Читать книгу Northern Lights - Die Wölfe vom Mystery Creek - Christopher Ross - Страница 8
4
ОглавлениеIm Camp der Firefighter herrschte nervöse Betriebsamkeit. Wo Carla die beiden Welpen gerettet hatte, hatten die Flammen die Schneise übersprungen und drohten, auf die Bäume am anderen Ufer des Mystery Creek überzuspringen. Eines der Hot-Shot-Teams war bereits unterwegs, das Feuer zu bekämpfen, eine schwierige und gefährliche Aufgabe, auch für diese erfahrenen Männer. Der Chief stand in ständigem Funkkontakt mit der Einsatztruppe.
Eine der Meldungen gab er direkt an Carla weiter: »Sie haben zwei weitere tote Wölfe gefunden. Das Feuer hat die Kadaver verschluckt. Ich nehme an, sie gehörten zu dem Mystery-Creek-Rudel, von dem Sie gesprochen haben.«
»Dann haben wir fünf tote Wölfe«, rechnete sie. »Bleiben noch vier … die werden es wohl ebenfalls nicht geschafft haben. Wie so viele andere Tiere.« Sie schwieg eine Weile und wollte sich gar nicht vorstellen, wie qualvoll sie gestorben waren. »Menschen sind hoffentlich nicht zu Schaden gekommen.«
»Nein, die konnten wir rechtzeitig warnen und evakuieren. In den Wäldern hier leben nur ein paar Einsiedler und Fallensteller. Die wissen selbst, was so ein Gewitter alles anrichten kann. Und die wenigen Siedlungen und Farmen, die wirklich bedroht waren, haben wir informiert. Aber jetzt wird es langsam kritisch. Wenn wir das Feuer nicht bremsen, müssen wir roten Alarm geben.«
»Sie haben gute Leute. Sie schaffen das«, sagte sie.
»Wir geben uns alle Mühe.«
Carla setzte sich in ihren Wagen, weil sie dort am sichersten war, ließ aber die Fahrertür offen, um sofort reagieren zu können, falls der Chief oder ein anderer Firefighter rief. Sekundenlang blickte sie nur nach vorn, beobachtete die Männer in ihren gelben Schutzjacken, wie sie die Brandschneise mit Äxten und Motorsägen von allem Brennbaren befreiten und mit Löschwasser gegen kleinere Flammenherde vorgingen. Die Feuerwand, bedrohlicher noch als am vergangenen Tag, türmte sich gefährlich nahe hinter der Schneise auf. Wie ein Drache mit unstillbarem Hunger robbte es sich an die Schneise heran.
Auch aus einigermaßen sicherer Entfernung glaubte sie zu erkennen, dass die Männer immer härter und entschlossener gegen das Feuer vorgingen. Sie trainierten jeden Tag und besaßen die nötige Konstitution, um auch unter höchstem Stress ihre Leistung zu bringen und nicht unter der Belastung zusammenzubrechen. Von Osten her drangen die Motorengeräusche der Flugzeuge und Hubschrauber, die Löschwasser über den Bränden abwarfen. Sie würden das Feuer besiegen, da war Carla ganz sicher, sie hatten bisher noch jedes Feuer besiegt, wenn auch manchmal unter schmerzlichen Verlusten.
Sie verbrachte die nächste halbe Stunde damit, die Fundstellen der toten Wölfe auf einer Karte des Gebietes zu markieren und sie zusammen mit einem kurzen Bericht in einer Datei zu speichern, um sie später, wenn sie wieder eine zuverlässige Verbindung bekam, an das Center zu schicken. Auch die anderen zuständigen Stellen wie das BLM und Fish & Wildlife würde sie informieren. Bis in den frühen Nachmittag hinein blieb sie im Camp, füllte Löschrucksäcke und Wasserflaschen nach und half beim Bereitstellen der Ausrüstung. Ihr Fachwissen war nicht mehr gefragt. Im Revier des Mystery-Creek-Rudels wütete das Feuer besonders stark, und es war beinahe ausgeschlossen, dass noch einer der Wölfe am Leben war. Der Anstand verlangte jedoch, den Männern zu helfen und sich auf diese Weise für ihre Unterstützung zu bedanken. Sie hatte schon mit Teams zu tun gehabt, denen es ziemlich egal war, wie viele Wölfe bei einer Naturkatastrophe ums Leben kamen.
