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DIE PHYSIOLOGIE DES STRESSES


WAS PASSIERT EIGENTLICH IM KÖRPER, WENN MAN IN STRESS GERÄT?

Sobald der Körper in Stress gerät, werden verschiedene Hormone ausgeschüttet, die man zusammengefasst als Stresshormone bezeichnen kann. Sie verändern zahlreiche Körperfunktionen. Um diese Veränderungen besser verstehen zu können, ist es notwendig, zunächst den Normalzustand zu betrachten. Um den Normalzustand, die so genannte Homöostase aufrechtzuerhalten, gibt es im Körper verschiedene Regelkreise mit negativer Rückkoppelung. Das bedeutet: Sobald ein Hormon ausgeschüttet wird und eine bestimmte Konzentration im Blut erreicht, hemmt dieses Hormon gleichzeitig jene Faktoren, die die Ausschüttung dieses Hormons fördern. Mit anderen Worten hemmt das Hormon ab einer gewissen Konzentration seine eigene Neubildung. So wird unter Normalbedingungen erreicht, dass die Konzentration im Blut auf eine konstante Größe reguliert wird.

Für das Hormon Cortisol, das bei Stress vermehrt ausgeschüttet wird, kann man diesen Regelkreis wie folgt beschreiben: Die oberste Instanz zur Regulierung der wichtigsten Körperfunktionen, wie die Wärmeregulation, der Schlaf- Wach-Rhythmus, die Blutdruck- und Atmungsregulation, die Steuerung der Nahrungsaufnahme, des Fettstoffwechsels und des Wasserhaushalts ist der Hypothalamus, ein Teil des Zwischenhirns. Im Hypothalamus werden Botenstoffe, so genannte Hypothalamushormone gebildet und bei Bedarf ausgeschüttet. Ein solches Hormon ist das Corticotropin-Releasing-Hormon (CRH). Das vom Hypothalamus ausgeschüttete CRH wird direkt zur Hirnanhangdrüse, der Hypophyse, transportiert. In der Hypophyse wird ein weiterer Botenstoff, das Adreno-Corticotropin-Hormon (ACTH) in den Blutkreislauf abgegeben. Mit dem Blut gelangt das ACTH zur Nebennierenrinde und bewirkt dort unter anderem, dass Cortisol ausgeschüttet wird.


Grafik 1: Darstellung der negativen Rückkoppelung am Beispiel des Cortisols

Wird vermehrt Cortisol ausgeschüttet, kommt es zu dem oben erwähnten negativen Rückkoppelungsprozess, denn das ausgeschüttete Cortisol hemmt die weitere Bildung von ACTH und somit die weitere Freisetzung von Cortisol. Dies ist wichtig, damit es nicht zu einer Überproduktion von Cortisol im Körper kommt (siehe Grafik 1).


Cortisol gehört zur Gruppe der Glucocorticoide, die eine Erhöhung der Konzentration von Glucose (daher der Name GLUCO-Corticoide), Aminosäuren, freien Fettsäuren und Harnstoff im Blut bewirken. Dadurch wird für alle Körperzellen mehr Energie bereitgestellt. Gleichzeitig beeinträchtigt Cortisol die körpereigenen Abwehrkräfte, indem es die Proteinsynthese (den Eiweißaufbau) der Lymphozyten hemmt und so weniger Abwehrzellen zur Verfügung stehen. Die bekannteste Eigenschaft des Cortisols ist die entzündungshemmende Wirkung. Sie entsteht durch eine Blockade von Entzündungsbotenstoffen, der so genannten Zytokine.

Neben dem Cortisol bildet die Nebennierenrinde noch weitere Hormone. Das zu den Mineralcorticoiden gehörende Aldosteron hat durch die Regulierung der Mineralstoffe Kalium und Natrium eine wichtige Funktion im Wasserhaushalt des Organismus. In geringen Mengen werden auch von der Nebennierenrinde anabole Sexualhormone wie zum Beispiel Testosteron ausgeschüttet. Testosteron hat eine anabole, das heißt eine Muskel aufbauende Wirkung und beeinflusst auch die Psyche. Eine höhere Konzentration von Testosteron, vor allem durch die Hormonproduktion im Hoden der männlichen Tiere, steht zum Beispiel in Zusammenhang mit einer höheren Aggressionsbereitschaft, wofür es besonders im Tierreich zahlreiche Beispiele gibt.

