Читать книгу Der Magier von Varanasi - CHRIS URAY - Страница 4
Kapitel 2
ОглавлениеAlan Phoenix und seine Ehefrau Ariette war soeben aus dem Flugzeug in New Delhi ausgestiegen und begaben sich zur Gepäckausgabe.
"Das dauert ja ewig, bis unsere Koffer kommen!" nörgelte Ariette herum. "In Philadelphia geht das aber schneller!"
"Wir sind hier in Indien, einem Schwellenland, und nicht in einem High-Tech-Land wie bei uns." antwortete ihr Mann.
"Ausgenommen unsere altmodischen Stromnetze, die sind ebenfalls auf Entwicklungsländer-Niveau!"
Alan lachte. "Da hast du allerdings Recht!"
"Endlich! Da sind unsere Koffer! Schnell, du greifst den einen, ich den anderen!" sagte Ariette aufgeregt.
"Zu Befehl, Madam!"
Nachdem sie ihre Koffer hatten, ging es Richtung Ausgang. Draußen erwartete sie ein Heer von über hundert Scooterfahrern, Taxis, Fahrradriksha-Wallahs, korrupten indischen Hotel-Abzockern und etwas zwielichtigen anderen undefinierbaren Personen. Es war überwältigend, vor allem, wenn man es noch nie gesehen hatte.
"Um Gottes Willen!" rief Alan aus, "Der Reiseführer hatte leider doch Recht! - Wo ist denn jetzt unser Taxi-Abholservice??"
Inzwischen kamen schon drei Rikshafahrer gleichzeitig an und belästigten die beiden. Ein Mischung aus Hupkonzert, Fahrradgeklingele und aufgeregten indischen Stimmen lag in der Luft. Typisch Indien eben!
"We've a very good hotel, Sir! Super good hotel! Come with me!" bot sich der erste Scooter-Fahrer mit seiner Dreirad-Riksha an.
"You are looking for a superior class hotel? I'll take your suitcases!" Der zweite Fahrer griff nach Phoenix' Koffer, was Alan aber souverän abwehrte.
"In Delhi, there's high water! High danger! I can tell you hotel outside of the flooding area, so you are saved! Please get into my taxi!"
Alle möglichen Stories wurden erfunden, der Phantasie fast keine Grenzen gesetzt! Man durfte einfach nicht auf diese Abzocker und Betrüger reinfallen. Das mit dem Hochwasser war absoluter Quatsch; in Delhi waren überhaupt keine Überschwemmungen!
Nach einer knappen Minute Suchen hatten die beiden endlich ihr vorläufiges Ziel entdeckt.
"Da hinten hält ein Taxifahrer ein Schild hoch mit unserem Hotel! Der schwarze auf Hochglanz polierte Buick! Das müßte unser Chauffeur sein!" sagte Alan aufgeregt.
"Chauffeur ist gut. Ein normaler Taxifahrer halt." meinte Ariette aus der Ferne.
"Ja, er hält ein Schild hoch mit der Aufschrift <ITC Maurya Sheraton Hotel - Mr. Phoenix>! Da haben wir ja Glück!"
Ariette wollte diesmal unbedingt ein Fünf-Sterne-Hotel bewohnen; deshalb hatte Alan ihr fünf Tage Luxus gegönnt. Phoenix war eigentlich eher etwas abenteurermäßig veranlagt, und ihm hätten drei oder vier Sterne auch gereicht. Aber seine ehemalige "Prinzessin" wollte es so. In einem früheren Leben war Ariette einmal die Tochter eines indischen Moguls gewesen und auch heute noch etwas "etepetete".
Auch heutzutage hielt sie sich im Urlaub gerne in einem königlichen und gehobenem Ambiente auf, was Alan nicht unbedingt störte; aber drei Wochen am Stück wären ihm irgendwann doch zu langweilig. Die beiden einigten sich, wie in Partnerschaften meist üblich, auf einen Kompromiß.
Rasch begaben sich die beiden zu ihrem <Chauffeur>.
"Good afternoon, Sir. We are Alan and Ariette Phoenix and want to go to the ITC Maurya Sheraton Hotel in the Sardar Patel Marg in Chanakyapuri, the diplomate's area, we've already pre-booked and paid."
"Very nice to see you. Good afternoon, my Lady, good afternoon, Sir. Namaste. - Yes, I'm your official hotel driving service. - Here are many gangsters and betrayers, so with pre-booking like you've done, you are always in advantage. - Please give me your suitcases."
In Alan wurden alte Erinnerungen an San Juan in Puerto Rico wach, aber jetzt gab er bereitwillig seinen Koffer aus der Hand. Alans Ehefrau schaute anerkennend zum Outfit des Fahrers hinüber.
Nachdem der etwas schmächtige, aber immerhin im Anzug, eigentlich war es eine Art vornehme Hoteluniform, auftretende Fahrer die beiden Koffer in den Kofferraum gehievt hatte, ging es los.
Ariette und Alan würden jetzt fünf Tage nur einen Katzensprung vom Sitz des indischen Präsidenten entfernt wohnen, welche Ehre.