Als der Wind drehte und ein Funkenregen über dem Mystery Creek niederging, kam der Chief zu ihr und sagte: »Nicht dass ich Sie loswerden möchte, Carla. Sie haben uns wirklich sehr geholfen, und dafür danke ich Ihnen auch im Namen meiner Männer. Aber es wird langsam gefährlich hier, und ich kann nicht länger die Verantwortung für Sie übernehmen. Ihre Arbeit haben Sie doch sowieso erledigt. Sie haben zwei Welpen das Leben gerettet.«
»Das wäre ohne Ihre Hilfe nicht möglich gewesen, Chief.«
»Es war uns ein Vergnügen, Carla. Kommen Sie mal vorbei, wenn wir das Feuer gelöscht haben, bei uns steht immer heißer Kaffee auf dem Tisch, und die Oma einer unserer Männer kann Kuchen backen, so was Gutes haben Sie noch nicht gegessen.« Er schüttelte ihr die Hand. »Machen Sie’s gut, Carla!«
Carla gab ihre Schutzkleidung zurück und schlüpfte in ihren Anorak. Sie winkte den Männern zu, die in der Nähe standen, als sie in ihren Pick-up stieg, und fuhr aus dem Camp. Ihr war fast ein bisschen wehmütig ums Herz, als sie die Zelte hinter sich ließ. So einen freundlichen Empfang erlebte sie selten, und es hatte ihr gefallen, den Firefighters zu helfen. Sie hätte gern noch mehr Wölfe gerettet, musste aber einsehen, dass gegen die Macht des Feuers nichts auszurichten war, wenn es sich erst einmal in die Wälder gefressen hatte. Selbst ein erfahrener Wolf, der eine drohende Gefahr sonst schon von Weitem witterte, schaffte es häufig nicht, vor diesen zerstörerischen Kräften davonzulaufen.
Der Rauch war lästiger als am Morgen, aber nicht dicht genug, um sie zu gefährden. Dennoch fuhr sie zügig, um möglichst schnell den Highway zu erreichen. Eine Panne konnte sie in ihrer Lage nicht gebrauchen. Ihr kam zugute, dass sie die Schotterstraße inzwischen kannte und genau wusste, wann eine Gefahrenstelle kam. Nur auf den Gewehrschuss, der auf halbem Weg zum Highway die Stille zerriss, war sie nicht vorbereitet. Sie hielt erschrocken an.
Das Echo des Schusses hing noch immer in der Luft, als sie ausstieg und sich aufmerksam umblickte. Viel zu spät sah sie den ausgewachsenen Wolf, der sich mühsam durch den Dunst schleppte und schwer verletzt sein musste. Obwohl man in dem Rauch kaum etwas erkannte, war sie sicher, dass es ein Wolf war, dazu hatte sie zu viele Wölfe in der Wildnis gesehen. Sie wusste, wie sich Wölfe bewegten, wie sie reagierten, wenn sie in Gefahr gerieten oder verletzt waren. Das Jaulen des verletzten Tieres war weithin zu hören.
»Nein!«, schrie sie in ihrer Panik. »Tu’s nicht, Jason!«
Ein zweiter Schuss ließ den Wolf verstummen. Er zuckte unter dem Einschlag der Kugel zusammen und sank in das braune Gras, eingehüllt von dunklen Rauchschwaden, die vom Wind über die Lichtung getrieben wurden.
Erst jetzt entdeckte sie den Schützen. Er war in dem schmutzigen Dunst nur schattenhaft zu erkennen, eine dunkle Gestalt mit einem Gewehr, die davonlaufen wollte, aber plötzlich ins Taumeln geriet und zu Boden stürzte.
»Jason! Verdammt, Jason!«
Carla rannte über die Lichtung, vorbei an dem leblosen Wolf, dem nicht mehr zu helfen war, und erreichte keuchend den gestürzten Schützen. Erst einmal erleichtert, weil es sich nicht um Jason, sondern um Don Quigley handelte, den Wolfshasser, der sie vor dem Haus von Dr. Chandler beschimpft hatte – dann aber zunehmend besorgt, weil Quigley kaum noch Luft bekam.
