Читать книгу Harry in love - Christina Masch - Страница 8

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Kapitel 3

„Oh Mann, bin ich geschafft!“, rief Keith Canningham, schon während er das Haus betrat, aus. „Aber jetzt ist ja Gott sei Dank erst einmal Weihnachten und danach habe ich eine ganze Woche lang frei!“

Lindsay, die gerade an der Spüle stand, drehte sich um und strahlte ihren Mann an. Er ging zu ihr herüber und küsste sie zärtlich auf die Lippen.

„Das trifft sich gut, dass Du zwischen Weihnachten und Neujahr frei hast, denn ich habe eine kleine Überraschung für Dich!“

„Erfahre ich auch jetzt schon, um was es sich bei Deiner Überraschung handelt oder muss ich noch bis nach Weihnachten warten?“, fragte Keith mit gemischten Gefühlen, denn er mochte Überraschungen nicht sonderlich. Lindsay tat übertrieben so, als ob sie sehr genau abwägen müsste, was sie ihrem Mann jetzt darauf antwortete. Sogleich wurde Keith ungeduldig. Als just in dem Moment auch Isabel zur Tür hereinkam.

„Oh, hallo Dad, Du bist ja schon da! Mum, auch Dir einen schönen guten Abend“, begrüßte Isabel ihre Eltern.

„Hallo Sternchen. Ja, ich bin schon da; ich bin aber auch gerade eben erst reingekommen. Deine Mutter wollte mir übrigens gerade etwas kundtun, aber irgendwie scheint sie vergessen zu haben, was“, provozierte Keith seine Frau.

Verständnislos blickte Isabel zu ihrer Mutter herüber. Lindsay grinste breit. „Also schön, dann will ich Euch nicht länger auf die Folter spannen: Isabel, Dein Vater und ich werden dieses Jahr Silvester nicht daheim verbringen, Du kannst also nun doch die Einladung von Anabel annehmen und mit ihr wieder ins neue Jahr starten,“ gab Lindsay ohne weitere Umschweife bekannt.

„Aha, und wo werden wir stattdessen das Jahr 2012 begrüßen?“, fragte Keith mit knirschenden Zähnen.

„Wir werden womöglich das Neujahr auf dem Eiffelturm willkommen heißen!“ Keith und Isabel sahen beide entgeistert Lindsay an, die sogleich anfing zu lachen. „Ihr guckt beide wie ein Schweinchen ins Uhrwerk. Das eben war kein Scherz, sondern mein völliger Ernst! Ihr könnt es auch gerne noch einmal schriftlich nachlesen. Dort drüben auf der Kommode liegt ein großer blauer Umschlag.“

Isabel flitzte sogleich hinüber und holte den Umschlag. Er war von einem der städtischen Radiosender. Sie zog ein Schreiben aus dem Umschlag und reichte es ihrem Vater, der laut vorlas: „Sehr geehrte Misses Canningham, wir gratulieren Ihnen noch einmal ganz herzlich zu Ihrem Gewinn: Eine einwöchige Reise nach Frankreich, in die Stadt der Liebe! Verleben Sie dort unvergessliche Stunden mit Ihrem Partner und heißen Sie das neue Jahr am Arc De Triumph, auf der Seine oder beim Feuerwerk über dem Eiffelturm willkommen! Anbei erhalten Sie alle notwendigen weiteren Reiseinformationen wie Abflugzeit, Hotelunterbringung usw., usw., bla, bla, bla …“

Fragend sah Keith zu seiner Frau herüber.

„Tja, Du wirst es mir zwar nicht glauben, aber ich habe an einem Radioquiz heute Morgen teilgenommen und gewonnen! Ein Bote hat mir vorhin das Kuvert überbracht“, gab Lindsay noch immer vor Freude strahlend bekannt.

Isabel strahlte nunmehr auch und umarmte ihre Mutter überschwänglich. „Oh Mum, das hast Du Dir doch schon immer einmal gewünscht! Aber warum hast Du mich denn nicht angerufen? Ich hätte mir die Sendung zu gerne im Radio angehört!“, beschwerte sich Isabel auch sogleich.

„Weil das wohl in einer Live-Sendung etwas schwer geht …“

„Stimmt“, kam es deprimiert von Isabel.

„So, und wer von Euch beiden deckt jetzt den Tisch?“, warf Lindsey ablenkend in den Raum.

„Ich! Ich melde mich freiwillig“, gab Isabel bekannt.

„Und, Keith, freust Du Dich wenigstens ein bisschen?“, hakte Lindsay derweil bei ihrem Mann nach.

Er seufzte. „Ich finde es zwar etwas unverantwortlich von Dir, überhaupt bei solch einem Blödsinn mitzumachen. Aber natürlich bin ich auch ein bisschen stolz auf meine Frau. Nur eines macht mir ein wenig Sorgen: Müssen wir irgendetwas selbst bezahlen?“

„Nein, nicht einen Pfund. Alles ‚All Inclusive‘!“, gab Lindsay freudig bekannt.

„Nun denn, so erfüllt sich wenigstens Dein großer Wunsch: Feiern wir also dieses Jahr Silvester in Paris! Und ja, ich freue mich. Ich kann Dir doch sowieso nichts abschlagen und das weißt Du auch ganz genau! Nur schade, dass Sternchen nicht mitkommen kann …“

„Ach Dad, selbst wenn die Möglichkeit bestanden hätte, die Reise auf drei Personen aufzustocken, hätte ich nicht mitkommen wollen: Es sollten Eure zweiten Flitterwochen werden und da würde ich nur stören. Wir können auch noch nächstes Jahr Silvester zusammen feiern; nach so vielen Jahren getrenntem Feiern kommt es nun auf dieses eine Jahr auch nicht mehr an. Zudem werde ich mit Anabel genügend Spaß haben. Du weißt doch: Mit Annie wird es nie langweilig!“, scherzte Isabel.

