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E. Die Durchsetzung des Urteils

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Der feststellende Charakter des Vertragsverletzungsverfahrens nach Art. 258 f. AEUV erlaubt grundsätzlich keine Vollstreckungsmöglichkeit. Sollte ein Mitgliedstaat die in dem Urteil des EuGH für unionswidrig erklärten Maßnahmen nicht beseitigen, kann die Kommission den EuGH erneut wegen der Nichtbefolgung des Urteils nach Art. 260 II AEUV anrufen. Art. 260 II AEUV ermöglicht es dem Gerichtshof, auf Antrag der Kommission – nicht auf Antrag eines Mitgliedstaats – einen Pauschalbetrag (d.h. eine einmalig zu zahlende Summe) oder ein Zwangsgeld (d.h. eine fortlaufende Zahlung in Tagessätzen) gegen den betreffenden Mitgliedstaat zu verhängen. Diese Sanktionen können nach Ansicht der Rechtsprechung aufgrund ihrer unterschiedlichen Zwecke auch kumulativ angewendet werden. Die Höhe der sanktionierenden Geldbußen wird von der Kommission anhand festgelegter Kriterien berechnet, darunter die Dauer und Schwere des Verstoßes und die erforderliche Abschreckungswirkung.[59] Der Gerichtshof ist an die Berechnungsmethode und den konkreten Vorschlag der Kommission zwar nicht gebunden, sieht darin aber einen „nützlichen Bezugspunkt“ für eigenständige Erwägungen, anhand derer er die finanziellen Sanktionen erlässt.[60]

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Der Vertrag von Lissabon hat diese Sanktionsmöglichkeiten verschärft: Nach Art. 260 III AEUV besteht mittlerweile die Möglichkeit, Sanktionen bereits im ersten Verfahren nach Art 258 AEUV zu verhängen, wenn der von der Kommission vorgebrachte Vertragsverstoß die mangelnde mitgliedstaatliche Umsetzung einer Richtlinie betrifft. Art. 260 III AEUV ist jedoch etwas unglücklich formuliert, da allein auf die Mitteilung der Umsetzung und nicht auf die materielle Umsetzung der Richtlinie abgestellt wird. Es ist davon auszugehen, dass sich Art. 260 III AEUV auch und gerade auf Fälle bezieht, in denen der betroffene Mitgliedstaat keinerlei Maßnahmen zu Umsetzung getroffen hat. Sofern allerdings nur die Mitteilung unterblieben ist, die Richtlinie aber materiell vollständig umgesetzt wurde, sollte die Kommission dem EuGH keine Sanktionen gegen den betroffenen Mitgliedstaates vorschlagen.[61]

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Ein weiterer rechtswissenschaftlicher Streitpunkt betrifft die Frage, ob und inwieweit EU-Sanktionen gegenüber den Mitgliedstaaten vollstreckt werden können. Eine Ansicht argumentiert, Art. 280 AEUV in Verbindung mit Art. 299 I AEUV schließe eine solche Vollstreckungsmöglichkeit ausdrücklich aus.[62] Gegen diese Interpretation des EU-Primärrechts spricht, dass Art. 299 I AEUV darauf abzielt, bestimmten Einzelentscheidungen der Kommission und des Rats Vollstreckungscharakter zu verleihen, während Urteile des EuGH im Sinne des Art. 280 AEUV bereits ausdrücklich vollstreckbar sind. Aufgrund dieses offensichtlichen Widerspruchs ist anzunehmen, dass Art. 280 AEUV lediglich eingeschränkt auf Art. 299 AEUV verweist, d.h. nur auf dessen Absätze 2 bis 4. Dafür spricht auch, dass die Mitgliedstaaten das Sanktionsverfahren des Art. 260 AEUV mit dem Ziel, Vertragsbrüchen effektiv entgegenzuwirken, in das Unionsrecht integriert haben. Die Möglichkeit, der Vollstreckung dieser Sanktionen zu entgehen, widerspricht demnach dem Sinn und Zweck des Art. 260 AEUV.[63] Die besseren Gründe sprechen also dafür, EU-Sanktionen aus erfolgreichen Vertragsverletzungsverfahren grundsätzlich vollstrecken zu können.

§ 4 Das Vertragsverletzungsverfahren › F. Zusammenfassung

Europäisches Prozessrecht

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