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Kapitel 3

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Agra, die Stadt des Taj Mahal, verschiedener anderer Mausoleen, des Agra Fort und verschiedener Chemiefabriken sowie einem Haufen mysteriöser und krimineller Schwarzhändler, wartete auf Emilio Zappatoni, besser gesagt korrupte Geschäftsleute, die mit allem möglichem handelten, und eben auch dubiosen Elektronikschaltkreisen und -modulen, wo keiner so genau wußte, für was diese denn nun wirklich gedacht waren. Aber Geschäft war Geschäft, und es wurden keine Fragen gestellt. In Indien gibt es ebenfalls Korruption, und es sind nicht alle Leute so spirituell oder "heilig", wie es in manchen Hippie-Köpfen vielleicht existiert. Nein, Indien bleibt das Land der Gegensätze, und die eigenen Eigenschaften werden hier gleichsam einem Vergrößerungsglas verstärkt und hervorgehoben, im Positiven wie im Negativen.

"Shish Shashi, hallo, ich bin's, Zäppi! Ich bin soeben in Agra angekommen, mit einem Lastwagen voller Elektronik und sonstigem Elektro-Plumpatsch! Ich parke jetzt in der Nehru Road beim Bahnhof Agra-City, und dann können wir den Krempel ausladen." sagte Emilio.

"Hey, Zäppi, super! Schön, deine Stimme zu hören! - Was ist denn bitteschön <Plumpatsch>?" fragte Shish.

"Plumpatsch, ähh, das ist Zeugs oder Ware!"

"Ach so, verstehe. Bei uns in Tokio haben wir auch so ein paar Spezialwörter, die verstehen die Leute aus den anderen Präfekturen auch nicht."

"Bleibst du länger in Indien?"

"Voraussichtlich drei Monate. Geschäftlich. Und mein Englisch muß ich noch etwas aufbessern. Hier spricht ja niemand japanisch, außer ein paar Touristen."

"Allerdings, Shishi. Also, Nehru Road Nr. 8, neben dem Kolonialwarenhändler, oder was das eben ist. Ich warte in dem Straßencafé daneben und lese Zeitung. Wie du aussiehst, weißt du ja. Ach nein, ich habe mich ja jetzt liften lassen wie Berlusconi, also, ich sehe zwanzig Jahre jünger aus!"

"O.K. Immer noch zu Scherzen aufgelegt wie früher! Du hast dich nicht verändert!"

"Nein. Evils, Basford und McKilleran sitzen zwar jetzt lebenslänglich im Knast, aber ich bin frei! Mich haben sie nicht erwischt, diese FBI-Typen! Haha!"

"Super! Aber trotzdem wachsam bleiben, wer weiß??"

"Shishi, du bist manchmal etwas zu ängstlich!"

"Nein, Zäppi, einfach nur vorsichtig. Das Leben kann gefährlich sein wie ein Kugelfisch - ein falscher Bissen, und du bist tot."

"Also gut, du weißt, wo ich bin. Der Lastwagen steht dann im Hof bei einem Kompagnon von Evils, da fahr ich jetzt rein! Dieser blöde Linksverkehr! Sehr gewöhnungsbedürftig!"

"Immerhin schaffst du es, dich im Wahnsinnsverkehr Indiens zu behaupten! Das will schon was heißen!"

"Danke für die Blumen! Also, bis dann. Ciao!"

"Wiederhören, Emilio!"

Nach circa einer Viertelstunde erschien Zappatoni mit einem großen Lastwagen rumpelnd im Hof, wie vereinbart. Auf der Ladepritsche waren ziemlich viele Holzkisten verstaut, in denen wiederum kleinere Verpackungseinheiten waren. Die Kisten trugen die simple Aufschrift <electronic modules for India - produced in 2012>. Klang alles sehr unscheinbar und normal.

Wenn ein Erdbeben passiert, breiten sich bereits vor dem Hauptbeben ganz feine Schwingungen über den Erdboden bzw. den Untergrund aus, die in Tieren und Menschen eine Angstreaktion auslösen. Diese geraten dann in Panik und sind somit offen für unterschwellige Manipulationen. Diese Schwingungen ließen sich inzwischen künstlich produzieren... Und was hatte jetzt Emilio Zappatoni damit zu tun?? Geologe war er nicht, nein, er war ursprünglich gelernter Pilot für Frachtflugzeuge.

"Skin-Nation-Rassist-Blondschopf des Fünfecks, Zuarbeiter des dritten im August 2012 über den Jordan gegangenen Hochverräters, vortreten!"

"Jawohl! Stets zu Diensten!"

"Nach unseren Recherchen sind Sie in einem Nazi-Untergrundterrornetzwerk mit dem oben genannten Namen aktiv, Sie haben Kontakte zu US-amerikanischen als auch zu bayerischen Nazis, die die Welt massiv gefährden! Was haben Sie dazu zu sagen? Gestehen Sie!"

"Nichts."

"Wie - nichts?"

"Ich habe dazu nichts zu sagen!"

"Hey Kamerad - dich erwartet der elektrische Stuhl!"

"Na und?"

"Checkst du deine Lage etwa nicht?"

"Ich bin bereit, für meine Ideale zu sterben!"

"Kein bißchen Reue? Der <Abteilungsleiter> mit der angeblich weißen Weste, der die gefälschten Fake-Verträge über den Farbkopierer geschoben und den großen Bluff inszeniert hat, um den Nazis einen scheinbaren Vorsprung zu verschaffen und Leander und Angela auszubooten?"

"Lassen Sie mich mit diesen elendigen Israel-Kooperateuren Leander und Angela, mit diesen Ultra-Zionisten, in Ruhe! Ende der Fahnenstange!"

"Wie Sie meinen. Strafmaßverminderung auf lebenslänglich ohne Todesstrafe ist nur möglich, wenn Sie jetzt vollkommen auspacken! Voll und ganz!"

"Für wen halten Sie mich denn? Ich verrate niemand! Niemand meiner Leute!"

"Gut. Wie Sie wünschen. Dann sagen Sie es später so vor Gericht."

"Das scheiß 'Juden- und Niggerpack' muß endlich weg von der Erde, jawohl! Weg, weg, weg!"

"Ist das Ihr letztes Wort?"

"Vielleicht - vielleicht auch nicht."

"Wir haben Ihre Computer und sämtliche Verbindungsdaten gefilzt. Sie haben keine Chance - außer der Strafmaßminderung von der Todesstrafe auf lebenslänglichen Knast."

"Ich nehme die Todesstrafe in Kauf."

"Ein Rassist und Nazi-Ideologe durch und durch!"

"Ja."

"Was würden Sie tun, wenn Sie als Schwarzer oder Jude auf die Welt gekommen wären? Wie würden Sie sich verhalten, wenn Sie auf der anderen Seite wären?"

"Ach, hören Sie mir doch auf mit diesem Psycho-Kack!" brüllte der Skin-Rassist jetzt laut los und knallte laut mit seiner Hand auf den Tisch. "Das verreckte 'Nigger- und Judenpack' geht mir absolut am Arsch vorbei, und ich stehe absolut für meine Überzeugungen!"

"Schöne Überzeugungen haben Sie. Das war jetzt ironisch."

"Bereiten Sie den elektrischen Stuhl vor. Je schneller, desto besser."

"Wäre Ihnen das Schicksal von Anders Breivik lieber? Einundzwanzig Jahre Haft plus anschließende Sicherheitsverwahrung?"

"Der Brevi hat absolut richtig gehandelt! - Nein, ich ziehe den Tod vor."

"Brevi - ist das ein Spitzname? Ein Kosename?"

"Leckt mich doch am Arsch!! Ich sage gar nichts mehr! Ende!"

"Wie der Herr Skin-Rassist wünschen. Die Gerichtsverhandlung wird nächste Woche am Dienstag stattfinden."

"Mir wurscht. Mir san mir!"

"Warum reden Sie denn jetzt bayerisch?"

"Weil es mir gefällt. Ich bin halt ein Fan von Bayern, von Murnau, von Garmisch-Partenkirchen, von Eschenlohe..."

"Wegen der schönen Landschaft?"

