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1.1 Die Entstehung des DJings

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Die frühen Anfänge des DJings gehen zurück bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts - als wir alle noch nicht geboren waren und auch noch nicht wussten, dass sich daraus für manche ein geliebtes Hobby und für andere ein ernstzunehmender Beruf entwickeln würde. Heutzutage ist es aufgrund der technischen Möglichkeiten einfach - doch die Anfänge des DJings sahen ganz anders aus.

Musik wurde früher ausschließlich live gespielt, und wenn Restaurant-Besitzer oder Veranstaltungs-Planer Musik in ihre Events einbinden wollten, mussten sie eine Band oder ein Orchester bestellen. Der erste Schritt Richtung DJing war demnach die Erfindung des ersten Tonträgers: der Schallplatte. Diese wurde von Emil Berliner, einem Erfinder aus Hannover im Jahre 1887 erfunden und hat sich bis heute gehalten. Tonbänder, Kassetten oder CDs waren Neuerungen auf dem Markt, doch verdrängt haben sie die Schallplatte nie. Im Gegenteil: Die Schallplatte existiert heute noch, Kassetten fielen der CD zum Opfer, die CD ist gerade dabei, aufgrund von MP3 und Musik-Streaming auszusterben. Da die Schallplatte meistens aus dem Material Polyvinylchlorid hergestellt wurde, hat sich bis heute der Begriff „Vinyl“ gehalten. Der Schallplattenspieler und sein dazugehöriger schwarz glänzender Vinyl-Tonträger machten es erstmalig möglich, Musik privat zuhause und auch auswärts in der Gastronomie abspielen zu können, ganz ohne Musiker.

Gleichzeitig entwickelten sich Anfang der 1920er Jahre mit der fortschreitenden Funk-Technik die ersten Radio-Stationen, welche die Menschen mit Musik unterhalten wollten. Es wäre jedoch kein Radio gewesen, wenn es nicht einen Ansager gegeben hätte, der die Zeit zwischen den Liedern mit interessanten Anekdoten und spannender Anmoderation gefüllt hätte. So entstand der Begriff „Discjockey“ (quasi der Jongleur der Platten) und mit ihm gab es die ersten Radio-DJs. Sendungen mit Hitparaden zogen wöchentlich unzählige Musikbegeisterte vor das Radio, um sich die neuste Musik anhören zu können und dabei spannende Hintergrund-Informationen zu Künstlern und deren Musik zu erfahren.

Auch in den Clubs und Discos, die in der Nachkriegszeit salonfähig wurden, war es zunächst üblich, dass der DJ moderierte und nicht einfach nur kommentarlos seine Musik herunterspielte. Veranstaltern war klar, dass sie jemanden brauchten, der für Stimmung sorgte und die Gäste zum Tanzen brachte. Schließlich wurde durch die „Musik aus der Konserve“ die Blaskapelle, das Orchester oder der Live-Sänger ersetzt, den man seinen Gästen sonst bot. Die ersten Discos mit DJs waren letztendlich ein Experiment, welches gelang, weil das Publikum es gut annahm und die Veranstalter sahen, dass sich damit Geld verdienen lies. Bis heute gibt es verschiedene Blickwinkel und Geschichten, die den angeblich ersten DJ belegen sollen, doch so ganz lässt es sich nicht rekapitulieren. Allerdings wird man bei Recherchen immer wieder über die Geschichte von Klaus Quirini stolpern, der in den 50er Jahren in einer Aachener Disco durch Zufall als erster moderierender DJ Karriere gemacht hat. Er übernahm den Plattenteller, weil der Abend langweilig schien und er gebeten wurde, es besser zu machen. Sein Erfolgsgeheimnis waren eine clevere Anmoderation (vor allem ein flotter Spruch zu Beginn, der bei den Gästen gut ankam) und ein Gespür für tanzbare Musik. Später gründete er verschiedene DJ-Organisationen und ihm ist es zu verdanken, dass die Tätigkeit des DJs auch als Beruf und ebenso von der Künstlersozialkasse anerkannt wird.