Durch Stress wird der Normalzustand des Regelkreises verändert. Die erste Reaktion des Körpers auf Stress, sei es durch emotionale Anspannung oder durch große körperliche Anstrengung, ist die Ausschüttung von Adrenalin aus dem Nebennierenmark. Dies geschieht durch Erregung des Sympathikus, einem Teil des vegetativen Nervensystems. Die Aktivierung des Sympathikus und die damit verbundene Adrenalinfreisetzung erfolgt unbewusst und innerhalb von Sekundenbruchteilen. Sicher kennt jeder Mensch das Kribbeln und das „Rauschen des Blutes“ in den Adern, wenn man plötzlich erschrickt. Dies ist auf die Wirkung des Adrenalins zurückzuführen. Adrenalin, ein zu den Katecholaminen gehörender Botenstoff (Neurotransmitter), verursacht zahlreiche Veränderungen im Körper, wie die Steigerung der Pulsfrequenz und der Herzleistung, die Erhöhung des systolischen Blutdrucks und des Blutzuckerspiegels, die Erweiterung der Bronchien und der Pupillen sowie eine Förderung des Sauerstoffverbrauchs und eine Vermehrung der freien Fettsäuren im Blut. Außerdem wirkt Adrenalin auf die Hypophyse, wo es eine vermehrte Freisetzung des Botenstoffs ACTH verursacht, und damit indirekt auch auf die Nebennierenrinde, die vermehrt Stresshormone wie Cortisol an das Blut abgibt (siehe Grafik 2).


Grafik 2: Darstellung der Auswirkung von Stress auf den Regelkreis


Stress führt also über das endokrine System, das heißt über das Hormonsystem, zu einer Erhöhung des Blutdrucks und zu einer Steigerung der Herzleistung und -frequenz. Gleichzeitig wird durch die Hormonwirkung den Körperzellen mehr Energie in Form von Glukose und freien Fettsäuren zur Verfügung gestellt. Mit anderen Worten führt Stress zunächst zu einer optimalen Leistungsbereitschaft. Dies kann man als biologischen Sinn des Stresses bezeichnen, denn in der Natur ist es überlebenswichtig, dass der Organismus auf einen Schreck oder auf starke Anspannung mit optimaler Leistungsbereitschaft reagiert. Nur so kann sich ein Individuum zum Beispiel durch Flucht retten oder ein Beutegreifer bei der Jagd erfolgreich sein. Diese Form des Stresses kann man auch als positiven Stress oder Eustress bezeichnen.


REAKTIONEN AUF STRESS

Zunächst reagiert der Organismus auf anhaltenden Stress mit starker Erschöpfung. Wenn danach keine längere Erholungsphase möglich ist, muss mit so genannten Anpassungskrankheiten gerechnet werden.

Natürlich kann der Körper diesen Alarmzustand nicht beliebig lange aufrechterhalten und so kommt es zu negativen Auswirkungen, wenn die starke Anspannung länger anhält oder es häufig zu einer Schreck- oder Schocksituation kommt. Zunächst kommt es während der Widerstandsphase zu einer verminderten Toleranz gegenüber neuen Stressreizen. Dauert die Belastung an, reagiert der Organismus auf Stress mit starker Erschöpfung. Wenn danach keine längere Erholungsphase möglich ist, muss mit so genannten Anpassungskrankheiten gerechnet werden.

Ein Hauptverursacher der Anpassungskrankheiten ist Cortisol. Normalerweise hat Cortisol eine Halbwertzeit von 20 Minuten, das heißt, nach 20 Minuten ist der Cortisolspiegel im Blut auf die Hälfte gefallen. Tierversuche haben ergeben, dass unter Stresseinwirkungen die negative Rückkoppelung der Cortisolausschüttung nicht mehr funktioniert und so innerhalb weniger Tage vier Mal mehr Cortisol nachzuweisen war als normalerweise. Befand sich das Tier in einer Situation, die ein dauerhaftes Gefühl der Erwartungsunsicherheit und/ oder Hilflosigkeit verursachte, verstärkte sich dieser Effekt enorm. In der Humanmedizin geht man heute übrigens davon aus, dass Depressionen unter anderem auf diesen Effekt zurückzuführen sind.

