist halt doch der beste Koch. Ich saß auf der Bank und genoss mein Essen. Kurze Zeit später teilte mir der hagere Wachmann mit, dass es Zeit wäre für die Aufnahmeformalitäten.

Wir gingen zu einem anderen Teil des Gebäudes in dem acht Friseurstühle standen. Ich musste mich hinzusetzen und mir die Haare schneiden zu lassen. Alle „Friseure“ waren eigentlich weiß angezogene Häftlinge. Im TDCJ, dem Texas Department of Criminal Justice, schneiden sie die Haare mit elektrischen Rasierern. Es gibt keine Scheren. Scheren könnten ja als Waffe eingesetzt werden. Nachdem ich mich hingesetzt hatte, fragte man mich, wie ich meine Haare gerne schneiden lassen wolle. Ich sagte ihm, dass er alles wegrasieren solle. Ich wollte eine Glatze. Meine Haare waren ziemlich lang und ich war froh sie loszuwerden. Auf der anderen Seite des Raumes gab es ein Duschbereich.

Duschköpfe ragten alle zwei Meter aus der Wand und es gab Duschgestelle, die mitten im Raum standen. Sie waren ungefähr zwei Meter hoch und hatten jeweils vier Duschköpfe, die nach außen spritzen, damit vier Männer gleichzeitig duschen konnten. Keine Privatsphäre weit und breit, keine Wände trennten den Duschbereich. Hier konnten 40 Menschen auf einmal duschen. Ich war damals alleine, als ich duschte, und tat es so schnell ich nur konnte. Im Nu war ich geduscht und hatte mich angezogen und wir waren schon auf dem Weg zur nächsten Station.

Mich begleiteten nun zwei Wärter. Wir gingen durch eine dicke Stahltür in die Haupthalle und ohne jegliche Vorwarnung brüllte der hagere Wachmann plötzlich aus voller Kehle: „TODESTRAKT HÄFTLING KOMMT DIE HALLE ENTLANG!! ALLE MANN HÄNDE AN DIE WAND!!” Alle blieben erst wie angewurzelt stehen, drehten ihr Gesicht zur Wand und legte die Handflächen an die Wand als wir vorbeigingen.

Kurz darauf erreichten wir eine Büroabteilung des Gefängnisses. Sie führten mich in die Abteilung und setzten mich vor einen Schreibtisch aus Holz. Ein Mann in einem modischen Outfit aus Hemd und Hose (in Zivil) saß auf der anderen Seite des Tisches und stellte mir allerlei Fragen. Er fragte mich über meine Familie, wer meine Eltern, Schwestern und Brüder sind; wollte etwas über die Geschichte meiner Familie wissen und fragte mich wo ich geboren bin, wo ich aufgewachsen bin, welche Schulen ich besucht hatte, solche Dinge halt. Er wollte auch noch wissen, welcher Religion ich angehöre und ob ich jemanden auf die Besucherliste setzen wolle. Am Ende der Befragung fragte er mich, ob ich irgendwelche Tätowierungen oder Narben hätte. Jeder schien es an diesem Tag eilig zu haben. Ich erfuhr auch bald den Grund dafür: Es war Karfreitag und der damalige Präsident George W. Bush hatte diesen Tag zum Feiertag erklärt, was allen staatlichen Mitarbeitern einen halben freien Tag bescherte. Soso, sie wollten alle um 12 Uhr mittags nach Hause gehen - deswegen (es war fast mittags) war die Befragung so schnell vorbei. Danach machten sie Fotos von mir und wie ein Wirbelwind war ich in Rekordzeit wieder aus dem Büro draußen. Kaum hatte es angefangen, war es auch schon wieder vorbei und ich schon wieder auf dem Weg in meine Aufenthaltszelle. Das war O.K. für mich. Ich war mir sicher, dass dieses System nicht immer so gründlich arbeitete. Ich schätzte mich glücklich, dass ich so schnell drinnen und wieder draußen war. Ich denke, ich sollte George W. Bush dafür danken.

