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6. Als der echte Nikolaus kam

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„Mama und er kommt wirklich? Heute Abend? Und er bringt Geschenke mit?“

„Naja, ich weiß es nicht, er kommt auf jeden Fall, aber nur den braven Kindern bringt er etwas mit.“ Große blaue Augen schauen zur Mutter hoch.

„Dann bekomme ich auf jeden Fall Geschenke!“, antwortet Lisa mit tiefer Überzeugung. Lisa ist drei Jahre alt und freut sich auf den Nikolaus.

„Ich räume immer mein Zimmer auf“, berichtet sie.

„Naja, du räumst alles unters Bett“, meint die Mutter schmunzelnd.

„Macht nix, der Boden ist sauber und unterm Bett sieht es ja keiner. Auch nicht der Nikolaus. Der wohnt nämlich im Himmel, also kann er von oben gar nicht unter mein Bett schauen.“

Kindliche Logik ist selten zu widerlegen, denkt sich die Mutter und nimmt ihre Tochter in den Arm. „Aber denk dran, der Nikolaus ist nicht das Christkind. Er bringt dir ein paar Mandarinen, Nüsse oder Äpfel, eventuell etwas Schokolade. Hast du denn auch schon einen Schuh ausgesucht, den du vor die Tür stellen willst?“

„Ja Mama, die braunen Stiefel, die mit dem Fell oben.“

„Ok, und sind die auch geputzt?“

„Ähh, Moment.“

Die Kleine hüpft vom Schoß der Mutter und saust in den Flur. Sekunden später steht sie mit einem braunen Stiefel vor ihrer Mutter, allerdings nicht das helle braun von Wildleder, nein, matschbraun.

„Wir waren im Kindergarten draußen.“

„Ja das sehe ich. Aber so einen Schuh kannst du dem Nikolaus nicht vor die Tür stellen. Den müssen wir erst sauber machen. Willst du das übernehmen? Ich zeige dir wie.“

„Jaahhh.“

Gemeinsam gehen sie ins Bad. Die Mutter sucht eine Bürste, einen alten Lappen und einen kleinen Eimer, den sie mit Wasser füllt, zusammen.

„Mit der Bürste bürstest du den Dreck ab…“Lisa macht sich sofort ans Werk. Dreck, Staub und Erde fliegen.

„Halt! Ab auf die Terrasse mit dir! Vergiss die Jacke nicht.“

Draußen geht das Putzen weiter. Sorgfältig entfernt das Mädchen den Dreck, die Mutter poliert nochmal hinterher.

„So, super gemacht. Jetzt noch die Sohle.“

Vorsichtig versucht Lisa, die Sohle mit Wasser zu reinigen, geht dabei etwas zu gründlich vor und putzt sich sicherheitshalber gleich mit.

„Du Wasserratte, komm umziehen“, sagt die Mutter, „den Schuh stellen wir in den Flur an die Heizung, zum Trocknen.“

Der Abend will heute einfach nicht kommen. Sonst wird es doch immer schon so früh dunkel, doch heute dauert es eine halbe Ewigkeit.

Endlich bricht die Dämmerung herein und gemeinsam mit dem Vater stellt die Kleine den Schuh vor die Tür. Kurz nach dem Abendessen klopft es an die Haustür. Dreimal.

Doch wer sollte den Türklopfer benutzten? Der hängt eigentlich nur zur Zierde an der Tür, der Name der Familie steht darauf. Es klopft wieder. Dreimal.

„Willst du nicht mal nachschauen, wer vor der Tür steht?“, fragt die Mutter ihre Tochter. Zögernd, den Vater hinter sich, geht die Kleine auf die Tür zu. Es klopft ein drittes Mal. Vorsichtig öffnet sie die Tür.

Vor der Tür steht ein alter Mann mit einem langen, weißen Bart, schwarzen Stiefeln und rotem Mantel mit weißen Aufschlägen und roter Hose.

„Wohnt hier die kleine Lisa?“, will eine tiefe, aber angenehme Stimme wissen. „Jiahhhh?“ Verunsichert schielt die Kleine von unten hoch.

„Ich habe gehört, du hast heute extra für mich deinen Stiefel geputzt, da dachte ich, ich komme persönlich vorbei, anstatt meine Helfershelfer zu schicken.“

„Deine Helfel..,was?“, fragt Lisa.