In genau dieser Situation der Erwartungsunsicherheit und Hilflosigkeit befindet sich unser Hund aber tatsächlich häufig. Zum Beispiel kann er den Verlauf von Situationen, die von uns Menschen gesteuert werden, nicht einschätzen. Oft ist es zusätzlich so, dass wir die Situation nicht mit dem nötigen fachlichen Wissen erfassen und uns deshalb unangemessen verhalten. In große Erwartungsunsicherheit kann man den Hund beispielsweise stürzen, wenn man meint, ihm etwas Gutes damit zu tun, dass man ihn nicht regelmäßig füttert, sondern ihn das Futter bei unterschiedlichen Gelegenheiten ausschließlich erarbeiten lässt. Wenn für den Hund hierbei kein Muster und keine Regelmäßigkeit erkennbar sind, befindet er sich bezüglich einer überlebenswichtigen Ressource – nämlich Futter – in Erwartungsunsicherheit. Andererseits sollte man es sich auch nicht zur Gewohnheit machen, den Hund immer auf die Minute exakt zur selben Zeit zu füttern, denn Hunde haben eine sehr genaue innere Uhr. Hält man die gewohnte Zeit einmal nicht genau ein, kann auch das ein Stressauslöser sein.


Das Gefühl der Hilflosigkeit vermitteln wir unserem Hund auch dann, wenn er durch eine kurz gehaltene Leine, das Führen am Halti oder Ähnlichem daran gehindert wird, adäquat auf eine Situation zu reagieren. Der Hund möchte gern Distanz zwischen sich und den anderen bringen oder einen Bogen laufen, wird daran aber gehindert, oftmals sogar nach dem Motto „Da muss er durch!“ genau in die Situation hinein geführt, die er vermeiden möchte.

Ein dauerhaft erhöhter Cortisolspiegel im Blut führt zu einer Verminderung der körpereigenen Abwehrkräfte. Eine weitere Folge sind häufig Magen-Darm-Erkrankungen wie Magengeschwüre und chronischer Durchfall. Langfristig kann die Nebenniere stark geschädigt werden. Auch Veränderungen des Herz-Kreislauf-Systems wie Bluthochdruck, Herzinfarkt und Schlaganfall und viele weitere Krankheiten können auf anhaltenden Stress zurückgeführt werden. Ebenfalls in Zusammenhang mit dauerhaft erhöhtem Cortisolspiegel stehen Fortpflanzungsstörungen. Sowohl für das Reifen der Eizellen bei weiblichen Tieren als auch für die Produktion von Testosteron und die Entwicklung der Spermien bei männlichen Tieren ist ein Botenstoff der Hirnanhangdrüse, das so genannte luteinisierende Hormon LH, notwendig. Durch Cortisol wird die Ausschüttung von LH gehemmt und damit das Reifen von Eizellen bzw. Spermien in den Keimdrüsen (Eierstöcken beim weiblichen, Hoden beim männlichen Tier) unterdrückt. Die Probleme bei der Nachzucht von Tieren in Gefangenschaft, wie zum Beispiel im Zoo, kann man auf diesen Effekt zurückführen.

Durch das ebenfalls von der Nebennierenrinde ausgeschüttete Aldosteron kann es langfristig zu Verschiebungen im Mineralstoff- und Wasserhaushalt kommen, was sich auch durch erhöhten Blutdruck bemerkbar macht.

Hinzu kommt noch ein weiteres Problem: Ein gestresster Organismus reagiert mit geschärften Sinnen, weshalb wir, wenn wir gestresst sind, den Fernseher schnell als zu laut oder das eingeschaltete Licht im Wohnzimmer als zu grell empfinden usw. Beim Hund macht sich das dadurch bemerkbar, dass er sensibilisierter auf Geräusche, Bewegungen usw. reagiert. Und leider handelt es sich hierbei um die sprichwörtliche Katze, die sich in den Schwanz beißt, denn:



Zusammenfassend kann man feststellen, dass ein gewisses Maß an Stress sinnvoll und für die optimale Leistungsbereitschaft des Körpers sogar notwendig ist. Jeder Organismus kann Stress bis zu einem gewissen Punkt kompensieren, ohne schädliche Folgen davonzutragen. Die Frage, wo dieser Punkt liegt, ist abhängig vom Ausmaß der Stresseinwirkung. Kompensiert der Körper Stress-Situationen, das heißt, gewöhnt er sich an einen bestimmten Stresspegel, spricht man vom Anpassungssyndrom oder auch Coping.

