Читать книгу Die illegale Pfarrerin - Christina Caprez - Страница 25

Chur,
Sommer 1924

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An dieser jungen Frau ist alles weich: Nase, Kinn, Wangen, Unterarme und auch das helle Jerseykleid, das ihre Glieder umspielt. Die Sanftheit der Züge wirkt auf den ersten Blick ­kindlich, doch der konzentrierte Blick, der entschlossene Mund und das modische Kleid lassen einen anderen Schluss zu: Auf dem schmalen Geländer sitzt eine Jugendliche mit eigenem ­Geschmack und Willen, die, obschon sie in der Provinz lebt, die Modetendenzen der Welt verfolgt. Der industriell gefertigte ­Jerseystoff wird für Männerunterhosen verwendet, bis Coco Chanel in den 1920er-Jahren daraus schlichte, bequeme und dennoch elegante Frauenkleider nähen lässt: Ich mache Mode, in der Frauen leben, atmen, sich wohlfühlen und jünger aussehen können.352

Greti hat in ihr Fotoalbum lediglich die Initialen gesetzt: H. H. – Bei Rektors (Chur). Hildi Hügli ist die Freundin aus der Kantonsschule. Hildi, die Greti riet, ihre schönen Haare zu ­betonen und tanzen zu lernen. Ein Bild der Gastgeber hat Greti nicht eingeklebt. Rektor Paul Bühler und seine Frau haben ­Greti und Hildi eingeladen, womöglich, weil sie zu den wenigen ­Mädchen an der Schule gehören. Der Rektor hat drei Söhne und ein besonderes Faible für die Kultur der Antike und für klas­sische Schönheit.353 Es ist Sommer 1924, Hildi hat gerade die Matura bestanden.354 Ob sie sich für den Gastgeber so schön gemacht hat, für dessen Söhne – oder für ihre Begleiterin?

Die illegale Pfarrerin

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