Читать книгу Geschichten aus Friedstatt Band 2: Flammendurst - Christian Voss - Страница 8
Offenbarung
ОглавлениеGlutherz war es leid. Ewig stellten ihr irgendwelche Männer nach. Aber nicht nur die, auch so manch eine Frau erwies sich als sehr zudringlich. Ihre Rasse war kein Geheimnis mehr – wie auch? Man konnte nicht den lieben langen Tag Masken tragen oder gar den Helm ihres Vaters. Ihre zarten Bewegungen, die für einen Außenstehenden fast katzenhaft wirkten, für einen Menschen also außergewöhnlich, taten das ihre dazu. Seit bekannt war, dass sie ein Erdelf, ein Demarow war, liefen ihr die weniger beschlagenen und gutgläubigen Bürger nach – man sagte ihr sogar heilende Kräfte nach. Wie absurd – sie war eine Tötungsmaschine. Bei den hiesigen Instanzen fiel sie glatt durch – sie bekam sofort zu spüren, dass sie eine Außenseiterin war, in maskierter Anonymität war ihr Leben leichter gewesen – sie sehnte sich nach diesen Tagen. Selbst der Herr der Arena Gutmayer mied ihre Nähe, wo es nur ging. Sie war einträglich, daher hier in der Arena bis auf weiteres nicht in Gefahr.
Es nieselte, als sie unter rauschendem Beifall ihre Kammer aufsuchte. Der beginnende Winter war dieses Jahr lausig – kein Schnee – nur Regen, Regen und nochmals Regen. Der Boden war rutschig, stellenweise matschig und vollkommen aufgelöst. Unter diesen Umständen war es, selbst für sie schwierig die Balance zu halten.
Selgarno, der Arena Doktor hatte alle Hände voll zu tun in diesen Tagen des Regens – wie die Zwergenhelfer die anhaltend schlechte Wetterperiode bezeichneten. Schena saß auf ihrem Lager und atmete lautstark aus.
Der Bellerasir schritt gerade an ihrer Kammer vorbei. Er war unheimlich, seine schwarze Maske, die mit weit ausladenden Hörner versehen war, verlieh diesem ein dämonisches Aussehen. Der langstielige Hammer hing in seiner Schlaufe, blutgierig an seinem Gürtel hinab. Er würde gleich seiner todbringenden Leidenschaft folgen und ein Zeichen setzen, geschrieben in Blut. Verletzte gab es in jüngster Zeit nicht mehr – Gutmayer ordnete an, dass der Bellerasir eingeführt werden sollte, seine Aufgabe war es den Schwerverletzten den Schädel mit dem Hammer "Stahlfaust" einzuschlagen. Es sollte die Stimmung heben und die Menge gütlich stimmen – denn viele enttäuschte Bürger machten nach wie vor, den Gladiatoren zum Vorwurf, dass sie sich in den Stunden der Krise in der Arena verschanzten und nur ihrem räudigen Leben gedachten.
Diese Hunde sollten wissen, wo sie in der Gesellschaft standen und der Bellerasier sollte sie daran erinnern. Viele Zuschauer stimmte diese grausame Zeremonie gütlich und sie ließen kurzerhand ihre Anfeindungen ziehen. Wer war dieser Bellerasir? – ein Mensch? Es gab berechtigte Zweifel, er tauchte aus dem Nichts auf und verschwand genauso geheimnisvoll wieder. Schena sah den roten Umhang an der Tür vorüberziehen. Er bauschte sich auf, das Haupttor öffnete sich kreischend. Blut war der Zoll für jeden nur erdenklichen Fehler, so war ihr Leben.
Lustlos warf sie ihre ledernen Armschützer von sich und zog unter Schmerzen an ihrem Stiefel. Der Ork war gut gewesen – ein respektabler Gegner. Er hatte ihr mit der Keule eins auf die Rippen versetzt. Der Bluterguss war gut erkennbar im sanften Kerzenschein. Auszumachen waren auch diverse blaue Flecken am Schienbein, die aber weitaus weniger schmerzhaft ausfielen als befürchtet.
Schena fühlte sich schwach. Sie musste es sich eingestehen – das Kämpfen Tag ein Tag aus schlauchte ungemein. Sie sehnte die Tage herbei, wo sie unbelastet trainieren konnte mit ihrem so geliebten Ziehvater. Dem Blick allzu neugieriger Fremder entzogen, anonym und ohne nennenswerte Sorgen.