„All die anderen Nikoläuse, die heute den Kindern kleine Geschenke bringen. Alleine würde ich das nicht schaffen, weißt du. Darf ich reinkommen?“

Die Kleine rettet sich sicherheitshalber auf den Arm ihres Vaters. Jetzt ist sie mit dem fremden Mann fast auf Augenhöhe, der Mut kommt zurück.

„Du bist der Nikolaus?“, fragt sie.

„Höchstpersönlich!“, verspricht der.

„Kommen Sie doch herein und setzen Sie sich“, fordert die Mutter den Nikolaus auf.

Noch während sie ins Wohnzimmer gehen, purzeln die Fragen nur so aus Lisa heraus. „Meine Mama hat gesagt, du kommst nachts und machst den Stiefel voll. Warum bist du jetzt schon hier? Warst du auch schon bei meiner Freundin? Hast du was für meinen Stiefel?“

Der Vater stellt Lisa im Wohnzimmer auf den Boden. Sicherheitshalber versteckt sie sich halb hinter seinem Bein.

„Du hast aber viele Fragen“, wendet sich der Nikolaus an Lisa und ist bemüht, sie alle zu beantworten.

„Ja, deine Mama hat recht, ich komme nachts zu den braven Kindern und fülle ihnen den Stiefel. Den bösen Kindern bringe ich eine Rute.“ „Aber es ist nicht Nacht“, tönt es dumpf hinter Papas Hosenbein hervor.

„Aber es ist doch dunkel“, erwidert der Nikolaus.

„Nacht ist, wenn ich schlafen muss.“

„Aha, dann können wir ja froh sein, dass ich dich noch wach antreffe“, schmunzelt der Nikolaus. „Magst du mal hinter deinem Vater hervorkommen? Dann können wir uns besser unterhalten.“

Die kleine Lisa stellt sich vor ihren Papa, sein Hosenbein fest in der Hand.

„So, warst du denn auch brav das Jahr über?“, fragt der Nikolaus. „Absolut!“, erfolgt prompt die Antwort.

„So so, keine Streiche gespielt? Jemanden geärgert?“, hakt der Nikolaus noch einmal nach. „Julia hab ich an ihren Zöpfen gezogen, aber die ist doof“, rückt Lisa mit der Sprache heraus. „Soso“, schmunzelte der Nikolaus, „doof“.

„Ok, und ich hab das letzte Stück Kuchen gegessen, gestern Abend.“

„Lisa“, brummte die Mutter, „nach dem Zähneputzen?“ „Jiahhhh.“

„Nun ja“, meinte der Nikolaus, „das muss ich natürlich berücksichtigen und von den Geschenken abziehen.“

Lisa schaute ihn traurig an. „Aber“, wendete der Nikolaus schnell ein, „wenn du ein Gedicht aufsagen kannst, vergesse ich das Kuchenessen und das Zopfziehen.“

Lisa überlegt angestrengt und beginnt: „Lieber guter Weihnachtsmann, kleb deinen Bart dir wieder an, dann beschenk mich, aber nicht zu knapp, sonst reiß ich ihn dir wieder ab.“

Schallendes Gelächter der drei Erwachsenen. „Da hab ich ja Glück, dass ich nicht der Weihnachtsmann bin, sondern der Nikolaus und mein Bart echt ist. So Lisa, ich muss weiter. Bring mir deinen Stiefel, damit ich ihn füllen kann.“

Das macht sie gerne. Und so kommen Äpfel, Nüsse, eine Packung Buntstifte und eine Tafel Schokolade in den Stiefel. Die Kleine ist ganz begeistert. Zum Abschied umarmt sie den Nikolaus, der ihr verspricht, dass sie nächstes Jahr wieder einen so schönen Stiefel bekommt, wenn sie brav ist.

Als Lisa schließlich im Bett liegt, den Stiefel auf dem Nachttisch, unterhalten sich die Eltern.

„Du hattest mir gar nicht gesagt, dass du einen Nikolaus organisiert hast.“

„Ich? Ich dachte, du hättest. Ich habe nicht.“

„Nein? Wer war denn dann dieser Nikolaus?“

„Das werden wir wohl nie erfahren.“

Adventskalender einmal anders

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