»Was haben Sie getan, Mann?«
Sie zog ihr Handy aus der Tasche und wählte vergeblich. Kein Netz, sie war noch zu weit vom Highway entfernt. Sie steckte es wieder ein und drehte den Verletzten vorsichtig auf die Seite. »Nicht aufregen, Mister! Sie haben wahrscheinlich eine Rauchvergiftung! Ich kriege hier kein Netz, und zum Wagen schleppen kann ich Sie auch nicht, dazu sind Sie zu schwer. Aber keine Angst, ich hole Hilfe. Halten Sie durch, okay? Ich bin gleich wieder da.«
Sie lief zum Pick-up zurück. Quigley musste, noch bevor der Wind wieder gedreht hatte, in den dichten Rauch gelaufen sein und in seiner Mordlust nicht daran gedacht haben, in welche Gefahr er sich begab. Vielleicht war er auch vorbelastet. Wenn er keine bleibenden Schäden davontragen wollte, musste er so schnell wie möglich in ein Krankenhaus transportiert werden.
Sie wusste, dass es auf jede Minute ankam. Zu ihrer Ausbildung hatte ein umfangreicher Erste-Hilfe-Kurs gehört, und sie war sogar mal eine Woche auf einem Krankenwagen mitgefahren, um bei einem Notfall richtig reagieren zu können. In der Wildnis war sie oft auf sich allein gestellt. Auch über eine Ausbildung als Tierärztin hatte sie nachgedacht, aber bisher nicht die Zeit dafür gefunden. Als fliegende Tierärztin, die mit ihrer Cessna auch zu entlegenen Dörfern flog und dort die Tiere verarztete, hätte sie gern gearbeitet.
Um eine Rauchvergiftung wirkungsvoll zu behandeln, brauchte man Sauerstoff und Medikamente, und beides hatte sie nicht dabei. Ihr würde nichts anderes übrig bleiben, als so schnell wie möglich zum Camp zurückzufahren. Sie wagte gar nicht daran zu denken, was der Farmer in der Zwischenzeit durchmachen musste. Er war ein Stinkstiefel, der sich seine Suppe selbst eingebrockt hatte, aber diese Qualen hatte auch er nicht verdient. Es gab nichts Schlimmeres, als keine Luft zu bekommen, das hatte sie schon oft gehört.
Sie hatte Glück. Kaum war sie bei ihrem Pick-up angelangt, sah sie den Chief in seinem Jeep heranfahren. Er stieg aus und fragte: »Was ist denn passiert? Ich hab einen Schuss gehört. Ich dachte, Jason wollte weiterfahren.«
»Es ist nicht Jason.«
Sie berichtete ihm in wenigen Worten, was passiert war, und er griff nach seinem Funkgerät und rief einen Rettungshubschrauber herbei. Sie fuhren zurück zu Quigley, und Carla leistete Erste Hilfe und redete beruhigend auf den Farmer ein, bis der Hubschrauber gelandet war und ein Arzt und ein Sanitäter übernahmen.
»Er kann von Glück sagen, dass Sie so verantwortungsvoll gehandelt haben«, sagte der Arzt. »Ich denke, dass wir ihn wieder hinbekommen.« Er wandte sich an Baxter. »Wir wissen Ihre Arbeit sehr zu schätzen, Chief.«
»Danke, Doc. Und wir die Ihre.«
Carla wartete, bis der Hubschrauber aufgestiegen war, und verabschiedete sich noch einmal von dem Chief, diesmal endgültig. Bevor sie weiterfuhr, lief sie zu dem toten Wolf zurück und untersuchte ihn gründlich. Sein Fell war teilweise verbrannt, aber er hatte keine schwerwiegenden Verletzungen und hätte das Feuer vielleicht überlebt. Ob sein Leben in der Wildnis von Dauer gewesen wäre, vermochte sie nicht zu sagen. Er hätte sich ein neues Revier suchen und einem anderen Rudel anschließen müssen, was nicht einfach gewesen wäre. Dennoch war sie wütend. Sie hätten auch diesen erwachsenen Wolf ins Wolf Center nach Copperville mitnehmen und dort pflegen können.
