Читать книгу Geschichten aus Friedstatt Band 2: Flammendurst - Christian Voss - Страница 5
Meister über Leben und Tod
ОглавлениеEs regnete – der Herbst stand vor der Tür. Der schwere Himmel drängte sich grau und fahl zwischen die Häuser und Gassen, als wolle er alles Leben ersticken.
Fizzgert nahm seine Wollkotte und legte sie an. Er war es gewohnt sein Gesicht zu verdecken und so fühlte er sich ausschließlich unter dieser Kapuze wohl – es war sein Tick, seine Macke. Unter Menschen verspürte er grundsätzlich eine Art Beklommenheit. Fizz fühlte sich schuldig, irgendwie fehl am Platz. Der Regen tränte herab und schon bald war er durchnässt. Als er endlich das Stadtgefängnis erreichte, war er bis auf die Knochen nass.
Er setzte seine Kapuze nicht ab, während er fast lautlos, den kahlen Flur durchschritt und auf die kleine Kammer der Verliesverwaltung zustrebte. Er passierte mehrere leere Zellen. Nur eine war besetzt. Der arme Tropf saß auf dem kargen Boden, der mit etwas Stroh ausgelegt war. Seine dünnen und schmutzigen Arme fielen beinahe aus den schmiedeeisernen Fesseln, mit denen er an der Wand fixiert war. Er stank, eigentlich gehört dieser Kerl in den Regen, sinnierte Fizzgert, während er sich an dieser bemitleidenswerten Kreatur vorbei schlich.
Theowald saß, wie gewöhnlich, auf seinem Schemel. Er war in seine Schriften vertieft. Seine Feder quietschte grob, über den Hinrichtungsbefehl. Seine Hand war ungelenk, die Schrift unleserlich, Art eines Kindes.
"Huh, bist nass geworden?" Fizz nickte stumm, er schätzte diese Art Unterhaltung nicht sehr. Der Folterknecht widersprach seinem Berufsethos. Fizz sah sich eher als eine Art Heiler. Er schnitt die Geschwüre aus der Mitte der Gesellschaft. Seiner Ansicht nach war Theowald ein verdammter und verachtungswürdiger Sadist.
Theowald machte, im Grunde, nur seine Arbeit und das schon seit fünfzig Jahren und sehr anständig und gewissenhaft. Nicht ganz regelkonform – aber durch die Kenntnisse des menschlichen Körpers, gelang es ihm die höchstmögliche Qual zu erzeugen, ohne das Opfer zu töten. Er heilte sie, nach seiner Ansicht, geschickt im Spannungsfeld zwischen Leben und Tod.
Fizz strebte in seine Kammer. Er tauschte seine Kapuze gegen eine lederne Haube. Sie lief spitz zu und war mit einem Sehschlitz versehen. Die Öffnung ließ nur seine lebhaften Augen durchblitzen. Mit dieser ungewöhnlichen Kopfbedeckung blieb er vollkommen anonym. Er liebte die Unkenntnis seiner Zuschauer – denn sein Beruf genoss im Allgemeinen kein hohes Ansehen. Doch heute war ein besonderer Tag. Der Gefangene, der so kümmerlich in der Ecke hockte und stank wie eine Rotte Schweine, war angeblich ein hohes Tier der Garnison – ein Ordensritter des Mondsichelordens. Angeblich war er in die Stadt gelangt und in der Nacht von der Stadtwache aufgegriffen und auch gleich abgeurteilt worden – er stellte den kümmerlichen Rest der neuen Garnisonsarmee dar, die vor den Toren von den Orks vollkommen aufgerieben wurde.
Fizz kümmerten die Umstände nicht, er war hier um das Urteil zu vollziehen und das hieß immer: Tod.
Als er endlich sein Richtschwert nahm und nach außen trat, regnete es immer noch. Der Hof war voll. Trauben von Menschen standen dort – dicht an dicht. So einen Zuspruch an dieser fraglichen Zeremonie war mehr als ungewöhnlich. Es rührte wohl daher, dass der erste Auftritt der Garnison nach Jahren, so eine Pleite war, und nun endlich ein gemeinsames Feindbild entstand, welches die Massen im Geiste einigte. Der Truchsess schürte natürlich mit seinem unverantwortlichen Handeln diese Fehde, zwischen einem unbekannten König und Thronanwärter und seiner Wenigkeit. Ehrengeist hielt an seinem Machtanspruch fest, schalten und walten wie er wollte und sich nicht von Dritten hereinreden lassen, in seine mannigfaltigen und zweifelhaften Geschäfte, von einem dahergelaufenen Emporkömmling in silberner Rüstung erst recht nicht – das war sein Begehr.
