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Tagebuch - Bin ich Patriot?
ОглавлениеIch habe heute einen patriotischen Selbstcheck gemacht, unter dem Motto: Wie patriotisch bin ich? Um ehrlich zu sein: Das Ergebnis war ziemlich erbärmlich. Ich habe deutsche Symbole in meiner Wohnung gesucht, fand aber nur ein T-Shirt von der letzten WM, das mir mein Bruder geschenkt hatte. Kann ich mich also wirklich als Patrioten bezeichnen? Keine Frage, ich bin stolz auf Deutschland und bin froh, in Deutschland zu leben, aber ich zeige das in keinster Weise. Ich weiß noch, wie ich meinen Bruder in New York besucht habe und auf dem Weg zum Flughafen im Radio die Meldung hörte, dass „Oktoberfest“ das bekannteste deutsche Wort in der Welt sei. Ich besuchte meinen Bruder im Büro und traf dort auf seinen Chef.
„Where are you from?“, fragte der.
„Munich.“
„Ah, Munich, Oktoberfest“, sagte er und lächelte breit.
Ich schloss daraus, dass er schon einmal dort gewesen sein musste. Ich erzählte, dass ich im Radio gehört hätte, das „Oktoberfest“ das bekannteste deutsche Wort weltweit sei. Der Chef musterte mich für eine Sekunde. Dann sagte er:
„Oh, really? I thought it was Holocaust.“
In jeder anderen Situation, bei jedem anderen Thema, hätte ich gekontert wie ein Weltmeister, aber nicht hier. Und obwohl ich dachte, ich hätte gelernt, mit der deutschen Vergangenheit selbstbewusst umzugehen, wurde mir klar, dass genau das Gegenteil der Fall war.
Ich frage mich: Sind wir so erzogen worden?
Kann man so erzogen werden?
Ich erinnere mich an viele Situationen, in denen ich zum Spaß meine deutsche Herkunft verschwiegen habe oder jemand auf Grund meines Namens gedacht hat, ich käme aus Schweden.
Den anderen vorzuspielen, ich käme aus Schweden, war immer viel einfacher, als sich zu Deutschland zu bekennen. Vielleicht sind es auch meine zum Teil schwedischen Gene. Die Skandinavier machten auf mich immer einen sehr heimatbezogenen Eindruck, als wären sie quasi genetisch-patriotisch.