Читать книгу Doctor Who Monster-Edition 6: Roboter des Todes - Chris Boucher - Страница 7

VORBESPRECHUNG

Оглавление

Die gewaltige Maschine namens Sturmmine vier kriecht durch die pfadlose Ödnis des Blind Heart. Sie jagt den unbeständigen Wetterfronten der Wüste nach sowie den jähen wilden Winden, die mineralreiche Sandstürme entstehen lassen und wertvolle Erze in fliegende Flöze verwandeln.

Die wissen das alles – warum befasse ich mich überhaupt damit? Ich gebe vor, sie zu unterschätzen, damit sie sich überlegen fühlen und ihrerseits mich unterschätzen …

Ein talentierter Captain, mit einem fähigen Piloten an seiner Seite, kann an einem Sturm dranbleiben und seinen ergiebigsten Erzströmen folgen, während sie an den offenen Ansaugschächten vorüberwirbeln. Zwar können auch Roboter diese Arbeit erledigen, ebenso wie all die anderen Jobs, die nötig sind, um die Mine zu betreiben. Um jedoch das ökonomische Potenzial der Ausrüstung voll auszuschöpfen, sämtlichen Reichtum aus den dichten, sturmgepeitschten Kieswolken herauszusaugen, braucht man Instinkt und Fingerspitzengefühl. Das lässt sich nichts Geringerem als einem menschlichen Wesen einprogrammieren.

Aber es spielt keine Rolle: Sie liegen so weit zurück in der Partie, dass sie gar keine andere Wahl haben, als mich zu unterschätzen …

Gegenwärtig hat die Firma kein besseres Zweiergespann aus Captain und Pilot als Kiy Uvanov und Lish Toos in der Datenbank. Leider erreicht der Rest der Mannschaft von Sturmmine vier nicht den gleichen hohen Standard, und nachdem acht Monate des zweijährigen Einsatzes vergangen sind, kommt es zum Desaster: Es gibt einen suspekten Todesfall. Paranoia greift um sich. Feindseligkeiten, die bisher unter der Decke gehalten wurden, treten plötzlich zutage und in der zunehmend hysterischen Atmosphäre fangen die Mitarbeiter an, sich gegenseitig des Mordes zu bezichtigen.

Dann kommen sie um – einer nach dem anderen.

Fast von Anfang an besteht kein Zweifel daran, dass jemand – oder etwas – durch die leeren Ebenen und die verlassenen Korridore der enormen Mine streicht und wahllos und unerbittlich mordet.

Natürlich haben sie es trotzdem bezweifelt. Zweifel und Paranoia – wo wären wir ohne sie? Nun, ich würde mich jedenfalls sicher nicht auf diesem eigenartig rückständigen Planeten verstecken …

Als der Captain schließlich begreift, was in Wahrheit vor sich geht, sind nur noch drei aus seinem Team am Leben. Zwei sind bereits völlig irrsinnig und auch Pilotin Toos sowie Uvanov selbst verlieren allmählich den Bezug zur Realität und fangen an, Gespenster zu sehen. Im eisigen Griff des Schreckens fantasieren sie aus dem Nichts einen seltsam gekleideten Mann und ein Stammesmädchen herbei, da sie sich schwer damit tun, das Undenkbare, das Unvorstellbare anzuerkennen.

So unmöglich es auch erscheinen mag, sie haben es mit Robotern zu tun: Normalerweise funktionsfähigen und vollständig abgesicherten Vocs und Supervocs, die erst hier vor Ort, in der Mine selbst, modifiziert worden sind.

Noch immer will man es nicht glauben, doch diese Roboter sind entsichert worden, sodass sie töten können. Nachdem sie die Schächte geschlossen und die Maschinen so weit gedrosselt haben, dass die Mine nicht im Sand versinkt, beginnen Captain Uvanov und Pilotin Toos, nach Wegen zu suchen, wie sich die Killermaschinen zerstören lassen.

Ein bisschen übertrieben, aber vieles von alldem ist ja melodramatische Spekulation. Also schauen wir einfach mal, was für eine Reaktion wir rausschlagen können …

»Nein.« Die Stimme aus dem Halbdunkel hinten im Konferenzraum klang gebieterisch. »Tut mir leid, aber das glaube ich nicht.«

Carnell pausierte das Bild auf dem Demonstrationsbildschirm und stellte das Licht im Raum ein wenig heller. Er schaute den selbstbewussten Mann an, dessen kruder Anzug aus derbem, schlichtem Gewebe von seinem Wohlstand und seiner aristokratischen Herkunft zeugte, und seufzte innerlich. Einer der anderen wäre ihm lieber gewesen, einer, der weniger offensichtlich dumm war. Vergleichbare Geisteskraft hätte er auch bei einer der vielen humanoiden Maschinen bekommen können, die, reglos und unbeachtet, nur darauf warteten, den Teilnehmern dieser geheimen Versammlung zur Hand zu gehen. Er machte sich rasch eine gedankliche Notiz sicherzustellen, dass die Roboter zum Routineservice geschickt wurden, damit nicht irgendwelche Daten zu diesem Treffen zurückblieben und jemand versehentlich darauf zugriff.