Der erste DJ, der sich jedoch mit richtiger DJ-Kunst hervortat, war Francis Grasso in New York. Im Jahr 1968 erfand er den Trick der Filzmatte, die man unter die Scheibe legte, um zu gewährleisten, dass man die Vinyl auf dem Plattenteller vor und zurück bewegen konnte, ohne sie dabei zu verkratzen. Damit legte er den Grundstein für Beatmatching, also das Anpassen der Geschwindigkeit zweier aufeinanderfolgenden Platten für einen nahtlosen Übergang, sowie für das Scratchen, sprich der Erzeugung von Tönen durch rhythmisches Hin- und Herbewegen einer laufenden Schallplatte auf einem Plattenspieler bei aufgelegter Nadel. Ein DJ war nun nicht mehr nur dafür da, tolle Moderation zu bieten, sondern sollte in erster Linie nonstop Musik liefern, sodass die gute Stimmung beim Tanzen einen kompletten Abend lang aufrechterhalten werden konnte, ohne dass eine Unterbrechung der Musik stattfand. Es kam also darauf an, nahtlose Übergänge von einem Song zum nächsten hinzubekommen - ohne nervige Pausen, schiefe Töne oder Dissonanzen. DJs, die ihr Handwerk verstanden, schnitten Tracks exzellent ineinander und vermischten sogar Acapellas bekannter Lieder mit Breaks verschiedener anderer Titel, so wie es beispielsweise Francis Grasso tat. Ein guter DJ verstand es zudem, zwei verschiedene Songs fast unhörbar länger als 32 Takte ohne Patzer parallel zu einander spielen zu lassen.

Die Notwendigkeit des Mixens ergab sich aus dem Wunsch der Veranstalter, die Tanzfläche permanent gefüllt zu haben. Um eine stetig gute Stimmung zu gewährleisten, durfte es so gut wie keine Unterbrechung geben. Außerdem ermöglichte das Ineinander-Mischen von Tracks das Spielen neuer Lieder, die das Publikum noch nicht kannte - ein guter und weicher Übergang verhinderte, dass sich die Tanzfläche leerte, wenn ein unbekanntes Lied gespielt wurde. Man konnte das Lied dem Publikum sozusagen „unterjubeln“. Trotz neuer Technologien hat sich die Pausenlosigkeit eines Sets bis heute als Trend gehalten - wenn ein DJ zu viel redet und ständig zum Mikrofon greift, ist das ein absolutes No Go. Schließlich möchte man die Musik genießen und der DJ sollte nur im Hintergrund oder zur Crowd Animation auftreten.

Mit einer Ausnahme: in den US-amerikanischen Ghettos der 70er war es „in“, wieder in die Musik reinzureden - so entstand die Hip Hop-Kultur, welche sich zunächst in den von Schwarzen bevölkerten Stadtteilen New Yorks entwickelte. DJs griffen wieder zum Mikrofon und riefen Sätze in die Tracks, woraus sich nach und nach Rap entwickelte. Ein Sprechgesang, der zum Rhythmus der Musik eine Botschaft vermittelte. Durch Filme wie etwa „Beat Street“, schwappte die Hip Hop-Kultur, die sich hauptsächlich in den Straßen der ärmeren Viertel abspielte, herüber nach Europa und wurde hier vor allem in den 80er und 90er Jahren von Jugendlichen als „cool“ gefeiert. Es entstand ein Massenphänomen und Rapper wie Kanye West oder auch Jay-Z gehören heute zu den reichsten Musikern der Welt – also sehr konträr zum tatsächlichen Ursprung dieser Kultur.

Die elektronische Musik, die sich dank des technischen Fortschritts Mitte der 80er Jahre entwickeln konnte, brachte eine weitere Jugendkultur hervor: den Techno, welcher sich in den USA vor allem in Detroit als Gegenpol zum kalten Alltagsleben in den Fabriken etablierte und von der Jugend als neue Daseinsform gefeiert wurde. In Deutschland gab es den Techno musikalisch gesehen allerdings schon früher, von der Band Kraftwerk und ihrem legendären Album „Autobahn“ angetrieben.