"Nicht nur. Da gibt es jede Menge Gleichgesinnte."

"Das stimmt. Die Online-Durchsuchungen Ihrer Rechner und Verbindungsdaten enthielten ein Adreßverzeichnis mit über zweihundert bayerischen Namen!"

"Ferienbekanntschaften."

"Ach, wie harmlos!" entgegnete der Spezialverhörmann des geheimsten Geheimdienstes der USA, Mr. Fittichman, ironisch-lakonisch.

"Ja, es stimmt. Ferienbekanntschaften."

"Mit rassistischem und Nazi-Hintergrund."

"Sie haben meine Einstellung, also sind es meine Freunde."

Das Diktiergerät lief mit und zeichnete alles auf.

"Und jetzt kommt das Ende der Vorstellung - Mr. Hochspannungs-Skin wird uns nächste Woche demonstrieren, wie man den elektrischen Stuhl besiegen kann!" scherzte der Magier von Varanasi aus dem Unsichtbaren, wie eine Stimme aus dem Off.

"Wer redet da?" fragte Mr. Fittichman mit einem Hauch von Angst, den er sich aber nicht anmerken ließ.

"Das war ein Scherz, Mr. Geheimdienstman. Schwarzer Humor, britischer Humor. Ich bin Inder, gestatten: Der Magier von Varanasi!"

"Hahaha!! Was ist denn das für ein Scheiß, ey??" lachte Kamerad Skin dreckig. "Und dann auch noch ein Inder!"

"Immerhin Arier aus Nordindien, besser gesagt von den Aryas abstammend, den Edlen!"

"Wie meinen Sie das??" fragte Skin plötzlich hochinteressiert.

"Zum Nachdenken, mein Lieber. Denk mal nach, dann kommst du drauf."

"Bitte lassen wir doch jetzt diese blöde Diskussion! Und dann auch noch mit diesen schändlichen Worten! Arier! Wie verachtenswert!" meinte Mr. Fittichman.

"Ich teste den Todeskandidaten aus. Seine Einstellung, seine Motive." sagte der Magier.

"Ich brauche keine Tests! Aus, Schluß, Ende!"

"Geschichte Note Sechs! Setzen!" fuhr der Magier fort.

"Über die Geschichte Indiens weiß ich nichts." sagte der Skin-Rassist.

"Aber die Swastikas mißbrauchen!"

"Swastika?? Was ist das?"

"Ein Hakenkreuz, du Blödmann! Was hast du denn überhaupt im Hirn?" konterte der Magier frech.

"Ich kann gut hacken, militärische Computer bedienen, Zionistenrechner abschießen... ähh, das war ironisch."

"So ironisch ist das gar nicht mal!" schaltete sich Fittichman ein.

"Ja. Sie haben Recht, Oberinquisitor! Und wie läuft's zu Hause mit ihrer braven Schlampe im Bett, in Ihrer christlich-gesitteten konservativen Bude?" warf Kamerad Skin jetzt unter der Gürtellinie ein.

"Das geht Sie überhaupt nichts an! Sie Flegel, Sie! Sie... Verräterschwein, Regierungsfeind, Nazi-Kollaborateur!"

"Juristisch haben Sie sogar Recht, Mr. Fitticharsch, ähh, Fittichman!"

"Jetzt haben Sie mich beleidigt! Aber es wartet sowieso die Todesstrafe auf Sie, das spielt das eh keine Rolle mehr!"

"Eben. Wurscht, es ist doch sowieso finito. Da kann ich doch kurz vorher nochmal voll die Sau rauslassen, oder? Das macht mir Spaß, echt!"

"Fühlst du dich geliebt?" fragte der Magier von Varanasi sanft.

"Hör mir auf mit diesem Jesus-Gequatsche. Das törnt mich ja total ab!"

"Aber ich habe Recht. Das Skin-Bürschchen wird weich. Butterweich!" bohrte der Magier sanft weiter.

"So'n Quatsch, ey!! Ich bin hart wie Kruppstahl!"

"Hahaha! Der Krug geht solange zum Brunnen, bis er bricht."

"Das versteh ich nicht. Red' Klartext, Mann! Du unsichtbarer komischer Magier! Materialisier dich, komm!"

"Soll ich wirklich? Wirklich?"

"Ja, mach! Wenigstens noch einen interessanten Lichtblick vor dem Wheelchair!"

"Also gut. Augen zu, die nächste Minute. Ich werde jetzt erscheinen. Versprochen!"

In der nächsten Minute fand etwas Faszinierendes statt. Vor den Augen aller Beteiligten erschien ein Mann in hellbrauner Uniform und Rangabzeichen, allerdings ohne Nationalitätskennzeichnung. Wie aus dem Nichts materialisierte sich eine indisch aussehende Person, allerdings mit sehr heller Hautfarbe, die in der militärischen Kluft allerdings etwas verkleidet wirkte.

"Wow!" sagte der Skin-Rassist. "Und die Uniform! Echt super!" Er merkte nicht, daß die Rangabzeichen minimal abgewandelt waren und somit nicht mehr exakt mit den damaligen deutschen Rängen übereinstimmten. Es war eben imitiert, aber nicht das Original.

"Gestatten, David Copperfield persönlich! Nein, das war ein Scherz. Mein wahrer Name ist: Der Magier von Varanasi."

"Was ist Varanasi??" fragte der Rassist.

"Ein Ort in Nordindien. Da wirst du auch kurz hinmüssen, nach deinem physischen Tod. Es ist ein Ort der Transformation." sagte der Magier.

"Nach meinem physischen Tod? Heißt das, es gibt ein Leben nach dem Tod??" fragte der Skin-Typ interessiert weiter.

"Ja, allerdings."

"Daran habe ich bisher nie geglaubt. Ich dachte, nach dem Tod wäre alles aus. - Sind dort alle Leute weiß, also mit weißer Hautfarbe, oder gibt es dort auch 'Nigger', Rothäute und Juden?"

"Jeder kommt dorthin, wo es ihm oder ihr den kosmischen Gesetzmäßigkeiten entspricht. Auch wenn du das nicht gleich verstehst, wirst du es später begreifen. - Ja, dort gibt es viele weiße Menschen, keine Angst."

"Gibt es dort auch gutes Bier, zum Beispiel bayerisches Bier, ein gutes Erdinger Weißbier oder Augustiner?"

"Im Jenseits gibt es alles, was du dir wünscht. Im Positiven wie im Negativen. Du wirst schon noch merken, was das genau bedeutet."

"Wo kommen Sie plötzlich her?" fragte Mr. Fittichman erstmals seit der Materialisation, etwas eingeschüchtert und ängstlich.

"Ich habe meinen Mayavirupa aktiviert!" antwortete der Magier von Varanasi sehr gelassen.

"Ihren Maya- was?? Hat das was mit den alten Mayas zu tun, mit Südamerika??" fragte der Geheimdienstmann vorsichtig weiter.

"Nein, überhaupt nicht. Mayavirupa ist Sanskrit und bedeutet wortwörtlich übersetzt: Schein-Manifestations-Körper. Maya ist die Täuschung oder Illusion, vi die Kraft, auch die Kraft des Äthers, und rupa ist der Körper oder die Formgestalt." dozierte der Magier leicht schulmeisterlich wirkend.

"Das überfordert mich jetzt etwas. Dürfte ich mir das aufschreiben?" fragte Mr. Fittichman.

"Ja, natürlich. Maya = Täuschung, Schein, Illusion; vi = Kraft, und rupa = Körper, Form, Formgestalt."

"Aha. Könnten Sie Ihre Manifestation auch in einem wissenschaftlichen Labor unseres Geheimdienstes vorführen, für Forschungszwecke?" meinte Mr. Fittichman.

"Nein. Ich bin nicht Ihre Laborratte. Tut mir leid. Diese Manifestation muß Ihnen genügen. Sie dürfen mich gerne anfassen und einen Schnipsel meiner Uniform ins Labor bringen, mehr aber nicht. - Hier haben Sie eine Schere!"

Wie aus dem Nichts tauchte eine Schere auf!

"Wow!" rief der Skin-Nation-Typ erneut aus. "Da könnten Sie gleich ein paar Pistolen, MGs und Panzerfäuste nachliefern!" fuhr er fort.

