Читать книгу Weiter leben! - Christine Leutkart - Страница 12

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Die Trauer begleitet einen ein ganzes Leben lang, ich denke oft darüber nach. Meine Erfahrungen betreffen den Verlust eines Partners in jungen Jahren und den eines Partners in reiferen Jahren. Ich bin Teil eines Frauenkreises, wir sprechen viel über dieses Thema, und ich stelle immer wieder fest: Jede empfindet anders, jede trauert anders, jede bewältigt es anders. Außerdem glaube ich: Wer einen starken Glauben hat, der kann sein Schicksal anders annehmen. Dann kann man immer weitermachen, egal, wie weit unten man ist.

Meine Mutter ist mit 46 Jahren an einer ganz gewöhnlichen Gallensteinoperation wegen einer falschen Behandlung verstorben. Ich hatte einen elfjährigen Bruder, eine 19-jährige Schwester und mein Vater besaß eine große Landwirtschaft. Ich war öfters mit den Nerven ganz am Ende, weil wir einfach nicht wussten, wie es weitergehen sollte. Das hat mich sehr geprägt. Ich habe ganz bewusst einen Mann geheiratet, der krank war. Zu der Zeit war ich schon mit ihm zusammen, und meine Mutter hat immer gefragt: „Willst du dir das wirklich antun?“ Aber ich habe gesagt: „Er ist so ein toller, liebenswerter Mann. Warum soll nicht auch er das Glück erleben?“

Er war ein Bild von einem Mann! Als wir uns kennenlernten, war ich 18 und er 26; und als er starb, war ich 24. Er war in der Zeit x-mal im Krankenhaus. Er ließ sich in der Schweiz behandeln, denn hier wäre er gleich verstorben; die Boecksche Krankheit (heutige Bezeichnung: Sarkoidose, bei der Gewebeknötchen [Granulome] überall im Körper entstehen und Entzündungsreaktionen hervorrufen, die die Organe schädigen; besonders die Lunge ist betroffen) war in Deutschland kaum bekannt. Er wurde mit Cortison behandelt, das es damals nur in der Schweiz gab. Seine Eltern hatten ein gutgehendes Geschäft und konnten sich die Behandlung leisten, aber: Das Cortison war nicht gereinigt, es war ein Urprodukt. Daraufhin bekam er Geschwülste.

1963 haben wir geheiratet, nachdem man ihn ermutigt hatte: „Alles ist gut!“ Ich hatte mich noch erkundigt, ob dem Wunsch nach Kindern nichts im Wege steht, aber es hieß, das sei nur eine Infektionskrankheit. Es war unser beider große Liebe, sie schlug ein wie ein Blitz! So haben wir beschlossen, wir machen es einfach. Kaum zu glauben, aber ab der Hochzeit war mein Mann drei Jahre lang nicht mehr krank! Er hat gearbeitet und wir haben unsere zwei Mädchen bekommen. Es war eine schöne, erfüllende Zeit. Im selben Jahr, als unsere zweite Tochter auf die Welt kam, waren wir wie so oft bei meinen Schwiegereltern. Es war warm und schön, mit einem blauen, weiten Himmel. Das Letzte, was er sagte, war: „So ein wunderschöner Abend!“ Am Gartentor fing er an zu husten. „Ich geh schon mal rein, huste dich aus“, sagte ich und ging nach den Mädchen schauen in der Hoffnung, dass sie nicht aufwachten. Dann zog ich meinen Schlafanzug an, als es plötzlich in mich fuhr: „Wo ist er? Da stimmt doch was nicht!“ Auf dem Flur kam er mir torkelnd entgegen. „Schatz, was ist?“, fragte ich. „Den Doktor“, bat er. Ich rannte zu den Schwiegereltern gerade so, wie ich war. Später sah ich, dass er in der Waschküche die Lunge ausgeblutet hat – aber er hatte nichts gesagt! Dabei dachten wir doch, es sei alles gut. Als er starb, waren die Mädchen eineinhalb Jahre und drei Monate alt. Ich war verzweifelt, hatte Existenzängste – mein Lebenstraum war mit einem Mal zu Ende. Alles brach zusammen. Im Nachhinein kann ich das Positive sehen: Weil Kinder da waren, hatte ich keine Zeit zum Trauern.