Langsamer und auch nachdenklicher als bisher fuhr sie zum Highway zurück. Der Rauch eines so riesigen Feuers war heimtückisch, vor allem, wenn sich das geruchsfreie Kohlenmonoxid daruntergemischt hatte. Auch bei Hausbränden war schon so mancher daran gestorben. Sie hatte wenig Rauch erwischt und fühlte sich gut, hatte aber so großen Durst, dass sie ihre halbe Wasserflasche leerte. Sie sehnte sich nach einer Dusche und frischen Kleidern.
Der Sterling Highway war inzwischen bis nach Cooper Landing gesperrt, und der Firefighter an der Absperrung musste sich über Funk vergewissern, dass sie weiterfahren durfte. Dankbar folgte sie dem Pilot Car. Auch über der kleinen Siedlung hingen Rauchschwaden, aber lange nicht so dicht wie am Mystery Creek, wo das Feuer immer noch tobte. Im Rückspiegel sah sie die lodernden Flammen über den Bäumen. Waldbrände sind normal in Alaska, für das Ökosystem in vielerlei Hinsicht sogar notwendig, da auf diese Weise eine Verjüngung des Waldes stattfindet und eine neue Vegetation entsteht. Gefährlich wurden sie vor allem, wenn es den Firefighters nicht gelang, das Feuer einzudämmen und unter Kontrolle zu bringen. Carla glaubte nicht, dass es so weit kommen würde. Sie vertraute der Erfahrung der Firefighter-Teams, doch Angst jagten ihr die prasselnden Flammen und dunklen Wolken dennoch ein.
Pearl hatte ihr bereits Kaffee eingeschenkt, als sie das Haus betrat. Sie war guter Laune. »Ich habe mit Lucky geskypt«, sagte sie, als sie am Esstisch saßen, »stellen Sie sich vor, er macht schon wieder Witze. Es nervt ihn, dass er den Kopf nicht bewegen darf, aber sonst geht es ihm gut. Er hat kaum Schmerzen, und der Arzt sagt, dass er bald wieder einsatzbereit sein wird.«
»Sag ich doch, diese Firefighter sind hart im Nehmen.«
»Und Sie?«, fragte Pearl.
»Mission erfüllt«, antwortete sie, »ich fliege morgen früh wieder nach Hause.« Sie berichtete von ihren Erlebnissen im Camp der Firefighter und den geretteten Welpen, die sie im Wolf Center aufziehen würden, und verschwieg ihr auch nicht den Zwischenfall mit Don Quigley. »Er war dem Wolf gefolgt und hatte sich zu lange im dichten Rauch aufgehalten. Er kann von Glück sagen, dass ich ihn gesehen hatte und der Chief rechtzeitig auftauchte.«
»Mit Quigley war noch nie gut Kirschen essen«, sagte Pearl, »der hat Wölfe seit seinem Unfall gefressen und würde sie am liebsten alle umbringen. Letztes Jahr hat er sich mit seinen Freunden zu einer Treibjagd verabredet. Da ging es zu wie auf einer britischen Fuchsjagd, nur dass Wölfe wesentlich schlauer sind. Sie haben gerade mal zwei Wölfe erlegt und dafür sieben Kugeln gebraucht. Anschließend haben sie eine ganze Nacht durchgefeiert.«
»Vielleicht kommt er im Krankenhaus zur Besinnung.«
»Das glaube ich kaum.«
Carla trank ihren Kaffee aus und schob ihren Stuhl zurück. »Was ich noch sagen wollte … ich bekomme heute Abend noch Besuch. Meinen Sie, wir könnten beide etwas zu essen bekommen? Gegen einen Aufpreis natürlich.«
»Kein Problem.« Sie grinste flüchtig. »Ein Verehrer?«
»So was Ähnliches«, erwiderte sie.
