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IV. Zentrale Rolle des GHEU
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Eine wichtige Rolle innerhalb der EU nimmt der GHEU ein, der aus dem Gerichtshof (EuGH) und dem Gericht (EuG) besteht (Art. 19 I UA 1 S. 1 EUV). Der GHEU ist Hüter der Verträge und Garant für die einheitliche Auslegung und Anwendung des Unionsrechts in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Überdies sichert er das institutionelle Gleichgewicht zwischen den europäischen Institutionen und Organen.
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Für die Erfüllung dieser Funktionen sehen die Verträge verschiedene Rechtsschutzverfahren vor. In ihrer Gesamtheit führen diese Verfahren dazu, dass der GHEU einerseits als Fachgericht über die Auslegung und richtige Anwendung des materiellen Unionsrechts entscheidet. Andererseits kommen ihm durch die Auslegung des primären Unionsrechts und der Entscheidung über die darin vorgesehenen Rechte und Pflichten der Unionsorgane (diese zählt Art. 13 EUV auf) sowie die unionsrechtlich übernommenen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten auch verfassungsgerichtliche Funktionen zu, soweit man das Primärrecht als die Verfassung der Europäischen Union ansieht.
Beispiel:
Die Zuständigkeiten für die Nichtigkeitsklage werden zwischen EuGH und EuG in einem differenzierten System zugewiesen. Im Ergebnis werden dabei die eher verwaltungsrechtlichen Fälle dem EuG, die hingegen als verfassungsrechtlich zu charakterisierenden Fälle dem EuGH zugewiesen (s. Rn. 221 ff.).[20]
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Auch der GHEU ist ein Geschöpf der Verträge, errichtet durch den Willen der Mitgliedstaaten nach den Art. 19 EUV, Art. 251 ff. AEUV und begrenzt durch das geltende Unionsrecht. Doch da der GHEU die Europäische Union als Rechtsgemeinschaft (so der Gerichtshof selbst in der Rs. 294/83 [Les Verts/Parlament][21]) maßgeblich konkretisiert, nimmt er eine zentrale Funktion im Gesamtkonstrukt der EU ein. Ausschließlich ihm unterliegt die Kontrolle unionaler Rechtsakte sowie die letztverbindliche Auslegung und Anwendung des Unionsrechts (vgl. Art. 19 I UA 2 EUV), ohne dass er dabei selbst über dem Primärrecht steht. Die Schwerfälligkeit des Vertragsänderungsverfahrens (Art. 48 EUV) führt allerdings dazu, dass eine dem Willen der primärrechtssetzenden Mitgliedstaaten nicht entsprechende GHEU-Interpretation jedenfalls der EU-Verträge nur schwerlich korrigiert werden kann.
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Vertiefende Literatur:
von Bogdandy, Was ist Europarecht?, JZ 2017, 589 ff.; Everling, Rechtsschutz in der Europäischen Union nach dem Vertrag von Lissabon, EuR 2009 Beiheft 1, 71; Haratsch, Die kooperative Sicherung der Rechtsstaatlichkeit durch die mitgliedstaatlichen Gerichte und die Gemeinschaftsgerichte aus mitgliedstaatlicher Sicht, EuR 2008, Beiheft 3, 81 ff.; Kraus, Die kooperative Sicherung der Rechtsstaatlichkeit der Europäischen Union durch die mitgliedstaatlichen Gerichte und die Gemeinschaftsgerichte, EuR 2008, Beiheft 3, 109 ff.; Lenaerts, Kooperation und Spannung im Verhältnis von EuGH und nationalen Verfassungsgerichten, EuR 2015, 3 ff.; Pernice, Die Zukunft der Unionsgerichtsbarkeit, EuR 2011, 151 ff.; Schwarze, Die Wahrung des Rechts durch den Gerichtshof der Europäischen Union, DVBl 2014, 537 ff.; Sydow, Europäisierte Verwaltungsverfahren, JuS 2005, 97 ff.; Voßkuhle, Der europäische Verfassungsgerichtsverbund, NVwZ 2010, 1 ff.