Ich versuchte, mit Mut und Kraft das Leben neu zu ordnen. Die Zukunft musste entwickelt werden, egal wie; das eigene Ich rückte total in den Hintergrund. Ich dachte nur: „Ich muss für die Kinder da sein!“ Hätte ich nicht meine Eltern und die Schwiegereltern gehabt, wie hätte ich überleben können mit den Kindern? Ich musste mit 400 DM auskommen. Alles habe ich selber gestrickt, gehäkelt, genäht. Von meinem Vater habe ich Naturalien bekommen, ich musste nichts kaufen. Meine Kinder haben keine Milch getrunken, die Schwiegereltern haben immer Malzbier gekauft, das hätte ich mir gar nicht leisten können. Wenn man heute immer sagt: Milch und Muttermilch – alles Quatsch! Meine sind mit Malzbier großgeworden.

Arbeiten, planen – wie geht es weiter? „Mein Gott, jetzt haben wir niemanden mehr“, jammerten meine Schwiegereltern. „Wie bitte? Ihr habt doch mich!“, widersprach ich. An jenem Abend habe ich den beiden versprochen, dass ich sie ihr ganzes Leben lang nicht alleinlassen werde. Sie hatten uns so viel geholfen und waren immer für ihren Sohn da. Meine Schwiegermutter wollte eigentlich nicht mehr leben, das war schlimm. 1966 ist mein Mann verstorben, und 1970 ist meine Schwiegermutter tödlich verunglückt. Keiner weiß, warum sie allein im Schneesturm über die Straße und in ein Auto gelaufen ist. Der Fahrer hat gesagt, er habe niemanden gesehen. Von da an habe ich 25 Jahre meinen Schwiegervater versorgt. Mit Geschäft, Garten – nein, zwei Gärten, zwei Häuser! 25 Jahre lang kam er hierher zum Essen. Ich machte nie Urlaub, nichts. Ich habe nur alle versorgt. Das war in den ersten Jahren das Schlimmste, von jedem so vereinnahmt zu werden.

Es war gut gemeint, aber ich wollte mir nicht mehr sagen lassen, wo man am Wochenende hinfährt und was ich mit den Kindern machen soll. Ich wollte selber über mein Leben bestimmen. Darum habe ich mir gesagt: „Ich muss nach einem neuen Partner Ausschau halten. Die Kinder brauchen einen Vater.“ Aber gleich darauf dachte ich: „Das kann nicht funktionieren, denn: Welcher Mann heiratet eine Witwe mit zwei kleinen Kindern?“

Mein Mann hatte für mich in der Verlobungszeit die Zeitschrift „Haus und Familie“ abonniert, die ich über Jahrzehnte hinweg las. Darin waren auch Kontaktanzeigen. Im Winter 1967/68 – da war ich 23 und mein Mann seit zwei Jahren tot – stieß ich auf eine Anzeige und dachte: „Mein Gott, dieser Mann hat es auch schwer!“ Ein Rezept für eine Quarktorte gefiel mir und ich hob das Heft auf. An Ostern fiel mir die Torte wieder ein und ich holte es wieder hervor. Als ich es aufschlug, sprang mir gleich wieder die Kontaktanzeige ins Auge. Es war wie ein Wink des Schicksals. „Jetzt schreibe ich dem Mann und mache ihm Mut“, nahm ich mir vor. Er hatte nämlich nur seine schlechten Eigenschaften beschrieben! „Ungewöhnlich“, dachte ich. Er schrieb, dass er viel Arbeit hat, ein eigenes Geschäft und ein achtjähriges Töchterlein; dass er Raucher ist, nicht tanzen kann … Aber am Schluss: sehr zärtlich! Das war’s. Ich schrieb ihm, dass er nicht verzweifeln soll und dass er bestimmt wieder jemanden findet. 72 Zuschriften hatte er bekommen! Mit meinem Brief ging er zu seiner Mutter und sagte: „Die oder keine!“ Aber seine Mutter antwortete: „Die Frau will doch gar nichts von dir. Sie ist 16 Jahre jünger wie du und hat selber schon so einen schweren Schicksalsschlag erlebt. Sie wollte dir nur ein bisschen Mut machen.“ In meinem Schreiben hat er das Abbild seiner Frau gesehen. Sie war an Krebs verstorben. Seine Tochter war von ihm und seiner Frau adoptiert worden, da es mit einem leiblichen Kind nicht geklappt hatte.