Und schon waren Alan, Ariette und der vornehme Taxifahrer im Getümmel des chaotischen Verkehrs von New Delhi abgetaucht. Laut hupend kamen immer wieder Busse und dröhnend laute Lastwagen entgegen, die fast in der Mitte der Fahrspur fuhren, aber dann noch gerade rechtzeitig nach rechts auswichen, denn es herrschte ja Linksverkehr; ein Gewimmel von Scootern, Fahrradrikshas, Mopeds, größtenteils japanischen Autos von mittelständischen Indern, ab zu einige wagemutige Moped- und Fahrradfahrer sowie Kühe, die als heilige Tiere Indiens natürlich Vorrang hatten. Ein lautes Gehupe, Dröhnen und Gewusel, wogegen der Verkehr in den USA oder Deutschland geradezu supergeordnet und in strengen Bahnen erscheint, was auch so ist. Wer in Indien, vor allem in den Großstädten, Auto fährt, sollte vor der Fahrt wirklich ein Gebet machen. Im Ernst. Nicht umsonst haben viele Scooterfahrer einen Minialtar in ihrer Motorriksha. Im Verkehr Indiens umzukommen ist um einiges einfacher als auf dem Rest der Welt ;-)
In der Astralhölle ging es derzeit heftig ab. Der Universelle Schöpfergott des gesamten Weltalls und sämtlicher Universen sowie Dimensionen hatte beschlossen, so wie man es übrigens teilweise auch aus den indischen Puranas ableiten kann, daß gewisse Seelen, obwohl sie theoretisch geplant unsterblich gewesen wären, für immer vernichtet werden sollten. Der Schöpfer hatte sich vor kurzem dazu entschlossen, um die materielle Schöpfung, die Rückkehr-Hilfe für die gefallenen Nachfolger Luzifers sowie einen kleinen Teil der Asuras, nicht zu sehr zu gefährden. Da der Schöpfergott absolut allmächtig war und somit auch die vollkommene Kontrolle über die Hölle und den "Teufel" sowie alle Dämonen bzw. Asuras hatte, konnte er frei entscheiden, was er mit dem mißlungenem Teil seiner Schöpfung anstellte. 23 Kandidaten standen auf seiner neuen Liste, größtenteils waren es übrigens intelligente Reptiloide, deren geplante Zerstrahlung in reine Wärmestrahlung, d.h. Dreier-Strahl-Energie ohne jegliche Bewußtseinsinformation, jetzt kurz bevorstand.
Der "Delinquent", der letzte Hochverräter aus dem Pentagon vom August 2012, wußte noch nichts von seinem Glück, aber es wäre für ihn wahrscheinlich auch eine Erlösung für immer, wenn sein Lebens-Aspekt 2013 vollständig aufgelöst und für ewig in einem unpersönlichen Energie-Aspekt ohne Seele und ohne Persönlichkeit umgewandelt werden würde. Aus der Sicht von Einsteins E = mc² wäre es einfach eine simple Energieumwandlung, aber Einstein griff hier nicht mehr vollständig, da einige höhere Dimensionen des Schöpfers nicht mehr von den nicht hinreichenden irdischen Formeln erfaßt wurden.
"Delinquent, antreten! Es ist soweit! Deine ewige Vernichtung steht bevor, Zerstrahlung in reine unpersönliche Wärmeinfrarotstrahlung, vom All-Schöpfer <persönlich> angeordnet! Sofort mitkommen!" ordnete der astrale Höllengefängniswärter im Jenseits an.
"Zuerst möchte ich meinen Anwalt sprechen!" heulte der Delinquent los. Zum ersten Mal in seiner gesamten Lebensgeschichte, eher dem Horrorkabinett des Bösen, weinte er.
"Ende der Fahnenstange. Hier gibt es keinen Anwalt, kein Gericht und den ganzen Schmonzes. Deine gespielten Tränen nützen nichts mehr. Spar dir deine elendige Schauspielerei!!" sagte der Höllenwärter barsch.
Und in der Tat, die Tränen des Delinquenten waren nur vorgetäuscht, in Wirklichkeit bereute er nichts, absolut nichts.
In der Hölle im Jenseits ging sein Betrüger-Lügen-Spiel ungebremst kriminell weiter, gepaart mit äußerst raffiniert eingefädelten militärisch-taktisch anmutenden Einwickelungs-Täuschungs-Strategien, aber der Schöpfer war gnadenlos - falsch, seine Gnade war es, einen Teil des <Bösen> umzuwandeln in eine unschädliche Variante der Schöpfung, in simple Infrarotstrahlung - welche dann den nächsten Rentner auf der Erde per Höhensonne gewaltig eine brennen würde... Nein, Scherz beiseite. Es war wirklich eine Gnade des Schöpfers, diese Vernichtung bzw. Umwandlung der Seelen in unpersönliche Energie. Eine Geschlechts-Umwandlung des "Delinquenten" in eine total passive wehrlose Frau, ja, das wäre eine richtig deftige Strafe gewesen, aber davon sah er ab. Weg mit dem braunen Müll, Ende.
"Und wenigstens noch eine fette Abfindung vor meinem Tod, meinem Astraltod, so zwanzig Millionen US-Dollar, so als Grabbeigabe?" stöhnte der Delinquent.
