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Gott und die Zeit

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Auch in der Urknalltheorie steckt das Potential, dass man sofort das Befremdliche, das Abstruse der Idee erkennt und empfindet. Wenn man nichts von Physik versteht, sieht man das Abwegige vielleicht gerade noch deutlicher, als wenn man sich schon damit abgefunden hat, wie merkwürdig das Universum auch sein kann. Doch wurde uns von klein auf und durch eine lange Schullaufbahn beigebracht, die Wahrheiten der Großen nicht mehr zu hinterfragen. Wir werden in der Schule mit Prüfungsstoff gefüllt, so dass man froh ist das Pensum bis zur Klausur einigermaßen halten zu können. Da bleibt keine Zeit noch etwas genauer wissen zu wollen oder gar Erkenntnisse zu hinterfragen. Zudem kommt in der Physik noch erschwerend hinzu, dass die Mathematik dahinter oft erschlagend ist. Studierende sind froh den Stoff einigermaßen noch verfolgen zu können und Professoren sind ihrerseits dankbar, wenn keine Nachfragen kommen, denn meistens könnten sie es auch nicht anschaulicher und leichter erklären. Nicht auszudenken, dass dann noch kritische Nachfragen über den Sinn des Ganzen kämen, die das einmal Verstandene wieder in Frage stellen.

So gibt es für eine Rotverschiebung, die relativ genau mit der Entfernung zunimmt, sehr wohl auch andere Lösungen. Möglichkeiten, wie man das Verschieben des Spektrums erklären kann, ohne eine reelle Bewegung der Galaxien und ohne eine Dehnung des Raums anzunehmen. Einzig weil die Zeit weiter außen in einem kugelsymmetrischen Universum immer langsamer vergeht, wird auch die Strahlung zunehmend langsamer ausgesendet oder ist sie zum langwelligeren Bereich hin verschoben. Aber dafür muss man eine Vorstellung davon entwickeln, was Zeit überhaupt ist und wie eine Dehnung der Zeit aussehen soll.

In den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts waren solche Gedanken noch viel zu frisch, als dass sie schon in erste Weltenmodelle hätten Zugang finden können. Im Gegenteil, man schlug lieber vor der Zeit eine eigene Raumdimension zu geben, was mathematisch sehr erfolgreich war, für unsere Anschaulichkeit und damit für die Intuition aber eine Katastrophe. Hinter den Zeitprozessen, den Mechanismen die alles ablaufen lassen und zwar immer nur in eine Richtung, hängen ganz andere Vorstellungen, als bei einem Raum, indem man sich vor und zurück bewegen kann und der sich vielleicht auch dehnen lassen soll. Doch bei der Frage einer Dehnung, darf man auch nicht nachhaken, sonst stürzt das ganze fragile Vorstellungsgebäude in sich zusammen. Was dehnt den Raum, welche Energie? Und noch schlimmer, was ist der Raum? Ist er überhaupt etwas? Vielleicht ein Ballon? Ist er dann äußerst elastisch und extrem durchsichtig? Aber wie soll sich dann etwas darin ausbreiten? Ist er extrem hart, denn nur dann kann sich etwas so schnell wie das Licht bewegen? Oder ist er extrem leicht, so dass wir keinerlei Reibung feststellen? Unendlich hart und komplett reibungsfrei? Ein Widerspruch, zweifellos!

Doch bleiben wir bei unserer Zeitdehnung. Zeitprozesse werden durch Massen, also durch die Schwere beeinflusst. Und auch in unserem Universum, nimmt die Schwere, wie auf der Erde, nach außen hin zu. Eine Dehnung der Zeit in Radiusrichtung würde auf diese Weise unser Rätsel mit der Rotverschiebung genauso gut lösen. Die Uhren könnten weiter außen langsamer laufen, ohne dass sich die Galaxien großartig entfernen oder bewegen. Sie können sich lokal entfernen, diese Freiheit haben sie nach wie vor, aber was sich nicht mehr verändern muss, ist der Raum im Ganzen. Das Universum wächst, aber es dehnt sich nicht. Die Massen, Sterne und Galaxien bleiben mehr oder weniger da wo sie sind, es gibt keine Fluchtbewegung.

