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|11|Vorwort
ОглавлениеLateinische Stilübungen – die übliche Bezeichnung für Übersetzungen aus dem Deutschen ins Lateinische – sind, gerade zu Beginn, eine komplizierte Angelegenheit. Kaum ein Studierender bewältigt diese Form der Sprachübung ohne größere Anfangsschwierigkeiten. Zu dem, was man im Lateinunterricht als „Lektüreschock“ (Einstieg in die erste Prosalektüre) und „Dichtungsschock“ (erste Bekanntschaft mit Ovid oder Catull) bezeichnet, gesellt sich deshalb zu Beginn des Studiums gern der „Stilübungsschock“: Die Übersetzungsrichtung deutsch-lateinisch ist ungewohnt und wurde in der Schule kaum trainiert. Hinzu kommt, dass man nicht in beliebiges, sondern in „klassisches“ Latein übersetzen soll, d.h., man soll auch noch schreiben wie Cicero.
Erst im Laufe der Zeit wird so manchem klar, worin der Sinn von Stilübungen liegt. Das Latein Ciceros und Caesars ist die Folie, auf deren Hintergrund eine davon abweichende Sprachverwendung erst auffällt. Eine gute Kenntnis dieses Lateins hilft also bei der stilistischen Beurteilung anderer Autoren. Außerdem verwendet man bei den Stilübungen Konstruktionsmuster, nach denen lateinische Sätze gebildet werden. Genau diese Muster muss man aber kennen, um einen lateinischen Satz verstehen zu können. „Aktive“ Lateinbeherrschung erleichtert daher ungemein die „passive“ Übersetzung aus dem Lateinischen ins Deutsche. Schließlich ist es für angehende Lateinlehrerinnen und -lehrer unerlässlich, fehlerfreie lateinische Texte zu erstellen, als Arbeitsmaterial für Unterricht und Klassenarbeiten.
Hinzu kommt, dass sich für Studierende der alten Sprachen in den letzten Jahren die Ausgangsbedingungen geändert haben. Nicht alle, die ein Studium der lateinischen Sprache und Literatur beginnen, bringen von der Schule ausgedehnte Lektüreerfahrung mit. Häufig wurde Latein als dritte Fremdsprache belegt, sodass beim Studieneintritt zwar die Grundvoraussetzungen erfüllt sind, aber nicht die Vertrautheit mit der Sprache herrscht, wie sie ein sieben- oder gar neunjähriger Unterricht erzeugt. Bisweilen werden Stilübungsveranstaltungen auch von Studierenden besucht, die erst an der Universität ein Latinum erworben und sich danach zu einem Lateinstudium entschlossen haben. Kein Wunder also, dass sich nicht wenige Anfänger gerade bei den Stilübungen verzweifelt die Haare raufen.
Diesen gewandelten Realitäten will unser Buch Rechnung tragen – ohne dass das Ziel „ordentlicher“ Stilübungen aus den Augen verloren werden soll. Es richtet sich bewusst an die Einsteiger in die deutsch-lateinischen Übersetzungen und geht betont kleinschrittig vor: Wer mit dem Buch arbeitet, wird langsam von Abschnitt zu Abschnitt geführt; es wird ferner nur das vorausgesetzt, was bereits erarbeitet wurde.
Was die Textgrundlage betrifft, haben wir uns bewusst für eine enge Auswahl entschieden: Es kommen nur Übungssätze und Texte aus den (echten) Caesarwerken und den Werken Ciceros unter Ausschluss seiner Briefe vor. Man könnte auch für |12|eine weiter gefasste Textauswahl plädieren und beispielsweise einen dem klassischen Latein „nahestehenden“ Autor wie Cornelius Nepos miteinbeziehen oder auch Übungstexte bieten, die nicht aus antiken lateinischen Werken entnommen sind, sodass gar keine „Rückübersetzung“ vorliegt. Aber dies wird vielleicht nicht in allen Universitätskursen so praktiziert, und wir wollten das Buch für möglichst viele Stilübungsteilnehmer benutzbar machen.
So erklärt sich auch die eher konservative grammatische Terminologie: nicht wenige hätten hier wohl eine Einbeziehung moderner Ansätze bevorzugt. Aber diese Ansätze – man mag dies bedauern – haben noch nicht in allen Stilübungskursen Einzug gehalten, und so haben wir gleichsam den kleinsten gemeinsamen Nenner gewählt.
Danken möchten wir all denen, die uns bei der Arbeit an diesem Buch unterstützt haben. Hier sind zunächst die Studierenden unserer Lehrveranstaltungen zu nennen, die uns durch ihre Mitarbeit und ihr Nachfragen vieles klarer sehen ließen.
Sarah Catrein-Träm hat das Werk einer kritischen Durchsicht unterzogen und aus fachdidaktischer und schulpraktischer Perspektive viele wertvolle Anregungen gegeben. Danken möchten wir auch der WBG für ihre Bereitschaft, unser Werk in ihr Programm aufzunehmen, und namentlich Frau Regine Gamm, Frau Melanie Kattanek und Frau Julia Rietsch für die freundliche Betreuung und kompetente Lektorierung. Was sich an Irrtümern noch im Text findet, ist natürlich ganz uns Autoren anzulasten.
Es ist zutiefst zu bedauern, dass Prof. Klaus Schöpsdau, der viele Jahre lang die Stilübungskurse an der Universität des Saarlandes betreut hat, die Fertigstellung des Bandes nicht mehr erleben konnte. Durch seine bewunderswerte methodisch-didaktische Klarheit hat er Generationen von Studierenden, darunter auch Christoph Catrein, Freude an den alten Sprachen und gerade auch an deutsch-lateinischer Übersetzung vermittelt. Ohne sein prägendes Wirken wäre dieses Buch in dieser Form nicht möglich gewesen.
Unsere Familien hatten während unserer Arbeit viel Geduld und Nachsicht mit uns, wofür wir ihnen sehr dankbar sind. Ihnen sei daher das Buch gewidmet.
Wir hoffen, dass wir einen Beitrag dazu leisten können, Studierenden Berührungsängste mit den Stilübungen zu nehmen. Denn eines haben wir in unseren Lehrveranstaltungen immer wieder erfahren: Viele Teilnehmer, die mit größten Anfangsschwierigkeiten gestartet sind, haben am Ende gerne Stilübungen betrieben. Dabei zu helfen, ist unser Ziel.
Saarbrücken und Köln im November 2017
Christoph Catrein, Andreas Spal