Читать книгу Bundesliga anders - Christoph Ruf - Страница 5
ОглавлениеBedrohtes Idyll
Vorwort
Schruns im Juli 2019. Der SC Freiburg bestreitet zum 13. Mal in Folge sein Trainingslager in dem Alpenörtchen. So oft war er schon hier, dass sie beim FC Schruns eine riesige Fotowand mit Bildern von Freiburger Trainern und Spielern an der Außenwand des Stadions angebracht haben. Sie wissen eben, dass der SC auch 2020 wiederkommen wird.
Was der Sport-Club einmal für gut befunden hat, das ändert er auch nicht mehr. Man kann das belächeln und muss das vielleicht sogar manchmal. Doch in Zeiten, in denen viele Ligakonkurrenten eine immer überdrehtere Außendarstellung praktizieren, ist die Freiburger Selbstgewissheit ausgesprochen wohltuend. Fast immer in den letzten Jahrzehnten ist es dem SC zudem gut bekommen, dass wichtige Entscheidungen nach reiflicher Überlegung getroffen wurden. Und erst dann, wenn man halbwegs sicher sein konnte, dass weder die notorisch soliden Finanzen noch der innere Zusammenhalt des Vereins gefährdet werden.
Ich begleite den SC Freiburg beruflich seit Ende der 1990er Jahre, seit 2007 dürft e ich nicht mehr als zehn Heimspiele verpasst haben. Freundschaft en mit Kollegen und Fans sind so entstanden und natürlich auch Loyalitäten: Beim Sport-Club Freiburg sind mir jedenfalls weit mehr Menschen sympathisch als bei anderen Vereinen. SC-Fan war und bin ich allerdings nicht. Ich finde den Fußweg die Dreisam entlang zum Stadion wunderschön, schätze es sehr, dass es im Stadion friedlich und gelassen zugeht, und freue mich alle zwei Wochen auf ein Wiedersehen mit vielen netten Menschen. Und doch geht es mir eben wie einem Protagonisten aus diesem Buch, dem beim Stadionerlebnis der „Dreck unter den Fingernägeln“ fehlt. Privat zieht es mich auch deshalb seit Jahren sowieso eher in die unteren Ligen. Doch das hält mich nicht davon ab, mich bei 16 von 17 Spielen zu freuen, wenn der SC einen Sieg einfährt. Das würde sich allerdings schnell ändern, wenn – sagen wir einmal – Huub Stevens Nachfolger von Christian Streich werden würde oder statt Klemens Hartenbach ein komischer Investor mit dickem Auto und Doppelkinn die Transferpolitik bestimmte.
Vielleicht ist all das ja eine ganz gute Voraussetzung, um sich aus der Nähe anzuschauen, wie dieser Verein funktioniert, was ihn zusammenhält, was ihn bedroht – und was das Geheimnis seines Erfolges ausmacht. Denn nach wie vor ist es ja eine Sensation, dass sich ein Klub mit dermaßen schlechten Voraussetzungen in der ersten Liga halten kann. Den SC Freiburg nennen jedenfalls gefühlt drei von vier Funktionären im deutschen Fußball, wenn sie gefragt werden, wie man einen Profiverein führen kann, damit er gut für die Zukunft gerüstet ist. Dass es fast immer beim reinen Lippenbekenntnis bleibt, ist gut für den Sport-Club, der sich sonst noch größere Sorgen um seine Zukunft machen müsste. Denn schon jetzt gibt es weit mehr Unwägbarkeiten und Gefahren, als Verantwortlichen und Fans lieb sein kann.
Christoph RufAugust 2019