»Ich glaube das nicht, tut mir leid«, wiederholte der junge Mann.

Dir hat in deinem Leben noch nie etwas leidgetan, du inzüchtiger Idiot, dachte Carnell und sagte: »Könnten Sie vielleicht etwas konkreter werden, Firstmaster Roatson?«

»Das Ganze kann unmöglich so abgelaufen sein.«

Es war eine schlichte Feststellung – oder vielmehr die Meinungsäußerung eines Mannes, der zu privilegiert war, um den Unterschied kennen zu müssen. Carnell wusste, dass es keinen Sinn hatte, sich mit so jemandem anzulegen, schon gar nicht in ihrer gegenwärtigen Gesellschaft. Aber diese Sache langweilte ihn schon jetzt. Das hier hätte ein recht interessantes Spiel sein können, wenn diese engstirnigen Narren mit ihren begrenzten Ambitionen nicht gewesen wären. Wo steckten bloß die dekadenten, machthungrigen Psychotiker, wenn man sie mal brauchte? Er hob eine Augenbraue und setzte ein dünnes Lächeln auf. »Da alle Indizien aufs Gegenteil hindeuten«, sagte er und machte eine wohl bemessene Pause, »müssen Ihnen offenbar Informationen vorliegen, die man mir vorenthalten hat.«

Mehrere Vertreter der anderen Gründerfamilien und einige Emporkömmlinge der Handelskartelle kicherten unverhohlen.

Der junge Aristokrat ließ sich nicht beirren. »Die Familien«, sagte er, »waren praktisch von Anfang an in die Roboterentwicklung involviert und ich kann Ihnen versichern: Es gibt keine Möglichkeit, den Rang eines Voc in der von Ihnen beschriebenen Weise zu verändern. Niemand könnte das, nicht einmal mit allen technischen Mitteln eines voll ausgerüsteten Labors, aber ganz gewiss nicht auf einer Sturmmine, während der Fahrt und mit nichts als einer gewöhnlichen Laserson-Sonde.«

Carnell bemerkte, wie beiläufig er jenes Werkzeug erwähnte, das auf die Subsysteme der Robotergehirne angewandt worden war. Diese Information war so geheim, dass kaum jemand davon hätte wissen dürfen. Jedenfalls hätte dieser Mann, ein jüngeres Mitglied einer der zwanzig Familien, gewiss nicht damit vertraut sein sollen. War es nun Dummheit oder simple Arroganz, dass der junge Firstmaster Roatson ihm gerade verraten hatte, wie viel er bereits von dem wusste, was diese Leute in diesem Augenblick vermeintlich zum ersten Mal hörten? Carnell hatte gute Lust, ihn darauf anzusprechen, aber dies war nicht der richtige Moment, solchen Impulsen nachzugeben. »Im Normalfall würde ich Ihnen zustimmen«, entgegnete er mit sanfter Stimme. »Bloß war an Taren Capel nichts normal, schon gar nicht sein Talent für Robotertechnik.«

»Ich glaube nicht, dass es Taren Capel je gegeben hat«, merkte Roatson an.

Carnell lächelte. »Wenn es ihn nicht gäbe, müsste man ihn erfinden.«

»Genau das ist es doch.«

»Ja«, stimmte Carnell noch immer lächelnd zu, »ganz recht.«

Erneut dimmte er das Licht und ließ das Demo weiterlaufen. Diesmal regelte er das Licht noch etwas weiter herunter und intensivierte und sättigte unmerklich die Farben auf dem Bildschirm. So, hoffte er, würden sich seine Zuhörer lange genug konzentrieren können, damit er seinen weitgehend irrelevanten Vortrag rasch abschließen konnte.

Nachdem alle unmodifizierten Roboter über die Hauptdeaktivierungsschaltungen stillgelegt sind, jagen Uvanov und Toos einige der Killerroboter in die Luft. Die Bomben hierfür stellen sie her, indem sie die Basisplatten von Z9-Sprengsätzen magnetisieren. Dann erzeugen sie in den Kommunikationsverbindungen der Roboter eine Rückkopplungsschleife, die sich durch sämtliche Kontrollebenen brennt und alles überlastet, was bei den Maschinen zu katastrophalem Gehirnversagen führt. Schließlich manipulieren sie noch die Stimmerkennungssysteme. So gelingt es ihnen, dass sich Taren Capels Höllengeschöpfe schließlich gegen ihren Schöpfer selbst richten. Das schattenhafte Genie ist das letzte Opfer seiner Roboter des Todes.

