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Nachhaltiges Wandern: Hinweise und Tipps

Gastbeitrag von Dr. Christian Baumgartner,

Experte im Bereich Nachhaltigkeit und Tourismus

Wandern ist von Natur aus eine äußerst umweltfreundliche Aktivität. Dennoch gibt es ein paar Hinweise, mit deren Hilfe man die Nachhaltigkeit des Wanderurlaubs noch erhöhen kann.

Mobilität

Der Klimawandel ist im vollen Gange. Wir merken das am Rückgang der Gletscher ebenso wie an den zunehmenden Wetterkapriolen: Dürrezeiten werden von plötzlichem Starkregen abgelöst, lange schneefreie Zeiten gehen in Rekordschneefälle über. Das führt insgesamt zu häufigeren Naturkatastrophen und einem mehr und mehr unvorhersehbaren Wetter. Der Klimawandel ist damit zum wichtigsten Umweltthema geworden, dessen Bekämpfung entscheidend für die Zukunft der Menschheit ist.

Der Tourismus trägt durch die hohe Mobilität einen großen Anteil zum Klimawandel bei. Auch der überwiegende Teil der Wanderer fährt mit dem Auto zu den Ausgangspunkten der Wanderungen oder fliegt zu den Wanderurlauben in andere Länder.

Da kann man nichts machen? Wir können schon etwas ändern, wenn wir wollen. Es sind vor allem unsere liebgewonnenen Gewohnheiten und Bequemlichkeiten, die wir verändern müssen. Vielleicht haben Sie schon während der Vorbereitungen bemerkt, dass fast alle Wanderausgangspunkte mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sind. – Und das ist viel stressfreier, als Sie annehmen. Für die letzten Kilometer stehen so gut wie überall lokale Wanderbusse oder Taxiunternehmen zur Verfügung. Die öffentliche Anreise hat zudem den Vorteil, dass man die Wanderung nicht als Rundtour zum eigenen Auto planen muss.

Die meisten Urlaubsregionen bieten Mobilitätskarten an – mit der Übernachtung gibt es dann eine gratis Benutzung der lokalen Verkehrsmittel. Der Kauf von Jahresermäßigungskarten der Bahn macht die Anreise nicht nur billiger, sondern motiviert auch, häufiger den Zug zu nehmen und das Auto stehen zu lassen.

Die Bahn bietet sich auch bei Reisen in benachbarte Länder an. Der vermeintliche Zeitvorteil des Flugzeugs wird meist durch die Anfahrt zum Flughafen, die Kontrollen dort, das Warten auf das Gepäck usw. deutlich relativiert. Sehr oft gewinnt man bei der Anreise per Bahn bereits am Reisetag durch den Blick durchs Zugfenster erste Einblicke ins Land und durch die Kontakte mit Einheimischen setzt schon ein richtiges Urlaubsfeeling ein.

Wenn sich ein Flug nicht vermeiden lässt, kann man CO2-Kompensation zahlen. Von manchen als „Ablasshandel“ bezeichnet, ist das eine reale Möglichkeit, die Menge an CO2, die eine Reise verursacht, durch ein Klimaschutzprojekt zu kompensieren. Anbieter wie der oftmalige Testsieger Atmosfair (www.atmosfair.de) garantieren durch externe Kontrollen nachhaltige, das heißt ebenso umwelt- wie sozialverträgliche Projekte, die auch den wichtigen Faktor der „Zusätzlichkeit“ besitzen. Das bedeutet, dass sie den Regierungen nicht die Verantwortung abnehmen, ihre in internationalen Verträgen eingegangenen Verpflichtungen umzusetzen, sondern dass es sich eben um „zusätzliche Projekte“ handelt. Beim Schweizer Anbieter Myclimate (www.myclimate.org) lassen sich auch Autofahrten kompensieren. Eine gute Möglichkeit, die gefahrenen Jahreskilometer „klimaneutral“ zu machen.

Proviant und Essen

Der Einkauf von Proviant direkt am Ausgangspunkt der Wanderung bringt eine Win-win-Situation für alle mit sich: Für uns reduziert sich das Anreisegepäck, wir lernen regionale Spezialitäten kennen, die es oft zu Hause nicht gibt, und wir schaffen wichtige Einkommensmöglichkeiten für die lokale Bevölkerung. Zusätzlich haben diese Produkte oft nur geringe Transportwege hinter sich und stellen somit eine weitere Möglichkeit dar, das Klima zu schützen. Auch beim Essen in Restaurants sollten wir aus den gleichen Überlegungen darauf achten, dass lokale Zutaten verwendet werden. Ein Nachfragen bei der Kellnerin oder dem Kellner lohnt sich.

