Читать книгу Ammerseeherzen - Christina Kreuzer - Страница 7

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Berlin, April 1945

Der Major der Luftwaffe, Erich Graf, erhielt seinen Einsatzbefehl am frühen Morgen. Er sollte einhundert Goldbarren und drei Holzkisten mit Goldmünzen auf den Obersalzberg nach Berchtesgaden bringen. Er überwachte die Anlieferung und verstaute persönlich die wertvolle Ware in seine Messerschmidt ME 262, den ersten Düsenjäger der Welt und der ganz Stolz von Adolf Hitlers Luftwaffe. Eigentlich wurden Transporte mit einer „Ju 52“ geflogen, doch die hatten keine Chance bei einem jederzeit möglichen Angriff der feindlichen Jagdverbände, die schon seit Monaten den Luftraum über Deutschland beherrschten. Erich Graf, mit 52 Abschüssen, Träger des Eisernen Kreuzes mit Eichenlaub und Schwertern, checkte auf dem Flugfeld die Instrumente und rollte seine ME 262 zum Start. Erich war in den letzten Wochen mehrmals die Strecke zum Regierungsflughafen Ainring bei Freilassing geflogen. Der Führer hielt sich seit Monaten fast nur noch auf dem Obersalzberg auf. Major Graf hatte wegen seiner schweren Ladung die beiden 250 kg Bomben am Boden gelassen, war dafür aber wendiger und konnte vor allem den zweiten Tank der Me 262 nutzen und damit seine Reichweite erhöhen. Amerikanische und englische Jagdstaffeln sorgten zurzeit mit ihrem überraschenden Auftauchen bei Start und Landung für hohe Verluste bei der deutschen Luftwaffe. Der Start ging gut, keine feindlichen Flieger waren in Sichtweite und schnell hatte Major Graf die Flughöhe von 6000 Metern erreicht. Leise vor sich hin pfeifend flog Erich, mit 800 km/h über den Wolken immer der aufgehenden Sonne entgegen.

Sein Flug ging über Dresden, zwischen Prag und der neuen Reichshauptstadt Nürnberg vorbei, in Richtung Landshut. „Tack, tack, tack!“ Plötzlich und unerwartet befand sich seine Maschine unter Beschuss. Eine amerikanische Jagdstaffel hatte zufällig seine Route gekreuzt. Sechs P-47 Thunderbolt feuerten sofort aus allen Rohren. Major Graf spürte die heftigen Einschläge in seine Maschine und drehte sofort seitlich ab. Ein Jäger löste sich aus der feindlichen Staffel und folgte seinem Manöver. Er wusste, seine Messerschmitt war fast doppelt so schnell wie die amerikanische P-47 und damit haushoch überlegen. Major Graf dachte noch „Glück gehabt!“, als er aufsteigenden Rauch in seinem Cockpit bemerkte. Außerdem schien sein Querruder beschädigt. Die Maschine ließ sich nur noch nach rechts oder geradeaus fliegen. Anscheinend hatte einer der Treffer die Steuerseile getroffen. Erich Graf fluchte, blieb aber die Ruhe selbst. Ihn ärgerte es, dass er weiter auf seinen 53. Abschuss warten musste. Er hatte einen Befehl und zudem war die wichtige Fracht für den Führer vorrangig. Er gab Vollgas, war schnell außerhalb der Reichweite der Thunderbolt und suchte einen sicheren Platz für eine Notlandung. Der Angriff hatte ihn weit weg von seiner Flugroute gebracht und diese konnte er mit dem beschädigten Querruder auch nicht mehr erreichen. Direkt unter ihm befand sich München. Vor ihm tauchte der Starnberger See und rechts von ihm der Ammersee auf. Eigentlich hatte er nur die Chance Stoppelfeld. Konnte er vielleicht doch noch den Flughafen in Fürstenfeldbruck erreichen? Der Qualm im Cockpit wurde immer dichter. Die Sicht war jetzt gleich Null und der Sauerstoff in seiner Atemmaske schmeckte nach Rauch. Dann erschien unter ihm ein lang gestreckter See. Verzweifelt drückte er seine Messerschmitt nach unten. Er wusste, ihm blieben nur noch wenige Minuten bis ihm die giftigen Gase besinnungslos machen würden. Nach Sauerstoff ringend sprengte Erich Graf das Kabinendach ab. Sofort riss ihm der Wind die Atemmaske vom Kopf. Instinktiv drückte er den Knopf vom Schleudersitz und zog gleichzeitig die Reißleine seines Fallschirms. Ein heftiger Ruck presste ihm die letzte Luft aus den Rippen. Der Schirm ging sofort auf, verfing sich aber im Leitwerk der Messerschmitt und zog ihn gnadenlos mit. Das Flugzeug hüpfte wie ein Gummiball dreimal über die glatte Wasseroberfläche, verlor dabei an Geschwindigkeit und blieb hundert Meter vor dem Ufer ganz ruhig im Wasser liegen. Major Erich Graf zappelte im Leitwerk wie ein Fisch im Netz. Er merkte, wie die Messerschmitt anfing zu sinken. Er roch überall Benzin. Die Treibstofftanks waren durch die Notwasserung aufgerissen. Verzweifelt versuchte sich Major Graf zu befreien. Die Messerschmitt zog ihn unbarmherzig mit in die Tiefe des Ammersees. Kurz darauf endzündete sich der Treibstoff. Niemand hörte den dumpfen Knall, gefolgt von einer kleinen Stichflamme. Die Explosion zerriss die Maschine in viele kleine Teile. Es war der 404. Feindflug von dem der tapfere Flieger Major Erich Graf nicht zurückkehrte.

Ammerseeherzen

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