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3.03 Angststörungen

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Sarah, 8 Jahre, Schulangst

Sarah besucht seit drei Wochen die Schule nicht mehr. Bereits zuvor fehlte sie häufig. Morgens klagt sie über Bauchschmerzen und wird deshalb von ihrer Mutter oft nicht in die Schule geschickt.

Bei der körperlichen Untersuchung findet sich kein auffälliger Befund. Auch die Blutuntersuchung und die Ultraschalluntersuchung ergeben normale Resultate. Im Gespräch zeigt sich, dass die Bauchschmerzen nur an Schultagen und an Sonntagabenden auftreten. Am Wochenende und in den Ferien sowie nachmittags ist Sarah beschwerdefrei.

Zur Vorgeschichte berichtet die Mutter von großen Problemen während des Kindergartenbesuches: Wenn sie ihre Tochter abgegeben habe, habe sie geweint, geschrien und sich an ihre Mutter geklammert. Die Erzieherinnen versicherten ihr damals glaubhaft, dass Sarah aufhörte zu weinen, sobald die Mutter außer Sicht war.

Bei weiteren Terminen berichtet die Mutter von einem Alkoholproblem des Vaters, das seit mehreren Jahren besteht. Ihrer einzigen Tochter zuliebe und um ihre Familie zu erhalten, hat sie sich bislang nicht vom Vater getrennt.

Bei Sarah liegt eine Trennungsangst vor. Die psychosomatischen Bauchschmerzen werden von Sarah tatsächlich als Schmerzen empfunden. Ohne dass Sarah dies bewusst ist, ermöglichen die Bauchschmerzen ihr, bei ihrer Mutter zu bleiben und nicht in die Schule gehen zu müssen. Die konflikthafte Beziehung zwischen den Eltern hat zu einer überengen Beziehung zwischen Sarah und ihrer Mutter geführt. Im Gespräch mit den Eltern wird der Alkoholkonsum des Vaters thematisiert. Er vermag seinen Alkoholkonsum nicht einzuschränken. Die Schulangst bleibt zunächst bestehen, der Schulbesuch ist weiter nur unregelmäßig möglich. Erst als Sarahs Mutter sich von dem Vater ihrer Tochter trennt, ist eine therapeutische Unterstützung erfolgreich und Sarah kann zu einem regelmäßigen Schulbesuch verholfen werden.


Wenn ein Kind eine gesteigerte Ängstlichkeit zeigt, kann dies viele Ursachen haben. Für eine nähere Einschätzung ist es oft hilfreich zu beobachten, wann und in welchem Zusammenhang die Angst auftritt.

Manche Kinder wachen vor Mitternacht auf und machen einen sehr ängstlichen Eindruck. Oft weinen oder schreien die Kinder und sind kaum zu beruhigen. Viele Kinder sind in diesem Zustand nur schwer zu wecken und wirken, als würden sie die Eltern kaum wahrnehmen. Die Kinder können sich am nächsten Morgen nicht an den Vorfall erinnern.

Diese nächtlichen Angstattacken (Pavor nocturnus) stehen oft mit Belastungen im Zusammenhang, ohne dass diese unmittelbar offensichtlich wären. Treten solche nächtlichen Angstanfälle sehr häufig (mehrmals pro Woche) und über einen längeren Zeitraum (länger als ein halbes Jahr) auf oder kommen andere Schwierigkeiten hinzu, so empfiehlt sich eine diagnostische Abklärung.


Eine weitere Situation mit regelmäßig auftretender erhöhter Angst sind Trennungen (z. B. die Verabschiedung im Kindergarten oder in der Schule). Neben Ursachen im Kindergarten oder in der Schule (Mobbing, Teilleistungsschwächen o.ä.) kommen Verunsicherungen innerhalb der Familie als Ursache in Betracht. Manchmal bringt das Kind mit seiner Ängstlichkeit Ängste, Befürchtungen oder Anspannungen anderer Familienmitglieder zum Ausdruck (Kinder nehmen oft sehr feinfühlig wahr, wie es ihren Eltern geht, oft auch ohne genau zu wissen, was ihren Eltern Sorgen bereitet).




Kinder und Jugendliche können sich vor vielen Dingen fürchten: vor Tieren, bestimmten Situationen, vor großen Gruppen zu sprechen, zu versagen, etwas Neues auszuprobieren.

Oft ist es hilfreich zu überlegen, ob es eine wichtige Person in der Umgebung eines Kindes gibt, bei der ebenfalls eine erhöhte Ängstlichkeit besteht und die dem Kind als Vorbild dient. Mitunter imitieren Kinder das Verhalten von Erwachsenen, die für sie wichtig sind. In diesem Fall ist es wichtig, neben einer Unterstützung für das Kind zu überlegen, welche Hilfe für den betroffenen Erwachsenen notwendig ist.

Eine weitere mögliche Ursache für eine erhöhte Ängstlichkeit ist eine Überforderung.


Wenn Kinder Angst zeigen, obwohl die Situation nicht gefährlich ist und keine Belastungen, wie z. B. Mobbing bestehen, sollte die ängstigende Situation nicht vermieden werden. Denn je häufiger die Kinder der vermeintlich gefährlichen Situation aus dem Weg gehen, desto größer wird ihre Angst. Zeigt ein Kind zum Beispiel eine starke Trennungsangst, dann ist es wichtig die Trennungssituation durchzustehen, ohne zu sehr auf die Ängste des Kindes einzugehen.


Bei schweren oder lang anhaltenden Ängsten empfiehlt sich eine psychotherapeutische Behandlung. Am erfolgreichsten sind oft Verhaltenstherapien. Mitunter ist eine medikamentöse Unterstützung angezeigt.


Literatur:

Schmidt-Traub, S.: Selbsthilfe bei Angst im Kindes- und Jugendalter, Hogrefe 2010

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