Ein Hinweis, der nicht nur beim Wandern gilt: Fleischprodukte belasten nicht nur das Klima stärker, sondern verursachen auch einen deutlich höheren Wasserverbrauch: Die Produktion eines Kilogramms Tomaten verbraucht etwa 215 Liter Wasser für Bewässerung und Verarbeitung, ein Kilogramm Fleisch hingegen stolze 15.500 Liter. Weniger Fleisch zu essen, ist also aktiver Klima- und Wasserschutz.

Abkürzungen

Nicht zu unterschätzen sind die landschaftlichen Schäden, die durch Trittschäden durch Abkürzungen entstehen. So werden die Serpentinen oberhalb der Waldgrenze im Almbereich gerne beim Bergabgehen in der Falllinie abgekürzt. Dadurch wird oft die Grasnarbe aufgerissen und so entsteht ein Ansatzpunkt für Erosion. Beim nächsten Gewitter kann das Wasser in der Rinne ungehindert talwärts schießen und sich immer tiefer in den Boden graben. Damit wird der dünne fruchtbare Boden abgetragen, die querenden Wege werden geschädigt und es entstehen Gefahrenstellen. Die alpinen Vereine müssen jedes Jahr viel Freiwilligenarbeit leisten, um diese Erosionsschäden zu bekämpfen. Bitte also unbedingt auf den Wegen bleiben, auch wenn es evtl. ein paar Minuten länger dauert. Wir haben keinen Stress auf den Wanderungen.

Hüttenpause und Abfall

Die Hüttenwirtinnen und Hüttenwirte freuen sich, wenn Sie bei ihnen in der Pause nicht nur den Schatten der Hütte nutzen, sondern auch etwas konsumieren. Meist haben sie Zulieferer aus den umliegenden Ortschaften im Tal – auch so tragen Sie zu lokalen Einkommen bei. Auch wenn vielerorts Mülleimer angeboten werden, sollten wir bedenken, dass auch die Hüttenwirte den Müll ins Tal schaffen müssen. Es ist Ehrensache, alle Überreste und Verpackungen, die Sie auf den Berg hinauftragen, auch selbst wieder hinunterzubringen.

Unterkünfte bei An- und Abreise

Bei vielen Mehrtageswanderungen übernachten die Wandernden nicht nur auf Berghütten, sondern verbringen auch bei der An- und Abreise eine Nacht in den Ortschaften. Hier lohnt es sich, sich vorab im Internet über den Ort zu informieren. Selbst in fernen Ländern sind die meisten Unterkünfte entweder selbst mit einer Homepage im Internet vertreten oder als Teil eines Netzwerks auf anderen Websites zu finden.

Wenn Sie auf Unterkünfte zurückgreifen, die Einheimischen gehören, haben gerade diese manchmal auch Umweltauszeichnungen oder Öko-Labels wie etwa in Österreich das Österreichische Umweltzeichen für Tourismusbetriebe (vgl. www.umweltzeichen.at). Solche Labels gibt es auch in vielen anderen Ländern. Die Suche andersherum funktioniert auch: Über die Website der Umweltzeichen lassen sich die zertifizierten Betriebe finden. Solche Unterkünfte sparen Wasser, nutzen erneuerbare Energien, verwenden lokale Produkte und reduzieren den Einsatz von Chemikalien. Oft wird auch eine Abholung vom nächsten Bahnhof angeboten, um eine sanfte Mobilität zu ermöglichen.

Nachhaltigkeit

Zur Nachhaltigkeit gehören bekanntermaßen nicht nur der Umweltschutz, sondern auch der Respekt vor lokalen Kulturen und die Stärkung der örtlichen Wirtschaft. Gerade Begegnungen und Gespräche mit Einheimischen auf gleicher Augenhöhe können zu den Highlights einer Wanderreise werden. Das gilt in den Alpen genauso wie auf Wandertouren in fernen Ländern. Diese Aspekte werden auch in den anderen Kapiteln dieses Buches angesprochen.

Vermeidung von Overtourismus

Einige Gebiete werden an Wochenenden von sehr vielen Wanderbegeisterten buchstäblich „gestürmt“. Hier kommt es häufig zu negativen Begleiterscheinungen, zugeparkten Zufahrten zu Bauernhöfen und Almen, Müll- und Lärmproblemen. Naturlandschaften sind immer auch Lebensräume für Menschen, Nutztiere und Wildtiere. Hier gilt es, durch gegenseitige Rücksichtnahme potenzielle Konflikte zu vermeiden:

•Wo es möglich ist, die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln planen.

•Wenn die vorhandenen Parkplätze bei einem Ausflugsgebiet voll sind, den „Rückzug“ antreten und ein Ausweichziel ansteuern.

•Fahrgemeinschaften (z. B. Treffen auf Park & Ride Parkplätzen am Stadtrand) zur Anreise in Wandergebiete bilden.

•Beliebte und sehr bekannte Ausflugziele, wenn möglich, nicht am Wochenende ansteuern.

•Mit einer guten Vorbereitung finden sich immer weniger bekannte und ruhigere Wege und Gebiete.

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