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A. Dogmatik und Dogma
ОглавлениеBegriff und Aufgabe der Dogmatik
In diesem ersten Kapitel soll es um den Begriff und die Aufgabe einer theologischen Dogmatik gehen. Die Dogmatik hat in den letzten 200 Jahren unter dem Einfluss von Aufklärung und Pietismus, Romantik und Historismus eine höchst wechselvolle Geschichte durchlaufen, die ihre Wahrnehmung in der Gegenwart erheblich verändert hat. Aus dem fest umrissenen Lehrsystem des Protestantismus des 16. und 17. Jahrhunderts, das in Anlehnung an die Bibel und unter Rückgriff auf die aristotelische Philosophie konzipiert wurde, ist unter den Erkenntnisbedingungen der Moderne eine Beschreibung des frommen Subjekts in Form von Glaubenslehren mit erheblich geringerem Anspruch geworden. Freilich bedeuten diese Veränderungen nicht das Ende der theologischen Dogmatik, wohl aber deren kritische Umformung. In der protestantischen Theologie tritt seit Aufklärung und Pietismus unter Aufnahme von grundlegenden Motiven der Reformation der Erfahrungsbezug der Dogmatik, das Dabeisein des frommen Subjekts, in den Vordergrund. Mit der Betonung des Erfahrungsbezugs der Dogmatik in der Moderne wurde das intellektualistische und metaphysische Gepräge der Dogmatik des älteren Protestantismus aufgelöst. Dies hatte wiederum zur Folge, dass die Wahrnehmung der Dogmatik sich selbst pluralisierte. In der Gegenwart stehen die unterschiedlichsten Formen und Verständnisse von Dogmatik nebeneinander. Die Palette reicht von Konzeptionen der Dogmatik als kirchlicher Dogmatik über Christentumsdogmatiken bis hin zur Privatdogmatik ([65], S. 119–121; [75]). In diesen unterschiedlichen Verständnissen von Begriff und Aufgabe der Dogmatik spiegelt sich die hohe innere Pluralisierung der evangelischen Theologie, die in der Neuzeit geradezu zu ihrem Signum geworden ist.
Beginn bei Reformatoren und Altprotestantismus
Das protestantische Verständnis der theologischen Dogmatik wird so geklärt, dass die modernen Problemanforderungen an diese theologische Disziplin in die Darstellung mit aufgenommen werden. Einzusetzen ist deshalb mit dem Verständnis der Dogmatik bei den Reformatoren und im alten Protestantismus des 16. und 17. Jahrhunderts. Im Ausgang von den klassischen Bestimmungen der Dogmatik ist dann deren kritische Umformung in der Neuzeit in den Blick zu nehmen und der Frage nachzugehen, welche Bedeutung der theologischen Dogmatik unter den pluralistischen Bedingungen der Gegenwart zukommen kann. Im zweiten Unterabschnitt dieses ersten Kapitels wird das Verständnis des Dogmas im Protestantismus auf dem Hintergrund seiner Problemgeschichte zu erläutern sein.