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ОглавлениеVorwort
von Klaus-Dieter Welker
Zwischen Tag und Dunkelheit - Flinke Finger huschten über die Saiten, zupften die Akkorde und begleiteten den hereinbrechenden Abend, während der Nebel sich über das kleine Tal legte und die Konturen der Bäume und Büsche verwischte.
Der Lärm der Städte und Dörfer lag hinter ihnen. Hier herrschte Stille, die nur von den nächtlichen Lauten des Waldes, dem verhaltenen Plätschern des Baches und hin und wieder dem Quaken eines Frosches unterbrochen wurde. Und natürlich den leisen Gesprächen am Lagerfeuer, welches auf der kleinen Lichtung entzündet worden war. In der Luft lag der herbe Geruch des frischen Rauches, der sich in der Luft kräuselte, vom Wind hinauf in den Himmel getragen wurde und sich dort mit den dunklen Wolken vermischte.
Es schien schon eine Ewigkeit her zu sein, seit sie sich zum letzten Mal gesehen, sich an einem wärmenden Feuer versammelt und die Nähe der anderen genossen hatten. Und doch war die Vertrautheit zu spüren, die Kameradschaft und die freundschaftliche Verbundenheit, auch wenn neue Gesichter die Runde belebten. Ihr Kreis war gewachsen, neue Freundschaften waren geschlossen worden. Sie hatten die Faszination des Feuers gespürt.
Es war aber nicht die Anziehungskraft des Feuers allein. Es war mehr, das sie dazu getrieben hatte, sich auf den Weg zu machen, hin zu diesem fernen Platz. Die Männer und Frauen, die Jungen und Alten, die sich auf den Stämmen und knorrigen Baumstümpfen, im weichen Moos oder auf mitgebrachten Matten rings um das Feuer niederließen, hatten eines gemeinsam: ihre Liebe zu den Geschichten und Märchen, seien sie nun wahr oder in ihrer Phantasie erschaffen.
Ein neues Scheit Fichtenholz wanderte in das Feuer um es zu nähren, und wie flüssiges Gold fiel ein Tropfen Harz von dem Kloben in die Flammen. Aus dem träumenden Schweigen des düsteren Waldes erscholl das Bellen eines Fuchses.
„Na, das hätte ich mir denken können“, grinste einer in die Runde. „Der Hühnerdieb gibt niemals Ruhe. Der hofft mal wieder auf eine gute Mahlzeit, die er stibitzen kann.“
„Dann braucht er wohl dringend eine Fressbremse“, ließ sich eine lachende Frauenstimme vernehmen.
„Oder borg dir mal „Gunter“ aus. Da überlegt es sich auch ein Fuchs lieber dreimal, ob er sich auf den Hof wagt“, stimmte Claus in das Lachen ein.
Fröhlich prosteten sie sich in der Dunkelheit zu. Aufgeschreckt durch das Klingen der Gläser flatterte ein kleiner Nachtfalter, der bisher selig auf einem nahen Ginsterstrauch vor sich hin geträumt hatte, um das Feuer. Eine hübsche junge Frau hielt sogleich ihre Hand über ihr Glas, in dem der Rotwein funkelte.
„Hans-Jürgen“, prustete sie vor sich hin. „Natürlich, wo Rotwein fließt, da ist mein kleiner, dem Alkohol verfallener Freund nicht weit.“
„Ein versoffener Nachtfalter? Das klingt nach einer guten Geschichte“, meldete sich ein weiterer zu Wort. „Komm, erzähl sie uns.“
Weitere Stimmen wurden vernehmbar, Die kleine Gemeinschaft rückte mit glänzenden Augen, in denen sich der Schein der Flammen spiegelte, näher ans Feuer. Sie alle waren begierig auf neue Erzählungen, neue Geschichten. Und während der Wind leise säuselnd durch den dunklen Wald strich, in dem die Eulen lautlos ihre Beute schlugen, lauschten sie gespannt, manchmal lachend, manchmal verträumt und zuweilen nachdenklich.