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3.3 Teaser/Bieterverfahren

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Insbesondere bei Bieterverfahren („Auction Process“; alternativ auch kontrolliertes Bieterverfahren, strukturiertes Bieterverfahren oder Auktionsverfahren genannt) startet nach außen hin der Transaktionsprozess mit der Versendung eines sog. Teasers an potenzielle Interessenten, die vom Verkäufer oder seinen Beratern als potenzielle Bieter identifiziert worden sind. Der Teaser enthält regelmäßig auf anonymer Basis erste Informationen zu der zum Verkauf stehenden Zielgesellschaft, oft aus öffentlich zugänglichen Quellen (Jahresabschlüssen, Pressemitteilungen, der Homepage der Zielgesellschaft).

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Bieterverfahren werden heute bei dafür geeigneten Zielgesellschaften, bei denen ein Kaufinteresse vieler strategischer Investoren und Finanzinvestoren zu erwarten ist, häufig durchgeführt. Durch sie sollen im Vergleich zu bilateralen Verhandlungen (One-on-One) bestmögliche Marktbedingungen gewährleistet werden. Verkäufer und Bieter begegnen sich allein schon wegen der Informationsasymmetrie hinsichtlich der Zahl der Bieter, des Inhalts ihrer Gebote, aber auch wegen der simplen Möglichkeit, bei ungünstigem Verlauf von Verhandlungen mit einem anderen Bieter abzuschließen, in einem Bieterverfahren nicht auf Augenhöhe. Der Verkäufer hat deshalb in Bieterverfahren typischerweise eine besonders starke Verhandlungsposition und kann leichter als bei bilateralen Verhandlungen Preis und Konditionen optimieren. Bei hinreichender Anzahl von Bietern kann es helfen, einen höheren Kaufpreis zu erzielen. Es erhöht, auch wegen des in der Regel ebenso starren wie straffen Zeitplans, die Transaktionsdynamik.184 Ein Auktionsverfahren kann zudem die Wahrscheinlichkeit steigern, den für den Verkäufer und die Zielgesellschaft „passendenKäufer zu finden.185 Die Organe der Verkäufergesellschaft sichern durch ein Auktionsverfahren ihre unternehmerische Entscheidung ab, zu den letztlich vereinbarten Bedingungen marktgerecht (insbesondere in Bezug auf den Kaufpreis186 sowie den Umfang der Garantien und Freistellungen187) verkauft zu haben.188 Andererseits erhöht ein Auktionsverfahren wegen der Mehrzahl an Bietern den Aufwand auf Verkäuferseite und auch, im Vergleich zu bilateralen Verhandlungen, oft die Dauer, also den zeitlichen Aufwand.189 Mit der Anzahl der Beteiligten und der typischerweise längeren Dauer steigt auch das Risiko, dass der Verkaufsprozess nicht vertraulich bleibt, etwa im Datenraum offengelegte Betriebsgeheimnisse zweckwidrig verwendet werden oder Schlüsselmitarbeiter der Zielgesellschaft, auf die Bieter aufmerksam geworden sind, abgeworben werden. Schließlich ist auch der Abbruch eines Auktionsverfahrens im Einzelfall für den Verkäufer oft problematischer als ein Abbruch von bilateralen Verhandlungen (One-on-One).

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Letztlich ist es daher eine unternehmerische Abwägungsentscheidung, ob auch im konkreten Einzelfall dem Auktionsverfahren Vorzug vor bilateralen Verhandlungen (die nicht exklusiv sein müssen, weshalb der Begriff der „exklusiven“ Verhandlungen oft nicht treffend ist) gegeben wird. Eine gesellschaftsrechtliche Pflicht der Organe der Verkäufergesellschaft, ein Bieterverfahren durchzuführen, besteht nicht.190

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Ein solches strukturiertes Bieterverfahren läuft regelmäßig in folgenden Schritten ab:

 – (Abwägungs-)Entscheidung zwischen bilateralen Verhandlungen (One-on-One) und Auktionsverfahren,

