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III. Rechtfertigung des Vertragsverstoßes
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Aufgrund der objektiv-rechtlichen Natur des Verfahrens können sich die betroffenen Mitgliedstaaten in ihrer Verteidigung nur auf drei Argumente zu ihrer Verteidigung berufen. Sie können
1. | die dem Verfahren zugrunde liegenden Tatsachen bestreiten; |
2. | sich auf höhere Gewalt (force majeure) berufen, die ein unionsrechtmäßiges Verhalten objektiv unmöglich gemacht habe; dazu muss die Kommission (bzw. der antragstellende Mitgliedstaat) rechtzeitig über diese Umstände informiert worden sein; |
3. | darlegen, dass ihr Verhalten aus Rechtsgründen keine Vertragsverletzung darstellt.[53] |
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Abgesehen von dem tatsächlichen Bestreiten des Sachverhalts, das in der Praxis eher selten vorkommt, stehen dem betroffenen Mitgliedstaat ausschließlich Verteidigungsgründe zur Verfügung, die aus dem Unionsrecht abgeleitet werden können. Im nationalen Recht begründete Rechtfertigungen, insbesondere der Einwand, unionsrechtmäßiges Verhalten widerspreche nationalem Verfassungsrecht, sind nach der Rechtsprechung des EuGH unzulässig.[54] Die Mitgliedstaaten können das eigene unionrechtswidrige Verhalten auch nicht mit der Vertragsbrüchigkeit anderer Mitgliedstaaten rechtfertigen,[55] oder sich auf eine zu kurze Dauer der Umsetzungsfrist oder Schwierigkeiten bei der Auslegung einer Richtlinie berufen[56]. Das Argument, die Umsetzung einer Richtlinie stehe unmittelbar bevor, hat der EuGH ebenfalls zurückgewiesen.[57]
§ 4 Das Vertragsverletzungsverfahren › D. Entscheidung des EuGH