Ehrengeist hatte für sich entschieden: die Stadt brauchte ihn und keinen König. Und so blieb der Thron bis auf weiteres verwaist und der greise Bastard an der Macht.
Hochrufe schlugen dem überraschten Fizzgert entgegen. Der verschämt sein Antlitz senkte. So einen Andrang hatte er nicht erwartet. Gemessenen Schrittes eine gewisse Würde ausstrahlend, bahnte er sich einen Weg durch die Masse. Brav traten die Anwesenden zur Seite. Den Truchsess suchte man vergeblich – der lag sicher wieder in einem Bett mit einer seiner zahlreichen Kurtisanen.
Hinter ihm trat der Gefangene auf den Platz, flankiert von zwei Wachen. Seine Ketten klirrten und der dürre Kerl versank ein stückweit in dem morastigen Boden. Es regnete in Strömen. Schon nach ein paar Schritten waren alle auf dem Platz vollkommen durchnässt, doch das minderte die Stimmung nicht. Hochrufe und Klatschen begleiteten den Scharfrichter während er, in einstudierter, würdevoller Haltung, auf das Podest trat. Die Wachen führten den gebrochenen Mann direkt zum Richtblock, der heute ausnehmend glänzte. Das Wetter schien seinen Bürgern heute zu zürnen.
Der Mann blieb still. Eilfertig und vollkommen gelassen kniete er sich hin und legte seinen Hals in die halbmondförmige Aussparung im Richtblock.
Plötzlich stieß ein Wind herab, eine tosende Welle – lautlos hatte er sich angeschlichen. Gerade als Fizz im Begriff war sein Schwert zu heben, erfasste ihn diese tosende Säule und riss ihn von der Platte. Die Menge drückte sich zu Boden und kauerte sich schutzsuchend an die umgebende Hofmauer. Hüte wirbelten empor, die Leute kreischten. Dieser Wirbelwind verzog sich heulend, genauso schnell wie er gekommen war und riss Staub und Steine mit sich fort. Fizz war benommen, nur mit Mühe raffte er sich auf. Die Leute erhoben sich der Reihe nach. Niemand schien verletzt.
Fizz machte sich gerade, rang nach Haltung und stieg auf sein Podest zurück. Der Delinquent harrte weiterhin am Boden aus, als wäre nichts geschehen. Aber jetzt als Fizz sein Schwert in die Hand nahm, geschah etwas
Außergewöhnliches. Ein Seufzen ging durch die Menge und schwärmende Blicke flogen ihm zu. Frauen drängten sich nach vorn. Ihre Gesichter strahlten, verträumte Augen wurden von sinnlicher Glut erfüllt.
Regen tropfte herab. Er spürte die ersten neuen Tropfen, wie sie an seiner Wange kalt hinab liefen. Seine Zunge glitt über seine Lippen. Er spürte mit Wohlwollen die kühle Feuchtigkeit auf seinen Wangen.
Seine Maske war fort, er sah sie ganz in der Nähe im Dreck liegen. Selbst die Wachen sahen ihn sprachlos an. Niemand hatte Fizz bisher ohne seine geliebte Haube gesehen. Ein vielstimmiges Raunen ging durch die Menge auf dem Richtplatz, nachdem sich das erste Erstaunen gelegt hatte. Seine feinen Gesichtszüge, die für alle Anwesenden gut sichtbar waren, zeugten – ganz fraglos, von einer edlen Herkunft. Noch nie hatte jemand einen des legendären weisen Volkes gesehen. Seine Haare waren blond, seine Augen mandelförmig, die Ohren leicht zugespitzt.
Die Damen jauchzten, die Herren blickten angewidert nach oben. Ein Hochelf hatte sich in ihre Reihen verirrt und jahrelang unentdeckt unter ihnen geweilt und dazu noch als Scharfrichter – das war ein unerhörter Zustand.