"Nein, verdammtes Arschloch. Komm jetzt mit, wenn du dich weigerst, trifft dich der Vernichtungsstrahl direkt, hier in der Astralzelle. - Du hast nicht die geringste Chance!! - Alle anderen 22 Kandidaten haben sich ebenfalls sofort in den Zerstrahlungskabinen einzufinden! Dalli!" ordnete der Höllenwärter sehr streng an.
"Du kriegst auch meine goldene Rolex und meinen blauen Porsche, wenn du mich gehen läßt! Um die Ecke, da steht mein blauer Porsche! Und der KFZ-Brief und meine 9mm sind auch noch drin, die kriegst du sofort!" flehte ihn der Delinquent, Hochverräter Numero Drei, der allerschlimmste, an.
"Ich brauch deine verdammte Rolex nicht! Rein in die Kabine Nummer 88, da hinten ist sie!"
"Was sind das für komische Kabinen?" fragte der Delinquent.
"Damit werdet ihr 23 jetzt alle ins Paradies gebeamt! Und für zwar für alle Ewigkeit!! Hahahahaha!!" lachte der Höllenwärter laut schallend.
"Klingt ja ganz gut!"
"Jetzt rein in die Dinger!"
Insgesamt waren es 99 Kabinen in Kugelform, von denen heute aber nur 23 gebraucht wurden. Gemessen an den extrem vielen Milliarden kriminellen Seelen, die es im gesamten Universum und allen Zusatz-Dimensionen gab, erschien diese Zahl lächerlich gering. Es waren lauter Kugeln aus einer Art dunkel getöntem Rauchglas, es wirkte ähnlich wie Plexiglas, aber es war ein spezielles feinstoffliches Material, jeweils mit einer automatisch verriegelten Tür versehen. Wer einmal in dieser Todeszelle war, hatte seine Existenz für immer ausgehaucht. Dann gab es auch kein Leben nach dem physischen Tod mehr. Die Seele dieser Monster wurde für immer vernichtet!
Als anreizender "Showeffekt" schwebten als Dekoration einige Revolver-, Maschinengewehr- und Laserwaffenattrappen förmlich in der Luft, von roten, blauen und grünen Scheinwerfern effektvoll beleuchtet; vielleicht hingen sie auch an nicht sichtbaren astralen Nylonfäden. Man bemühte sich, die Atmosphäre den Schwerstverbrechern entsprechend zu gestalten. Vom Boden her stieg plötzlich astraler Kunstnebel auf. In den Kugeln lagen, man konnte in ihnen nur stehen, nicht sitzen, als Showeffekt: Je dreizehn Zyankalikapseln, Rasierklingen und Pistolen. Es waren aber alles Attrappen und Schreckschußpistolen, selbst die Rasierklingen waren aus versilberten Plastik und total stumpf.
Der Höllenwärter schob den Delinquenten mit Gewalt in Kugel Numero 88 und schlug die Tür mit Herkuleskraft zu. Auf der Tür stand: Milchstraße, Sektor 9, Terra.
Gegen die gigantische astrale Körperkraft des Höllenwärters kam keiner an. Alle anderen 22 Kandidaten, 21 Reptiloid-Monster und ein leicht humanoid wirkendes intelligentes Rieseninsekt wurden von anderen Wärtern ebenfalls mit Gewalt in die Vernichtungskugeln verfrachtet. Als alle 23 Türen geschlossen waren, ging es los!
"An alle Höllenwärter: Countdown aktivieren, 99 Jenseits-Sekunden!" tönte tief und röhrend eine laute Stimme aus dem Off, die wohl den Universellen Schöpfer symbolisieren sollte. Es war auch eher ein Gag des Schöpfers. Per Lautsprecher wurde alles ins Innere der 23 besetzten Kugeln übertragen.
"Die 99 Sekunden sind aktiviert!" erklang es schnarrend in der Kabine des letzten Hochverräter-Pentagon-Delinquenten.
Der Delinquent in Kugel Numero 23 bekam jetzt totale Angst und nahm zitternd die Rasierklingen. Hastig fuchtelte er an seinen Pulsadern herum. Alle Klingen brachen ab!
"Verfluchter Nigger-Bullshit! Was sind das für Schrottklingen! Brechen alle ab!"
Als nächstes schluckte er die erste "Zyankalipille". Sie schmeckte nach Erdbeerkaugummi. Da auch nach zehn Sekunden überhaupt keine Reaktion kam, scluckte er die zweite. Diese schmeckte wie Galle.
"Pfui Teufel!" Der Deliquent spuckte die zweite Pille wieder aus.
Die dritte schmeckte nach Azurro-Eis.
"Sagt mal, wollt ihr mich verarschen?!" brüllte der Delinquent ausgelassen in seiner Kugelzelle und trat wie wild mit seinen Füßen gegen die Tür. Aber diese rührte sich absolut nicht. Ausbruchssicher wie Spocks Spezial-Patent im Nachfolger-Schiff der Enterprise.
"Ich denke, ich sollte im nächsten Leben Leichenträger in Varanasi werden? Und jetzt das hier?? Warum?"