Und vor allen Dingen, musste sie damals nicht jeden Tag um ihr Leben bangen. Schena drehte ihren Kopf kontrollierend langsam, der Nacken schmerzte. Eine Massage in einem der zahlreichen Badehäuser wäre jetzt eine Wohltat. Sie konnte sich gar nicht mehr entsinnen, wann sie sich das letzte Mal derart verwöhnt hatte – oder hat verwöhnen lassen von den vierarmigen Kresahn Frauen.
Die Statue der Göttin Selanir stand abwartend und stumm an ihrem angestammten Platz. Einer gut ausgeleuchteten Nische, an der Stirnseite ihres Bettes. Sie wollte beten – für bessere, leichtere Zeiten.
Das Kraut hieß Rehwisch, man konnte es in Friedstatt an jeder Ecke, bündelweise erstehen. Jeder Tempel verwendete es, um ein Rauchopfer zu vollziehen und somit den Göttern huldvoll zu dienen.
Götter – warum trug man ihnen nichts nach? Sie hatten sich verschanzt und die Lebenden aufgegeben. Die Gladiatoren hingegen überschauten nur die Situation, für jeden Kämpfer war klar – ein Ausfall war sinnlos und selbstmörderisch. Schena kniete sich langsam und vorsichtig vor den Altar, nahm ein Bündel Rehwisch aus einem Becher und entzündete es mit einem glühenden Span. Die Feuerstelle befand sich gleich neben der Nische. Ihre Katzenaugen glänzten, sie versuchte sich zu konzentrieren. Ihre Litanei begann immer mit demselben einleitenden Satz: Dunkel schützt und eicht, im Schatten lebt der Geist – Vorfahren horcht auf, im Bauch der glühenden Mutter.
Das Kraut zündelte ausgesprochen gut. Rauch stieg auf und vernebelte die Kammer. Es roch würzig und erregend nach Baumharz. Die Halme waren schwärzer als sonst, die Farbe verriet, dass es länger gereift war, also später geerntet. Kostspielig war es – doch Schena war bereit mehr zu investieren, nachdem der Verkäufer sein Talent bewies und ihr weismachte, dass die berauschende Wirkung anhaltender wäre, also – länger als gewöhnlich. Es lag in der Natur dieses Gewächs seinen Nutzer zu berauschen, ihm Visionen und Halluzinationen zu bescheren. Schena schloss ihre Augen, ihr Gebet wurde zu einem anhaltenden betörenden Summen. Die Rauchentwicklung war immens. Eine graue Wand fiel auf sie herab. Schena zuckte erschrocken. Ihre Stimme verhallte. Es wurde irgendwie heller, der Altar war augenblicklich verschwunden. Blitze zuckten aus einem wolkengeschwängerten Himmel. Ohrenbetäubend hallte der Donner durch ein langgezogenes Tal, das zu ihren Füßen entsprang. Der klaffende Riss trennte zwei Welten voneinander. Glutherz stand auf einer erhöhten Klippe zitternd brach der Lärm über sie herein. Steinstelen wuchsen heran, schwarze verwitterte Türme, Anleger in einem Meer aus Sand. Augen, jemand suchte sie. Angst, Schena empfand ungewohnte Angst, die sich in ihrem Innern krampfartig aufschaukelte, ein Boot auf hohen Wogen, das schlingerte und jeden Moment zu kentern drohte. Sie begann zu laufen, eine Serpentine führte steil hinab. Augen wuchsen aus allem, was sie auf ihrer wilden Flucht ansah – Augen, eintausend Augen. Der Wind brüllte, ein unheimliches Wimmern, wie aus unzähligen gequälten Seelen, hallte aus den Spalten und Schrunden der nackten Felsen. Stimmen gebündelt zu einer. Der Donner riss an den Nerven. Schena begann zu zittern, machte sich ganz klein und ließ ihren Blick wandern. Wo war sie? Was war das für ein verfluchter Ort? Ein Gedanke ließ sie aufhorchen: noch nie war die Wirkung so intensiv und verstörend.