Als sich Fizz seiner Blöße bewusst war, zog er sich augenblicklich zurück. Seine Maske grub er aus dem Dreck – unter dem verwirrten Blick der Masse, bahnte er sich eilig einen Weg in Richtung Tor. Bevor auch nur einer der Anwesenden aufbegehrte, fand er seinen Weg auf die Straße und stahl sich davon. Er eilte unverrichteter Dinge zu seinem Haus, das ganz in der Nähe stand, angelehnt an den äußeren Wall, weit ab vom lärmenden Zentrum der Stadt. Dabei hielt er krampfhaft seine Maske in den kalten Händen. Ein kleiner Friedhof war ganz in der Nähe, niemand bei Verstand wollte hier wohnen, nicht mal die Toten der Bürgerlichen wurden hier begraben, ausschließlich Gerichtete wurden in dem unheiligen Boden notdürftig verscharrt.
Die Hinrichtung wurde verschoben. Glowid war anwesend, und stellte dem ahnungslosen Elfen sofort nach. Theowald schwieg sich aus, der Kerl blieb stumm wie ein Fisch. Die hiesige Wochenzeitung brauchte einen Aufmacher, und dort vorne floh er – leichtfüßig und ziemlich schnell. Die Straßen zeigten sich seifenglatt und so fiel Glowid das eine oder andere Mal hin. Er fluchte und beobachtete frustriert, wie der Elf in seinem windschiefen Haus verschwand. Glowid wusste, als erfahrener Berichterstatter, wo seine Grenzen lagen und die waren soeben erreicht, genau vor der schweren verwitterten Holztür des Scharfrichters Fizzgert. Er unternahm gar nicht erst den Versuch, durch anhaltendes Klopfen auf sich aufmerksam zu machen. Er setzte sich auf den Treppenabsatz und starrte eine Zeit lang nachdenklich vor sich hin. Der Regen hatte erneut eingesetzt. Ein Wind pfiff und heulte, von der Leine gelassen, durch die Straßen und trieb einige herrenlose Katzen vor sich her, die über ihr nasses Fell klagten. Eine weitere kleine Windhose kreuzte in Höhe des Gefangenenfriedhofs die enge Gasse und riss ein paar Schindeln von den Dächern der baufälligen Häuser, die hier überall in der Weitweggasse, tief geneigt, und verlassen vor sich hin rotteten. Was war zu tun? – die Story musste er unbedingt haben – ein Hochelf inmitten von Friedstatt und dann noch inkognito – und zu allem Überfluss als Henker maskiert – unglaublich, das war der Knaller. Glowid entschloss sich zum Gefängnis zurückzukehren, vielleicht bekam er ja doch noch etwas aus den Wachen und diesem, wie hieß er doch gleich? – Theowald heraus.
Missmutig verließ er die Weitweggasse, er sah sich noch mehrfach um, aber der Elf ließ sich nicht mehr blicken.
Fehgarwin alias Fizzgert, saß in seinem bequemen Sessel und blickte unbewegt ins Feuer. Es knisterte fröhlich, während es eine behagliche Wärme in der kleinen und niedrigen Stube verteilte.
Die Fenster waren klein und so war das Licht auch am Tage sehr spärlich. Diese Häuser waren alt und baufällig – aber für seinen Geschmack das Beste, was es in Friedstatt käuflich zu erwerben gab. Hier hatte er Ruhe. Niemand verlief sich in diese Gasse. Der Friedhof wurde weiträumig umgangen, da allerlei Geschichten im Umlauf waren und alle waren sie durchweg beängstigend und verstörend.
Der Beruf des Scharfrichters brachte es mit sich, dass alle ihn mieden. Zusätzlich wurden die Dünkel natürlich durch seine anhaltende Maskerade noch verstärkt. Viele vermuteten unter der Kapuze, die er beständig trug und in der Öffentlichkeit nie ablegte, eine feindselige und groteske Fratze – selbst Kinder nahmen Reißaus, wenn er derartig maskiert, durch die Gassen schritt. Jeder erkannte ihn, die Kapuze, die bereits sehr zerschlissen war, wurde zu seinem fragwürdigen Markenzeichen.
Was war jetzt zu tun? Fehgarwin blieb ratlos. Wie konnte ihm nur so ein Missgeschick widerfahren?
Vermaledeite Windhose – wieso ausgerechnet heute?
Viele hatten sein Antlitz gesehen. Er würde sicherlich mit Anfeindungen rechnen müssen. Elfen waren im Allgemeinen nicht sehr beliebt – er war zwar eine ausgesprochene Seltenheit, ein Unikat, doch die Inquisition würde sich sicher um diesen Umstand nicht sonderlich scheren und ihn bei Gelegenheit wie einen räudigen Hund abschlachten.