"Es ist aussichtslos. Deine Seele wurde vom Schöpfer als total mißlungene Fehlkonstruktion erachtet. Game Over! - Noch 33 Sekunden!" sagte die tiefe Stimme aus dem Lautsprecher.
"Ich schenk Dir auch zwanzigtausend Dollar von meinen 15 Millionen! Stimme im Lautsprecher, hör zu! Zwanzigtausend!!" flehte der Delinquent.
"Nichts da! - Dir bleiben noch die 13 Pistolen!"
Der Delinquent nahm nach der Reihe 12 Pistolen, richtete sie in suizidaler Absicht gegen sich selbst und schoß die Magazine in Windeseile, sprich in 30 Sekunden, total leer. Als ehemaliger sehr hoher Militär merkte er sofort, daß es alles nur Schreckschüsse waren und er immer noch astral lebte.
"Ihr elendigen Drecksäcke!! Hurensöhne! Arschficker! Wollt ihr mich zum Psycho-Wrack machen, oder was?!" fluchte er.
"Nur noch noch drei Sekunden!! Alle Höllenwärter sofort in Deckung! - Delinquent in Kugel Numero 88, probiere die dreizehnte Pistole! Sie ist garantiert scharf! Bitte zuerst entsichern!" kam es erneut aus dem Lautsprecher.
In der letzten Sekunde erschien ihm der Magier von Varanasi im gelben Gewand im Geiste und lachte schallend.
"Nur noch eine Sekunde bis zum totalen ewigen <Game Over>!!"
Krachend ertönte der erste Schuß aus der dreizehnten Pistole. Und - ging's jetzt endlich?!
Zeitgleich brach außerhalb der Kugeln ein gewitterähnliches Inferno sondersgleichen los. Über den Kugeln eröffnete sich urplötzlich funkelnd der Weltraum in kristallklaren Farben und Formen, mit all seinen Sternen und Galaxien!
23 feinstoffliche Lichtstrahlen, jeder einzelne hell wie tausend Blitze auf Terra, schlugen jetzt krachend in die zugeordneten 23 Kugeln mit den Schwerstverbrechern ein. In den Kugeln sah man jetzt, wie in Zeitlupe, wie sich die Astralkörper samt der Mentalkörper und der "göttlichen" Seele auflösten! Ähnlich wie in Scottys Beamkabine sah man nur noch ein leuchtendes, pulsierendes und perlmuttfarbenes Flimmern in den 23 Vernichtungskugeln. Das Flimmern wurde immer schwächer, bis es schließlich ganz erlosch.
In den vollkommen unbeschädigten Kugeln 1 bis 22, also den Kabinen der anderen Schwerstverbrecher, gingen jetzt die Türen auf. Heraus kam ein Gemisch aus unpersönlichen Röntgenstrahlen, Radiowellen, violettem Licht und krächzenden häßlich klingenden Geräuschen. Die jetzt in unspezifische Emanationen des Dritten Struktur-Strahls umgewandelten bzw. vernichteten Seelen der ersten 22 Kretins verflüchtigten sich rasch in den umgebenden Weltraum außerhalb der Höllenwelten. Als seelenlose Energie ohne Bewußtsein geisterten jetzt neue elektromagnetische Wellen im Universum umher, in dem sich auch die Milchstraße und das Sonnensystem mit dem Planeten Terra befanden. Da diese Wellen absolut willenlos waren und sich den Gesetzen des Schöpfers zu hundert Prozent beugen mußten, war ihre Seele und ihre Persönlichkeit nun in der Tat bis in alle Ewigkeit erloschen.
So auch wie der ehemalige Delinquent in Kugel Numero 23. Durch die gewaltige Infrarotstrahlung und Hitze, die jetzt frei wurde, war die Kugel vollkommen geschmolzen! Wie geschmolzenes Glas flossen die Überreste der Kugel orange- bis rotglühend auf dem Boden der Höllensphäre und kühlten langsam ab. Je mehr alles abkühlte, desto mehr entschwand die jetzt in unpersönliche Wärmeenergie umgewandelte bzw. vernichtete Seele des "Delinquenten" in den umliegenden Weltraum. Schließlich erlosch das dunkelrote Licht des geschmolzenen Materials vollkommen und wurde total schwarz!
"Eine kleine Panne mit Kugel 23!" sagte erschrocken der Höllenwärter.
"Macht überhaupt nichts!" tönte erneut die tiefe Stimme in der Halle. "Kugel einfach durch eine neue ersetzen, wenn der Schrott am Boden ganz abgekühlt ist. Paß auf, es ist noch heiß!"
"In Ordnung, Schöpfer!" antwortete der Höllenwärter.
Nach weiteren drei Minuten verschwand das Weltraumszenario völlig, alles über den Köpfen der Höllenwärter schloß sich, und dichter Fels formte wieder die unterirdische dunkle Halle mit den restlichen 98 Vernichtungskugeln tief unter der Erde, allerdings in einer parallelen Astraldimension überlagert. Physisch gesehen existierte diese Halle nicht. Sie befand sich im übrigen - na??