 – Bildung des Projektteams und Einschaltung von Beratern,

 – Bewertung der Zielgesellschaft, um zu einer realistischen Erwartungshaltung auf Verkäuferseite zu kommen und ggf. eine – im Verfahren zu verfeinernde – Grundlage für die spätere unternehmerische Verkaufsentscheidung zu bilden,

 – Erstellung und Versendung eines Teasers an potenzielle Bieter und Aufforderung, ein Erwerbsinteresse unverbindlich zu bekunden,

 – Versendung des Entwurfs einer Vertraulichkeitsvereinbarung (NDA),

 – Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung (NDA), ggf. nach Berücksichtigung legitimer Änderungswünsche des Bieters (insbesondere Private Equity-Bieter haben oft besondere Anforderungen an den Inhalt der Vertraulichkeitsvereinbarung191),

 – Versendung eines die Bedingungen des Verfahrens beschreibenden Verfahrensbriefs (Process Letter) und des Informationsmemorandums,

 – Vorbereitung des (elektronischen) Datenraums (Virtual Data Room oder kurz VDR), der datenschutzrechtliche und kartellrechtliche Schranken beachtet,

 – auf der Grundlage des Informationsmemorandums Abgabe eines rechtlich unverbindlichen sog. indikativen Angebots (Indicative Offer oder Non-Binding-Offer) durch Bieter,

 – Auswahl der zum weiteren Prozess eingeladenen Bieter und ggf. Versendung eines weiteren Verfahrensbriefs (Process Letter II) an diese,

 – Due Diligence durch diese Bieter; ggf. Zur-Verfügung-Stellung von „Vendor’s Due Diligence“-Berichten (je nach Einzelfall mit oder ohne „Reliance“ gegenüber den Bietern und dem Käufer) oder Fact Books (Letzteres beschränkt sich auf die zusammenfassende Wiedergabe des Inhalts des Datenraums ohne inhaltliche, also z.B. rechtliche Analyse und ohne Handlungsempfehlungen), die der Verkäufer und seine Berater erstellt haben,

 – Abgabe sog. bindender Angebote (Binding Offer), die im Rechtssinn typischerweise noch nicht bindend und daher auch kein Angebot im Sinne von § 145 BGB darstellen, durch interessierte Bieter,

 – Auswahl des oder der Bieter(s) für die finale Verkaufsphase (Preferred Bidder).

 – ggf. kurze weitere Due Diligence (die oft auch als Confirmatory Due Diligence bezeichnet wird) durch den oder die ausgewählten Bieter,

 – exklusive oder parallele Verhandlungen der Transaktionsverträge (insbesondere des Unternehmenskaufvertrags und von Begleitverträgen wie Transitional Services Verträgen),

 – Vertragsunterzeichung (Signing),

 – Vollzugsvorbereitung, insbesondere Einholung kartellbehördlicher Genehmigungen,

 – Vollzug (Closing).

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Juristisch sind viele Fragen rund um Auktionsverfahren erst in jüngerer Vergangenheit aufgearbeitet worden.192 Anlass für Streitigkeiten in Auktionsverfahren193 bieten insbesondere folgende Fragen:

 – Besteht eine per se gesteigerte Aufklärungspflicht des Verkäufers in Auktionsverfahren?

 – Welche Haftung droht einem Verkäufer aus unzutreffenden Angaben in einem Informationsmemorandum?

 – Kann auch ein Berater wegen unzutreffender Angaben in einem Informationsmemorandum haften?

 – (Wie) Muss der Verkäufer und müssen seine Berater über die Existenz/das Fehlen anderer Bieter informieren?

 – Dürfen chancenlose Bieter „mitgezogen“ werden?

 – Darf von dem im Verfahrensbrief beschriebenen Verfahren einseitig abgewichen werden?

 – Gibt es ein Recht der Bieter auf Gleichbehandlung, aus dem sie etwa verlangen können, dass der Verkäufer und seine Berater Antworten, die der Verkäufer auf gezielte Fragen eines Bieters diesem gegeben hat, auch ihnen rechtzeitig offenlegen?

