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|17|Tempusgebrauch

Bisweilen wird ein Tempus im Lateinischen anders eingesetzt als im Deutschen. Weil dies auch bei der Übersetzung aus dem Deutschen ins Lateinische Probleme bereiten kann, seien einige kurze Bemerkungen vorweggeschickt. Manche Einzelfälle werden in späteren Kapiteln behandelt, nämlich in:

„Der einfache Satz“:

Modus im Hauptsatz 2. Verwendungsweisen des Konjunktivs

„Der zusammengesetzte Satz“:

Modi und Tempora in Nebensätzen – Indirekte Fragesätze

Kondizionalsätze

Final-, Konsekutiv- und quin-Sätze

Temporalsätze

Die Oratio obliqua

Perfekt vs. Imperfekt

RHH 211–212; BS 135–137

„Alle Soldaten flohen.“ Milites omnes fugerunt – oder fugiebant? Welche Vergangenheitsform ist die richtige? Ist das deutsche Präteritum treffender durch das lateinische Perfekt oder durch das Imperfekt wiederzugeben? Das zu entscheiden, ist v.a. bei Einzelsätzen nicht so einfach. Beim Gebrauch von Perfekt und Imperfekt im Lateinischen gilt grundsätzlich Folgendes:

Das Perfekt wird im Lateinischen verwendet als

a) historisches Perfekt; es ist das Erzähltempus für einmalige Ereignisse der Vergangenheit.

b) konstatierendes Perfekt; es drückt – unabhängig von einer Erzählung – aus, dass ein Sachverhalt abgeschlossen ist.

c) resultatives Perfekt; ein Ereignis der Vergangenheit ist auch als Ergebnis für die Gegenwart gültig (Urbs deleta est. = Die Stadt ist zerstört.).

|18|Die Übergänge von konstatierendem zu resultativem Perfekt können fließend sein.

Das Imperfekt wird im Lateinischen verwendet als

a) Hintergrundtempus; Ereignisse, die die Haupthandlung begleiten oder umrahmen und deren Anfangs- und Endpunkt nicht entscheidend sind.

b) als iteratives Imperfekt; sich wiederholende Ereignisse oder dauerhafte Zustände.

c) als konatives Imperfekt; etwas wird versucht, aber nicht bis zu Ende geführt.

In erzählenden Texten gibt es häufig ein Nebeneinander von Imperfekt und Perfekt. Das Imperfekt schildert dann in der Regel den „Hintergrund“ einer Handlung, das Perfekt erzählt das „Hauptereignis“. (Daneben wird auch das sog. historische Präsens in der gleichen Weise wir das historische Perfekt als Vergangenheitstempus verwendet.) Da es bei Einzelsätzen, die aus ihrem Kontext gelöst sind, häufig nicht eindeutig zu entscheiden ist, ob das deutsche Präteritum durch das Perfekt oder das Imperfekt wiederzugeben ist, haben wir bei den Lösungssätzen in diesem Buch darauf verzichtet, jedesmal zu vermerken, ob neben beispielsweise dem Imperfekt des Originalsatzes auch Perfekt möglich ist.

Präsens vs. Futur

RHH 210,3; BS 133–134

Im Deutschen steht oft ein Präsens, obwohl etwas Zukünftiges gemeint ist: „Morgen schreibe ich einen Brief.“ Im Lateinischen muss man in diesen Fällen auf das Futur I zurückgreifen: Cras epistulam scribam. Auch das lateinische Futur II, das Handlungen beschreibt, die in der Zukunft abgeschlossen sind, wird im Deutschen nicht genau nachgeahmt, sondern meist durch das Perfekt wiedergegeben: „Morgen habe ich den Brief geschrieben.“ – Cras epistulam scripsero. Beim Übersetzen ins Lateinische muss man sich also zu größerer Genauigkeit zwingen.

Lateinische Stilübungen für Studienanfänger

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