Keith brummte. „Gerade deswegen mache ich mir ja Sorgen!“

„Keith“, sagte Lindsay und legte ihm ihre Hand auf seine. „Deine Tochter wird in gut zwei Monaten siebenundzwanzig; sie kann allein auf sich aufpassen und hochanständig ist sie doch sowieso!“

Keith seufzte erneut. „Ihr habt ja Recht, trotzdem fällt es einem Vater schwer loszulassen; ich habe mich nun einmal auf unser erstes gemeinsames Silvester nach so vielen Jahren einfach gefreut!“

Sofort kam Isabel herüber und legte ihrem Dad die Arme um den Hals. „Ich weiß, Papa. Wir holen das nach, versprochen! Ich hab Dich lieb.“

„Ach Sternchen …“

Während Isabels Eltern das Jahr 2011 in Paris verabschiedeten, begrüßten Isabel und Anabel in London, zusammen mit anderen jungen Leuten, auf einer Silvesterparty des Club Five das Jahr 2012. Als alle um Mitternacht auf die Straße gingen, um dem Feuerwerk beizuwohnen, wurde Isabel ein wenig melancholisch, da sie Neujahr ohne Harry erlebte. Er hatte bereits die Weihnachtsfeiertage mit seiner Familie in Sandringham verbracht und nunmehr waren alle im Buckingham Palast. Sie hatte zwar gehofft, ihn heute zu treffen, so wie letztes Jahr, doch bisher Fehlanzeige … Als sie daran dachte, wie das vergangene Jahr dabei allerdings endete, konnte sie nur mit dem Kopf schütteln.

Anabel versuchte natürlich, ihre beste Freundin aufzuheitern und abzulenken. Gemeinsam mit Alexander, Anabels Bruder und seiner Freundin Lucy standen sie mit Champagnergläsern auf der Straße und sangen und tanzten. So dass Isabel gar nicht anders konnte, als lachend mitzuziehen. Doch plötzlich blieb sie abrupt stehen und starrte auf den Bürgersteig auf der anderen Straßenseite. Sie glaubte, sich verguckt zu haben und schloss kurz die Augen. Als sie sie wieder öffnete, sah sie noch immer in zwei strahlende, mausgraue Augen. „Ich wünsche allen ein gesundes neues Jahr!“, rief Harry von der anderen Straßenseite zwar an alle gerichtet aus, doch er hatte nur Augen für seine Bell! „Hallo Glöckchen, auch Dir alles Liebe und Gute für 2012. Und jetzt schau mich nicht weiterhin an wie ein Auto, sondern komm verdammt noch mal her!“ Sogleich kam Isabel Harrys Aufforderung nach und fiel ihm sehnsuchtsvoll um den Hals. Ihre Lippen fanden sich zu einem nicht enden wollenden, innigen Kuss.

Plötzlich räusperte sich jemand hinter ihnen. „Ich will ja das turtelnde Paar nur sehr ungern stören, aber dürften wir vielleicht unsere Neujahrsglückwünsche auch noch loswerden?!“, fragte William. Jane stand neben ihm und grinste.

„Das hätte auch nicht noch fünf Minuten mehr Zeit gehabt?“, fragte Harry knurrend und hielt Isabel weiterhin fest an sich gedrückt.

„Nein, denn es ist ein wenig frisch und wir würden gerne in die warmen Räume des Clubs!“, erklärte Jane, die nur eine dünne Stola um die Schultern trug. Harry gab Isabel nur schweren Herzens für einen kurzen Moment frei. Doch kaum waren Jane und William ihre Wünsche losgeworden, zog Harry seine Freundin auch sogleich wieder zurück in seine Arme.

„Ich liebe Dich, Kätzchen!“, flüsterte er an ihren Lippen.

„Und ich liebe Dich! Möge uns das neue Jahr nur Glück bringen!“, gab Isabel bekannt.

„Das wird es; das wird es!“, prophezeite Harry und nahm seine Freundin an die Hand. Doch statt den anderen in den Club zu folgen, lief Harry mit Isabel an der Hand die Straße ein kleines Stückchen weiter rauf und blieb dann dort vor dem Schaufenster eines Reisebüros stehen und platzierte Isabel genau vor sich. Anschließend umarmte er sie von hinten und ließ seinen Kopf auf ihrer rechten Schulter ruhen. „Was würdest Du davon halten, wenn wir Ende Januar für zwei Wochen verreisen?“, fragte Harry vorsichtig.

„Der Gedanke ist sehr verlockend, doch wie stellst Du Dir das vor???“

„Ganz einfach, Du steigst am 27. Januar in ein Flugzeug und lässt Dich von mir in eine völlig andere Welt entführen. Und am 10. Februar kommst Du dann gut erholt wieder in London an.“

Isabel drehte sich zu Harry um und sah ihm verwirrt ins Gesicht.

„Dein Vater ist auf Tour, Deine Mum ist von der Idee begeistert und Anabel würde auch mitkommen. Du musst also nur noch ‚Ja‘ sagen …“, offenbarte Harry.

„Aber ich kann doch nicht für vierzehn Tage die Kita schließen!“, widersprach Isabel trotz alledem.

Harry grinste. „Auch an Deine sechs Rabauken habe ich gedacht. Sie würden in dieser Zeit von Deiner Mutter und Melissa, Marybeth’ ehemaligem Kindermädchen, betreut werden. Melissa hat auch auf Deine Kids aufgepasst, als wir in Freshwater waren. Sie freut sich schon riesig darauf, Deine Zöglinge wiederzusehen.“

„Aber den Flug hast Du noch nicht gebucht, oder?“, hakte Isabel nach.

„Nein, noch nicht. Aber es bedarf lediglich eines Anrufs und die Reise steht.“

„Da habe ich wohl keine Chance ‚Nein‘ zu sagen, oder?“, fragte Isabel rein rhetorisch.