"Theoretisch ja, praktisch nein." sagte der Magier bestimmt. Er gab Mr. Fittichman die Schere, welche er überrascht und etwas ungläubig annahm.

"Dann mache ich ja die Uniform kaputt!" entgegnete Fittichman.

"Das macht überhaupt nichts, schneiden Sie drauflos! Eine Probe der Astralmaterie für Ihr Labor, für die ungläubigen Thomasse der positivistischen Forschung!"

"Sie überfordern mich." sagte Fittichman. "Gut, ich schneide ein Stück heraus. - Es geht erstaunlich leicht, wie in Butter! Aber ich kann Sie und den Stoff fühlen. Es fühlt sich eindeutig nach physischer Materie an, aber irgendwie doch einen Tick anders. Leicht anders, aber ich kann nicht sagen, wie."

"So. Sie haben jetzt Ihre Probe fürs NSA-Labor, und ich werde jetzt meine Vorstellung beenden. Auf Wiedersehen, die Herren!"

"Woher wissen Sie, daß ich... ähh...?? Ich ermittle doch verdeckt!"

"So, so! Mr. NSA, der Fittichman von der NSA! Sie sind aufgeflogen, Fittichman!" lästerte der Skin-Blondschopf amüsiert.

"Jetzt ist es ja eh egal. - Nein, ich bin 008 seiner königlichen Majestät!" warf er schlagfertig einen etwas konstruiert wirkenden Scherz ein.

"Die Nationalität ist leider falsch!" sagte der Magier als letztes Wort für diesen Tag. "Unlogisch, aber macht nichts. - Auf Wiedersehen, die Herren!"

Und der Magier von Varanasi dematerialisierte sich innerhalb von einer Minute, wie er ursprünglich erschienen war. Immer schwächer wurde die Erscheinung, ähnlich wie wenn eine Person in der Voyager weggebeamt wurde, aber einen Hauch anders und in Zeitlupe. Nur, daß es kein klassisches Beamen war. Das wäre physikalisch nicht ganz korrekt. Die Beam-Technologie der Zukunft ähnelt der Materialisation eines Mayavirupas aber insofern, daß in beiden Fällen gedanklich-feinstoffliche Matrizen vorliegen, nach dessen Bauplänen der astral-ätherische Lichtkörper formiert wird. Allerdings ist diese Astralmaterie vom Atomgewicht etwas leichter als dichte, physische Materie und löst sich nach einer gewissen Zeit wieder auf. Ja, Astralmaterie zerfällt wesentlich schneller als physische Materie. Daß die irdische grobstoffliche "Materie", die eigentlich auch nur verdichteter Gott-Geist ist, ebenfalls zerfällt, ist nach orthodoxer Sicht immer noch nicht hundertprozentig bewiesen. Immer noch warten viele Forscher auf den selbstständigen Zerfall des Protons, ohne Forcierung von außen. In riesigen unterirdischen Kammern in Kalifornien zum Beispiel gibt es Lichtdetektoren, die eine Photonenemission registrieren sollen als Beweis eines Protonenzerfalls. Dies Experiment läuft schon seit vielen Jahren. Vielleicht gab es ja inzwischen schon den einen oder anderen Lichtblitz??

"Was ich irgendwie äußerst eigenartig finde: Der Uniformteil, den ich aus dem Mantel unseres Zauberers herausgeschnitten hatte, existiert weiterhin, während sich der Rest des Mantels samt Mann darin vollständig vor unseren Augen aufgelöst hatte!" berichtete Mr. Fittichman.

"Und die Laboranalyse von dem Fetzen, den Sie herausgeschnitten hatten? Was sagt das Labor?" fragte einer der Assistenten, Mr. Marbles.

"Es ist Fasermaterial, und es hat durchaus irdische physikalische und chemikalische Eigenschaften. Aber..."

"Was aber?"

"Das Gewicht des Materials ist etwas zu leicht für irdische Maßstäbe! Wir haben die Fasern genau analysiert, es ist eine Art Filzmantel, aber das Material ist, relativ gesehen, viel zu leicht! So einen Filz gibt es auf der Erde eigentlich gar nicht!"

"Und wenn es eine Neuentwicklung ist?"

"Ist mir bisher nicht bekannt. Aber vielleicht muß da noch mehr recherchiert werden."

"Wie war das nochmal mit diesem Mayavirupa? Und dieser Materialisation?"

"Es war garantiert keine Halluzination. Sie sehen ja selbst, dieser eigenartige Filz, das zu leichte Gewicht..."

"Ich werfe Ihnen nicht vor, daß Sie spinnen."

"Nein. Das weiß ich ja. Zu dumm, daß ich keinen Photoapparat griffbereit hatte!"

"Und Ihre Mobiltelephonkamera?"

"Verdammt, stimmt! Da habe ich nicht geschaltet! Aber jetzt ist es eh zu spät."

"Dann recherchieren wir mal weiter, klappern die Faser- und Textilhersteller ab, die chemische Industrie..."

"Das machen wir."

Zwei Tage später begann ein eigenartiger Prozeß.

"Mr. Fittichman, kommen Sie! Schnell!" rief Mr. Marbles aufgeregt ins Telephon.

"Was ist denn?"

"Der Stoff, also dieses braune Uniform-Filzteil, beginnt sich vor meinen Augen aufzulösen! Es ist absolut unglaublich!"

"Das gibt's doch nicht! Photographieren oder filmen Sie es, notfalls mit ihrem Mobiltelephon!"

"Ja, mache ich! Kommen Sie so schnell wie möglich, sonst ist das Filzteil ganz weg!"

"Ich komme!"

Schnell brauste Mr. Fittichman ins Labor.

"Unglaublich! Es löst sich vor unseren Augen in Luft auf! Das Teil ist auch irgendwie so durchscheinend geworden, als ob es sich unsichtbar machen würde!" war Fittichman ganz außer sich.

"Das ist jetzt die große Frage. Eine Technologie zum Unsichtbarmachen, oder eine Dematerialisation?" meinte Mr. Marbles.

"Der Mann, dieser Magier von Varanasi, hat sich vor meinen und den Augen des Skin-Rassisten in Luft aufgelöst! Es wirkte auf mich eher wie eine Dematerialisation, kein Zaubertrick, da bin ich mir ziemlich sicher! - Ein Unsichtbarkeitsmodus mittels Technologie können wir natürlich nicht ganz ausschließen."

"Faszinierend! Sehen Sie, jetzt ist das Filzteil schon fast weg! Darf ich es kurz anfassen?"

"Ja. Tun Sie das."

"Es fühlt sich weiterhin weich an, wie Filz, aber die Empfindung ist viel schwächer. Und das Teil fühlt sich definitiv viel kleiner an. Also, wenn es ein Unsichtbarkeitsmodus wäre, müßte es sich doch noch gleich groß wie vor dem Auflösungsprozeß anfühlen!"

"Da haben Sie logisch Recht!"

"Da! Jetzt ist es weg! Vollkommen verschwunden! Und wenn ich hinfasse - es ist wirklich weg! Keine Empfindung mehr! Es ist einfach weg!"

"Haben Sie den Film auf dem Mobiltelephon?"

"Ja. Es ist alles drauf."

"Gut. - Das glaubt uns keiner. Das wird voll erst einmal zu den Geheimakten kommen, das ganze. Ich werde unseren Chef anrufen, und fragen, wie weiter verfahren sollen."

Nach dem Anruf <ganz oben> war klar: Das ganze wurde zur Geheimsache erklärt, und alle Zeugen wurden zum Stillschweigen bis auf Widerruf verpflichtet. Außer dem Skin-Nazi, der das Auftreten des Magiers besonders faszinierend gefunden hatte.

Intelligent war der Magier, keine Frage. Und alles war sehr mysteriös. Wer war er, woher kam er, wohin ging er nach seinen Dematerialisationen? Keiner konnte diese Fragen bisher beantworten. Keiner. Selbst die indischen Brahmanen, Pujaris und Sannyasins waren sprachlos! Der Magier von Varanasi, ein Meister der Verwandlung und der Jesus'schen Kunst der Konfrontation, kam auf Touren. Immer öfters erschien er an verschiedenen Orten auf der Welt, auch außerhalb Indiens, um die Menschen aus ihrem Dauerschlaf und ihrer Reserve zu locken.

