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I. Die Aufgabe der Dogmatik
ОглавлениеDogmatik als Disziplin
Dogmatik ist eine akademische Disziplin im Fächerkanon der Theologie, wie sie an Universitäten gelehrt wird. Aus dieser institutionellen Anbindung ergibt sich ihre Aufgabe. Sie besteht in der „wissenschaftlichen Bearbeitung und Formulierung der Gedanken und Vorstellungswelt“ ([85], Sp. 106) der christlichen Religion. Die theologische Dogmatik dient der Entfaltung und Vermittlung des Lehrbestands der jeweiligen christlichen Konfessionen. Als eine derart eigenständige akademische Disziplin hat sich die theologische Dogmatik erst in der Neuzeit ausgebildet. Die Begriffsbildung ‚dogmatische Theologie‘ oder theologia dogmatica, in Abgrenzung von der theologia moralis, stammt erst aus dem 17. Jahrhundert (dazu: [70], bes. Sp. 892; [80]). Geprägt wurde der Begriff ‚Dogmatik‘ von dem lutherischen Theologen Georg Calixt (1586–1656). In seiner 1643 erschienenen Schrift Epitome theologia moralis grenzte er die theologia dogmatica von der theologia moralis ab ([57], S. 27; [80], S. 41f.; [77]). Ein Jahr später wird der Begriff ‚theologia dogmatica‘ von Johann Alting (1583–1644) zur Unterscheidung von der historischen Theologie verwendet. Seit der Mitte des 17. Jahrhunderts tritt dann der Begriff theologia dogmatica an die Stelle von älteren Bezeichnungen, unter denen der Inhalt der christlichen Lehre zusammenhängend dargestellt wurde.
Frühchristliche Begriffsprägungen
Obwohl also der Begriff ‚Dogmatik‘ zur Kennzeichnung einer zusammenhängenden und systematischen Darstellung der christlichen Lehre erst sehr spät geprägt wurde, hat die sich in der Antike herausbildende christliche Theologie schon sehr früh damit begonnen, die Gehalte der christlichen Religion zusammenzufassen. Dies geschah allerdings zunächst unter anderen Leitbegriffen wie doctrina christiana, sacra doctrina, Sententiae, Summa theologiae oder Loci theologicae. Diese älteren Leitbegriffe knüpfen mehr oder weniger an den neutestamentlichen Begriff der ‚Unterweisung‘ an (vgl. [57], S. 27–36). Der Begriff ‚didaskalia‘ meint in den Pastoralbriefen den Inbegriff der apostolischen Unterweisung (vgl. Tit 1,9. 2,1; 1. Tim 1,10; 2. Tim 4,3). Diese Funktion der Unterweisung nahm der im 17. Jahrhundert geschaffene Begriff der Dogmatik auf, so dass man zunächst unter Dogmatik eine Unterweisung über die Gehalte des christlichen Glaubens, wie sie in der Bibel als der Heiligen Schrift niedergelegt sind, in ihrem Zusammenhang verstehen kann. In der Herausbildung und der Etablierung der Dogmatik als einer akademischen Disziplin in der frühen Neuzeit spiegelt sich sowohl der Umformungsprozess der modernen Gesellschaft als auch – infolge von deren Rückwirkungen auf den akademischen Lehrbetrieb – die zunehmende Professionalisierung von Wissenschaft.