„Nein, eigentlich nicht. Bell, Deine Mutter ist der Meinung, dass es Dir guttun würde, einmal rauszukommen. Und ich bin der gleichen Ansicht. Ich weiß von ihr zum Beispiel auch, dass Du noch nie England verlassen hast und Euer letzter Familienurlaub schon eine ganze Weile zurückliegt. Zudem wollte ich sowieso einmal richtig mit Dir verreisen. Warum nicht also jetzt?!“ Hoffnungsvoll blickte Harry Isabel an. Ihre Unsicherheit stand ihr ins Gesicht geschrieben. Harry strich ihr sanft über die Wange und erklärte völlig ruhig: „Ich kann Dich natürlich nicht zwingen und wenn Deine Antwort ‚Nein‘ sein sollte, dann lautet sie halt ‚Nein‘. Ich bin auch nicht enttäuscht oder böse auf Dich. Denn mir ist nur eines wichtig: Dass Du glücklich bist, Isabel!“

Isabels Miene hellte sich sogleich auf. Dafür entglitten Harry prompt die Gesichtszüge und er stellte sich auf eine Absage ein. Zu seiner Überraschung nickte Isabel jedoch nur freudestrahlend.

„Ist das ein ‚Ja‘?“, fragte Harry trotzdem noch einmal vorsichtig nach.

„Natürlich ist das ein ‚Ja‘! Glaubst Du wirklich, ich würde mir diese Gelegenheit entgehen lassen? Wer weiß, vielleicht ist es ja meine einzige Reise außer Landes?!“, sagte Isabel schlicht.

„Oh Bell! Solange Du mit mir zusammen bist, verspreche ich Dir eines: Es wird nicht die letzte Reise dieser Art gewesen sein! Eher solltest Du Dich bereits jetzt daran gewöhnen, dass Du des Öfteren einfach von heute auf morgen von mir zu einem Urlaub entführt werden wirst“, gab Harry vor Glück überschäumend von sich.

„Und ich kann Dich nicht davon abbringen?“

„Nein, definitiv nicht!“, bestätigte Harry Isabels Vorahnung.

„Also schön. Und wo soll es hingehen?“, fragte Isabel.

Harry grinste breit und tippte Isabel zärtlich neckend auf die Nasenspitze: „Das, meine liebe Bell, wird nicht verraten. Nur so viel: Dort, wo wir hinfliegen, gibt es viel Sonne und blauen Himmel!“

„Super, das kann ja dann so ziemlich überall sein!“

Harry lachte laut auf und zog Isabel fest in seine Arme. Zärtlich küsste er sie aufs Haupt. Anschließend liefen sie zurück zum Club und feierten noch bis weit in die frühen Morgenstunden in das neue Jahr hinein.

„Hallo, Erde an Isabel! Jemand da?“, rief Anabel und tippte ihrer Freundin an die Schulter. Isabel schreckte sogleich hoch. „Hey, ganz ruhig. Ich wollte Dir nur mitteilen, dass wir da sind.“ Fragend sah Isabel aus dem Taxifenster und las die großen Letter über dem Flughafeneingang: HEATHROW Airport. Isabel seufzte. „Alles in Ordnung mit Dir?“, fragte Anabel besorgt.

„Ja, alles okay. Ich habe nur die Nacht nicht schlafen können und nun bekomme ich die Quittung dafür“, gestand Isabel kleinlaut.

Anabel grinste nur. „Ach, das ist doch nicht schlimm, dann schläfst Du halt nachher im Flieger.“ Skeptisch sah Isabel zu ihrer besten Freundin herüber. „Hey Isa, fliegen ist nicht viel anders als mit einer Achterbahn zu fahren. Nach Wales bist Du doch auch geflogen und war es schlimm?“

„Nein, aber das war ja auch nur ein Kurzstreckenflug …“

„Und? Ob Du nun zwei Stunden im Flieger sitzt oder zwölf …“, erwiderte Anabel. Sogleich keuchte Isabel auf. Anabel kicherte und erwähnte: „Warts ab, wenn nachher Harry da ist, dann wirst Du eh alles andere vergessen. Also komm, lass uns das Gate F3.b finden. Nicht, dass wir zu spät kommen und der Flieger schon ohne uns abgehoben hat!“, scherzte Anabel weiter. Doch Isabel sah sogleich wieder panisch auf. Anabel schüttelte nur amüsiert den Kopf und nahm ihre Freundin an die Hand.

Kurz darauf wurden sie in einen privaten, hinter Milchglasscheiben befindlichen VIP-Wartebereich geführt. Außer drei schwarzen Lebercouchen und einem großen Plasmafernsehbildschirm war der Raum leer.

„Sind wir zu spät?“, fragte Isabel prompt.

Anabel kicherte. „Nein, eher zu früh. Soll ich uns mal einen Kaffee holen?“ Isabel nickte dankend und Anabel verschwand kurz hinter der Schiebetür. Zwei Minuten später überreichte sie Isabel eine Tasse Kaffee.

Isabel nahm einen Schluck und ging dann zum Fenster herüber, um sich das geschäftige Treiben im Airport anzuschauen, als sie plötzlich Tumult hinter sich vernahm. Ein großer schlaksiger Typ hatte Anabel von hinten umarmt und drückte ihr gerade einen feuchten Schmatz auf die Wange. Begleitet mit den Worten: „Ah, da ist ja schon meine Schöne! Darf ich Euch einen wahren Goldschatz vor …“ Doch weiter kam der junge Mann nicht, der sich die Frechheit herausgenommen hatte, Anabel zu nahe zu treten. Denn plötzlich traf ihn eine kleine, aber steinharte Faust mitten im Gesicht. Der junge Mann taumelte vor Schreck gleich zwei Schritte rückwärts und sah verwirrt in das Gesicht seines Angreifers. Vor ihm stand eine sehr attraktive junge Frau mit brünetten schulterlangen Haaren und funkelte ihn aus großen, dunkelbraunen Augen, die schon fast schwarz waren, wütend an; bereit, gleich noch einmal zuzuschlagen. Die Frau war nicht Isabel!

Isabel kam stattdessen sogleich panisch angerannt und rief: „Hey, hey! Nicht!“, und riss den Arm des anderen Mädchens herunter, bevor sie zu einem weiteren Schlag ausholen konnte. „Ehm, Annie, darf ich Dir Simon Bangs, Alex’ Arbeitskollegen und Harrys besten Freund, vorstellen?!“

Überrascht schaute Anabel zu dem jungen Mann mit der wilden goldblonden Mähne herüber. Simon wurde sogleich knallrot, während von der Tür ein überaus heiteres Kichern zu vernehmen war.