Irgendwann landete der Skin-Typ aus den USA dann auf dem "Wheelchair", schließlich zeigte er sich ideologiebedingt überhaupt nicht kooperationsbereit; in seinen Weißen-Wahn gingen ihm Juden, Schwarze und Indianer sprichwörtlich am Arsch vorbei, und im Glauben, absolut richtig gehandelt zu haben, hauchte er elektrisch bedingt seinen Geist aus, der dann sehr schnell in die unteren Astralsphären wanderte.

Plötzlich erschien ein weißer Mann in einem feinen schwarzen Anzug im Südstaaten-Holzhaus des "Farbkopierer-Betrügers", wie immer, wie aus dem Nichts.

"Wer sind Sie?? Verschwinden Sie, sonst rufe ich die Polizei!" rief er ängstlich. "Ich hole mein Gewehr und verjage Sie!"

"Passen Sie auf, daß die Polizei nicht Sie holt, mein Lieber! Schließlich sind Sie ja der Verbrecher!" sagte der Magier von Varanasi schnippisch.

"Ich habe nichts verbrochen." log der <Abteilungsleiter> der Computerschnüffler des Fünfecks wie gedruckt. "Wie kommen Sie dazu, mich so zu beschuldigen?"

"Sie sind ein sehr guter Schauspieler, aber ein falscher Fuffziger hoch drei! Sie schäbiger Lump! Leander und Angela so hinters Licht zu führen, die für sie gedachten Gelder vollständig in die eigene Tasche zu stecken, und ihre Untergebenen so an der Nase herumzuführen, die jungen Spunde, die unschuldig an ihren Rechnern sitzen..."

"Verschwinden Sie! - Ich rufe jetzt die Polizei an!"

"Tun Sie das!"

Aber jetzt geschah etwas eigenartiges. Der <Farbkopierer-Betrüger> nahm zuerst denn Hörer in die Hand, wählte, wartete kurz und legte wieder auf, bevor sich die Polizei am anderen Ende der Leitung meldete.

"Ihr schlechtes Gewissen ist anscheinend doch stärker, nicht wahr??" meinte der Magier.

"Ähh... Haben Sie mich verhext?? Warum lege ich denn wieder auf? Ich verstehe mein eigenes Verhalten nicht mehr!"

"Warum opfern Sie Ihre Ehefrau und Ihre zwei Kinder für dieses terroristische Untergrund-Nazi-Netzwerk?"

"Ähh - was meinen Sie? Ich bin doch kein Nazi!"

"Sie wissen es vielleicht noch nicht. Aber leicht rassistisch schon - was ich so an Ihrem Stammtisch in [...] für Witze von Ihnen gehört habe - mit den Worten <Nigger>, <Hippie-Fuzzie>, <Study-Zionisten>, und ähnliches!"

"Woher wissen Sie das alles? Sind Sie etwa - vom Geheimdienst??"

"Vielleicht. Ich werde Ihnen diese Frage nicht beantworten. Aber ich gebe Ihnen einen guten Rat: Treiben Sie's nicht zu weit, sonst enden Sie am Galgen!"

"Das gab's doch nur im Wilden Westen. Oder in China, da werden die Leute noch gehängt, heutzutage."

"Ich habe Sie hiermit gewarnt, <Farbkopierer-Faker>!"

"Farbkopierer...?"

Der Magier schnitt ihm das Wort ab: "Stellen Sie sich doch nicht so dumm! Sie sind recht intelligent und intrigant, aber leider mißbrauchen Sie Ihre Fähigkeiten zum Dienste am Bösen, Sie arbeiten Luzifer zu! Ihr gespieltes Pseudo-Christentum können Sie in der Pfeife rauchen, Sie Schauspieler!"

"Lu-, Lu-, Luzifer?? Verdammt, warum stottere ich denn jetzt?"

"Ich habe doch Recht, nicht wahr? Sie sind ein Christus-Verräter, Sie haben Jesus Christus verraten! Das werde ich Ihrem Pastor erzählen, in Ihrer Gemeinde, jawohl!"

"Nein!! Tun Sie's bitte nicht! Dann bin ich geliefert! Ich gebe Ihnen auch 10000 Dollar, wenn Sie's nicht tun!"

"Aha! Bestechung! Genauso, wie Sie eingekauft wurden!"

"Von wem soll ich denn eingekauft worden sein?"

"Die Typen mit den schwarz-weißen Jacken und Krawatten, diese höchst korrupten Satanslogisten!"

"O shit! Woher wissen Sie..."

"Ich bin allwissend." schockte ihn der Magier.

"Sie schocken mich in der Tat! Wieviel wollen Sie, damit Sie schweigen und nichts weitererzählen? Hunderttausend? Eine Million?"

"Jetzt bekommen Sie aber ganz schön Angst!"

"Ich habe nichts zu verbergen. Sie können mir gar nichts, schließlich werde ich ja beschützt!"

"Von ihren geheimen Geldgebern, diesen rassistisch-braunen Multimillionären?"

"Ich rede nur noch in Vertretung meines Anwalts weiter!"

"Aber wir sind doch nur zu zweit hier, da stünde Aussage gegen Aussage. Ihre Frau und die Kinder sind ja gerade bei ihren Großeltern."

"Da haben Sie auch wieder Recht. Auf jeden Fall bin ich unschuldig."

"Sie Lügner! Warum lügen Sie sich so in die eigene Tasche? Aus Selbstschutz, aus Dummheit, oder werden Sie von ihren geheimen Geldgebern erpreßt?"

"Es gibt keine geheimen Geldgeber. Und jetzt verschwinden Sie, sonst hole ich mein Gewehr!"

"Dann holen Sie's!"

"Was? Sie fordern mich ausdrücklich dazu auf? Das verstehe ich nicht."

"Warum lassen Sie's drauf ankommen? Warum lassen Sie Ihre Frau und Ihre Kinder im Stich?"

"Ich habe ihnen doch ein schönes neues Haus gekauft, und einen neuen Wagen..."

"Von den betrügerisch einkassierten Geldern, die anderen zustehen würden."

Plötzlich verschwand der <Farbkopierer-Faker> und kehrte mit einem Jagdgewehr zurück.

"Wenn Sie jetzt nicht augenblicklich verschwinden, dann schieße ich! Schließlich habe ich eine Scharfschützenausbildung bei der Army gemacht!"

"Schießen Sie! Na los!"

"Sie fordern mich dazu auf? Gut, wie Sie wollen! Ich habe Sie gewarnt!"

Mr. <Farbkopierer-Faker> schoß mehrere Male auf den Magier von Varanasi, wie besessen!

"Warum kippen Sie nicht um, warum bluten Sie nicht? Das gibt's doch gar nicht!" Er schoß das ganze Magazin leer. "Träume ich, oder was?? Wer oder was sind Sie? Ein Geist?"

"Ich spiegle Ihnen Ihr abgrundtief schlechtes Gewissen. Sie wissen, daß Sie in den letzten drei Jahren einige große Fehler gemacht haben."

"Verdammt! Ich ballere wie verrückt herum, und Sie zucken noch nicht mal mit der Wimper! - Sie machen mir Angst."

"Ihre Hintermänner sind menschenfeindliche Luziferisten. Warum verkaufen Sie sich und Ihre Familie an solche Kriminelle?"

"Ich stehe unter Druck. Wenn ich nicht mache, was die sagen, dann..."

"Sie werden so oder so sterben, ob durch eine Kugel oder durch den Galgen, es spielt letztendlich keine Rolle mehr. - Haben Sie ein Unrechtsbewußtsein?"

"Unrechtsbewußtsein? - In der Bibel stehen die zehn Gebote, die Bergpredigt... aber habe ich das viele Geld denn nicht verdient, steht es mir nicht zu?"

"Ihre Habgier und Ruhmsucht ist stärker als ihr Unrechtsbewußtsein. Sie haben Ihre Seele an den Teufel verkauft. Damals ist er Ihnen doch im Traum erschienen, und Sie sind drauf eingestiegen!"