Direkt unter der Wüste Gobi, astral in der Erde, als sozusagen negative Spiegelung des ätherischen Shambala-Zentrums Sanat Kumaras bzw. des irdischen Shivas über der Erde im höheren Mentalreich, theosophisch gesehen: Im Devachan.
Jetzt werden die Aspiranten verstehen, warum man durch den Mißbrauch der Shambala-Kraft seine Existenz aufs Spiel setzt. Der dritte Hochverräter-Delinquent aus dem Fünfeck hatte dies 2012 vorgehabt, und der Shiva dieser Erde hatte die Notbremse gezogen!
Einige Arbeiter in der Höllenwelt schleppten nun den Ersatz für die geschmolzene Kugel Numero 23 herbei und montierten diese. Zwei Putzkräfte schabten das geschmolzene Material am Boden vom Fels ab und transportierten es in schwarzen Eimern ab.
Der "Delinquent" war nun atomisiert und seine Seele bis in alle Ewigkeit in Wärmestrahlung umgewandelt worden. Nun mußte "er" sich fügen und den Naturgesetzen willenlos zu hundert Prozent gehorchen. Ohne Ausnahme.
Game over eternally for Mr. high treasoner No. three!
*** *** ***
Alan Phoenix war begeistert, daß der Taxifahrer im Wagen so gut Englisch sprach.
"Herr Taxifahrer, in Puerto Rico, da habe ich vielleicht was erlebt! Der Fahrer dort sprach fast nur Spanisch, und dann auch noch so schnell und mit Ortsakzent, keine Chance!" fing Alan ein Gespräch an.
"In Indien haben wir allein 122 Sprachen. Wenn wir in einen anderen Bundesstaat innerhalb unseres Landes fahren, wird oft eine andere Sprache gesprochen. Da ist die Kommunikation oft nur noch über Englisch möglich."
"Oh je! Aber viele ärmere Inder kommen wahrscheinlich nicht unbedingt soviel im ganzen Subkontinent umher, da sie einfach zu wenig Geld haben. Da bewegt man sich dann wohl doch innerhalb der eigenen Staatsgrenzen, und zwei oder drei Sprachen genügen." meinte Alan.
"Ja, so ist es." entgegnete der Taxifahrer.
"Ganz schön dicke Luft hier! Den Smog meine ich." stellte Ariette fest.
"Ja, das ist das große Problem in ganz Asien. Nicht nur bei uns. Aber erzählen sie den Scooterfahrern mal, daß sie einen Katalysator in ihre Fahrzeuge einbauen müssen. Das gibt dann gleich einen Riesenaufstand wie 1998 in Delhi. Eine friedliche Demonstration der kleinen Leute, tausende Motorrikshafahrer, letztendlich gescheitert an der Armut im eigenen Land." Der Taxifahrer hupte. "Oder das mit der Gentechnik: Die Bauern verschulden sich durch den Kauf von gentechnisch verändertem Saatgut, können die Raten nach einer Mißernte nicht mehr zahlen und bringen sich um. Manchmal trinkt sogar die ganze Familie das hochgiftige Pflanzenschutzmittel!"
"Das gibt's ja gar nicht!" sagte Ariette entsetzt.
"Doch. Und noch einiges mehr. Wie zum Beispiel die mißgebildeten Babies in Kerala, durch Endosulfan verursacht, und der indische Staat deckt das ganze noch. Eine Schande ist das! - Aber lassen wir das. Eigentlich sollte ich ja Werbung für unser Land machen. Reden wir über was Schönes. Mögen Sie Bollywood-Dance, Mrs Phoenix?" fragte der Taxifahrer.
"Oh ja. Ich liebe es, diese farbenfroh gekleideten Tänzerinnen! Vor allem die tradionelleren Darstellungen und die geschmeidigen Bewegungen." antwortete Ariette.
"Es gibt eine Menge Schulen für klassischen indischen Tanz in Delhi, und natürlich in Mumbai. Jahrelanges Training ist erforderlich, um es perfekt zu beherrschen. Es sieht manchmal einfacher aus, als es wirklich ist. Meine Frau, sie heißt übrigens Sheila, versuchte sich einmal in einem Kurs. Der Erfolg war eher mittelmäßig."
"Hätte ich gar nicht gedacht, daß es soviel Training braucht." schaltete sich Alan ein.
"Ach, davon verstehst du nichts!" meinte Ariette etwas frech.
"Wahrscheinlich. Schuster, bleib bei deinen Leisten!" kam es dem Munde des im Urlaub weilenden NSA-Manns. "Warum sind hier eigentlich überall soviele Baustellen?" fragte Alan Phoenix weiter.
"Die graben zur Zeit die ganze Stadt um. Offiziell sind es Verbesserungen des Stromnetzes und des Telephonnetzes, also neue unterirdische Leitungen anstatt der klapprigen über der Erde; aber ich glaube, daß da einige andere korrupte Sachen am Laufen sind. Wer weiß, was da hinter den Kulissen noch alles läuft. Für uns Taxifahrer sind die Baustellen natürlich lästig, aber was soll's. Es gibt Schlimmeres!"