Isabel und Anabel blickten hinter Simon: Dort standen drei junge Frauen und zwei weitere junge Herren, denen es merklich schwerfiel, nicht in schallendes Gelächter auszubrechen.

„Ist ja schon gut, ihr könnt Euch wieder einkriegen!“, kam es zähneknirschend von Simon, der sich sein linkes Auge rieb und aus der Schusslinie ging.

Eine der jungen Frauen beruhigte sich als Erste wieder und kam breit lächelnd auf Isabel und Anabel zu. „Wenn ich mich kurz vorstellen dürfte: Carmen Donald, aber bitte nennt mich Cam. Du bist sicherlich Isabel. Angenehm. Übrigens, alle Achtung, solch eine Freundin hätte ich auch gern …“, sagte Carmen und reichte nunmehr auch Anabel die Hand.

Dann stellten sich Kevin Spencer und Emily Winters vor. Anabel nickte und nahm anschließend auch die Hand von Vivienne La Rouché und von Mitch Pierse entgegen, welche Isabel ihr vorstellte, da sie sie bereits auf Simons Geburtstagsparty kennengelernt hatte.

„Hallo“, sagte Anabel. „Schön, Harrys Freunde kennenzulernen.“ Danach drehte sie sich zu Simon um, der noch immer an der hinteren Wand stand und sich nicht traute, wieder vorzutreten. Anabel positionierte sich sogleich wieder vor ihm und sah ihn aus zusammengekniffenen Augen finster an.

„Bitte verzeih, das war nur ein Missverständnis! Ich wollte Dir nichts Böses tun, wirklich! Ich dachte, Du seist Isabel …“, versuchte sich Simon zu entschuldigen. Sofort ballte Anabel erneut die Hand zur Faust und ließ sie flink nach vorne schnellen. Simon kniff sogleich die Augen zu und wandte das Gesicht ab. Als er jedoch keinen weiteren Schlag vernahm, drehte er seinen Kopf vorsichtig wieder zu der jungen Frau. Ein süffisantes, breites Grinsen stand in ihrem Gesicht. Simon sah zu ihrer Hand herunter, die geöffnet war, um ihn mit einem Handschlag zu begrüßen.

Alles grölte los.

Verblüfft starrte Simon mit offenem Mund Anabel an. Reflexartig ergriff er dabei ihre ihm gereichte Hand zur Begrüßung und sagte: „Hallo, wenn ich mich noch einmal vorstellen dürfte: Simon Bangs, der beste Freund von Harry.“

„Angenehm, Anabel Baxtor, die beste Freundin von Isabel.“

Simon versuchte ein Lächeln, doch es war nicht mehr als eine unsichere Grimasse.

„Na, da hat doch wohl nicht jemand Angst vor einem Mädchen?!“, zog Kevin sogleich Simon auf. Unweigerlich musste auch Anabel schmunzeln und straffte die Schultern. Simon ging gleich automatisch wieder einen Schritt rückwärts und schlich sich dann schnell zu Isabel her-über, um auch sie begrüßen zu können.

„Was denn, was denn: Jetzt auch noch hinter einem anderen Frauenrock Schutz suchen?“, setzte Mitch noch eins drauf. Sogleich verfielen alle wieder ins Lachen.

Just in dem Moment kam Harry zur Tür hinein. Er strahlte, denn alle schienen sich auf Anhieb gut zu verstehen. Doch als Isabel, nachdem sie ihren Freund entdeckt hatte, sogleich hektisch zu ihm herübergelaufen kam, zog er die Stirn kraus und sah fragend in die Runde.

Kevin, Mitch, Cam, Emily, Vivienne und Anabel grinsten. Nur Simon sah betreten zu Boden und seine Wangen schimmerten rosa. „Simon!“, knirschte Harry mit den Zähnen.

„Lass bloß den armen Jungen in Ruhe!“, rief Emily. „Er hat seine Abreibung schon erhalten.“ Harry machte ein überraschtes Gesicht und sah zu Isabel herunter, die sogleich ihr Gesicht an seiner Brust verbarg.

„Anabel hat Simon bereits in seine Schranken gewiesen“, setzte Vivienne Emilys Äußerung fort.

Kichernd fügte Mitch hinzu: „Im wahrsten Sinne des Wortes!“

Fragend blickte Harry zu Anabel herüber, die nunmehr anstelle von Simon errötete.

„Hätte vielleicht irgendeiner von Euch einmal die Güte, mich komplett aufzuklären?“, fragte Harry, der aus den ganzen Andeutungen nicht recht schlau wurde.

„Ist es dafür nicht schon ein bisschen zu spät …?“, fragte Kevin amüsiert.

„Oh, Kevin. Der Witz ist uralt, und liegt bereits tot im Keller begraben!“, beschwerte sich Vivienne.

„Na und?!“, gab Kevin mit einem Schulterzucken von sich und setzte sich auf die in der Nähe stehende Couch. Emily und Carmen machten es ihm sofort nach und setzten sich zu ihm, während Vivienne Harry noch einmal hübsch ausgeschmückt erzählte, was er verpasst hatte.

Harry konnte sich bildhaft das Geschehene vorstellen und so hauchte er Isabel einen Kuss auf die Wange und lief dann zu Anabel herüber, die noch immer mitten im Raum stand und nicht so ganz wusste, was Harry von ihrem Eingreifen hielt. Doch zu ihrer Verwunderung verbeugte er sich tief vor ihr; begleitet mit den Worten „Ich danke Dir, endlich hat Simon einmal das geerntet, was er gesät hat!“

Nichtsdestotrotz wurde Anabel knallrot und sah mitleidig zu Simon herüber, der sich gerade wieder über sein linkes Auge strich. Es war leicht gerötet. Anabel verließ daraufhin flugs den Raum. Fragend sahen ihr alle hinterher.