Dann ging es mit den Briefen hin und her. „Jetzt muss ich ihn mal sehen“, beschloss ich. Wir wohnten etwa drei Stunden auseinander. Das erste Mal, dass ich meine Schwiegereltern anlog, weil ich noch nichts davon erzählen wollte: „Ich gehe eine Freundin übers Wochenende besuchen“, sagte ich. Nur meinem Vater sagte ich die Wahrheit.

Der Mann war sehr alt und total am Boden. Er kam in einem schwarzen Anzug angereist, grauhaarig und verbraucht. Keine Schönheit. Aber – was für eine Ausstrahlung! Als ich im Zug heimfuhr, sagte ich mir: „Nein, das tue ich mir nicht an. Was der alles am Hals hat!“ Aber der Mann hat nicht aufgegeben. Er schrieb mir solch herzliche Briefe und bot an, zu mir zu ziehen. Denn für mich war klar: „Von hier gehe ich nicht weg.“ Ich hatte das neue Haus, die Schwiegereltern, denen ich versprochen hatte, für sie da zu sein. Das hat er alles akzeptiert. Er war bereit, sein Geschäft aufzugeben und hier mit 46 Jahren nochmal neu anzufangen. Ich half ihm, das Geschäft aufzulösen.

Solch einen Mann gibt es selten! Er hat mich auf Händen getragen. Ich brachte ihn hier in einem Betrieb unter, aber es war eine belastende Stelle. Nach oben musste er buckeln, aber nach unten konnte er gar nicht treten, weil er so ein feiner Mensch war. Und intelligent! Im Krieg war er Pilot, das Fliegen war sowieso seine Leidenschaft. Über Russland wurde er dann abgeschossen, Schädelbasisbruch, beide Knie gebrochen. Es war ein Wunder, dass er überlebt hatte. Die russischen Ärzte haben ihn zusammengeflickt. Er hatte furchtbare Schmerzen. Als Einziger von den sieben Flugkameraden ist er aus dem Krieg zurückgekommen. Als er es geschafft hatte, irgendwie heimzukommen, erkannte ihn die eigene Mutter nicht, so verlaust und abgemagert war er.

Einen besseren Vater hätte ich für die Kinder nicht haben können, das war er wirklich. Unsere Liebe war nicht sofort da, sie ist gewachsen. Er hat mir alle Freiheiten gelassen, er hat Geld verdient und sich hier gut eingewöhnt. Seine Tochter war von der ersten Stunde an meine Tochter, wie die anderen auch. Die drei haben sich immer gut verstanden. Sie wird demnächst sechzig und ist eine ganz tolle Frau! Ja, es ist alles gut gelaufen, aber nur, weil ich gesund war und so viel Kraft hatte, um dies alles zu bewältigen. Streit und Unfrieden konnte ich nie vertragen. Ich habe alle ins Boot geholt, alle haben mitgezogen, denn unser Motto war: Das machen wir alles miteinander. Dazu gehört aber, dass man frei ist von Egoismus und Ichbezogenheit, sonst funktioniert das nicht.

Ein gemeinsames Kind mit meinem zweiten Mann habe ich abgelehnt, weshalb er auch sehr böse mit mir war. „Nein, nein“, sagte ich. „Wir haben jetzt drei Kinder, und die Verantwortung für ein weiteres kommt für mich nicht in Frage.“ Das habe ich durchgesetzt, da war ich sehr selbstbewusst. Es wäre deshalb aber fast zum Bruch gekommen. Wahrscheinlich hätte es sowieso nicht geklappt, mit der ersten Frau ging es ja auch nicht. Das lag an der Fliegerei. Die Maschinen, mit denen man früher flog, wurden mit Bleibenzin betrieben, das die Spermien der Männer abtötete. Sehr wahrscheinlich war das der Grund für seine Zeugungsunfähigkeit; aber früher konnte man das ja nicht so untersuchen.