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Veröffentlichte Rechtsprechung dazu ist nicht ersichtlich. Wenn ein Streit darüber ausgetragen wird, dann geschieht das regelmäßig in Schiedsverfahren, deren Entscheidungen grundsätzlich nicht veröffentlicht werden.194

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Vom Schrifttum wird eine per se gesteigerte Aufklärungspflicht des Verkäufers in Auktionsverfahren diskutiert.195 Sie ist aber im Ergebnis abzulehnen: Auch im Rahmen bilateraler Verhandlungen wird nämlich der Informationsfluss inhaltlich und prozedural vom Verkäufer gesteuert und beherrscht, sodass das Auktionsverfahren insoweit keine Besonderheiten aufweist, die eine per se gesteigerte Aufklärungspflicht rechtfertigen könnten.196

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Unzutreffende Angaben in einem Informationsmemorandum können unter den Voraussetzungen einer Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo (§§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB) Schadensersatzansprüche auslösen. Als potenzieller Schaden kommen insbesondere die frustrierten Aufwendungen eines erfolglosen Bieters in Betracht. Dabei muss sich der Verkäufer, wenn er dies nicht vertraglich wirksam mit dem Bieter ausgeschlossen hat (was nach § 278 Satz 2 BGB sogar für vorsätzliches Verhalten der Erfüllungsgehilfen zulässig wäre), das Verhalten seiner Berater (als seinen Erfüllungsgehilfen) nach § 278 Satz 1 BGB zurechnen lassen. Allerdings dürften solche Fälle in der Praxis selten sein: Der Verkäufer und seine Berater haben im weiteren Verfahrensverlauf wiederholt die Möglichkeit, etwa durch Offenlegung im Datenraum oder im vorvertraglichen Auskunftsprozess (Q&A-Process) (bei für den Käufer für dessen Kaufentscheidung wesentlichen Informationen wird sich der Käufer oft nicht auf das Informationsmemorandum verlassen, sondern vertieft prüfen wollen und Nachfragen stellen) unerkannt unzutreffende Informationen zu korrigieren. Für einen aufgrund unzutreffender Informationen vorzeitig ausscheidenden Bieter dürfte es oft schwierig sein, nachzuweisen, dass er ausschließlich wegen der unzutreffenden Informationen aus dem Verfahren ausgeschieden ist. Die praktische Bedeutung einer solchen Haftung ist daher eher gering.

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Eine Haftung für unzutreffende Informationen im Informationsmemorandum nach den Grundsätzen der Produkthaftung scheidet nach vorherrschender Meinung197 schon deshalb aus, weil kein Bieter erwarten kann, schon im Informationsmemorandum vollständig die für eine Kaufentscheidung relevanten Informationen zu bekommen. Dafür sind vielmehr die Due Diligence (mit Q&A-Process, Site Visit und Management Presentation) und die Verhandlungen gedacht.

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Nicht nur die ausdrücklich unzutreffende Information eines Interessenten über angebliche weitere Bieter (bloß ausweichende Antworten sind zulässig198), sondern auch die konkludente Fehlinformation darüber kann Schadensersatzansprüche nach §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB (Verschulden bei Vertragsverhandlungen) auslösen oder dem erfolgreichen, aber zuvor entsprechend getäuschten Bieter die Anfechtung des Unternehmenskaufvertrags wegen arglistiger Täuschung ermöglichen (wenn der Bieter nachweisen kann, dass er den Unternehmenskaufvertrag ohne die Täuschung über weitere Bieter nicht oder nicht mit diesem Inhalt abgeschlossen hätte199). Eine konkludente Fehlinformation über andere Bieter kann z.B. darin liegen, dass der Verkäufer eine Zahl von Verhandlungsteams benennt, die die Zahl der vorhandenen Bieter übersteigt.200 Fehlinformationen durch einen beauftragten Berater (einschließlich einer beauftragten Investmentbank) muss sich der Verkäufer zurechnen lassen.201