Ist dieser Vorgang des Copings nicht mehr möglich, kommt es zu Anpassungskrankheiten wie oben beschrieben und man spricht von Distress (siehe Grafik 3).


Grafik 3: Positive und negative Folgen von Stress

In Grafik 3 wird neben den verschiedenen stressbedingten Erkrankungen eine erhöhte Aggressionsbereitschaft als mögliche Folge von Stress aufgeführt. Auch das ist auf die Hormonausschüttung zurückzuführen. Verantwortlich ist hier unter anderem das Sexualhormon Testosteron. Neuere Studien an Hunden zeigen, dass in bestimmten Stresssituationen trotz der erhöhten Cortisolausschüttung auch ein erhöhter Testosteronspiegel nachweisbar ist. Ein anschauliches Beispiel für die durch Testosteron erhöhte Aggressionsbereitschaft lässt sich bei den Tierarten finden, die eine auf wenige Wochen im Jahr beschränkte Paarungszeit haben, wie zum Beispiel Rotwild. Häufig sind es hier die Männchen, die ein oder mehrere Weibchen um sich scharen und jetzt besonders ablehnend und aggressiv auf andere Männchen reagieren. Sie sind nun ständig bereit, ihre Weibchen gegen Rivalen zu verteidigen.

Dieses Verhalten tritt nur während der Paarungszeit auf und steht in engem Zusammenhang mit dem zu dieser Zeit natürlicherweise erhöhten Hormonspiegel. Dieser Mechanismus macht es möglich, dass die männlichen Tiere außerhalb der Paarungszeit untereinander weitgehend verträglich sind und keine unnötigen Kämpfe ausfechten. Man kann hier also von einer durchaus sinnvollen Koppelung von Sexualhormonen und Aggressionsbereitschaft sprechen.

Anders verhält es sich bei Hunden: Die Rüden sind, anders als bei den Wölfen, an keine spezielle Paarungszeit gebunden und reagieren das ganze Jahr über auf läufige Hündinnen. Leben in ihrer Umgebung viele Hündinnen, kommt es natürlich sehr häufig vor, dass eine von ihnen läufig ist und der Rüde entsprechend durch einen erhöhten Testosteronspiegel auch eine erhöhte Aggressionsbereitschaft gegen andere männliche Hunde zeigt.


Auch lang anhaltender Stress oder häufig wiederkehrende Stress-Situationen können unter bestimmten Umständen zu einem erhöhten Sexualhormonspiegel im Blut führen. Das Testosteron wird in diesem Fall durch die Nebennierenrinde ausgeschüttet, deshalb lassen sich erhöhte Blutspiegel bei beiden Geschlechtern feststellen. In der Folge zeigen betroffene Hunde häufig eine niedrigere Reizschwelle für aggressives Verhalten. Das bedeutet nicht, dass jeder gestresste Hund immer und sofort aggressiv reagiert. Es kann aber bedeuten, dass der Hund in bestimmten Situationen heftiger reagiert als sonst und mit bisher problemlosen Begegnungen wie zum Beispiel mit Joggern, Radfahrern oder anderen Hunden nicht mehr umgehen kann.

Ein durch Stress und/ oder durch die ständige Begegnung mit läufigen Hündinnen dauerhaft erhöhter Testosteronspiegel bleibt nicht ohne gesundheitliche Folgen. Eine mögliche Folgeerkrankung ist beim Rüden die Vergrößerung der Prostata. Anders als beim Menschen macht sich dies nicht durch eine Verengung der Harnröhre, also Probleme beim Wasserlassen bemerkbar. Beim Rüden drückt die vergrößerte Prostata auf den Enddarm und verursacht Probleme beim Absetzen des Kotes.