Mit aufstrebenden DJs und dem Bekanntwerden derer Namen etablierten sich ganze Marken und so kam natürlich auch wirtschaftlicher Erfolg. Die Eintrittspreise in die Discos waren den Besuchern fast schon egal - man wollte dabei sein, koste es, was wolle. So konnte der Betreiber der legendären Disco Warehouse in Chicago im Jahr 1982 einfach den Eintrittspreis verdoppeln, weil es Tausende von minderjährigen Besuchern und Jugendlichen gab, die ausgelassen darin feiern wollten. Das Warehouse ist auch bekannt gewesen als Geburtsort der House-Musik, welche vom Resident-DJ Frankie Knuckles gespielt wurde. Als DJ hatte er bekanntlich die Aufgabe, die Menge bei Laune zu halten und zum Tanzen zu bringen, Anfang der 80er aber gleichzeitig die Schwierigkeit, dass die Ära der 70er Jahre Disco-Sounds ein Ende nahm und keine neuen Pop-Songs nach diesem Schema mehr erschienen. So nahm er Tracks, die er für passend hielt, glich den Beat an und lies damit eine ganz neue Musikrichtung entstehen.

Auch das Studio 54 in Manhattan (New York) bot der ausgelassenen Disco- und Feier-Kultur neuen Nährboden. Der Club eröffnete im Jahr 1977 seine Pforten und galt bald als Mekka für exzentrische Partys, Drogen-Exzesse, wilden Sex und ungehemmte Feierlaune der Stars und Sternchen - wer keine Berühmtheit war, musste wenigstens so aussehen und angezogen sein wie eine, um am Türsteher vorbei zu kommen. Zu den Stammgästen gehörten Mick Jagger, Michael Jackson, Madonna, Elton John, Donald Trump, aber auch Calvin Klein oder die Künstler Andy Warhol und Salvador Dali. Nach kurzer, einjähriger Unterbrechung bzw. Schließung im Jahr 1980 wegen Steuerhinterziehung der Inhaber, eröffnete das Studio 54 in New York wieder seine Pforten und prägte die New Yorker Disco-Kultur der 80er Jahre bis zu seiner finalen Schließung im Jahr 1986.

In Europa florierte die Existenz von Discos ebenfalls, denn das ausgelassene Feiern am Freitag- oder Samstag-Abend gehörte nun zu einem modernen Lebensstil schlichtweg dazu. Für DJs wurde die Arbeit insofern einfacher, als dass sie kein schweres Equipment mehr schleppen mussten, sondern in guten Clubs vor Ort schon eine technisch einwandfrei ausgestattete DJ-Booth vorfanden - Getränke inklusive. Allerdings durfte ein DJ nicht in die Drogen-Szene abrutschen, sonst war er schnell seinen Job los. Es wurde auf Zuverlässigkeit und stetig gute Performance gesetzt. So entstand die Daseins-Form des Resident-DJ, welcher per Vertrag quasi der hauseigene DJ war und regelmäßig in einem Club auflegte.

Gerade in den 90er Jahren erlebten Techno und Hip Hop ihren Peak und begründeten zwei musikalisch gänzlich verschiedene, aber vom Grundgedanken sehr einheitliche Genres und Kulturen. Beide wurden von einer Sub-Kultur in ein Massenphänomen verwandelt. Heute ermöglicht der technische Fortschritt das Erlernen der maschinellen Techniken des Auflegens binnen weniger Stunden Übung. Digitale Programme und Software nehmen dem DJ das Anpassen der Geschwindigkeiten zweier Musiktitel per Knopfdruck ab. Kritiker verurteilen zu Recht, dass DJs heutzutage die handwerklichen Skills, die Spontanität und die Kreativität beim Musik-Machen verloren geht, da spezielle Computer-Programme das Meiste übernehmen. Liebhaber moderner DJs hingegen genießen das fantastische Ensemble aus Licht-Show, Musik und Crowd-Animation, welches erfolgreiche DJs bei ihren Auftritten zu bieten haben. Zumal es DJs gibt, die ihre Anfänge in den früheren Zeiten gemacht haben, dementsprechend lange am Markt sind und bei manchen Gelegenheiten beweisen, dass sie immer noch in der Lage sind, gute Vinyl-Sets zu spielen.

DJs, die heute aber beginnen aufzulegen, werden niemals das lernen, was einen DJ durch seine technischen Fähigkeiten auszeichnet. Es bleibt also zu hoffen, dass sie dafür umso aktiver werden, wenn es darum geht, zu lernen, wie man das Publikum liest, auf seine Bedürfnisse eingeht und einen Abend ausgelassen zu bestreiten.

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