"Woher wissen Sie das, verdammt?"

"Ich weiß es eben. Sie haben Ihre Seele Luzifer verkauft, und sich von Jesus Christus abgewandt, Sie elendiger Heuchler! Und nach außen markieren Sie immer noch den netten und anständigen Familienvater! Und die jungen Kameraden in Ihrer Computer-Schnüffelabteilung führen Sie auch hinters Licht! Sie Schurke!"

"Leider kann ich das Rad der Zeit nicht mehr zurückdrehen. Ja, vielleicht habe ich mich wirklich von Jesus Christus entfernt. Wahrscheinlich haben Sie Recht. Sie können in mich hineinschauen wie mit einem Röntgenapparat!"

"Ja, das kann ich. - Übrigens weiß ich, wo Ihre gefälschten Farbkopien und nachgemachten Dokumente sind! Die hole ich mir, und dann..."

"Wollen Sie mich erpressen?"

"Ich werde diese Dokumente, diese Fälschungen dem Karmischen Rat in Shambala zeigen. Viel Spaß!"

"Was bedeutet das - Shambala??"

"Sehr viele Ehrenrunden extra hier unten auf der Erde, aber Sie wollen es ja eh nicht anders. - Ich rate Ihnen zum Schluß, werfen Sie nochmal einen Blick in die Bibel und bereuen Sie Ihre Taten. Schließlich wird Ihre Familie in Zukunft ohne Sie auskommen müssen. Aber falsches Mitleid wäre jetzt fehl am Platze."

"Werden Sie mich verraten und ausliefern?"

"Gott sieht alles. Sie werden gemäß dem Kosmischen Gesetz gerichtet werden. Jedem das Seine."

"Aber wir Christen sind doch die Auserwählten, und diese blöde Islamistenpack ist des Satans! Diese Muslime sind eine Bedrohung für die Erde! Wir sind doch das auserwählte Volk der Christen, die 144000 aus der Johannes-Offenbarung! Und ich gehöre auch zu den elitären Auserwählten!"

"Noch versnobter geht es nicht, wie? Aus Ihrem Blickwinkel sind also nicht alle Menschen vor Gott gleich?"

"Nein!"

"Dann haben Sie die Bibel nicht vollständig von vorne bis hinten gelesen. Sie haben Jesus Christus nicht richtig verstanden, Sie haben starre festgefahrene Schwarz-Weiß-Denkstrukturen im Kopf, Sie verhalten sich immer noch wie die Kreuzritter aus dem Mittelalter! Sie sind ein militanter Christ, und würden dafür notfalls über Leichen gehen, auch in einem dritten Weltkrieg!"

"Kreuzritter? Dritter Weltkrieg? Das gefällt mir. Klingt gut!"

"In Ihrer Welt gibt es ausschließlich die <Bösen> und die <Guten>, und keinerlei Grauzonen dazwischen! - Kooperieren Sie eigentlich mit anti-islamischen Nazikräften? Mit Breivik, Sam Bacile und diesen Typen?"

"Ich bin kein Nazi, verdammt nochmal! Lassen Sie mich damit in Ruhe!"

"Warum reagieren Sie denn plötzlich so emotional? Habe ich einen roten Knopf gedrückt?"

"Ich habe keine roten Knöpfe, nein!"

"Hahaha! Daß ich nicht lache! Sie Lügner, Betrüger und Schauspieler! Sie führen doch Ihre ganze Computerabteilung und den Präsidenten an der Nase herum!"

"Nach meiner Vorstellung müssen entweder alle Menschen Christen werden, und die es nicht tun, sind des Satans!"

"Ach, Ihre elendige Doppelmoral und Doppelzüngigkeit geht mir ganz schön auf den Senkel. Nein, nicht wirklich, es ist Ihr Problem und nicht meins. Ich ruhe in göttlicher Gelassenheit."

"Ich bin Christ und somit etwas Besseres. Die Moslems mit ihrem Mohammed sind eine minderwertige Religion in meinen Augen. Wenn sie sich zum Christentum bekehren, dann ist es O.K., aber wenn nicht... dann..."

"...würden Sie sie notfalls alle umbringen?"

"Ähh, ja! Natürlich! Was würden Sie denn tun?"

"Ich setze mich für den interreligiösen Dialog und die Völkerverständigung ein, während Sie nichts anderes zu tun haben, als den Nahostkonflikt und die Sicherheit auf der Welt zu gefährden durch Ihr Spaltungs- und Separationsdenken! Sie sind ein christlich militanter Separatist und Weißen-Rassist!"

"Separationsdenken? Separatist? Was ist das?"

"Sehen Sie, dazu sind Sie zu dumm, um das zu begreifen. - Wissen Sie, was ich jetzt tun werde? Ich verschwinde augenblicklich!"

"Nein! Bleiben Sie, bitte! Ich hätte noch eine wichtige Frage!"

Aber der Magier von Varanasi löste sich in Luft auf. Er war in Sekundenschnelle verschwunden.

Der <Farbkopierer-Faker> machte sich nervös einen Kaffee und verschüttete die Tasse. Er war äußerst aufgeregt, und hatte panische Angst, verhaftet zu werden. Diese Angst war sehr berechtigt. Bald wäre es soweit, und das braune Untergrund-Netzwerk würde noch mehr an Macht verlieren. Ihnen ging immer mehr die Luft aus, und das war auch gut so.

Der Faker zog seine Uniform an und machte sich für seinen Dienst bereit. Er stieg in seinen fetten Wagen und brauste in Richtung Arbeit.

Jesus Christus würde siegen!

Kapitel 4

"Hallo Gangster-Richard, hier der <Farbkopierer-Faker>!" rief der radikale Verräter-Christ aus dem Fünfeck um sechs Uhr früh seinen Komplizen an. "Hat die Datenumleitung über Funk geklappt?"

"Jawohl, alles in Butter! Wie immer! Dann zocken wir die Millionen ab und setzen uns ab nach Südamerika! Wie wär's mit Peru oder Kolumbien?"

"Und meine Familie? Was ist mit meiner Frau und meinen zwei Kindern?"

Plötzlich rumpelte es laut an der Haustür des Südstaatenhauses. Die Klingel läutete.

"Da klingelt jemand! Soll ich öffnen?"

"Nein, auf keinen Fall! Hau ab, vielleicht ist es die Polente!"

"Verdammt, ich bin noch gar nicht angezogen!"

"Dein Problem, <Farbkopierer-Faker>! Na, dann mal zu! Bye."

"Bye."

Der radikale militante Christ verhedderte sich jetzt in seiner Kleidung, und zog seine Sachen aus Versehen verkehrt herum an. Es dauerte eine Weile - und zu lange.

Wie aus dem Nichts standen plötzlich fünf FBI-Beamten in Zivil und einige Ermittler einer Sondereinheit, ebenfalls in Zivil, vor der Terassentür. Inzwischen hatten sich drei weitere Beamten heimlich Zugang zum Haus verschafft, was der <Farbkopierer-Faker> aber nicht merkte.

"Verdammt! Also doch Polente! Verfluchte Scheiße!" mutmaßte der radikale Christ und rannte in den ersten Stock des Herrenhauses.

Als er, noch ohne Hose, in den ersten Stock auf den Balkon flüchtete, folgten ihm die anderen Polizisten, was der <Farbkopierer-Faker> jedoch nicht merkte.

"Das Haus ist umstellt!" rief einer der Beamten auf den Balkon. "Ergeben Sie sich freiwillig, oder wir holen Sie mit Gewalt!"

"Ich bin unschuldig! Ich bin doch kein Verbrecher!" rief er vom Balkon herunter.

"Das sagen sie alle. Immer die gleiche Nummer! Ergeben Sie sich, und kommen Sie mit erhobenen Händen raus! Der Galgen wartet!"

"Der Galgen??"

"War'n Joke, Mann! Es ist sowieso aus für Sie, Ende! Kommen Sie raus und ergeben Sie sich! Das Haus ist umstellt!"