Gerade hatte sie die Talsohle erreicht, da blieb sie erschrocken stehen – eine Person trat aus den Schatten der überhängenden Felszunge – erst war nicht auszumachen, ob es sich tatsächlich um einen Menschen handelte. Schena erschrak. Jetzt hatte sie Gewissheit. Ihr toter Ziehvater stand vor ihr. Dremrich sah hervorragend aus, wie das blühende Leben – besser als zu Lebzeiten.
"Vater?!" Die Erscheinung begann erkennend zu lachen – blieb aber bis auf weiteres stumm.
Schena lief auf ihn zu, die abweisende, angsteinflößende Umgebung war vergessen.
"Vater – ich habe dich so vermisst!" Das Abbild rührte sich nicht. Schena wich ängstlich und enttäuscht zurück, denn das Double war eiskalt und starr.
"Vater?" Der aufkommende Zweifel ließ ihre Stimme zittern.
Die Erscheinung nickte. Dremrich drehte sich um, sah zurück und winkte seiner Tochter ihm zu folgen.
Sie stand unschlüssig da, Blitze zuckten, der Donner hallte ohrenbetäubend nach.
Sie folgte seiner Aufforderung, aber nur sehr langsam. Sie konzentrierte ihren Blick auf die Erscheinung. Die Umgebung begann zu schwanken, auszubluten und stellenweise zu verblassen.
Ein Tor sprang auf, wie aus dem Nichts – es ähnelte den legendären Mondtoren, die die Zwerge einst in ihren Schriften erwähnten. Eine Art Transportmittel, abhängig von den jeweiligen Mondphasen. Sie kannte sie aus Abbildungen alter Schriften. In ihrer Jugend gewährte ihr Dremrich oft Zugang in die reichhaltige Bibliothek von Friedstatt – dort studierte sie aufmerksam und mit steigendem Interesse ausgewählte Schriften. Drem verschwand in einem gleißenden Lichtpunkt.
Es wurde heiß, ein glühender Wind wehte roten Sand heran. Die Sonne stach feindselig herab. Kannte sie diese Wüste? Drem winkte von oben herab, er stand plötzlich und unerwartet auf einer meterhohen Sanddüne. Der feine Sand summte geheimnisvoll. Es klang wie ein bekanntes Wiegenlied. Schena folgte. Vorsichtig tastete sie sich nach oben. Drem hatte bereits den Kamm erreicht und starrte abwartend in die glühende Ferne.
Er deutete in eine bestimmte Richtung. Oben angekommen, sah sie Rauch aufsteigen, dort am Horizont befanden sich flache Hütten. Ihre Dächer sahen aus wie riesige, schwarze Schildkrötenpanzer fest aneinandergefügt, im täglichen Abwehrkampf gegen die flirrende Hitze.
In dem Moment wo ihre Augen diese Szene erfassten, war es als flöge sie dorthin. Im Sturzflug näherte sie sich der Mitte der kleinen Siedlung, um kurz darauf rasend schnell in einen Schacht hinabzufahren, geradewegs ins unbekannte Dunkel der Erde. Sie eilte an Erzadern vorbei, die lebhaft in der Erdnacht funkelten. Es dauerte gefühlte Stunden, bis diese Fahrt in den Schacht abrupt endete. Sie sah Türme, Häuser, Mauern, Gassen und Wege – hell erleuchtet und belebt. Musik tönte heran, Lachen. Scharen von Kindern spielten ausgelassen und die Alten sahen ihnen fröhlich dabei zu. Ein Sternenhimmel aus Erzen funkelte über dieser ausgelassenen Szenerie. Sie befanden sich in einer ausgedehnten Grotte, so gewaltig, dass eine ausgewachsene Stadt der Menschen dort Platz fand, doch die Bevölkerung unterschied sich ganz deutlich. Es war eine Stadt der Demarow, der Erdelfen.
Gerade als sie begann das Treiben unter ihr zu genießen, brach Licht von oben herein. Riesige Steinquader regneten herab und zertrümmerten umliegende Gebäude. Die Erdelfen schrien, die Weiber kreischten und heulten, die Kinder flohen und versuchten teils vergeblich diesen planetengroßen Brocken auszuweichen. Dumpfe Schläge drangen von überallher an ihre sensiblen Ohren.