Isabel wollte ihr gerade hinterherlaufen, als Anabel auch schon wieder zurückkam. In der Hand hielt sie einen Plastikbecher; gefüllt mit Eiswürfeln. Sie lief zu Simon herüber, schob seine Hand beiseite und strich zaghaft über seine linke Augenbraue. Simon verzog kurz das Gesicht, als Anabel ihm den Plastebecher ans Augenlid hielt. „Tut es sehr weh?“, fragte sie im Flüsterton.

Simon verzog das Gesicht abermals zu einer Grimasse. „Es ist wohl meine gerechte Strafe …“, erwiderte er. Anabel machte daraufhin ein besorgtes Gesicht. Simon lächelte sanft. „… aber ich werde es überleben. Danke für das Eis.“

Gebannt sahen alle dem Treiben von Simon und Anabel zu, als plötzlich die eingetretene Stille vom Piloten des Privatjets unterbrochen wurde und er die Herrschaften zum Boarding aufforderte.

Während alle aufsprangen und dem Piloten im Gänsemarsch folgten, ergriff Harry Isabels Hand und blieb mit ihr allein zurück. Sogleich zog er sie in seine Arme und küsste sie innig zur Begrüßung. Ein wenig überrumpelt sah Isabel anschließend verwirrt zu Harry auf.

„Du siehst müde aus. Ist alles okay?“, fragte Harry auch sofort.

Isabel zog eine Schnute. „Wenn man die Nacht nicht geschlafen hat, dann sieht man halt am Morgen ein wenig mitgenommen aus.“

„Und warum konntest Du nicht schlafen? Nur der allgemeinen Aufregung wegen?“, hakte Harry nach. „Oder weil Du erst einmal geflogen bist?“, erahnte Harry. Er erinnerte sich daran, wie nervös Isabel beim Rückflug aus Wales gewesen war und da lag es nahe, dass ihr das Fliegen ein wenig Bauchweh bereitete. Und es ärgerte ihn sofort, dass er das bei der Buchung der Reise nicht bedacht hatte. Besorgt sah er zu Isabel herüber, deren Wangen ein dunkles Rosa trugen.

„Es ist wohl von beidem ein wenig“, gestand daraufhin Isabel.

„Bell, ich bin bei Dir, hab keine Angst“, flüsterte Harry an Isabels Ohr und hauchte ihr zärtlich einen Kuss auf die Schläfe. „Im Grunde ist es doch nur der Start, der ein wenig unangenehm ist. Und den Hin- und Rückflug aus Wales hast Du doch auch überstanden. Dann wirst Du auch diesen Flug überstehen! An sich ist es doch nichts anderes als mit der Achterbahn zu fahren …“

„Das hat Anabel auch gesagt“, unterbrach Isabel ihren Freund.

„Na, siehst Du. Wir kriegen das hin!“, gab Harry optimistisch von sich.

„Harry, darf ich Dich etwas fragen?“

„Natürlich. Was möchtest Du wissen?“, kam es allerdings dann doch leicht besorgt von Harry.

„Ich war ein wenig irritiert, als mir plötzlich Simon und noch fünf weitere Deiner Freunde gegenüberstanden …“

„Du möchtest wissen, warum wir nicht allein verreisen?“, stoppte Harry Isabels umständliche Einleitung zu ihrer eigentlichen Frage und atmete innerlich auf. Isabel nickte und wurde rot. „Es gibt zwei Gründe, weshalb wir nicht alleine sind: Zum einen dienen uns meine Freunde gegebenenfalls als Ablenkungsmanöver vor neugierigen Blicken unerwünschter Paparazzi. Auch wenn ich nicht davon ausgehe, dass uns überhaupt jemand verfolgen wird. Es weiß nämlich niemand, dass wir in wärmere Gefilde fliegen. Normalerweise sind wir Windsors zu dieser Jahreszeit in der Schweiz im Skiurlaub. William und Jane werden also ihre Freude an der Presse haben. Und zum anderen sind die sechs eine tolle Gesellschaft, mit der man viel Spaß haben kann. Außerdem muss ich gestehen, dass ich allein mit meinen Freunden verreist wäre, wenn Du mir Silvester eine Absage erteilt hättest. Aber bitte verstehe das jetzt nicht falsch: Seit ich beim Militär bin und Elisabeth, aufgrund ihres Alters, sich immer mehr aus den royalen Pflichten zurückzieht, sehe ich meine Freunde nur noch selten, so dass ich zumeist einen Urlaub mit ihnen verbringe“, erklärte Harry sachlich. „Aber keine Angst, wir zwei werden trotzdem genügend Zeit für uns alleine haben. Die anderen sechs wissen sich nämlich auch ohne meine Gegenwart gut zu amüsieren und ich denke, Anabel ist bereits vollkommen in die Cliquenwirtschaft aufgenommen! Der Einzige, der das Nachsehen hat, ist wohl Simon?! Aber da muss er jetzt durch! Also lass uns gehen und den anderen Gesellschaft leisten.“

Isabel nickte mit einem amüsierten Lächeln auf den Lippen, woraufhin ihr Harry sogleich noch einen innigen Kuss raubte, bevor sie das Flugzeug betraten.

„Na endlich! Die Turteltauben haben auch den Weg in den Flieger gefunden; wurde ja auch Zeit!“, beschwerte sich Mitch auch sogleich künstlich übertrieben heftig.

Harry warf daraufhin einen Blick auf seine Armbanduhr. „Ich weiß gar nicht, was Du hast? Dass ich innerhalb von ganzen zwanzig Minuten in den Flieger gestiegen bin, ist doch wohl neuer Schnelligkeitsrekord! Wenn ich da an das letzte Mal denke, wo ich Euch eine ganze geschlagene Stunde habe warten lassen …“

Sofort grölten Carmen, Vivienne, Emily und Kevin laut los und applaudierten. Harry grinste nur breit und führte Isabel in die letzte der drei Doppelsitzreihen. Dabei fiel ihm auf, dass weder Simon noch Anabel anwesend waren. „Sagt mal, hier fehlen doch noch zwei …“

Emily kicherte sofort und auch Vivienne grinste breit. Kevin räusperte sich und zeigte zum hinteren Teil des Fliegers, der durch einen Vorhang verborgen war. Harry hob irritiert die Augenbrauen.