Durch diesen verzögernden Dialog auf dem Balkon gewannen die Polizisten genügend Zeit, um die Festnahme vorzubereiten. Wie auf Knopfdruck stürmten vier Beamte auf den Balkon, packten den Faker, tasteten ihn routiniert nach Waffen ab und ließen die Handschellen klicken.

"Warum nehmen Sie mich fest? Was sollen denn meine Frau und meine Kinder denken?"

"Überlegen Sie sich schon mal Ihre Grabrede! Sie sind geliefert, Mann!" feixte sarkastisch einer Beamten.

"Grabrede?? Sie machen wohl Scherze?" erwiderte der radikale Christ.

"Alles hat eine Ende, nur die Wurst hat zwei!" sagte ein anderer Beamter. "Ein Faschingslied aus Deutschland!"

"Verdammt! Ich werde jetzt meine Anwälte anrufen! Lassen Sie mich sofort meine Anwälte anrufen!"

"Das können Sie im Gefängnis tun! Jetzt geht's erst mal ab die Post!"

Gekonnt wurde er abgeführt. Inzwischen waren die Kinder aufgewacht.

"Papa, Papa! Warum kommen diese Leute? Ist das etwa die Polizei? Was ist los?" rief eines der Kinder.

"Das erklär ich dir später, mein Liebes! Geh zu Mama und spiel was mit ihr!" rief er gequält zum Fenster.

Es blinkten im übrigen keine blauen und roten Lichter, so daß man auf den ersten Blick nicht genau sah, was los war. Auch die Fahrzeuge der Ermittler waren getarnt, also ohne Polizeiaufdruck. Inzwischen hatten die Ermittler ihre Ausweise vorgezeigt, was den <Farbkopierer-Faker> auf den ersten Blick beruhigte, auf den zweiten jedoch nicht mehr.

Er wußte intuitiv, daß es aus war. Er hatte in der Tat seine Frau und seine beiden Kinder geopfert, im übertragenen Sinne. Warum macht ein Familienvater soetwas? War es reine Ideologie, im Kampf gegen die "muslimischen Invasoren", oder war er doch ein getarnter Nazi? War er gekauft worden und nun unter Druck, nach dem Motto, mach' was wir sagen, ansonsten sind deine Kinder dran?

Alles noch ungeklärte Fragen. Aber ein ideologischer Hintergrund wurde immer wahrscheinlicher. Nur allein des Geldes wegen ging man doch nicht so ein Risiko ein, oder doch??

Warum Straftaten begangen werden, und vor allem, warum die Gangster nicht aufhören, auch wenn sie noch die Notbremse hätten ziehen können, bleibt oft ein Rätsel. Anscheinend sind die satanisch-luziferischen Kräfte irgendwann so stark, daß der Verbrecher ihnen nicht mehr entkommt. Der Teufel hat sie sozusagen in der Hand. Nur durch intensivstes Gebet und Bereuen könnte solch ein Delinquent noch herauskommen. Das bringt dann lebenslängliches Gefängnis, aber eben nicht die Todesstrafe. In den USA und China ticken die Uhren anders als in Europa. Nur mit schlappen 21 Jahren wie Breivik in Norwegen - nein, das geht hier nicht.

"Ach, Alan, sieh mal hier! Dieses tolle Büffet mit dem indischen Essen! Ist das nicht wundervoll? Wie bei den alten Maharadschas in 1001 Nacht!" rief Ariette begeistert aus, als sie mit ihrem Ehemann zum ersten Mal im Frühstücksraum speiste.

"Ja, schaut wirklich toll aus! Wenn auch so gut schmeckt, wie es aussieht..."

"Aber natürlich!"

Nachdem sich die beiden bedient hatten, wurden sie nicht enttäuscht. Neben dem britischen Frühstück à la Toastbrot, Marmelade, Schinken und Ei gab es natürlich einige herzhafte Reisgerichte, Gemüse, Lachs, Hummer und weitere Delikatessen. Fünf Sterne - nobel und dekadent geht die Welt zugrunde!

"In der Zeitung stand, daß die Spannungen zwischen radikalen Christen und islamistischen Extremisten zunehmen," meinte Alan, "das gefällt mir gar nicht."

"Habt ihr den <Farbkopierer-Faker> schon abgecheckt?"

"Wer soll denn das sein??"

"Dieser indisch aussehende Mann, der neulich vor dem Fahrstuhl erschienen und wie ins Nichts verschwunden war, sagte mir diesen Ausdruck! Anscheinend so ein Mega-Verräter und Hyper-Betrüger in den Vereinigten Staaten!"

"Komisch - <Farbkopierer-Faker>. - Na ja, egal, jetzt haben wir Urlaub, nicht wahr?"

"Beschwer' dich später nicht, daß ich dich nicht gewarnt hätte. Damals mit dem Läufer am Strand in Ponce in Puerto Rico warst du auch so ignorant, und dann war es höchstwahrscheinlich dieser Emilio Zappatoni, der immer noch in freier Wildbahn umhergeistert."

"So ein lässiger Ton von dir, das ist ja direkt ungewohnt!" entgegnete Alan.

"Wahrscheinlich ist das - das indische Essen, dieses exotische Ambiente, der Urlaub eben!"

"Schön, daß du so gut abschalten kannst! Ich gönne es dir, besonders nach dem Zwischenfall mit dem Taxi."

"Bitte, ich will jetzt nicht darüber reden."

"Göttliche Gelassenheit bitte, Madam, wie es die Shaivas, Vaishnavas und Shaktas praktizieren..."

"Hab ich ja noch nie gehört! Shaivas, Vaish... was?"

"Spezialliteratur - Quelle wird nicht verraten! Haha!"

"Du Schlingel, du!"

"Und nach New Delhi und Agra geht's nach Varanasi!"

Ariette fiel vor Schreck ihr Kaffeelöffel auf den Boden. Sofort eilte fachmännisch ein nobel aussehender Kellner herbei, der den Löffel aufhob und Alans Gattin einen frischen reichte.

"Nein, nach Varanasi kriegen mich keine zehn Pferde!"

"Wie war das mit der göttlichen Gelassenheit und der indischen Urlaubsstimmung?" fragte Alan etwas sarkastisch.

"Manchmal bist du unmöglich!"

"Konzentrieren Sie sich auf die Energie von Shiva, Madam, und entschweben Sie in die advaitische Sphäre jenseits von Gut und Böse!"

Vom Advaita-Vedanta hatte der <Farbkopierer-Faker> überhaupt keine Ahnung. Der militärische Untersuchungsausschuß war einberufen worden, und es sah sehr schlecht aus für den Faker.

"Treten Sie vor, <Farbkopierer-Faker>! Wie wir recherchiert haben, sind Sie in Kontakt mit radikalen Christen in den USA, die wiederum Kontakte zu einem weltweiten Nazi-Netzwerk haben! Dieses Netzwerk hat vor, Mr. President zu stürzen und aus den USA eine Militärdiktatur unter Nazi-Herrschaft zu machen! Und Sie hängen mit drin! Gestehen Sie!"

"Ähh, Christ bin ich schon, und ein sehr guter. Aber Nazi bin ich keiner. Ich verbitte mir das." meinte der <Farbkopierer-Faker>, demnächst mit der <Faker> abgekürzt.

Er fuhr fort: "Mag sein, daß ich ein radikaler Christ bin. Und ich bin dafür, daß dieses verdammte Niggerpack endlich von diesem Planeten verschwindet, einschließlich Mr. Pre..."

Ein Raunen ging durch den Saal, wie Entsetzen.

"Nigger?? Aha! Sie sind ein Rassist, genauso wie der Skin-Typ!"

"Diese ganzen Schwarzen und dieses islamistische Gesocks, die gehören doch alle weg! Weg, jawohl! Und ich habe dafür gehandelt, ich habe versucht, das Christentum zu retten! Ich habe für den American Dream gehandelt!"

"Was geht eigentlich in ihrem verkorksten Gehirn vor?? - Nach unseren Recherchen und inzwischen verifizierten Beweisen sind Sie einer der Drahtzieher, die versucht haben, durch linke verbrecherische Machenschaften im Hintergrund den amerikanischen Präsidenten zu stürzen!"