Die Decke brach ein – immer mehr Licht flutete dieses Refugium unter der Erde. Drem stand still und regungslos neben seiner Stieftochter und starrte ungerührt in das Verderben, das die Stadt auszulöschen drohte.
"Tu doch was – nein! So etwas darf einfach nicht passieren!" Ihre Stimme überschlug sich.
Schena liefen die Tränen in Strömen – sie fühlte sich schwach und ausgeliefert.
Drem nickte mechanisch und sah nach oben. Schena folgte seinem starren Blick. Zahllose Feuer brannten bereits zwischen den Trümmern unter ihr, es wurde spürbar heiß und die Schreie, die aus dem angerichteten Chaos drangen, klangen immer verzweifelter.
Zwischen den Steinen fiel noch etwas anderes in die entstandenen Risse und Öffnungen. Schena kannte sie nur aus Erzählungen, aber für sie waren es eindeutig und unverkennbar „Syders“. Hunderte, Tausende – unzählige fielen in Trauben herab.
Ein schier unendlicher Strom floss in die Höhlen, ein Überlebenskampf von ungeheurer Wildheit entbrannte, doch am Schluss, wurden die verzweifelt Kämpfenden einfach überflutet und fortgerissen. Schena raufte sich die Haare, die Männer fielen vor ihren Augen, die Frauen wurden gnadenlos massakriert. Blut strömte und Köpfe rollten, die von Magie verseuchten Wesen, töteten ohne Skrupel. Die Rüstung und ihre Waffen waren untrennbar mit ihnen verbunden und nahmen ihnen jegliche Regung von Menschlichkeit und Mitgefühl. Schena spürte plötzlich eine ungeahnte Leichtigkeit. Der Boden unter ihr fiel hinab, während sie für einen Moment in der Luft schwebte. Weitere Scheusale tropften herein und flossen weiterhin in Strömen von Körpern an ihr vorbei. Sie zappelte wild und klammerte sich haltsuchend an ihren Ziehvater, der genau wie sie schwerelos in der Luft ausharrte. Und plötzlich fielen sie. Fühlbar drängte ihr Herz in ihre Kehle, sie keuchte atemlos und glaubte jeden Moment zu ersticken. Alles verschwamm – Schreie der Verzweiflung begleiteten schneidend ihren Sturz ins Dunkel.
Der Nebel war verraucht. Es roch würzig, ihr war augenblicklich kalt, ein Schauer lief durch ihren Körper.
Sie spürte Übelkeit. Noch immer kniete sie vor ihrem Altar. Das Rehwisch–Kraut war niedergebrannt. Ein Haufen Asche, mehr nicht. Schena brauchte eine gewisse Zeit, um sich zu orientieren. Tausend Augen – Syders – sie ließ die wirren Bilder vor ihrem inneren Auge Revue passieren. Was hatte sie gesehen? Die Zukunft oder die Vergangenheit ihres verschollenen Volkes? Und was suchte Ihr Vater in ihrer Vision? Die Syders waren auf dem Marsch, diese beunruhigende Wahrheit war in Friedstatt in aller Munde. Die Garnison vergrätzt, bezogen Prügel von den Orks – auch ein unhaltbarer Zustand, wie Schena fand. Dieser greise Stadthalter erwies sich als sitzfest, er war nicht bereit seine Macht zu teilen oder in Gänze aufzugeben, an einen dahergelaufenen selbsternannten König. Die Krise hatte seine Position nur gestärkt.
Schena erhob sich von ihren Knien. Der Bellerasier lief gerade an der Kammer vorbei. Sein Erscheinungsbild erschreckte sie mehr, denn je. Statt ihm neugierig nachzustarren, wie sie es sonst tat, schloss sie die Tür ihrer Kammer.
Wie konnte es zu so einer erschütternden Vision kommen?
Sie gab zuallererst dem Kraut die Schuld, sicher war es mit Magie versetzt worden – gestreckt, um mehr Kunden anzulocken. Sie beschloss den verantwortlichen am nächsten Tag auf dem Basar aufzusuchen und ihn zur Rede zu stellen. Sie vermisste ihren Vater, es war hart sich allein durchzuschlagen, mit seinem Tod war ihre Kindheit beendet. Jetzt war sie Primus der Arena und nach den Vorfällen von vor drei Monaten auf der schwarzen Liste der Inquisition. Die Luft wurde merklich dicker in Friedstatt.