REAKTIONEN AUF STRESS

Wenn ein Hund bald nach Betreten des Hundeplatzes Kot absetzen muss, obwohl er gerade von einem ausgiebigen Spaziergang kommt, ist oft Aufregung und/ oder Stress die Ursache.

Auch andere Symptome oder Verhaltensweisen, die man beim Hund beobachten kann, stehen in direktem Zusammenhang mit der Auswirkung von Stress. So hat zum Beispiel der Ausspruch „Ich mache mir vor Angst in die Hose“ durchaus einen physiologischen Hintergrund und gilt gleichermaßen für Mensch und Tier. Durch große Angst oder durch einen plötzlichen Schreck wird über die Adrenalinausschüttung und die Aktivierung des sympathischen Nervensystems dem Enddarm signalisiert, Kot abzusetzen.

Wenn ein Hund bald nach Betreten des Hundeplatzes Kot absetzen muss, obwohl er gerade von einem ausgiebigen Spaziergang kommt, ist oft Aufregung und/ oder Stress die Ursache. Man könnte hier vom beinahe schon obligatorischen „Trainingshaufen“ sprechen. Keinesfalls ist es sinnvoll, den Hund dafür auszuschimpfen oder gar zu bestrafen, dass er mal muss! Auch die auf vielen Hundeplätzen üblichen Ermahnungen an den Hundehalter, seinen Vierbeiner keinesfalls „…auf den Platz scheißen“ zu lassen, geschweige denn die Unsitte, Geldstrafen für die Vereinskasse zu fordern, muten geradezu absurd an, wenn man die Ursache für dieses Koten kennt. Auch das Argument, andere Hunde auf dem Platz würden durch die Geruchsmarkierungen (sei es durch Kot oder Urin) abgelenkt und könnten sich dann nicht mehr richtig auf ihre Kommandos und Anweisungen konzentrieren, ist bei näherer Betrachtung unsinnig. Denn wo können wir schließlich mit unserem Hund spazieren gehen, ohne dass er durch Tausende von Geruchsmarkierungen abgelenkt würde, und trotzdem soll er – selbstverständlich! – auf Kommandos reagieren und gehorchen. Hat Ihr Hund also auf dem Hundeplatz das Bedürfnis, einen Haufen zu machen, lassen Sie ihn dies bitte in aller Ruhe tun, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Wird diese „Hinterlassenschaft“ anschließend von Ihnen entsorgt, gibt es auch keine Probleme mit der Verunreinigung des Trainingsgeländes.


REAKTIONEN AUF STRESS

Ein Rüde, der ständig und überall auf dem Hundeplatz markiert, ist nicht unbedingt „dominant“, sondern steht eventuell unter starkem Stress.

Auf Ausstellungen kann man sehr häufig Hunde beobachten, die an Durchfall leiden. Auch hier ist die Ursache meistens Stress. Die Enge und der Lärm in den Ausstellungsräumen, verbunden mit den vielen fremden Menschen und Artgenossen überfordern viele Hunde. Durch den andauernden Stress wird der Wasserhaushalt derartig aus dem Gleichgewicht gebracht, dass es zu Durchfall kommt.


Werden dem Hund häufig solche Situationen zugemutet, sind chronische Durchfälle die Folge. Nicht selten konsultiert der ratlose Hundehalter dann diverse Tierärzte, probiert die verschiedensten Diäten oder Heilmittel aus, ohne zu einem zufrieden stellenden Ergebnis zu gelangen. Kein Wunder, denn Ursache des Durchfalls ist nicht eine Darminfektion, sondern Stress.

Auch Blase und Nieren werden von Stresshormonen beeinflusst. Das bei Stress ausgeschüttete Aldosteron bewirkt zusammen mit Adrenalin eine Anregung der Nierentätigkeit und so eine verstärkte Wasserausscheidung. Ein Rüde, der ständig und überall auf dem Hundeplatz uriniert, ist nicht unbedingt „dominant“, sondern steht eventuell unter starkem Stress.