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Zieht“ der Verkäufer einen chancenlosen Bietermit“, obwohl er mit ihm nicht mehr abschließen will, kann er ebenfalls aus §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB haften (Täuschung über die Bereitschaft zum Vertragsabschluss).202 Der Schaden des „mitgezogenen“ Bieters dürfte insbesondere in seinen frustrierten Aufwendungen im weiteren Verlauf des Auktionsverfahrens liegen. Der Ausschluss eines Bieters oder die ungleiche Zur-Verfügung-Stellung von Informationen dürfte dann keine Haftung nach §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB begründen, wenn sich der Verkäufer dies – wie üblich – im Process Letter203 vorbehalten hat.204

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Der Verkäufer ist zwar (auch außerhalb eines Bieterverfahrens) verpflichtet, einem Bieter (wie jedem Kaufinteressenten) wesentliche unternehmensbezogene Informationen offenzulegen,205 eine darüber hinausgehende Pflicht des Verkäufers, die Bieter informationell gleich zu behandeln, besteht aber nicht. Der Verkäufer ist daher nicht verpflichtet, allen Bietern Antworten zu gezielten Fragen einzelner Bieter etwa im vorvertraglichen Auskunftsprozess (Q&A-Process)206 zur Verfügung zu stellen.207

184 Voß, in: Knott, Unternehmenskauf, XI Rn. 751. 185 Vgl. Rosengarten, in: Meyer-Sparenberg/Jäckle, Beck’sches M&A-Handbuch, § 3 Rn. 2. 186 Dazu Weißhaupt, ZHR 185 (2021), 91, 117f.: Durch Bieterverfahren lässt sich der Marktpreis simulieren. 187 Vgl. Rosengarten, in: Meyer-Sparenberg/Jäckle, Beck’sches M&A-Handbuch, § 3 Rn. 3. 188 Haberstock, in: Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, Rn. 1299. 189 Rosengarten, in: Meyer-Sparenberg/Jäckle, Beck’sches M&A-Handbuch, § 3 Rn. 3. 190 Wohl ganz herrschende Meinung, vgl. nur Fleischer, in: FS Vetter, S. 137, 146ff. 191 Dazu unten Rn. 112. 192 Zuerst Louven/Böckmann, ZIP 2004, 445ff.; ferner Habersack/Schürnbrand, in: FS Canaris, S. 359. 193 Einen sehr guten Überblick geben Schöne/Uhlendorf, in: Mehrbrey, Handbuch Streitigkeiten beim Unternehmenskauf, § 7. 194 Vgl. allerdings den Bericht von Pörnbacher und Melzer zur Auswertung von Post-M&A-Streitigkeiten vor DIS-Schiedsgerichten in Drygala/Wächter, Verschuldenshaftung, Aufklärungspflichten, Wissens- und Verhaltenszurechnung bei M&A-Transaktionen, S. 215ff. 195 Henssler, in: FS Hopt, S. 113, 132f.; Louven/Böckmann, ZIP 2004, 445, 449; Haberstock, in: Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, Rn. 1317. 196 So auch Schöne/Uhlendorf, in: Mehrbrey, Handbuch Streitigkeiten beim Unternehmenskauf, § 7 Rn. 7. 197 Louven/Böckmann, ZIP 2004, 445, 446; Schöne/Uhlendorf, in: Mehrbrey, Handbuch Streitigkeiten beim Unternehmenskauf, § 7 Rn. 9 m.w.N. 198 Louven/Böckmann, ZIP 2004, 445, 450. 199 Dazu Schöne/Uhlendorf, in: Mehrbrey, Handbuch Streitigkeiten beim Unternehmenskauf, § 7 Rn. 16 a.E. 200 Louven/Böckmann, ZIP 2004, 445, 448. 201 Schöne/Uhlendorf, in: Mehrbrey, Handbuch Streitigkeiten beim Unternehmenskauf, § 7 Rn. 16; anders: Louven/Böckmann, ZIP 2004, 445, 448: nur bei Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis des Verkäufers. 202 Louven/Böckmann, ZIP 2004, 445, 449f. 203 Dazu unten Rn. 136. 204 Louven/Böckmann, ZIP 2004, 445, 451. 205 Dazu unten Rn. 228. 206 Dazu unten Rn. 220. 207 Louven/Böckmann, ZIP 2004, 445, 451.

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