Als das Rettungsteam Sturmmine vier erreicht, ist bereits alles vorbei. Die Überlebenden – Captain Uvanov, Pilotin Toos und der schwerbehinderte Oberpacker Poul – werden in die Zivilisation zurückgebracht. Die Mine wird aufgegeben und versinkt im Sand, und mit ihr alle Beweise für das, was vorgefallen ist. Man denkt sich eine Geschichte aus, um die ganze Sache zu vertuschen – vielleicht ist es auch nur Spekulation –, und weil es das ist, was alle glauben wollen, wird es rasch zur allgemein akzeptierten Wahrheit. Und die Zivilisation, wie wir sie kennen, kann fortbestehen.

Als Finale zeigte Carnell Nachrichtenmaterial aus der Zeit: die kurzen, chaotischen Interviews mit den Überlebenden; eine sorgfältige Rekonstruktion des zum Scheitern verurteilten Kampfs der mutigen Crew gegen die Erzräuber; der wütende Ruf der Öffentlichkeit nach einem harten Vorgehen der Sicherheitskräfte, um die Verbrecher zur Rechenschaft zu ziehen. Als der Film vorbei war, ließ er einen Moment verstreichen, ehe er das Licht wieder heller drehte. Er wollte, dass sein Publikum darüber nachdachte, wollte einem von ihnen Gelegenheit geben, die offensichtliche Frage zu stellen.

»Und was genau hat das nun mit dem Projekt zu tun, für das Sie eingestellt wurden?« Der Sprecher war ein hochgewachsener Mann in einem Anzug aus synthetischem Gewebe, der in der ersten Reihe saß. »Ich habe kein Interesse an einem Zusammenbruch der Wirtschaft. Wenn diese Story rauskommt, geht alles zum Teufel. Wer sollte davon profitieren? Das Heilmittel wäre schlimmer als die Krankheit.«

Carnell war ein schmaler Mann, nicht sonderlich groß, und er besaß blonderes Haar und einen blasseren Teint als alle Anwesenden. Seine Augen waren jedoch etwas Besonderes, das ihn vom Rest der Leute hier unterschied. Sie waren von einem intensiven Blau und im richtigen Licht wirkten sie stechend wie Splitter aus Eis. Nun trat er ins richtige Licht und schenkte dem Mann ein eiskaltes Lächeln. »Sie müssen mir vertrauen«, sagte er. »Gerade darum bin ich so teuer: weil man mir vertrauen kann.« Er hob den Blick und ließ ihn durch den Konferenzraum schweifen. »Ich habe Ihnen diese Geschichte erzählt, weil ich mich vergewissern muss, dass man auch Ihnen trauen kann. Wenn Sie das Bedürfnis verspüren, in Panik auszubrechen, dann möchte ich, dass Sie das hier und jetzt tun.« Er machte eine Pause. »Ich schätze es, wenn Panik gut geplant vonstattengeht.«

Eine extravagant frisierte Frau in elfenbeinfarbener Ballonseide sagte: »Und dieser merkwürdig gekleidete Mann und die kleine Wilde?«

»Eine Gruppenhalluzination«, sagte Carnell.

»Sie schienen sich Ihrer Sache ziemlich sicher zu sein«, stellte sie fest.

Noch etwas, das Sie gar nicht wissen dürften, dachte Carnell. Offensichtlich haben Sie die Aufzeichnung der vertraulichen Nachbesprechung gesehen. »Falsche Erinnerungen«, sagte er, »gegenseitig hervorgerufen und verstärkt.«

»Also lügen sie?«

»Sie glauben daran.«

Roatson hinten im Raum lachte schallend. »Eine Gruppenhalluzination«, höhnte er mit aristokratischer Geringschätzung. »Wir reden hier von zwei Personen.«

Carnell lächelte. »Drei. Oberpacker Poul hat sie auch gesehen.«

Wie er erwartet hatte, konnte Roatson nicht widerstehen, weiter auf seinem Punkt herumzureiten. »Und er hatte also einen Zusammenbruch?«

»Sie alle hatten einen«, sagte Carnell. »Darauf will ich ja hinaus.«

»Woher wollen Sie wissen, dass der Mann und das Mädchen nicht real waren?«, fragte die Frau in der exklusiv von Robotern produzierten Mode.

»Weil es unmöglich ist.«

»Genügt das denn als Grund?«

»Jedem vernünftigen Menschen schon. Wichtiger ist jedoch, dass sie keine Rolle spielen. Sie haben keinen wesentlichen Einfluss auf das, was passiert ist, was gerade passiert oder was noch passieren wird.«

Und damit hatte Carnell den zweiten fundamentalen Fehler in seiner Karriere als Psychostratege begangen.

Doctor Who Monster-Edition 6: Roboter des Todes

Подняться наверх