In unserer Idee, dass die scheinbare Fluchtbewegung tatsächlich nur eine Zunahme einer Zeitdehnung mit fortschreitender Entfernung ist, gibt es allerdings zwei Probleme in Verbindung mit den Gleichungen der allgemeinen Relativitätstheorie. Zum einen finden wir keine Lösung für ein statisches Universum ohne eine kosmologische Konstante, einer Gegenkraft zur Gravitation und zum Anderen müssten wir uns dann so ziemlich im Mittelpunkt der Welt befinden, damit die Rotverschiebung, so wie wir sie beobachten, in alle Richtungen in etwa gleich verläuft. Wären wir nicht relativ nahe beim Zentrum, dann müsste es Bereiche geben die näher dran sind und die wären dann klar beobachtbar blauverschoben. Doch die einzige wirklich blau verschobene Galaxie ist die Andromeda und die ist nicht blauverschoben, weil sie näher am Zentrum ist, sondern weil sie tatsächlich auf uns zukommt.

Die Frage nach dem Zentrum oder der fehlenden Position dieses Anfangspunktes ist kompliziert und damals, bei den Anfängen der Weltenmodelle wäre eine Lösung dafür noch nicht machbar gewesen. Die Akzeptanz grundlegende Begriffe wirklich ändern zu wollen, war noch lange nicht vorhanden. Selbst heute würde man auf bestimmte Annahmen nicht verzichten wollen, obwohl der Druck der vielen massiven physikalischen Schwierigkeiten ungleich größer geworden ist.

Die Frage nach der kosmologischen Konstanten kann man auch anders umgehen, sie hat aber ihren Preis. Man muss sich von dem Newtonschen Weltbild lösen, dass überall im Universum die Massen gleich, das die Grundbausteine unsere Elementarteilchen alle gleich groß und gleich schwer sind. Man müsste es zulassen, dass zum einen die Partikel nach außen hin leichter werden und zum anderen, das sich Materie nicht so ohne weiteres in Radiusrichtung bewegen kann. Wollen Körper nach innen abwandern, weil die Gravitation an ihnen zerrt, dann steigt ihre Masse, sie müssen also Energie aufnehmen. Wenn jetzt diese beiden Energien, die schwere Energie und die Energie die in der Masse steckt, gleich groß sind, sich überall im Gleichgewicht befinden, dann haben wir ein statisches Universum, in dem sich die Körper dennoch bewegen können, auf die aber keine beschleunigende Kraft wirkt. Und wir können dann plötzlich den Aufbau von einem winzigen Punkt im Innern, bei dem sämtliche Masse, Raum, Energie und Zeit in einem göttlichen Blitz entstanden, auf einen unspektakulären Rand des Universums ganz nach außen verlagern. Ein kalter, extrem geordneter Anfang für jedes einzelne Teilchen, das sein Stück Raum, seine kleine Masse und seinen inneren Zeitprozess mitbringt. Wir könnten dabei einen Entwicklungsprozess zulassen, bei dem nichts Spektakuläres oder physikalisch Unsinniges passiert. Keine Singularitäten, keine Probleme mit dem zu Vielen auf zu kleinem Raum und keine sich dehnenden Räume, die zu hart und zu durchsichtig gleichzeitig sein sollen. Der einzige Raum ist die Entfernung zwischen den neu gebildeten Partikeln. Der Raum selber besteht aus gar nichts. Im Gegenteil, er ist nur eine abstrakte Hilfsgröße, um in der Anwendung die Welt besser beschreiben zu können. All dies erfordert in einem ersten Schritt, es zunächst in seinem Denken zuzulassen, dass die Protonenmasse nicht universell überall gleich ist. Protonen sehr weit weg von uns sind leichter und Protonen mehr zum Zentrum hin sind schwerer. Trotzdem würde man auf den Spektren der Sterne nichts davon mitbekommen. Denn das Strahlungsspektrum wird nicht von der Protonenmasse bestimmt, sondern von den elektrischen Ladungen und der Unschärferelation.

Wir hatten schon erwähnt, dass unser bewusstes Denken recht einfach strukturiert ist. Physikalisch können wir die Welt besser nach dem Newtonschen Weltbild verstehen. Aber wie sieht dieses Weltbild aus? Was dachten die Menschen der damaligen Zeit?

Welt ohne Urknall

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