Das Taxi hielt jetzt an einer Ampel. An der großen Kreuzung tummelten sich viele Inder, einige Touristen, drei etwas ausgemergelt aussehende Kühe, ein Affe, ein Dutzend Mopeds, zwei weitere Dutzend Motorrikshas, ein Bus und zwei Lastwägen, die sich etwas chaotisch und laut hupend und klingelnd an den Nasen der drei im Taxi vorbeibewegten.
Ariette kurbelte ihre Scheibe im Taxi zur Hälfte hinunter, um das Treiben besser zu beobachten, und holte ihren kleinen Photoapparat heraus. Sie machte einige Bilder, während sich draußen etwas näherte, was Ariette aber nicht gleich bemerkte, und der Taxifahrer auch nicht. Als sie dann den Apparat wieder absetzte und einsteckte...
Plötzlich und unerwartet griff die verstümmelte Hand eines Leprakranken im Endstadium durch das Taxifenster und berührte Ariette am Kopf!
"One Rupee, please! Please, Madam, one or two Rupees! Very poor and ill man. Please!"
"Iiiihh!!" Gellend stieß ein hoher Schrei Ariettes durch das Taxis und erschütterte die beiden Männer.
"Was ist da los?? Ein Mordversuch?" fragte der Taxifahrer etwas erschrocken, aber auch leicht ironisch.
"Der Typ da mit seiner verstümmelten Hand faßt mir voll ins Gesicht! Er will einen oder zwei Rupien! Ist das ansteckend, was der hat??" Ariette war einem Tränenausbruch nahe.
"Kurbeln Sie sofort die Scheibe hoch!" wies der Taxifahrer laut an. "Ich hätte es vielleicht doch erwähnen sollen, an Kreuzungen die Scheiben geschlossen zu halten. Tut mir leid, daß ich es vergessen habe, zu erwähnen. Kurbeln Sie bitte sofort die Scheibe hoch!"
Ariette, die wie zutiefst erschrocken und wie paralysiert vor sich hin starrte, war im Moment handlungsunfähig. Alan griff über Ariette, die auf der rechten Seite der Rückbank saß, hinüber und kurbelte rasch die Scheibe hoch. Die Hand des Mannes war immer noch im Auto, und wurde jetzt aus Versehen eingeklemmt!
Im gleichem Moment schaltete die Ampel auf grün und der Taxifahrer gab Gas. Der kranke Inder wurde einige Meter mitgeschleift. Geistesgegenwärtig kurbelte Alan die Scheibe einen Tick weiter nach unten, so daß die Hand des "Monsters" entglitt und der arme Mann am Straßenrand liegenblieb.
"Halten Sie doch an!" meinte Phoenix.
"Nein. Das gibt jetzt zuviel Wirbel. Außerdem ist ja nicht viel passiert. Der Mann lebt noch, und er blutet nicht." entgegnete der Taxifahrer bestimmt.
"Wie Sie meinen. - Ariette, hier hast du ein Tuch zum Abwischen. Im Hotel wäscht du dir dann gründlich dein Gesicht ab."
"Ja, Liebling." heulte sie aufgelöst.
"Im meinem Reiseführer wurde vor solchen Übergriffen gewarnt. Hätte es dir vielleicht doch sagen sollen. Aber es hätte dich wahrscheinlich erschreckt. - In Varanasi, da soll ja alles noch eine Nummer härter sein..." fachsimpelte Alan.
"Hör mir mit deinem blöden Varanasi auf!" wurde Ariette leicht wütend.
"Die Berührung durch einen Leprakranken ist nicht so ansteckend, wie man auf den ersten Blick meinen möchte." klärte der Taxifahrer auf. "Duschen Sie ausgiebig im Hotel, und alles ist wieder in Ordnung. Wenn Sie wollen, tupfen Sie das Gesicht mit Alkohol oder Sagrotan ab. Leider habe ich keins im Auto. Aber im Hotel sage ich dem Pagen, daß er Ihnen ein Sagrotan hochbringen soll, für die bakterielle Desinfektion." fuhr er fort.
"Vielen Dank. Sehr liebenswürdig." war Ariette erleichtert.
"Stets zu Diensten, Madam."
Alan Phoenix dachte sich insgeheim: <Wenn ich da an die Geschichten meines Vietnam-Veteranen Fred McMiller denke, ist das hier ja absolut harmlos und nichtig dagegen. Aber wenn ich das jetzt laut sage, flippt Ariette wahrscheinlich aus und schallert mir eine. Behalte ich es also besser für mich.>
Und da hatte Alan Recht.
Ariette regte sich langsam wieder ab, und das Taxi näherte sich endlich dem ersehnten rötlich-sandsteinfarbenen Fünf-Sterne-Komplex, dem "ITC Maurya Sheraton Hotel". Hier gab es keine Leprakranken, und das Gelände wurde von Sicherheitspersonal überwacht.
Wenn man nach Indien reist, sollte man auf alles gefaßt sein. Der Subkontinent ist nichts für zart Besaitete, es sei denn, man hat genügend göttliche Gelassenheit entwickelt, um trotzdem in diesem verrückten Land zurechtzukommen. Jeder und jede wird mit seinen Schattenseiten konfrontiert, und die Sache mit dem leprakranken Bettler ist durchaus auf der untersten Skala einzuordnen. Die wirklich "harten" Sachen sehen schon etwas anders aus...