„Ich glaube, das Eis war am Schmelzen …“, warf Cam in den Raum und erntete prompt lautes Gelächter von den anderen.

Isabel sah verwirrt zu den fünf in den Sitzreihen vor sich. Harry nahm Isabels Hand und zwinkerte ihr zu. „Mal schauen, vielleicht haben sich da doch noch zwei gefunden?!“

Überrascht starrte Isabel Harry an. Er zuckte aber nur mit den Schultern.

Just in dem Moment kam Anabel hinter dem Vorhang hervor. Sofort begannen die anderen von Neuem zu feiern. „Meine Güte, sind wir hier im Kindergarten? Ich dachte, ich hätte es mit erwachsenen, jungen Menschen zu tun … Also kriegt Euch wieder ein!“, kam es umgehend von Anabel, während sie sich Isabel und Harry gegenüber an den Fensterplatz setzte. Isabel sah ihre Freundin fragend an. Anabel verdrehte sogleich die Augen. „Mann, ich war nur zur Toilette; was kann ich dafür, dass Blondi dem gleichen Bedürfnis erlag?!“

Sofort errötete Isabel und sah verlegen auf ihren Schoß.

Als jedoch kurz darauf auch Simon wieder zum Vorschein kam, fiel nicht nur Isabel auf, dass sich Simon und Anabel kurz in die Augen blickten, bevor er sich in die Reihe vor ihnen zu Kevin und Mitch setzte, und Anabel ihn dabei mit den Augen verfolgte. Harry grinste und dachte sich seinen eigenen Teil.

Dann hieß es anschnallen und kurz darauf hob der Flieger ab. Während des Starts und auch noch eine ganze Weile danach hielt Harry Isabels linke Hand fest in seiner rechten. Es war still im Flugzeug. Doch kaum gingen die Signallampen für das Tragen der Sicherheitsgurte aus, kam wieder Leben in den Jet. Während die sechs Freunde ihre angeregte Unterhaltung von vorhin wieder aufnahmen, löste Harry Isabels Gurt und sah ihr verliebt in die Augen. „Und, war es schlimm?“ Isabel schüttelte den Kopf.

„Siehst Du, ich habe Dir doch gleich gesagt, dass Du Dir viel zu viele Sorgen machst!“, fügte Anabel hinzu. Isabel verdrehte genervt die Augen. Harry grinste und Anabel tat es ihm gleich.

„Ich möchte mich noch einmal herzlich für die Einladung bedanken“, sagte Anabel anschließend zu Harry.

Harry nickte lächelnd und sah dann zu Isabel herüber. „Mir war wichtig, dass Isabel noch jemanden bei sich hat, der ihr nahe steht. Außerdem hatte ich gehofft, dass Isabel so schneller ‚Ja‘ sagt.“ Anabel und Harry mussten unweigerlich wieder anfangen zu kichern.

Isabel zog schmollend eine Schnute; sie musste dann aber herzhaft gähnen. „Verzeihung.“

„Ach Glöckchen … Komm, mach einfach die Augen zu und schlaf ein wenig. Falls Dir kalt ist, bringe ich Dir gerne auch noch eine Decke“, erklärte Harry und stand bereits auf. Nachdem er Isabel eine Decke übergelegt hatte, fragte er lapidar in die Runde: „Hat jemand Hunger oder Durst?“ Sofort riefen seine Freunde bunt durcheinander, was sie alles gerne haben möchten. Harry seufzte und rollte mit den Augen.

Anabel grinste und erhob sich ebenfalls: „Komm, ich helfe Dir!“

Sie war jedoch nicht die Einzige, die sich gleichfalls erhob und Harry helfen wollte, und so rempelten Simon und Anabel unweigerlich aneinander. „Sorry!“, sagte Simon. Anabel grinste nur und folgte Harry. Simon blieb daraufhin stehen und sah ihr hinterher.

Plötzlich haute Kevin ihm auf die Schulter. „Na, Alter? Heißer Feger, was?!“ Simon sah seinen Freund an und schwieg. „Oh là là!“, rief sogleich Kevin von Neuem. Nunmehr sah Simon seinem Freund eindringlicher in die Augen. „Oh, okay! Ich sage ja schon gar nichts mehr …“, ergab sich Kevin, konnte sich jedoch ein breites Grinsen nicht verkneifen. Simon schüttelte verzweifelt den Kopf und setzte sich zu Cam, Emily und Vivienne. Die Mädchen strahlten Simon an und verdonnerten ihn sogleich zu einer Runde Poker. Natürlich ließen sich da die anderen zwei Männer nicht lange bitten und machten somit das Sextett wieder komplett.

Nachdem Anabel und Harry Sandwiches und Getränke verteilt hatten, standen sie in zweiter Reihe und beobachteten das spannende Pokermatch, während Isabel zwischenzeitlich friedlich eingeschlafen war.

„Simon, Du bist dran!“, rief Cam nun schon zum wiederholten Male. Er und sie waren die Letzten in der Runde, die übriggeblieben waren. Simon wurde prompt knallrot. Denn seit Anabel dem Spiel beiwohnte, konnte er sich nicht mehr richtig konzentrieren. Er gab das Spiel auf, obwohl er Spielmacher war und bislang die meisten Spielchips eingenommen hatte. Irritiert blickten alle auf Simons letztes Blatt und verglichen dieses mit Carmens Karten. Entsetzt blickten alle Simon an: Denn wenn er nicht aufgegeben hätte, hätte er gewonnen!

Simon sah irritiert auf die Karten. „Oh!“, war alles, was er darauf antwortete. Anabel schüttelte amüsiert den Kopf. Simon erwiderte ihr Lächeln und zuckte mit den Schultern.

„Okay, neue Runde; aber diesmal spielen Anabel und ich auch mit!“, warf Harry in den Raum und schon wurden die Karten neu gemischt. Um mehr Platz zu haben, wurden die mittleren Sitze abgeklappt und als Kartentisch missbraucht. Während es sich Simon, Emily, Vivienne und Anabel in den vier übrigen Sesseln bequemen machten, setzten sich die anderen vier schlicht und ergreifend auf den Fußboden.