Ich durchlief also dieses Verfahren und machte keine Schwierigkeiten. Es war auch zu meinem Vorteil. Ich verzog keine Miene, ich war weder unhöflich noch zu höflich. Das war alles, was ich der Welt damals zeigen wollte. Im Inneren war ich bis zum Äußersten angespannt und rechnete immer mit dem Schlimmsten, aber ich war fest entschlossen es durchzustehen. Ich wusste, das alles war nur ein kleines Zwischenspiel auf meiner Reise zum Todestrakt. Ich war bereit zu kämpfen - mit wem auch immer, wo auch immer. Ich spürte den Kämpfer in mir, meinen Warrior Within, der sich hinter meiner regungslosen Fassade versteckt hielt. Dieser Gedanke spornte mich an und setzte explosionsartig Adrenalin in meinem Körper frei. Ich wusste, ich war bereit dem Schlimmsten zu begegnen. Der hagere Wachmann und sein Partner brachten mich zurück zu meiner Aufenthaltszelle und der hagere ließ verlauten: „Ich werde jetzt dem Todestrakt Bescheid geben. Die werden in einer Weile hier sein und dich abholen.” Ich nickte und setzte mich wieder auf die harte kalte Eisenbank, lehnte mich gegen die Wand und schloss meine Augen.

Während ich so da saß, wurde mir klar, dass ich das Ende der Fahnenstange erreicht hatte, ich hatte den Hals praktisch schon in der Schlinge, aber ich zwang mich zu denken, es gäbe keinen Grund sich Sorgen zu machen und das redete ich mir pausenlos ein. Diese verrückte Stimme in meinem Kopf sagte mir: „Kämpfe wie ein wildes Tier!” wieder und immer wieder. „Lass dich niemals von ihnen unterkriegen, lass sie deinen Geist niemals brechen! Lass sie für jeden Schlag, den sie landen, bezahlen!” Das waren die Gedanken, die mir durch den Kopf schwirrten. Ich hoffte auf das Beste und erwartete das Schlimmste. Das ist die einzige Möglichkeit, um seine Strafe abzusitzen, ohne den Verstand zu verlieren. Die traumatischen Ereignisse, die ich im Bezirksgefängnis durchlebt hatte, waren immer noch so frisch und ich war noch so kindisch, ungestüm und wild in meinen Gedanken und meiner Natur. Es war mir einfach alles scheißegal. Ich war damals wild entschlossen allen, die mich in den Todestrakt geschickt hatten, zu beweisen, dass ich bis in die letzte Faser das Tier war, für das sie mich hielten und wollte dabei so viel Schaden anrichten, wie ich nur konnte. Ich glaubte, dass es für mich keine Hoffnung mehr gäbe. So sehr hatte die unmenschliche Behandlung im Bezirksgefängnis meine Psyche beeinflusst. Meine Gedanken waren gefühlskalt und tödlich geworden und ich wollte auf jeden von ihnen losgehen. Das habe ich gemeint, als ich sagte, dass ich meinen Geist und meinen Körper darauf vorbereitete mit dem Feind zu kämpfen.

Es kam mir vor, als ob meine Augen nur für ein paar Sekunden geschlossen gewesen wären, als sich plötzlich die Hintertür in dem Gebäude öffnete. Als ich nachschaute, sah ich, dass das Transportteam da war, um mich zu meinem neuen „Zuhause“ zu bringen, in den texanischen Todestrakt. Ich wurde erneut in Handschellen gelegt und bekam eine Kette um den Bauch verpasst, die an den Handschellen befestigt wurde, was mich zwang gebeugt zu gehen. Ich gab keinen Ton von mir, als sie mir diese unsäglichen Dinger so fest anlegten, dass kein Blut mehr in meine Hände fließen konnte. Ich betrachtete mich selber als einen „dead man walking“, als einen, der zwar noch herumlief, aber praktisch schon tot war, und es war mir scheiß egal. Sie führten mich aus meiner Übergangszelle heraus und ich ging langsam die Treppen hinunter zum TDCJ Transporter, sie öffneten die hintere Tür des Wagens und ich kroch mühsam hinein.

Ich platzierte mich auf der Eisenbank, die mit dem Boden des Vans verschraubt war, und war bereit für die Abfahrt. Wir verließen das Gefängnisgelände und nahmen einen Weg, der uns durch ein ländliches Gebiet im Osten von Texas führte. Ich saß so verdreht da, dass ich aus dem Fenster schauen und alles mit meinen Sinnen aufnehmen konnte. Es kam mir alles irgendwie surreal vor: die Bäume, die Sträucher und das Gras neben der Straße. Ich war ein Jahr lang in diese Zelle im Bezirksgefängnis eingesperrt gewesen und hatte vergessen, wie es ist, in einem Auto zu fahren und die Landschaft zu genießen, ohne dass jede kleinste deiner Bewegungen beobachtet wird.