Und arbeiten? Fehgarwin schüttelte sich unversehens – auch das würde ihm sicherlich verboten werden. Ihm war kalt – er zog eine Wolldecke über seine Schultern und sah aus dem kleinen Fenster. Stunden waren wohl vergangen, denn draußen schien die Nacht hereingebrochen zu sein. Noch nie fühlte sich der Elf so verzweifelt, wie in diesem Moment.
Plötzlich schreckte Fehgarwin aus seinen düsteren Gedanken. Etwas rührte sich. Ein Stein traf seine Scheibe – nur sehr klein. Alarmiert trat er ans Fenster.
Ein Moment der Stille folgte, bis ein weiterer Kiesel die Scheibe traf. Feh stand zögerlich auf und blickte vorsichtig nach draußen. Die Straße war leer. Die Laterne leuchtete matt, das nasse Kopfsteinpflaster glänzte – sonst war nichts Nennenswertes auszumachen.
Da! Er horchte auf. Ein weiterer Stein traf die Scheibe, noch während er vor dem Fenster stand. Eine Bewegung machte er aus, in den Schatten gegenüber, unter dem Vordach eines Getreideschuppens. Von Neugierde getrieben, setzte er sich in Bewegung. Feh wollte wissen, wer der nächtliche Besucher war, auch auf die Gefahr hin, dass er vor seiner Tür vielleicht massakriert wurde.
Die Tür öffnete sich knarrend, Feh steckte zaghaft seine Nase in den Wind, ein Hund bellte, und der Wind säuselte leise durch die Gasse und trug Sand mit sich, der leise über den Boden schnurrte. Spuren der Talwar fand man überall.
Eine Frau trat unter dem Vordach hervor. Ein Geruch von teurem Parfüm ging ihr voraus. Das feine Unterkleid der Unbekannten raschelte. All diese Eindrücke nahmen seine feinen Elfensinne in einem Sekundenbruchteil wahr. Die Frau war eine Höhergestellte, ganz sicher. Ihre bleiche Hand griff nach der seinen. Völlig überrascht über diese vertrauliche Geste, zog Feh seine Hand zurück und starrte die Schönheit entgeistert an.
Glowid hatte für den Moment genug gesehen. Er entschloss sich weitere Recherchen anzustellen, dazu kehrte er zurück zum Richtplatz, wo sich auch der zentrale Stadtkerker befand.
"Du kannst mir mal kreuzweise über den Arsch lecken!" "Über, oder in den Arsch?"
"Oder in den Arsch? Wie soll das denn gehen, du Idiot!"
Glowid lächelte süffisant, als er nach Stunden das Wachhäuschen verließ. Viel hatte er über diesen ominösen Scharfrichter nicht erfahren. Glowid war betrunken – ein zwei Starkbier lösten die Zungen der Wachen, aber was man nicht wusste, konnte man auch nicht ausplaudern.
Jedenfalls schmerzte ihm der Hintern, ein grober Tritt hatte ihn auf die leere Straße befördert und so ging er leicht schaukelnd in Richtung Friedhof zurück. Provozieren konnte er schon immer gut, diese Fähigkeit war ihm in die Wiege gelegt.
Stöhnend setzte er sich – die Nacht war noch jung und so entschloss er sich ein Auge auf das Haus des Hochelfen zu werfen. Er traf dort ein, gerade als sich eine pikante Szene vor dem Haus des Henkers abspielte.
Glowid rieb sich die Augen, war da tatsächlich eine bildschöne Frau, die mit Steinen warf? Er richtete sich auf, so gut es eben ging, und lehnte sich an eine kahle Mauer. Die Tür ging auf und der Elf trat auf die Straße –
er war ganz offensichtlich und nicht weniger überrascht über diesen nächtlichen Besuch. Die Frau eilte ihm entgegen und ergriff seine Hand.
Ach wie süß, ganz Kavalier züchtig und zurückhaltend.
Der Elf wich unbeholfen aus, die Frau schloss energisch auf und ließ nicht von ihm ab.
Mit ihrer Brust drückte sie den überraschten Elfen in den Türrahmen. Knarrend und unter Widerworten schloss sich die schwere Haustür.
Glowid ließ sich kraftlos die Wand hinab gleiten und blieb ihr zu Füßen liegen – er lallte vor sich hin und pfiff bewundernd durch seine Zähne: Respekt Elf, – ein Weiberheld noch dazu.
Der kalte und anhaltende Wind ließ ihn schnell wieder nüchtern werden. Glowid schenkte all seine Aufmerksamkeit dem nächtlichen Treiben, vor der Tür und im Haus des Scharfrichters.