Heute ist alles anders, auch die Trauerbewältigung. Wie heute den Leuten geholfen wird! Ich hatte niemanden. Alles habe ich selber mit mir ausgemacht.

Mein zweiter Mann ist an Krebs gestorben. Der Arzt hatte ihn abgetastet und mir hinterher im Vertrauen gesagt: „Ich taste überall Metastasen. Es gibt nur die Möglichkeit ihn zu operieren, damit er nicht allzu früh einen Darmverschluss bekommt.“ Das ist das Schlimmste, was einem Krebspatienten passieren kann. Da hilft nichts mehr, kein Schmerzmittel, nichts. Der Arzt sagte voraus, dass er noch ein Vierteljahr haben wird, in dem es ihm gut geht: „Macht alles, was euch Freude macht; denn dann geht es rigoros bergab.“ Genauso ist es gelaufen. Es war ein Vertrauensbruch, aber ich habe die Prognose meinem Mann nicht gesagt. „Du wirst operiert und du wirst sehen, dann geht es wieder aufwärts“, beruhigte ich ihn. Ich wollte nicht, dass er sich das Leben nimmt, denn er hat immer gesagt: „Wenn ich einmal Krebs bekomme, mache ich das nicht mit.“ In diesem letzten halben Jahr seines Lebens war ich voll für ihn da. Aber wir konnten eigentlich nichts mehr unternehmen. Beim Autofahren hat ihn jede kleine Erschütterung geschmerzt. Ich habe ihm die Spritzen gegeben und zweimal die Woche waren wir beim Arzt. Nun musste ich noch mehr selber bewältigen, Autofahren, die Oma in die Kur bringen … Denn seine Eltern hatten wir inzwischen auch hierhergeholt! Sein Vater ist allerdings nach vier Wochen verstorben, und dann saß die Mutter allein in der Wohnung. Aber ich habe mich so gut mit ihr verstanden. Und da die andere ja tödlich verunglückt war, gab es ja „nur noch“ die eine Schwiegermutter. Das war vielleicht das Gute daran, wer weiß, ob es mit beiden gutgegangen wäre … Sie war eine bewundernswerte Frau. Denn als mein Mann nach einem halben Jahr verstorben war, sagte sie zu mir: „So, jetzt ist es gut. Du hast so viel geleistet, ich geh jetzt in meine alte Heimat ins Altersheim. Um mich musst du dich nicht mehr kümmern.“ Da war sie 87.

Mein zweiter Mann ist nach 18 Jahren Zusammensein im November 1987 verstorben. Und im Dezember war ich schon auf dem Arbeitsamt, denn es war klar, dass ich mit der kleinen Witwenrente nicht auskommen würde. Der Berater sagte: „Haben Sie ein Glück! Es gibt eine Wiedereingliederungsschule für ehemalige Industriekaufleute. Aber Sie müssen sich gleich in den nächsten fünf Minuten entscheiden.“ Ich bin dann auf den Gang raus und habe nachgedacht. Die ganze Familie saß ja bei mir am Tisch – wie sollte ich in die Schule gehen und mittags erst heimkommen, dann wieder alle Leute versorgen? Aber ich wollte das auch noch schaffen. So bin ich wieder ins Büro rein und habe gesagt: „Okay, melden Sie mich an.“ Denn es ging um Minuten, der Platz hätte gleich vergeben sein können. Schon am nächsten Tag fuhr ich nach Rottweil in die Schule. Zu Hause versammelte ich alle um mich und sagte: „In Zukunft wird nicht mehr um halb zwölf, sondern um halb zwei zu Mittag gegessen.“ Die Schule ging ein halbes Jahr und ich habe einen guten Abschluss gemacht. Aber dann – was tun? Ich rief den ehemaligen Chef meines zweiten Mannes an, der mir früher schon angeboten hatte, ich könne mich an ihn wenden, da er wusste, dass wir es nicht leicht hatten. Er bot mir eine Stelle als Mutterschutzvertretung an. Ich habe zugesagt, bin voll ins kalte Wasser gesprungen. Die Arbeit war dann auch sehr umfangreich. „Sie lassen wir hier nicht mehr gehen“, sagte der Chef nach einem halben Jahr zu mir. Und so kam es, dass ich bis zur Rente in der Firma blieb! Irgendwie schaffte ich es immer, alles unterzubringen und zu bewältigen. Dazu noch mein unterstützendes Umfeld. Ich glaube, ich habe alles richtig gemacht, ich konnte es sowieso nicht anders. So war mein Leben.