»Ein Firefighter? Der Mann, der Sie abgeholt hat?«
»Jason Harper, ein Wolfsjäger.«
»Ein Wolfsjäger?« Sie hob ungläubig die Augenbrauen. »Sie tun alles, um Wölfe zu schützen, und lassen sich ausgerechnet mit einem Wolfsjäger ein? Das ist ja fast so, als würde sich eine Veganerin in einen Metzger verlieben.«
»Auch das soll es geben.«
»Und Sie kriegen keinen Krach?«
»Nun ja … wir diskutieren öfter.«
»Kann ich mir denken.« Sie stellte sich wohl gerade vor, wie sich eine Diskussion zwischen Jason und ihr anhörte, und grinste erneut. »Mein lieber Mann wäre beinahe Pastor geworden, und ich konnte mit Religion nie etwas anfangen, aber Wolfsjäger und Tierschützerin … das ist noch was anderes.«
»Wir werden sehen. Ich ziehe mir mal was Anständiges an.«
Carla duschte ausgiebig und genoss die frische Kleidung. Legere Jeans, ein Sweatshirt und die weißen Sneakers, die sie vor der Tagung gekauft hatte. Ihre Haare hatte sie gewaschen und geföhnt und zu einem lockeren Knoten hochgesteckt. Gegen ihr vom Feuer gerötetes Gesicht kam sie auch mit Make-up nicht an. Was soll’s, dachte sie, Jason hielt sich selbst die meiste Zeit im Freien auf und wusste, was Wind und Wetter bewirkten.
Bevor sie nach unten ging, rief sie Randy an und bat ihn, am nächsten Morgen zwischen acht und neun Uhr zu kommen. Ihr zweiter Anruf galt C. J., dem sie mitteilte, dass es am Mystery Creek nichts mehr für sie zu tun gab und sie nach Hause kommen würde. »Wie geht es unseren Sorgenkindern?«
»Maya und Duke? Sie fremdeln noch ein bisschen.«
»Aber gesund sind sie?«
»Ich hab ihnen von unserer Spezialmilch gegeben, die schmeckt ihnen noch besser als Muttermilch.« Sie konnte ihn durch das Telefon lächeln hören. »Aber sie werden wohl noch einige Wochen brauchen, bis sie sich an ihr neues Leben gewöhnt haben. Das Feuer war ein gewaltiger Schock für sie.«
»Nicht nur für die Wölfe«, sagte sie. »So eine Feuerwand kann einem ziemliche Angst einjagen. Ohne die Firefighter wäre ich da niemals hin.« Sie erzählte ihm von dem Wolf, den Quigley erschossen hatte. »Du hättest diesen Farmer sehen sollen! Ein Wunder, dass er keinen Schaum vorm Mund hatte!«
C. J. wirkte etwas nervös und brach abrupt an. »Bis morgen, Carla!«
»Alles okay, C. J.?«
»Alles okay … bis morgen.«
Sie blickte nachdenklich auf ihr Handy, bevor sie auflegte. Irgendetwas stimmte nicht mit C. J. Seit er aus Kolumbien zurück war, wirkte er nervös und manchmal sogar niedergeschlagen. Er musste Rosita sehr vermissen.
Sie betrachtete sich im Spiegel, nickte zufrieden und stieg in den Wohnraum hinab. Pearl hatte den Tisch festlich gedeckt, das gute Service und die Stoffservietten aus dem Schrank geholt und eine Flasche Wein bereitgestellt.
»Der Wein geht aufs Haus«, sagte Pearl. »Ein guter Chardonnay.«
»Klingt verlockend.«
»Wann wollte Ihr Verehrer denn kommen?«
Sie blickte auf ihre Armbanduhr. »Eigentlich wollte er schon hier sein, aber bei Männern wie ihm weiß man nie.« Sie setzte sich an den Tisch und trank einen Schluck von dem Wasser, das Pearl ebenfalls bereitgestellt hatte.
Doch als er um zwanzig nach sechs noch immer nicht da war, wurde sie nervös und versuchte mehrmals, ihn auf seinem Handy zu erreichen. Jedes Mal meldete sich seine Voicemail. »Hallo, Leute, ich bin gerade unterwegs und kann leider nicht drangehen. Sprecht bitte nach dem Piepton!« Wie sie diese Anrufbeantworter hasste. Sie versuchte es mit E-Mail und WhatsApp und bekam ebenfalls keine Antwort. Versetzte sie der verdammte Kerl etwa?
Nach einer Stunde wurde ihr klar, dass es tatsächlich so war. Er würde nicht mehr kommen. »Das wird wohl nichts mehr«, sagte sie enttäuscht. »Hätte ich mir eigentlich denken können. Wäre ja auch zu schön gewesen.«
»Das wird schon wieder«, erwiderte Pearl. Sie füllten ihre Gläser mit dem kostbaren Wein und stießen damit an. »Zur Hölle mit den Wolfsjägern!«
»Zur Hölle mit den Wolfsjägern!« Carla konnte schon wieder lachen.