Stöhnen und lustvolle Rufe tönten durch die dünnen Wände und hallten aufmunternd in der Gasse wider.
Die Frau von eben verließ freudestrahlend das Haus. Schon kurz darauf folgte eine weitere, kaum hatte der Tausendsassa die Tür geschlossen, stand eine andere Schönheit abwartend und leicht frierend im Licht der Laterne, die jetzt schummrig aus ihrem halbblinden Glas leuchtete. Das Ungemach schreckte die Damen nicht ab. Der Elf wirkte abgekämpft, er hatte sich nicht mal die Mühe gemacht sich anzuziehen. Diesmal war es an ihn, die Dame hinein zu geleiten. Sie küssten sich leidenschaftlich und kurz darauf schloss sich die Tür erneut und das lustvolle Spektakel begann von Neuen.
So vergingen Stunden – die Damen schienen sich die Klinke in die Hand zu geben. Da kam Glowid eine Idee.
Am nächsten Abend bezog er wieder Stellung, immer wieder sah er forschend zum Haus, um den richtigen Moment abzupassen. Die blonde Perücke juckte wie verrückt und das Kleid hinderte ihn am Pissen. Nicht sehr originell. Es war kalt und der Wind gab sich heut richtig Mühe das ganze Unterfangen zu vereiteln. Glowid befürchtete Erfrierungen, er jammerte still vor sich hin und musterte aufmerksam das Haus, das Theaterstück ging trotz aller Zweifel weiter. Ein neuer Akt, weitere willige Frauen.
Die Tür schwang auf, die blutjunge Brünette stahl sich davon und zum Glück war weit und breit keine weitere Freiwillige auszumachen – für den Moment jedenfalls, das war sein Zeichen, sein Auftritt. Hastig bewegte er sich Richtung Haus, dabei machte er sich nicht einmal die Mühe ungesehen zu bleiben. Keck ging er an der Frau vorbei, die gerade ihren mächtigen Busen im Bustier zurechtrückte und sich ordnend, mit ihren dünnen Fingern durch die langen schwarzen Haare fuhr. Sie roch nach Sperma. Da war wohl etwas danebengegangen.
Glowid lächelte unverbindlich, er hatte alle Mühe anständig zu gehen mit diesen ungewohnt hohen Stiefelchen, die seine Knöchel einschnürten. Die Frau blickte ihm grimmig nach und verschwand kurz darauf in den Schatten der nebligen Nacht.
Der verkleidete Berichterstatter ergriff die Initiative und griff fordernd nach der Hand des Elf – er zog ihn hinter sich, die schmale Stiege hinauf, und folgte dem Flackern des Feuers, dort oben befand sich sicher die gute Stube.
Der Scharfrichter machte Anstalten sich zu wehren. Nur zögerlich betrat er, nach seiner neuen, drängenden Liebschaft die Stube.
Die Frau oder was es war, entsprach ganz und gar nicht seiner Vorstellung, in der Zwischenzeit war er verwöhnt, so schnell konnte das gehen.
Glowid tänzelte an ihm vorbei und schloss geschickt die Stubentür. Fehgarwin zog sich einen abgenutzten Hausmantel über.
"Wer – oder was seid ihr?!" Glowid lächelte verschlagen.
"Der Reporter, dem sie ihre Geschichte erzählen werden!"
Die Augen des Elf leuchteten lebhaft, kein Zorn war auszumachen. Anscheinend überlegte er sich etwas.
"Wenn du versuchst mich rauszuwerfen – schreie ich! Und…", setzte er grinsend an, "Ich werde alles berichten, auch, dass hier Bürgerliche ein und aus gehen!"
Fehgarwin setzte sich wortlos und starrte ins Feuer.
"Ich will euch gar nicht erpressen – ehrlich, ich brauche einfach eine gute Geschichte." Glowid pustete sich die blonde Strähne aus dem Gesicht. Er schwitzte und die Kopfhaut juckte fürchterlich. Er zog die Perücke, unter dem staunenden Blick des Henkers ab und warf sie achtlos auf den Boden.
Fehgarwin begann zu lächeln, dann prustete er und ein herzhaftes Lachen schüttelte seinen muskulösen Körper.
Glowid sah in dem Chiffon – Kleid aber auch verheerend aus. Die Schminke war durch die Wärme zerlaufen und sein Gesicht wirkte wie das eines Clowns auf schweren Drogen. Er zuckte mit den Achseln und stimmte mit ein – und begann ebenfalls lauthals zu lachen.