Meins war es nie, daheim zu sitzen und zu heulen. Über Jahrzehnte habe ich vier Gräber versorgt, das hat mir sehr viel gegeben: an einer Grabstelle zu stehen und mit dem Verstorbenen Gespräche zu führen. Und wenn es nur zwei Minuten waren. Das hat mir am Anfang, wenn ich wieder allein war, am meisten gebracht. Zeit für Trauerbewältigung hatte ich eigentlich nie. Man muss loslassen können, einfach loslassen. Heute sehe ich, es war meine Lebensaufgabe, das Viele zu bewältigen. Den Herrgott habe ich währenddessen oft gespürt! Beide Männer musste ich loslassen. Mit dem ersten hatte ich so eine erfüllte Zeit, das erlebt nicht jeder. Und beim zweiten dachte ich: „Ich habe so viel Kraft, ich kann ihn mit seinem Kind nochmals vorwärtsbringen, wenn er bereit ist, mir entgegenzukommen.“ Und – es hat geklappt! Er hat mir einen sehr bewegenden Abschiedsbrief geschrieben; wenn ich heute dran denke, könnte ich immer noch heulen.

Ich war 46, als mein zweiter Mann verstarb, und ich war ein Mensch, der nicht allein sein wollte. Meine Töchter waren inzwischen groß. Ich habe keine Schwiegersöhne und keine Enkel, warum auch immer. Jedes meiner Mädels ist ganz toll, jedes auf seine Art, und ich habe immer gesagt: „Macht so, wie ihr denkt!“ Ich habe nie geklammert, alles läuft auf freiwilliger Basis.

Einen geschiedenen Mann hätte ich nie genommen, denn: „Ein Bock allein stößt nicht.“ Das sind doch in der Regel besondere Menschen, die nicht an ihrer Beziehung arbeiten können. Man kann natürlich immer davonlaufen, aber ich finde: Wenn man sich das Ja-Wort gegeben hat, dann muss man doch an der Beziehung arbeiten. Das funktioniert! Man sollte sein eigenes Ich zurücknehmen und schauen, dass man nicht an sich klebt. Es gibt so viele egoistische Menschen. Ich sehe oft allein reisende Menschen, und das bedrückt mich. Man macht sich das Leben doch selber schwer, wenn man immer nur auf sich bezogen lebt. Während man, wenn man auf andere zugeht, auch persönlich vorankommt.

Wenn du Witwe bist, passieren dir abartige Dinge. Es haben sich manche Männer um mich bemüht, darunter auch verheiratete. Da denkt ja jeder, er kann einfach was mit dir anfangen, wenn du allein bist. Dem wollte ich entgehen. So gab ich, als ich 52 war, eine Annonce auf, auf die sich einige Männer meldeten. Aus einem Brief hat eine große Charakterstärke gesprochen. Und seit 25 Jahren habe ich wieder einen Partner! Inzwischen haben wir viele Reisen zusammen gemacht, wir unternehmen viel und an den Wochenenden bin ich nicht allein. Aber zusammenleben, nein, das wollte ich nicht mehr. Mein jetziger Partner hat einen Sohn und er hat seine Frau durch Krebs verloren. Ich wollte eigentlich nicht mehr das ganze Leid von anderen verkraften, aber auch seiner Familie kann ich mich nicht entziehen. Da laufen oft Sachen nebeneinander her, das ist manchmal belastend. Und obwohl wir nicht zusammenwohnen, bin ich natürlich mitten drin. Aber heute denke ich: „Es kann kommen, was will.“ Man kann so oft im Leben anderen Hilfestellung leisten – und ich finde, es ist unsere Aufgabe, das zu tun.

Weiter leben!

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