"Das wäre Hochverrat - Urteil Todesstrafe!" warf einer der Anwesenden ein.

"Ruhe im Saal!" ordnete der Vorsitzende an.

"Wenn ich sowieso am Galgen lande, dann brauche ich ja ab jetzt nichts mehr zu sagen!" meinte der Faker etwas erleichtert.

"Galgen! Das war damals im Wilden Westen! - Jetzt sind Sie mal nicht so voreilig! Wir haben gerade erst angefangen, und vielleicht kommen Sie ja mit 40 Jahren davon, im Hochsicherheitsgefängnis! Kommt darauf an, wieviel Sie auspacken. Reden Sie, und das Gericht wird später vielleicht milder gestimmt sein."

"Immerhin habe ich eine Frau und zwei Kinder. Ich will sie eigentlich noch lebend sehen, also... aber andererseits..."

"Was... andererseits?"

"Nichts. Ich habe nur gerade laut gedacht. Also, um es noch einmal zu wiederholen: Ich bin ein anständiger Christ, und habe mitgeholfen, das muslimische Pack von diesem Planeten zu tilgen. Jawohl!"

"Auch um den Preis, im Nahen Osten einen dritten Weltkrieg auszulösen??"

"Weltkrieg? Ähh, ich habe nichts gegen einen neuen Weltkrieg. Ist doch gut für unsere Wirtschaft, die Rüstungsindustrie..."

"Sagen Sie mal, in welchem Jahrhundert leben Sie eigentlich? Wir leben heute im Zeitalter der Atombomben und Massenvernichtungswaffen, und Sie reden so leichtfertig von einem neuen Weltkrieg??" fragte der Vorsitzende.

"Meine Ansichten mögen vielleicht etwas vestaubt klingen, aber ich fühle mich als moderner Kreuzritter im Dienste des Herrn!"

"Kreuzritter?? Das gab's doch nur im Mittelalter!"

"Im Namen des Kreuzes kämpfe ich gegen alle Ungläubigen. Und dazu ist mir jedes Mittel recht."

"Apropos christlich. Sie haben in den letzten Jahren Millionen abgezockt und betrogen, die ursprünglich für andere gedacht waren. Das ist Mißbrauch von unseren Steuergeldern, Amtsmißbrauch, Betrug, Urkundenfälschung..."

Die nächsten zwei Stunden wurden die sehr stichhaltigen Beweise vorgetragen, und der Faker einschließlich seinen Anwälten waren total baff. Soviel Beweismaterial hatten sie nicht erwartet.

"Weiterhin haben Sie ihre Untergebenen in Ihrer Computerabteilung teilweise zur Mittäterschaft angestiftet, zwei von ihnen quasi verheizt, d.h. vorgeschoben, um Ihre kriminellen Machenschaften zu vertuschen! Ist das korrekt? Antworten Sie, ansonsten können Sie den Erdboden bald von unten betrachten!" sagte einer der Ausschußvorsitzenden barsch.

"Ähh, mag sein, daß es wie verheizen aussehen mag. Ich habe korrekt gehandelt, im Namen des Herrn!"

"Sagen Sie mal, waren Sie schon mal in der Psychiatrie? Haben Sie eine Bewußtseinsspaltung?"

"Also schizophren bin ich nicht! Ich doch nicht! Ich bin vollkommen normal! Und ich will nicht an den Galgen, ich will leben!!" empörte sich der Faker, fast schon mit einem weinerlichen Unterton.

"Mit einem psychologischen Gutachten könnten wir noch was rausholen..." flüsterte einer der Anwälte dem Faker ins Ohr. "Gehen Sie mal nicht so auf contra, bitte!" fuhr er fort.

"Ich habe im Namen des Herrn gehandelt, im Namen Gottes. Gott gab mir ein, daß es rechtens wäre, die Millionen für mich und meine Kooperateure zu behalten."

"Kooperateure?? Was für Kooperateure?"

"Damals bot man mir an, daß ich Multimillionär werden könnte, wenn ich in <ihr> Geschäft miteinsteigen würde."

"Wer sind <ihr>?? Raus mit der Sprache!"

"Gewisse geheime Kreise der Rüstungsindustrie, Wetterwaffen und sowas, den Namen will ich hier nicht nennen. Es ging in der Tat darum, einen neuen ganz großen weltweiten Krieg auf der Erde anzuzetteln, und wenn ich mitmachen würde, was ich ja auch getan habe, würde ich einige Millionen kriegen. Ja, ich habe im großen Stil abkassiert, es stimmt."

"Wetterwaffen?? - Sind Sie ein habgieriger Mensch?"

"Habgierig? Weiß nicht..."

"Haben Sie den Zehnten gegeben, wie es in der Bibel steht?"

"Zehnten??" Der Faker wurde ganz bleich im Gesicht, und sprach weiter: "Muß ich das hier vor Gericht beantworten?"

"Nein, müssen Sie nicht."

Jetzt kam wieder eine Vorstellung der ganz besonderen Art. Wie aus dem Nichts materialisierte sich der Magier von Varanasi, im feinsten dunkelblauen Nadelstreifenanzug und rot-weißer Krawatte gekleidet.

"Gestatten, meine Herren! Ich bin Mr. Superinvestigator vom Secret Service. Schalten Sie jetzt ihre Diktiergeräte an, und schreiben Sie alles mit, was ich sage."

Gebannt und verblüfft wurde getan, was der Magier sagte, und es kam eigenartigerweise kein Widerspruch, auch nicht vom Vorsitzenden.

"Also, Mr. <Farbkopierer-Faker> ist ein perfekter Schauspieler, und er hat seine Seele Luzifer und Satan verschrieben. Er ist ein Satanist, und er tarnt sich hinter einer pseudo-christlichen Fassade. Er wird weiterhin versuchen, Sie alle an der Nase herumzuführen. Passen Sie gut auf, er ist nicht psychisch gestört im klassischen Sinne, nein, er ist ein Dämon, er ist absolut besessen. Und er ist militärisch intelligent. Ethisch gesehen allerdings eine Null. Seine Kinder liebt er, aber danach ist eigentlich schon Schluß. Verurteilen Sie ihn zum Galgen, zur Todesstrafe, das ist das Beste. Er wird versuchen, im Gefängnis weiterhin sein Unwesen zu treiben. - Die einzige Alternative wäre noch, ihn ins Exil auf den <Planeten der Schwarzen> zu verbannen, als Lernaufgabe... - Nein, der letzte Satz war ein kleiner Scherz. Servieren Sie ihn ab, den <Farbkopierer-Faker>! - Dieser Mann ist eine hohe Gefahr für den Weltfrieden und den Fortbestand des Planeten Terra. Ziehen Sie ihn aus dem Verkehr. Schnellstmöglichst. - Ich danke Ihnen für ihre Aufmerksamkeit. Ende."

Und zum Verblüffen aller verschwand er wieder, wie auf Knopfdruck. Für eine Minute war absolute Stille im Saal, wie eine Totenruhe. Es war gespenstisch.

Nach einigen weiteren Tagen wurde der <Farbkopierer-Faker> vollständig überführt und zum Tode verurteilt. Zudem wurde noch bekannt, daß er seine Schandtaten auf zum Teil unschuldige jüngere Soldaten abschieben wollte, die im Computerzentrum tätig waren. Solch linke Verheizungsaktionen duldete der Christus aber nicht. Schuld nur denen, welche wirklich schuldig sind. In dubio pro reo.

Es wurde alles aufgeklärt - und nachdem der brünette Vierzigjährige mit seiner Vorliebe für Betrug und Landesverrat durch das Portal des Jenseits gegangen war, gab es eine große Überraschung: Jawohl, der Rassist wurde in der Anderwelt dazu gezwungen, zwanzig Jenseits-Jahre auf dem <Planet der Schwarzen> zu verbringen! Das war die Krönung für den Hochstapler, Pseudo-Christ und die äußerst falsche Schlange! Dieses Urteil des irdischen Karmischen Rats in Shambala war für ihn noch hundertmal schlimmer als die Todesstrafe auf Erden.