Emilio Zappatoni war inzwischen in der Innenstadt von Agra angekommen. Die Industriestadt Agra, neben dem weltberühmten Taj Mahal auch eine Hochburg der Schwarzhändler und einiger korrupter Geschäftsleute, bot Emilio eine ideale Basis für seine Elektronik-Verschacherungsaktionen.
Rein zum Spaß ging er in ein großes modernes Elektrogeschäft. Sein Blick fiel auf einen hypermodernen Toaster, der angeblich sprechen konnte.
"Soll ich Ihnen das Modell einmal vorführen?" fragte ein dunkelhäutiger indischer Verkäufer sehr freundlich und wackelte leicht mit dem Kopf.
"Gerne. Und mit Toastscheiben drin, natürlich."
<Wie möchten Sie Ihren Toast? Light, medium oder dark?> sprach eine Elektronikstimme mit amerikanisch-englischem Akzent. Der Toaster konnte tatsächlich sprechen!
"Medium!" sagte Emilio belustigt. "Bin mal gespannt, ob das hinhaut!" fuhr er fort.
Nach einer Minute kamen die Toastscheiben heraus. Sie waren beide verkohlt, und es qualmte total im Elektrogeschäft!
"Das raucht und qualmt ja wie verrückt! Wollen Sie mich verkohlen?" fragte Zappatoni den Verkäufer.
"Oh, tut mir sehr leid. Ansonsten klappt es immer perfekt. Eine Panne. Wahrscheinlich ist das Gerät kaputt. Tut mir leid. - Wenn Sie ein Ersatzmodell ausprobieren wollen?"
"Nein, danke." Emilio war etwas enttäuscht.
Die Infrarotwellen des inzwischen atomisierten, besser gesagt in Wellen transformierten Monsters waren in den Toaster gefahren und hatten die beiden Scheiben verkohlen lassen. Er war starker Zigarettenraucher gewesen. Für mehr zerstörerische Aktionen reichte die Energie nicht mehr. Asura-Monster aus Kugel 23, Schreckschußpistole 13, Endstation.
Zum erleichterndem Glück für die Menschheit.
"Wer hat diesen sprechenden Toaster erfunden?" fragte Emilio Zappatoni zum Schluß.
"Ein gewisser Designer namens Daniel Düsos aus Barcelona."
"Düsos - klingt wie Düsentrieb! Haha!"
Alan Phoenix und seine Frau wurden inzwischen hofiert wie die Könige. Es war alles piekfein und adrett, meilenweit entfernt von den Slums in Old Delhi beispielsweise, wo sich die Armen zum Teil in Pappkartons oder unter freiem Himmel mit einer Handvoll Reis am Tag die Nacht um die Ohren schlagen mußten.
Ariettes unterschwellige Dekadenz rührte von ihrem früheren Leben als Prinzessin in Indien her, wo sie ziemlich viel zu sagen hatte. Heute hatte sie "nur" noch das insgeheime Kommando über ihren Mann. Ein starker Mann hat immer eine starke Frau im Hintergrund, heißt es. Und in der Regel stimmt das auch.
"Good afternoon, Madam Phoenix and Mr. Phoenix. Welcome at the ITC Maurya Sheraton Hotel in New Delhi. We are very amused that you will be our guests here for the next time!" sagte der Hotelpage, der sich jetzt zusammen mit dem Taxi-Chaffeur ans Werk machte. Es war alles so gestelzt. Irgendwie auch unwirklich. Es wurde einem bewußt, in was für einer abgehobenen Welt die Reichen und Superreichen eigentlich lebten, wenn man ein Hotel dieser oberen Klasse betrat.
Ariette gefiel es sehr, und ihr Mann machte ihr eine Freude, auch wenn ihm ein Abenteuer in den Tea Hills oder in Gangotri unter der Hand eigentlich mehr gereizt hätte. Aber vielleicht käme das ja noch?!
Als die beiden in der Empfangshalle waren, fielen Ariette sofort die vergoldeten Türen der beiden Fahrstühle auf.
"Sieh mal da, Alan! Goldene Fahrstühle! Wie exklusiv!" rief sie aus.
"Ja, tatsächlich! Vergoldete Aufzüge für die <Elite>, und der Rest darf darben..." sagte Alan leise, mit einem Hauch von Selbstzweifel.
Als die beiden mit dem Hotelpagen am Lift angelangt waren, der Check-In an der Rezeption war bereits abgeschlossen, passierte etwas sonderbares!
Wie aus dem Nichts erschien ein in gelb gekleideter indischer Mann vor dem Fahrstuhl, den Alan und Ariette sehen konnten, der Page allerdings nicht.
"Namaste, gestatten: Ich bin Mr. Brahmanchan aus Varanasi." Der Name war erfunden. Es dürfte unschwer zu erraten sein, wer der Mann wirklich war.
Er fuhr fort: "Warum habt ihr dem leprakranken Bettler, der die Hand durch das Taxi gesteckt hatte, keine Rupie gegeben?" Die Frage war vollkommen ohne Vorwurf, eher schwang etwas von universellem Mitgefühl in der Stimme.