Auch andere für den Hund belastende Situationen machen sich durch vermehrten Harndrang bemerkbar. Der Dalmatinerrüde Dandy zum Beispiel muss nicht oft allein zu Hause bleiben. Ist dies aber doch einmal der Fall, gibt er bei der Rückkehr seiner Halterin deutlich zu verstehen, dass er raus muss, obwohl es eigentlich noch nicht an der Zeit für die nächste Gassi-Runde ist. Endlich draußen, bleibt er deutlich länger als üblich am nächsten Baum stehen, um seine Blase zu entleeren. Auch uns Menschen geht es nicht anders. Ob Führerscheinprüfung oder Gang zum Traualtar – meistens wird kurz vorher noch die Toilette aufgesucht…

Permanenter Stress kann auch an Blase und Nieren Krankheiten hervorrufen. Vor allem, wenn die Möglichkeit fehlt, die Blase ausreichend häufig zu entleeren, kann der ständige Druck auf die Blase zu Inkontinenz führen, was bedeutet, dass der Hund den Urin nicht mehr kontrolliert halten kann und unsauber wird. Durch den anhaltenden Druck in der Blase staut sich der Urin im Nierenbecken, wodurch auch die Niere geschädigt werden kann.

Ist ein Hund häufig krank, leidet er an Allergien oder infiziert er sich grundsätzlich mit jedem Magen-Darm-Virus, der im Umlauf ist, muss an eine Erkrankung des Immunsystems gedacht werden. Wie schon erwähnt, kann das bei Stress ausgeschüttete Cortisol das Immunsystem schwächen.

Auch ein Hund, der ständig hechelt, hat eventuell ein Stressproblem. Durch die Adrenalinwirkung werden Kreislauf und Atmung beschleunigt, was sich beim Hund neben einem erhöhten Puls auch durch Hecheln bemerkbar macht. Hechelt ein Hund zum Beispiel permanent beim Autofahren, so muss nicht nur die Innenraumtemperatur überprüft werden, sondern auch, ob der Hund grundsätzlich Angst vor dem Mitfahren im Auto hat und deshalb stressbedingt hechelt.


WICHTIG: Nicht nur die bisher geschilderten Beispiele von Hunden, die mit Überforderung, Angst oder Krankheit zu tun hatten, verweisen auf Stress als Ursache. Selbst Erlebnisse, die wir als positiv bewerten würden, wie zum Beispiel das Spielen mit dem Ball, können Stress auslösen. Sehr positive, überraschende Ereignisse regen nicht nur Hunde, sondern auch uns Menschen auf.


Stellen Sie sich vor, jemand überbringt Ihnen die Nachricht, dass Sie fünf Millionen Euro im Lotto gewonnen haben. Würden Sie da ruhig sitzen bleiben und denken „…ach Gott, das ist ja nett…“? Bestimmt nicht! Sie würden jubeln, sich freuen, Ihr Pulsschlag wäre beschleunigt, Sie wären aufgeregt. Oder denken Sie an ein Kind, das heute seinen Geburtstag feiert. Viele Freunde sind eingeladen, es gibt Geschenke, Verwandte kommen zu Besuch, Spiele werden gespielt. Dieser kleine Mensch steht den ganzen Tag im Mittelpunkt des Geschehens – und ist entsprechend aufgekratzt, kann abends nicht einschlafen, muss immer wieder von all diesen vielen Erlebnissen erzählen, ehe er sich schließlich beruhigen kann. Und nun stellen Sie sich mal vor, Sie würden mit diesem Kind eine Woche lang jeden Tag Geburtstag feiern… es würde gar nicht mehr zur Ruhe kommen.


Sieht man sich den „Stundenplan“ einiger Hunde an, so drängt sich einem genau dieses Bild auf. Montag: Agility in der Gruppe. Dienstag: Bergwandern mit sechs weiteren Hunden. Mittwoch: Stadtbesuch inkl. Einkaufsbummel durch die Kaufhäuser mit anschließendem Essen im Lokal. Donnerstag: Obedience in einer gemischten Hundegruppe. Freitag: Laufen am Fahrrad, denn der Hund soll ja seinen Auslauf bekommen. Und jetzt haben wir endlich Wochenende und können mit unserem vierbeinigen Freund so richtig was unternehmen! Das alles ist sicher gut gemeint, aber es bietet dem Hund nicht ausreichend viele Ruhephasen und führt auch wieder zu Stress.


Stress bei Hunden

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