Die Fahrt dauerte ungefähr eine halbe Stunde und ich spürte, dass der Wagen langsamer wurde und der Fahrer in eine geteerte Nebenstraße einbog. Ich versuchte nach vorne zu sehen, um herauszukriegen, wo wir hinfuhren. In der Ferne sah ich Stacheldraht auf einem hohen Maschendrahtzaun. Es lief mir eiskalt über den Rücken. Hier war ich - an der Türschwelle zum Todestrakt. Als wir uns dem Gefängnis näherten, sah ich ein großes weißes Schild, auf dem mit schwarzen Buchstaben geschrieben stand: „WILLKOMMEN IM TODESTRAKT DER SEKTION ELLIS I.“ Als ich das Schild las, kam es mir vor, als ob die Behörden damit protzen wollten, dass hier der Todestrakt liegt. Sie waren stolz darauf, dass sie den Todestrakt Texas unter ihrem Kommando hatten. Die ganze Zeit fuhr der Wagen weiter, um den Gebäudekomplex herum, bis wir schließlich am Hintereingang des Gefängnisses anhielten. Nachdem der Wärter, der das hintere Tor bewachte, die Unterseite des Wagens überprüft hatte, öffneten sich die Tore und wir wurden auf das Gefängnisgelände gelassen. Der Wagen hielt neben dem Wachhaus und einer der Transportbegleiter ging zur hinteren Tür des Wagens, öffnete sie und forderte mich auf auszusteigen.

Draußen standen noch zwei weitere Wachleute, die mich zum Todestrakt bringen sollten. Als ich mich umschaute fiel mir auf, dass der Todestrakt in einem gewöhnlichen Gefängnis untergebracht war. Viele Häftlinge, die nicht vom Todestrakt waren, liefen herum und gingen den unterschiedlichsten Aufgaben nach. In Weiß gekleidet gingen sie zwischen den Gebäuden hin und her. Im Inneren des Gefängnishofs gab es einige große Gebäude aus Metall, die, wie ich später herausfinden sollte, Lehrwerkstätten waren, in denen Gewerbe wie Schweißen und Maschinenbau unterrichtet werden. Ich sah sofort, dass die weiß gekleideten Häftlinge den grau gekleideten Wärtern zahlenmäßig gewaltig überlegen waren, trotzdem schienen mir Letztere völlig entspannt zu sein.

Die neuen Wachleute, die mich nun begleiteten, nahmen mir die Bauchkette und die Fußfesseln ab und fesselten meine Hände am Rücken mit Handschellen. Einer der Wachmänner schnappte die Tasche mit meinem Zeug, das ich zum Todestrakt mitgebracht hatte, und wir gingen in das Gebäude hinein. Wir gingen durch die Haupthalle der Sektion Ellis I zum Büro des Direktors des Todestrakts.

Als ich das Büro betrat, sah ich einen hellhäutigen Schwarzen, der hinter einem Tisch aus Stahl saß. An den Streifen an seinem Hemdkragen war zu erkennen, dass er Captain war. Ich nahm Platz und schaute den Direktor an. Er starrte mich für ein paar Sekunden an und ich erwiderte seinen starren Blick. Ich übermittelte ihm damit wortlos die Nachricht, dass ich nicht die Absicht hatte, mich unterkriegen zu lassen. Mit dem typischen, schleppenden Südstaatenakzent sagte er mir: „Insasse Flores, Sie wurden in den Todestrakt verlegt. Ich bin der Direktor hier. Das hier wird Ihr neues Zuhause sein und ich sag Ihnen gleich, das hier ist ein verdammt beschissener Ort. Der Todestrakt ist kein Ort, um Ferien zu machen. Ich hab schon Scheiße hier gesehen, die könn' Sie sich nicht mal ausmalen. Es gibt mehrere Möglichkeiten, um seine Zeit hier abzusitzen. Sie könn' es sich einfach machen oder schwer, das liegt ganz bei Ihnen. Ich weiß, wer Sie sin', und ich weiß über einige Dinge Bescheid, die Sie getan haben, bevor Sie herkamen. Aber das hier ist ein Neustart. Es liegt also wie gesagt alles an Ihnen. Die meisten verlassen den Todestrakt nicht mehr lebend. Das ist nun mal so. Menschen sterben in diesem Trakt. Also, wir haben verschiedene Sicherheitsstufen in diesem Trakt. Es gibt die Stufe I, II und III. Bei Stufe I haben Sie alle Privilegien, die Sie in diesem Trakt haben können. Bei Stufe II kriegen Sie kaum noch was und bei Stufe III haben Sie gar nichts mehr. Ihre Zelle wird total leer geräumt. Die Stufen ändern sich bei disziplinarischen Verstößen. Wie ich schon sagte, Flores, es kommt alles auf Sie an und wie Sie Ihre Zeit verbringen möchten. Ich schick Sie jetzt in Stufe I rein und ich hoff, dass Sie diese Stufe halten. Also, noch irgendwelche Fragen?” Ich schüttelte den Kopf. Er erzählte mir dann bloß noch, dass ein Sergeant mich übernehme, wenn er fertig sei, und mich in den Trakt bringen werde.