"Willkommen auf dem Planeten der Schwarzen!" begrüßte der moderne Häuptling Tzulu-Zulu den neu hereingekommenen Verbrecher, diesmal aber ohne jegliche Waffe, außer seinem Mundwerk.

"Fuck off, blöder Nigger!" rief er erbost.

Beleidigt schlug ihn der humanoide Schwarze, der seine Bemerkung telepathisch in seiner Muttersprache hörte, mit der Faust kraftvoll ins Gesicht. Der Faker taumelte sofort ohnmächtig zu Boden. Blut floß eigenartigerweise keins.

"Abtransportieren ins Krankenlager!" rief er seinen ebenfalls schwarzen Helfern, den Zuluanern, zu.

"Wird gemacht, Häuptling Tzulu-Zulu!"

Das besondere an dem <Planeten der Schwarzen> war das faszinierende Doppelsternsystem. Zwei Sonnen schienen an dem grün-blauen Himmel. Die Atmosphäre hier war ebenfalls sauerstoffhaltig und atembar, aber der Himmel war immer grünstichig. Durch das Doppelsternsystem gab es quasi zwei Sonnenaufgänge und Sonnenuntergänge, und die Rhythmen der Natur hier waren etwas verschieden von denen der Erde. Wilde Tiere gab es auch, aber dazu später.

Inzwischen waren einige Stunden vergangen und die erste Sonne ging gerade unter, während die zweite noch auf halber Höhe stand. Was für die Schwarzen auf ihrem Planeten Zulu Drei am Rande der Andromeda-Galaxie normal war, mutete für ehemalige Erdenbewohner auf den ersten Blick sehr exotisch an und war gewöhnungsbedürftig. Alles warf immer zwei Schatten, außer, eine der beiden Sonnen war gerade untergegangen.

Unten war jetzt ein reines dunkles Rot am Horizont zu sehen, was dann über ein sattes Orange in ein leuchtendes grünliches Gelb und schließlich den faszinierend glasklar wirkenden grün-türkisfarbenen Himmel überging. Am Horizont waren Riesenschachtelhalme, so groß wie Bäume, und einige andere Gingko-artige große Bäume als dunkle Silhouette zu erkennen. Auf den ersten Blick wirkte es geradezu paradiesisch. Chemtrails und weitere Luftverschmutzung gab es auf Zulu Drei so gut wie keine, da modernste ätherische "Freie Energie"-Technologien zum Einsatz kamen. Ab und ein paar kleine private Lagerfeuer, das waren die einzigen nennenswerten Emissionen.

Der eine oder andere Faustschlag auf Zulu Drei war nicht ganz ausgeschlossen, vor allem wenn wieder so widerspenstige Typen von anderen Planeten hierher geschickt wurden, die noch ein Karma abbauen mußten oder als Lernaufgabe einen langjährigen Aufenthalt hier verbrachten, wie auch der <Farbkopier-Faker>.

Eine Million Lichtjahre war der Faker jetzt von Terra im Sonnensystem entfernt - eine für Menschen mit ihren lahmen Raketen unvollstellbare Entfernung, und doch war es "nur" die Nachbargalaxie der Milchstraße, ein "Katzensprung" für den Protagonisten aus "Per Anhalter durch die Galaxis".

Am Abend, nach dem doppelten Sonnenuntergang, wachte der Faker auf. Er wußte nicht so ganz, ob er jetzt gestorben war oder noch physisch lebte - es war für ihn schwierig einzuordnen. Und dann in dieser ihm fremden Umgebung, doch halt, sooo fremd war sie ihm doch wieder nicht - irgendwoher kannte er diesen Planeten, aber woher??

"Soll ich dir auf die Sprünge helfen, Faker?" fragte ein schwarzer Arzt auf der Krankenstation im blauen Kittel.

"Gibt es hier eigentlich auch Weiße auf diesem Planeten?"

"Nein. Fehlanzeige. Nur Schwarze! Hahaha!!"

"Um Gottes Willen, das gibt's doch nicht! Jetzt dachte ich, ich wäre tot, und nun das! Eine absolute Katastrophe! Ich mit lauter Bimbos auf diesem Affenplaneten mit dem komischen grünen Himmel!"

"Physisch-körperlich gesehen bist du auch tot. Du bist hier bei uns auf Zulu Drei am Rande der Andromeda-Galaxie, eine Million Lichtjahre entfernt von deiner Erde! Hahaha!" Immer wieder ertönte dieses tiefe, durchdringende Lachen des Arztes.

"Ach du verdammte Scheiße! Dann gebe ich mir gleich die Kugel! Geben Sie mir eine Pistole, machen wir's kurz!"

"So läuft das hier nicht, Faker! Zwanzig Jahre Aufenthalt hier, mindestens. Das haben die Herren des Karma auf Terra exklusiv für dich angeordnet. Außerdem hast du hier noch ein Restkarma mit einigen Bewohnern von uns zu tilgen. Eine Art Wiedergutmachung. - Selbstmord ist nicht, das geht gar nicht. Tut mir leid, Bleichgesicht-Freundchen."

"Gibt's denn kein Raumschiff zurück zur Erde?"

"Nein, jedenfalls für dich nicht."

"Also gibt es doch ein Raumschiff, aber nicht für mich??"

"Du bleibst die nächsten zwanzig Jahre hier. Außerdem wärst du überhaupt nicht in der Lage, unsere Raumschiffe zu steuern. Hahaha!! - Kleine Erfrischung gefällig? Ein Glas Schachtelhalmbaum-Saft, gemischt mit Mangosaft? Sehr gesund und wohlschmeckend, mit viel Vitaminen drin!"

"Mangos? Hier gibt es auch Mangos..." Total ernüchtert fiel der Faker wieder in Ohnmacht. Es war ihm einfach zuviel, dem Schwarz-Weiß-Christen auf Zulu Drei. Schwarz-Weiß steht hier für das kleinkarierte schablonierte Denken, und nicht für die Hautfarben. Die Schwarz-Weiß-Christen auf der Erde sind die extremsten. Sie können nur in den Kategorien gut-böse, hell-dunkel, Jesus-Satan, <für uns-gegen uns> denken. Scheuklappenbeschränkte eindimensionale Schmalspurdenker, oftmals in ihren Strukturen genauso fanatisch und militant wie viele extremistische islamistische Fundamentalisten oder Ultraorthodoxe, oder wie "Herrenrassen"-programmierte Nazis. Das Einseitig-Fanatische war ihnen allen zueigen.

Für solche Typen war Zulu Drei eine absolute Herausforderung. Allein als vereinzelte Weiße unter Millionen von Schwarzen - das testete sie aufs Härteste. Und sie konnten nicht entkommen. Entweder sie stellten sich ihrer Lernaufgabe, oder... was, oder?!

Es gab kein "oder". Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

Die Nacht brach an auf Zulu Drei. Der Sternenhimmel war absolut überwältigend. Man kann es im Ansatz mit dem Himmel über den höchsten Gipfeln in Chile oder sonstwo in den Anden auf der Erde vergleichen, wo so gut wie kein Streulicht vorhanden ist. Aber da es hier auf Zulu Drei praktisch keine Luftverschmutzung und nur sehr wenig "Lichtverschmutzung" gab, sah man nahezu alles auf dem kosmischen Himmelsrund. Millionen von Sternen, bläulich, rötlich, gelblich funkelnd, auch die ganz kleinen, den breiten Lichtstreifen der eigenen Andromeda-Galaxie, und in der Ferne einen leicht verschwommen wirkenden nebelartigen weißen Fleck, ach, das war ja die Milchstraße! Wie ungewohnt, aus dieser Perspektive der Andromeda gesehen! Es war einfach phantastisch und ungeheuer meditativ, dieser Anblick. Und es herrschte eine Leichtigkeit und Freiheit, ganz anders als auf Terra. Im Hintergrund zirpten Insekten, ähnlich wie auf der Erde, aber mehr singend im Klang. Eine Stimmung, genial passend zu dem Lied "Wild Child" der "Stimme Irlands" namens Enya, auf Zulu Drei, eine Million Lichtjahre von der Erde entfernt... - "you don't need a reason..." - dieses Motto war vielen Erdbewohnern vollkommen fremd.

Der Magier von Varanasi

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