Das Spiel war in die nächste heiße Phase gewechselt. Nur noch Simon, Carmen, Anabel und Harry waren im Spiel. Doch Harry verabschiedete sich kurz darauf und verlor durch einen dummen Anfängerfehler. Sofort zogen ihn alle gleich damit auf. „Schadenfreude ist wohl Eure Lieblingsbeschäftigung, was?!“, kam es Anabel in den Sinn.

Harry grinste, während Cam erklärte: „Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen …“

„Okay, ich weiß Bescheid. Also dann, wer ist dran?“, fragte Anabel.

„Simon!“, riefen sogleich alle im Chor.

„Na, Blondi, dann sieh zu!“, provozierte Anabel Simon. Alles lachte.

Von der Geräuschkulisse erwachte Isabel wieder aus ihrem Schlaf. Sofort war Harry zur Stelle und gesellte sich zu seiner Freundin. Isabel kuschelte sich in seinen Arm. „Die anderen scheinen ihren Spaß zu haben?!“

„Ja, sie spielen Karten. Eine unserer Lieblingsbeschäftigungen, wenn wir aufeinandertreffen. Anabel mischt übrigens fleißig mit! Kannst Du pokern?“, fragte Harry.

Isabel schüttelte den Kopf. „Nee, das ist mir zu kompliziert. Mit meinen Eltern spiele ich ab und an mal Rommé, da ist das Zusammenrechnen noch überschaubar. Aber eigentlich ziehe ich andere Gesellschaftsspiele dem Kartenspiel vor.“

„Und welche wären das?“

„Ich mag Brettspiele ganz gern: Monopoly oder Mensch Ärger Dich Nicht finde ich klasse.“

„Monopoly finde ich auch toll. Wir werden sicherlich die Tage noch zu einer Runde Monopoly oder Rommé kommen. Und sonst, was magst Du sonst noch?“

„Dart und Billard finde ich ganz reizvoll, bin darin aber der volle Anfänger. Annie war mal eine ganze Weile vom Billard gar nicht wieder wegzukriegen. Sie ist richtig gut und ab und an geht sie nach Feierabend eine Runde spielen. ‚Um nicht aus der Übung zu kommen‘, sagt sie immer. Aber ihr Lieblingsspiel ist seit Kindertagen an Twister“, erzählte Isabel weiter.

Harry grinste breit. Twister, soso!

Während Harry seinen Gedanken nachhing, schloss Isabel abermals die Augen und döste noch ein wenig vor sich hin. Derweil war im vorderen Bereich des Flugzeugs das Pokerspiel in die spannende Endphase übergegangen. Da Carmen zwangsweise – sie hatte keinen Jeton mehr – aussteigen musste, saßen sich somit nur noch Simon und Anabel allein vis-à-vis und blickten sich tief in die Augen. Alle sahen gebannt zu Anabel und warteten darauf, dass sie den nächsten Schritt tat. Mit einem provozierenden und zugleich sehr entwaffnenden Lächeln schob sie alle ihre Jetons in die Mitte des improvisierten Spieltisches, außer einem 1.000-Dollar-Chip, den sie durch ihre rechte Hand immer auf und ab wandern ließ. Prompt standen Simon die Schweißperlen auf der Stirn und er rutschte unruhig auf seinem Sessel hin und her.

„Ich mache Dich doch wohl nicht etwa nervös, Blondi?“, hakte Anabel sogleich nach und schnipste dabei mit den Fingern ihren letzten unbedeutenden Chip in die Luft. Er landete exakt auf einem ordentlich aufgestapelten Jeton-Türmchen. Simon schluckte hart, während die Mädels unweigerlich zu kichern anfingen.

„Ruhe!“, herrschten die anderen zwei Jungs wie aus einem Mund die Störenfriede an.

„Ups, Sorry!“, flüsterte Vivienne.

Anabel grinste und schob ihr Kinn leicht nach vorn. Unsicher kaute Simon auf seiner Unterlippe und sah immer wieder zwischen seinen Karten und Anabel hin und her.

„Ey Alter, mach’ jetzt ja keinen Fehler! Unsere Ehre steht auf dem Spiel!“, kam es auf einmal überraschend von Kevin, der fast genauso nervös war wie Simon. Sogleich kicherten die Mädchen von Neuem.

„Ich sagte: Ruhe!“, rief Mitch erbost und schon war es wieder mucksmäuschenstill.

Simon pustete heftig die eingeatmete Luft wieder aus. Prompt fiel eines der Jeton-Türmchen um. Simon schluckte und sah abermals Anabel in die Augen. Ihr Gesichtsausdruck war nunmehr ernst und verschlossen. In ihren Augen konnte er jedoch lesen, dass sie bereits seine Karten kannte und nur noch darauf wartete, dass er entweder ein letztes Mal versuchte zu kontern, um das Blatt eventuell doch noch herumzureißen; was wohl im Grunde aussichtslos schien, oder eben kniff und gleich aufgab. Simon versuchte krampfhaft, sich an die bereits abgeworfenen Karten zu erinnern, um so herauszubekommen, welches Blatt Anabel haben könnte. Aber es gelang ihm einfach nicht. Verzweifelt gab er sich geschlagen, denn er war zu dem Entschluss gekommen: Wer so hoch pokerte, der konnte einfach nicht nur bluffen! Er ergab sich und deckte sein Blatt auf und hatte dabei klatschnasse Hände. Als die anderen sein Blatt sahen, hielten sie hörbar den Atem an, denn es gab nur noch ein einziges Blatt, welches höher war und sich gerade einmal nur mit drei Punkten unterschied. Alle Blicke waren nun auf Anabel gerichtet, die sich entspannt zurücklehnte, ein spitzbübisches Lächeln aufsetzte und ganz langsam ihr Blatt aufdeckte – Karte für Karte. Ihr Grinsen wurde dabei immer breiter, bis ihre schneeweißen Zähne aufblitzten und sie still vor sich hin lachte. Sogleich wich jegliche Farbe aus Simons Gesicht. Schadenfreude! Auch ohne auf ihre Karten zu schauen, wusste er nicht nur von den lärmenden Stimmen um sich herum, dass sie ihn eiskalt hereingelegt hatte.