"Ähh, tut uns sehr leid. Wir waren so geschockt, Ariette schrie auf, und wir gerieten in Panik. Eigentlich... wäre es schon sinnvoll gewesen, dem armen Mann etwas zu geben... denke ich." sagte Alan reumütig.
"Ach, laß doch diesen leprakranken Typen!" meinte Ariette.
Der Magier von Varanasi fuhr fort: "Wißt ihr, daß über eine Milliarde Menschen auf der Welt in absolutem Hunger leben? Und ihr schwelgt hier überschwenglich in einem Fünf-Sterne-Hotel??" Dieser Satz war wiederum ohne Vorwurf; Alan und Ariette waren eher peinlich in ihrem Herzen berührt. Eigenartigerweise bekam der Page von dem Gespräch überhaupt nichts mit, was Alan im Nachhinein sehr verwunderte.
"Es werden euch noch mehr Bettler und Obdachlose begegnen." fuhr der Magier fort. "Eine neue Prüfung, und eine Chance, die eigene Entwicklung voranzutreiben. - Namaste. Brahman zum Gruße." Und der Mann löste sich in Luft auf, er verschwand, wie eine Dematerialisation!
"Was war denn das??" fragte Ariette erstaunt. "Der Mann löste sich buchstäblich in Luft auf!"
"Ich verstehe es auch nicht. Faszinierend!" meinte Alan.
"Das mit der Prüfung verstehe ich nicht." fuhr Ariette fort.
"Ich erklär's dir, wenn wir oben im Zimmer sind. Ich weiß, was der Mann im gelben Gewand meinte."
"Dein Wort in Gottes Ohr!"
Als sie mit dem goldenen Fahrstuhl in den vierten Stock gefahren waren, brachte der Page die Koffer ins Hotelzimmer. Nachdem ihm Alan ein Trinkgeld gegeben hatte, bedankte sich der indisch aussehende Page mit einer Verbeugung und verließ das Zimmer.
"Also, Ariette. Diese Erscheinung da gerade hat mich ebenso fasziniert wie dich. - Unabhängig davon, wie und warum der Mann erschien und verschwand: Seine Botschaft lautet, daß die Wohlhabenden und Reichen einfach einen Teil ihres Einkommens abgeben sollen, und er hat uns auf eine unkonventionelle Art und Weise darauf aufmerksam gemacht." meinte Alan.
"Aber dieser Krüppel, der seine eklige Hand durch das Taxifenster steckte - ich war total geschockt!"
"In Indien scheint man auf eine eigenartige Weise auf die Probe gestellt zu werden. Solche Andeutungen standen auch in meinem Reiseführer."
"Ist das dann - spirituell??"
"Nenne es, wie du willst. Auf jeden Fall wird man hier mit seinen Schattenseiten konfrontiert. Ich denke, wir sollten uns auf weitere unvorhergesehene Zwischenfälle einstellen! Das mit der Prüfung bedeutet wohl, daß wir uns selbst und unser Handeln hinterfragen sollen, zum Beispiel diesen totalen Gegensatz zwischen unserem Hotel hier und den Menschen in den Slums. Vielleicht sollten wir generell mehr spenden? Den Zehnten?"
"Oh je! Ich will aber Urlaub, und nicht dauernd irgendwelche skurrilen Prüfungen! Außerdem haben wir uns mal so einen Luxusaufenthalt verdient!" war Ariette etwas konsterniert.
"Weißt du, was morgen mit uns passiert? Oder mit dem Rest der Welt? Das weiß nur der liebe Gott!"
"Ja, eigentlich hast du Recht! Es ist schon besser, daß wir unsere Zukunft nicht im voraus wissen."
<Seht, ihr habt die Botschaft dahinter erkannt!> tönte eine wohlklingende Stimme wie aus dem Nichts. Es war niemand zu sehen.
"Wer hat da gerade gesprochen?" fragte Ariette erstaunt.
"Ich habe es auch gehört! Vielleicht war es ja nochmals der Mann in Gelb vor dem Fahrstuhl??"
<Genau!>
"Langsam wird mir das ganze unheimlich!" meinte Alan und warf sich angezogen rücklings auf das Doppelbett, mit seinem weißen Hemd und seiner anthrazitfarbenen feinen Hose.
"Paß auf, daß dein Hemd nicht zerknittert!"
"Ach was, komm, leg dich neben mich. Jetzt entspannen wir ein bißchen!"
<Entspannung ist gut, Meditation noch besser!>
"Hallo, Stimme aus dem Nichts, sind Sie der Mann in Gelb von vorhin, vor dem Fahrstuhl?" sagte Ariette etwas vorlaut.
Aber es kam keine Antwort mehr.
"Ein Spuk-Hotel? Willkommen in old England, immerhin war Indien ja lange genug unter britischer Besatzung." meinte Alan.
<Freiheit ist ein hohes Gut der Menschen!>
"Zeig dich, Person hinter der Stimme!" sagte Alan leicht ironisch.
<In Varanasi, später. In Varanasi!>
"In Varanasi!! Ausgerechnet Varanasi!" Ariette lachte laut. "Scherzbold!"