Ich wurde darauf in ein anderes Büro gebracht und der Sergeant befahl den Wärtern meine Handschellen abzunehmen. Er saß auch genau wie der Direktor hinter seinem Schreibtisch und starrte mich an, während ich meine Handgelenke massierte, damit das Blut wieder in meine Finger lief. Danach musste ich mich ausziehen. Der Sergeant meinte, dass er meinen Oberkörper fotografieren und sich notieren müsse, ob ich irgendwelche Tattoos oder Narben hätte. Ich zog mich also aus und er fing an, mir Fragen zu stellen und Papierkram auszufüllen.

Einmal fragte er mich: „Na, was ham' wa denn ausgefressen, dass wa hier gelandet sind?” Ich antwortete sofort: „Ich habe einen Scheißdreck getan! Ich bin hier gelandet, weil ich der einzige Mexikaner in einer Gruppe von Weißen war und weil ich einen Eintrag im Strafregister hatte.” Es machte mich wütend diesem Bauerntrampel zuzuhören und diese rassistische Memme fragt mich dann auch noch so lässig, was ich getan hätte, als ob ich ihm jetzt beichten sollte, dass ich dutzende von Menschen getötet hätte oder schlimmer. Ich versuchte mich zu beruhigen und sagte nichts während er mich über seinen Schreibtisch hinweg anglotzte. Er fragte mich nichts mehr über meinen Fall oder die Umstände, die Ausschlag gebend waren.

Nach diesem Zwischenfall machte der Sergeant schnell und teilte mir mit, dass mein neues Zuhause im Flügel J-21 sein werde. Nach einiger Übergangszeit würde ein Gremium entscheiden, ob mir der Freigang zusammen mit den anderen Häftlingen erlaubt sei. Erst mal dürfe ich nur alleine Freigang haben. Das meiste, was er sagte, ergab für mich keinen Sinn, aber ich stellte keine Fragen. Ich ging davon aus, dass ich ohnehin bald alles wissen würde, was es über diesen Trakt zu wissen gibt. Ich nahm ihm die Anmerkung, was ich getan hätte, immer noch übel und wollte ihn loswerden. Wir verließen das Büro des Sergeants und sie brachten mich zu einem Trakt. Ich konnte großen Lärm, der von dort herauskam, hören. Oberhalb der Stahltür war ein Schild mit der Aufschrift „J-21 Todestrakt”. Die Tür öffnete sich automatisch und wir betraten den Flügel.

Es war, wie wenn man ein altes, muffiges Verließ betreten würde. Überall, wo ich hinschaute, war schwarzer Maschendrahtzaun zu sehen. Über die Gitterstäbe der Zellen hatten die Behörden diesen Maschendraht gezogen und damit die Zellen in vergitterte Käfige verwandelt! Der Trakt war dunkel, düster und laut, so laut, dass es ohrenbetäubend war! Jeder schien gleichzeitig zu schreien! Ich konnte die negativen Energien spüren, die meinen ganzen Körper durchflossen. Es gab drei Reihen von Zellen, die übereinander gebaut waren. Sie wurden „Rows” genannt. Die unterste Reihe war die 1-Row, die mittlere die 2-Row und die oberste die 3-Row. Mir wurde eine Zelle am Ende der 1-Row zugeteilt. Die Männer brüllten auf dem Gang herum und verkündeten lautstark, dass ein neuer gerade den Trakt betreten hätte und dass ich eine Zelle in der 1-Row belegen würde. Ich ignorierte die gesichtslosen Stimmen und folgte den Wachen zur Zelle 20.

Unbesiegt - Unschuldig in der Todeszelle

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