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VORWORT

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Dinge können zerbrechen. Leben auch.

Manchmal geht das ganz langsam, schleichend, still, so wie bei einer alten Vase. Erst ein kleiner, feiner Fadenriss, der sich langsam, vielleicht über Jahre, vom Boden bis zur Kante frisst. So einen Riss kann man kleben, bevor die Vase zerspringt.

Manchmal kann das Leben aber auch von einer Sekunde zur nächsten komplett in sich zusammenstürzen, zersplittern. Wie eine Vase, die aus der Hand fällt und in Hunderte einzelne Teile zerfällt.

Eine Vase ist dann nicht mehr zu retten, ein Leben ebenso wenig.

Dachte ich jedenfalls – bis ich Christoph kennenlernte.

Anfangs war Christoph ein kleiner Zeitungsausriss. Einer von vielen, wenn wir mit dem Team der TV-Zeitschrift auf einen Blick die „Helden des Alltags“ suchen. In knorriger Sprache wurde da von einem jungen Mann berichtet, der sich – selbst Opfer einer Gewalttat – gegen Gewalt einsetzt. Nüchtern berichtet, wie die Bekanntmachung einer Ortsgemeinde.

Aber was für ein unfassbares Schicksal verbarg sich hinter diesen sieben Zeilen. Irgendwann sah ich das Video der Tat. Die letzten Schritte, die Christoph als der junge Mann ging, der er einmal war. So ein junger Kerl eben, der sich vielleicht selbst ein bisschen zu toll fand und der vielleicht nach den Sternen griff, ohne zu merken, dass es Seifenblasen waren.

Da geht er also aus der Disco, steht in einer Ecke und dann macht es rumms. Das Video hat keinen Ton, aber diesen Rumms kann man fühlen, bis ins Mark.

Ein Schlag, ein zerstörtes Leben. Eine einfache Gleichung.

Danach ist nichts mehr, wie es war. Von einer Sekunde auf die andere. Aus dem vor Kraft strotzenden jungen Mann, der zur Bundeswehr wollte, wird ein Häufchen Mensch, das vor der Disco liegt, sein Blut tropft und fließt, leider nicht nur nach außen. Sein Atmen klingt wie das Röcheln eines Sterbenden. Es ist das Röcheln eines Sterbenden.

Irgendwie gelingt es den Ärzten dann doch, ihn zu stabilisieren. Nach vier Monaten im Koma wacht Christoph auf und wird noch einmal geboren. Er kann fast nichts mehr, muss lernen zu sprechen, zu essen, zu laufen. Er ist jetzt einer von denen, über die er sich ganz vielleicht früher und im Geheimen sogar lustig gemacht hätte. Behindert. Zu 80 Prozent. Damit könnte die Geschichte zu Ende sein, aber sie ist es nicht. Es ist der Anfang.

Denn dieser neue Christoph beschließt irgendwann, das zu tun, was er schon immer gut konnte. Für seine Träume zu kämpfen. Und sein größter Traum ist ganz simpel: Keine Gewalt, mehr Respekt. Ein besseres Miteinander. Was für ein schöner Traum, an dem schon so viele kluge Geister grandios gescheitert sind.

Aber Christoph hat einen Vorteil: Er hat das Leben auf seiner Seite. Wenn er sich heute vor eine Schulklasse stellt oder vor Gewalttätern im Gefängnis spricht, dann ist es dieser eine Satz, der ihn unangreifbar macht: „Leute, schaut mich an, und dann seht ihr, wie ein einziger Schlag ein Leben kaputt machen kann.“

Seit unserer Auszeichnung für Christoph bei der „Helden“-Gala 2015 ist aus der ersten Bekanntschaft eine Freundschaft entstanden, die mich bereits an einigen Punkten in meinem Leben daran erinnert hat, was wirklich wichtig ist: zu träumen. Denn jeder Schritt und jede Veränderung, einfach alles Gute im Leben beginnt mit einem Traum.

Christoph hat ganz viele davon. Und ist und bleibt mein Super-Held!

Jan von Frenckell, Chefredakteur auf einen Blick und Initiator der „Helden des Alltags“

Schicksalsschlag

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