Es gab Banden, die Raben, die Bollwerker, die Schnapsleichen, doch sie alle duckten sich unter dem wachsenden Einfluss der Stadtwache und dieser scheinheiligen Bande von dahergelaufenen Ex–Söldnern in ihren silbernen Rüstungen, die sich großspurig "Inquisition der hohen Kreuzkirche" nannten – ein machtgieriger Sauhaufen – mehr nicht.
Schena lag nachdenklich auf ihrem Lager, sie kam nicht zur Ruhe. Sie schloss ihre Katzenaugen und legte ihre Arme ausgestreckt neben sich ab. Und tatsächlich, es gelang eine gewisse innere Ruhe herzustellen. Von oben tönte das Johlen der Masse, es war schon spät, letzte blutige Vorstellung für heute.
Was sollte sie nun tun? Schon lange hegte sie den Wunsch dem Spannungsfeld der Stadt zu entfliehen – es wurde immer enger und enger. Ihr Volk, ihr Schicksal interessierte sie von Kind auf an und so war es nicht verwunderlich, dass diese Vision so manch einen Stein ins Rollen brachte und ihre Entschlossenheit neue Wege zu gehen, neu entfachte und sogar noch bestärkte.
Schena lauschte in die Dunkelheit. Sie hörte kaum noch etwas, nur noch ein dumpfes, vielstimmiges Raunen bis es endlich, um sie herum still und finster wurde.
Am nächsten Morgen stand sie sehr früh auf. Sie sah immer noch Bilder der vergangenen Vision, immer wieder wurden sie entfacht und brannten lichterloh in ihrer Seele nach. Sie entschloss sich zu glauben, dass es sich bei den Bildern um eine mögliche Zukunft handelte.
So gestärkt ging sie sehr früh zum Markt und hoffte den Händler vom Vortag, an derselben Stelle anzutreffen, doch leider stellte sie enttäuscht fest: er war und blieb den ganzen Tag verschwunden. Er ließ sich nicht mehr blicken.
Sie schlenderte eine Weile umher und genoss das bunte Treiben des Marktes, aber auch unter diesen vielschichtigen Eindrücken verlor sie ihr eigentliches Anliegen nicht aus den Augen.
Immer wieder kehrte sie zu dem verwaisten Stand zurück – doch er blieb leer, trotz all ihrer Mühen. Frustriert ließ sie nach ein paar Stunden von ihrem Plan ab und kehrte ein, in eine der vielen Wirtsstuben, die hier überall neben den Ständen zwischen den Arkaden ihren festen Stand hatten. Sie brauchte jetzt einen starken Mocca, einen wie er in der legendären Karawanserei "Groangrund" zubereitet wurde. Das Tor zum Süden befand sich hier – Sklaven wurden in endlosen Reihen an ihr vorüber getrieben, die Peitschen der Sklavenhändler knallten und die Ketten klirrten. Schena rümpfte angewidert die Nase – sie wusste, nur zu gut wie es war gefangen zu sein, nicht Herr über sich selbst, immer in einer Abhängigkeit, dem Wohl und Wehe anderer ausgeliefert.
Niemand beachtete die Sklaven bis einige endlich auf der großen Haupttribüne angelangt waren, wo sie direkt zum Kauf angeboten wurden. Die Zeitungen waren voll mit beunruhigenden Nachrichten. Der Alleingang des Truchsess würde ihnen allen bitter zu stehen kommen. Der vermeintliche König wurde gedemütigt, er ließ es sicher nicht bei bloßen Einschüchterungen bewenden. Da kam früher oder später, etwas auf die Stadt zu.
Schena hielt plötzlich inne und nippte abwesend an ihrem Mocca eine Anzeige fiel ihr ins Auge:
Suche fähige und zuverlässige Kämpen
für eine Reise ins Ungewisse – Belohnung: freie Kost und Logis. Bitte melden in der Schreinergasse 11– 1. Stock – lasst euch nicht abwimmeln von der verstockten Vettel und fragt direkt nach
BAGATOSH
Schena las die Anzeige mehrfach und immer wieder wiederholte sie die Worte: Schreinergasse und Bagatosh.