„Hallo Simon, jemand zu Hause?! Ey Alter, hast Du eventuell irgendetwas zu Deiner haushohen Niederlage zu sagen?“, drang es langsam zu ihm durch. Verwirrt blickte er zu Kevin auf und dann warf er doch einen Blick auf Anabels erbärmliches Blatt. Ihm lief es prompt eiskalt den Rücken herunter. „Uhhh!“, rief er entsetzt aus.

Anabel lächelte nur verschmitzt und zuckte lapidar mit den Schultern. Dann klatschte sie sich in die Hände und stand auf. „Ich glaub, ich brauch jetzt ’ne Erfrischung!“, überlegte sie laut und stiefelte nach hinten in den Küchenbereich.

Sie wollte gerade ihr zweites Glas Orangensaft leeren, als Simon zu ihr hinter den Vorhang trat und ihr die Hand reichte. Fragend stellte sie das Glas wieder ab und legte ihre Hand in die seine.

„Gratulation. Ich habe bislang noch niemanden gesehen, der so gerissen spielt wie Du. Aber es hat Spaß gemacht. Danke für das großartige Spiel!“, sagte Simon offen und ehrlich.

„Immer wieder gern“, kam es lächelnd von Anabel. „Aber eigentlich hättest Du wissen müssen, worauf Du Dich bei mir einlässt …“

„Wieso, weil Du wie Dein Bruder spielst?!“, fiel es Simon prompt wie Schuppen von den Augen.

Sofort blitzten wieder Anabels schneeweiße Zähne hinter wunderschön geschwungenen dunkelroten Lippen auf. „Hart, aber fair.“

Simon grinste breit.

„Und, Blondi, Lust auf noch eine weitere Runde?“, fragte Anabel völlig entspannt.

Simon räusperte sich sogleich. „Ähhh, nein, danke. Ich glaube, zweimal hintereinander von gleich zwei Frauen abgezogen zu werden genügt fürs Erste.“ Anabel musste unweigerlich kichern. Simon stimmte mit ein.

„Durstig?“, fragte Anabel.

Simon nickte und sagte: „Ja, Dein O-Saft sieht ganz appetitlich aus.“ Anschließend griff er sich einfach ihr Glas vom Tresen und trank es umgehend vor Anabels Augen aus. Anabel entglitten daraufhin die Gesichtszüge und empört öffnete sie den Mund. Sie hatte jedoch bereits wieder vergessen, was sie auf dieses rüpelhafte Benehmen erwidern wollte.

Mit den Worten „Tja, hart, aber fair“ stellte Simon das leere Glas wieder auf die Arbeitsplatte und verließ mit einem Augenzwinkern den Küchenbereich.

Anabel starrte perplex auf den sich bewegenden Vorhang.

Nachdem dieser ausgeschwungen hatte, fing sie laut an zu lachen und wollte sich auch nicht wieder einkriegen. Fragend steckte Isabel ihren Kopf durch den Vorhang und blickte verwirrt ihre beste Freundin an. Diese schüttelte jedoch nur den Kopf und folgte Isabel zurück zu den anderen. Als sie Simon erblickte und er ihr ein verschmitztes Lächeln zuwarf, fing sie gleich wieder an zu lachen. Anschließend reichte sie ihm die Hand. Er nahm sie an und sah ihr dabei tief in die Augen.

Alle anderen Augenpaare blickten ebenfalls erwartungsvoll auf das sich vor ihnen präsentierende Bild.

„Touché!“, rief Anabel aus und schüttelte Simons Hand. Dieser grinste nur und dankte mit einem Kopfnicken. Anschließend setzte sich Anabel wieder auf ihren ursprünglichen Sitzplatz zu Isabel und Harry.

Simon wurde derweil von seinen anderen Freunden weiterhin entgeistert angestarrt. Er zog die Stirn kraus und fragte verständnislos: „Was???“

„Nichts“, kam es enttäuscht von seinen Freunden.

„Na, dann könnt ihr Euch ja jetzt wieder hinsetzen. Ich glaube, wir landen gleich!“

Daraufhin sah Isabel ganz automatisch aus dem Fenster. Unter sich erblickte sie türkisblaues Wasser und eine tropische Insel. Ein Paradies auf Erden!

Harry ergriff sogleich ihre Hand und nickte auf die stumm gestellte Frage. „Bist Du verrückt?!“, kam es umgehend von Isabel. Harry seufzte.

„Isa, statt Harry Vorhaltungen zu machen, solltest Du Dich lieber glücklich schätzen, überhaupt einmal hierhergekommen zu sein!“, kam Anabel Harry zur Rettung.

Isabel wurde unweigerlich knallrot. „Bitte verzeih!“

„Hey Glöckchen, schon wieder vergessen? Ich weiß von Deiner Mutter, dass ihr Canninghams nur schwer Geschenke dieser Größenordnung annehmen könnt. Aber wie bereits vor noch nicht allzu langer Zeit erwähnt: Gewöhne Dich jetzt schon einmal daran, denn ich verspreche Dir, dass dies nicht unser letzter Urlaub dieser Art gewesen sein wird! Also, entspann Dich und genieße stattdessen unseren ersten, gemeinsamen, richtigen Urlaub! Und wenn es Dich beruhigt: Die Reise war gar nicht so teuer wie Du es Dir wahrscheinlich gerade vorstellst …“

Isabel schloss daraufhin kurz die Augen und atmete tief durch, bevor sie sagte: „Danke.“

„Ach Bell, ich liebe Dich!“, flüsterte Harry an ihr Ohr und hauchte ihr anschließend zärtlich einen Kuss auf ihre Schläfe.

„Ich liebe Dich auch“, kam es kaum hörbar von Isabel, während sie vor Verlegenheit erneut errötete.

Harry in love

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