Читать книгу Vegane Waffeln - Claudi Feldhaus - Страница 11
ОглавлениеAm Freitagmorgen lieferten wir eine riesige Muffintorte direkt in die Montessori-Schule nach Köpenick, was uns viel Publicity einbrachte. Als es Nachmittag wurde, gingen wir gemütlich die Bestellungen für die nächste Woche durch und tranken Kaffee. Lina hatte nach unserem DVD-Abend das Sofa in meinem Schlafzimmer für sich entdeckt und zog es nun vor, dort ihre Hausaufgaben zu machen. Lange war dieser Raum nur für mich da gewesen, es machte mir aber nichts aus, dass das Kind in meinen Privatbereich eindrang.
Mein Handy piepte, und mir wurde schlecht, als ich sah, dass ich eine SMS von Sam bekommen hatte.
Pami bemerkte mein blasses Gesicht und wusste sofort, wer geschrieben hatte. »Was will der Sack?«
»Hallo, Tigris«, las ich vor, »freue mich, Dich nächsten Mittwoch im Büro zu sehen. Komm doch, nachdem Du Deine kleine Lieferung überbracht hast, bei mir vorbei. S. L.«
»Auch noch Initialen! Der zieht echt alle Register in Sachen Widerlichkeit.«
Ich wollte gerade sagen, dass wir so tun würden, als hätte ich nie eine SMS von ihm bekommen, und Pami bitten, die Lieferung zu übernehmen, da schrieb er erneut.
»Wenn Du nicht vorbeikommst, betrachte unsere süße Geschäftsbeziehung als gekündigt. Diese und alle möglichen mit anderen namhaften Berlin-Mitte-Firmen!« Noch bevor ich zu Ende vorgelesen hatte, sprang ich auf. Pami warf den Ordner auf den Fußboden und hielt mich fest, während ich wild mit den Armen fuchtelte und himmelschreiende Verwünschungen ausstieß. Ich endete mit der Frage, die schließlich Lina anlockte: »Was glaubt dieser Wichser eigentlich, wer er ist?«
»Was willst du machen?«, wollte Pami wissen, die sich wieder auf ihren Bürosessel gesetzt hatte.
»Was kann ich schon machen? Ich muss tun, was das Beste für das Geschäft ist. Der wird ja wohl nicht über mich herfallen!« Ich lief im Büro auf und ab und warf Zettel durcheinander.
Lina stand schweigend im Türrahmen und besah das Chaos.
»Wenn doch, schrei laut und sieh zu, dass du Zeugen hast! Dann verklagen wir ihn«, sagte Pami.
»Mal ernsthaft, was will der von mir? Wieso lässt er mich nicht in Ruhe?«
»Weil er dich nicht haben kann. Das ist er nicht gewohnt.«
»Ach!«, stieß ich aus und warf mich auf den Boden.
»E-Ein Mann, der in Aili v-verliebt ist, ä-ärgert uns?«, fasste Lina zusammen.
»Liebe, pah! Ich bin für den nur ’ne Beute!« Ich lag auf dem Rücken, trampelte mit den Füßen und verkloppte den Fußboden mit den Fäusten, als ob der etwas dafürkönnte.
»Ä-Ärger dich nich’, so sind M-Männer eben!«, erklärte die Kleine, drehte sich, unsere überraschten Gesichter ignorierend, um und ging zurück aufs Sofa.
»Besser, sie weiß es heute als morgen«, seufzte Pami. »Vielleicht lässt sie das nicht so blauäugig an Liebesdinge rangehen wie uns, als wir Jungs plötzlich nicht mehr doof fanden.«
»Oder sie wird Mädchen mögen«, schlug ich hoffnungsvoll vor.
»Wir werden es erfahren …«
»Sie hat deinen Vater als positives Beispiel …«
»Jupp, Papi ist lieb, aber ich steh trotzdem auf Arschlöcher. Vielleicht hab ich das auf Lina übertragen.«
Aha, jetzt geht es also wieder um dich, dachte ich mir. Pamis Spruch klang zu resigniert, als dass ich nicht nachfragen musste. »Was ist denn mit Kastanienhof?«
»Ach, ich weiß auch nicht. Anfangs war es wirklich heiß, aber jetzt … Er ist irgendwie süß und nett. Und er will Lina kennenlernen.«
»Ja? Ich höre angestrengt zu …«
»Mich deucht, das ist das Problem«, seufzte Pami schwermütig.
»Wie meinen, Mylady?«
»I told you so. Ich mag Arschlöcher. Und wenn sich ein 24-jähriger Musikstudent mit tiefhängenden Jeans und Tunneln in den Ohrläppchen wider Erwarten als guter Kerl entpuppt … Einer, der dich erst die ganze Nacht bereitwillig mit seinem Schwanz spielen lässt, dich dann am nächsten Tag mit zur Taufparty einer befreundeten Familie nimmt und dich mit ›Das ist sie!‹ vorstellt …«
Ich wartete immer noch auf das Problem.
Dann atmete Pami durch und sagte traurig: »Kennst du das, wenn der Deckel endlich auf den Topf passt, aber die Herdplatte einfach nicht mehr warm werden will?«
»Nö. Woher auch? Aber die Arschlöcher machen dich auch nicht glücklich …«
»Glücklich …« Sie lächelte mich ironisch an und erhob sich mit einer ausholenden Bewegung. »Ich hab die beste Freundin, die wunderbarste Tochter, die tollste Familie, und ihr alle liebt mich. Ich bin gesund, habe Zugang zu sauberem Wasser und Bildung … Meine Fresse, Aili! Wir leben doch so halb unseren Traum, wir verdienen Geld mit dem, was wir lieben, auch wenn’s nicht viel ist. Wer hat all das schon? Ich bin glücklich!«
Ich grinste und entgegnete: »Du meinst, mit ’ner gesund funktionierenden Liebesbeziehung würdest du den Zenit überschreiten?«
»Kann sein. Wenn ich noch mehr Glück habe, platze ich.«
Ich lachte, dachte jedoch sofort wieder an Sam. »Aber ich weiß immer noch nicht, was ich nun mit ihm machen soll. Eines ist sicher: Einen Kerl würde er gewiss nicht so erpressen!«
Pami setzte sich wieder, lehnte sich zurück und antwortete: »Einem Kerl hätte er auch keinen Dauerauftrag auf Cupcakes gegeben und legale Steuertricks verraten.«