Читать книгу Land hinter den Nebeln - Claus Bork - Страница 9

Das Land hinter den Nebeln

Оглавление

Sie lagen seitwärts nebeneinander, mit den Augen nur wenig über der Kante und starrten durch den Nebel.

Das Wasser gluckste unter dem kleinen, schmächtigen Boot, während es mit dem Strom schwamm, hinein in das Schilf, dahin wo, wie Jesper meinte, die andere Seite des Lögsees war.

Aber sie war es nicht.

Er kniff die Augen zusammen und fühlte außen an der Tasche, ob das Messer immer noch da war. Plötzlich war er froh, daß er es mitgenommen hatte, obwohl es nur ein kleines, blödes Messer war.

Das Boot arbeitete sich in das Schilf hinein, zwang es zur Seite und schwamm mit dem Strom weiter zum Ufer. Es duftete nach Wald, Tieren und Farnkraut über das dunkle Wasser. Dann gab ein schnarrendes Geräusch zu erkennen, daß das Boot nun auf dem Grund schabte, und sie nun nicht länger treiben konnten.

"Vorsichtig," warnte Sigurd. "Tausend Gefahren lauern auf den, der kommt, um eine Rose aus dem Rosengarten zu holen."

Jesper ließ sich über die Reling gleiten und bekam eine nasse Socke, bevor er es schaffte, sich an Land zu retten. Sigurd flog dorthin, so wurde er damit fertig.

"Du machst Lärm," flüsterte Sigurd.

Jesper krabbelte an Land und schaute ärgerlich auf seinen einen völlig nassen Schuh.

"Wir müssen uns verstecken," sagte Sigurd. "Hier ist es gefährlich für uns."

"Hier sieht es doch sehr friedlich aus," flüsterte Jesper und ärgerte sich über seine zittrige Stimme.

Der Mond warf ein bleiches Licht über den Waldrand von seinem erhöhten Platz am Nachthimmel. Sie schlichen über das Ufer zwischen die Bäume, als Jesper plötzlich bemerkte, was für Bäume es eigentlich waren, zwischen denen sie versuchten, sich zu verstecken. Er blieb auf einmal stehen und starrte hinauf in die gewaltigen, schwarzen Kronen der Bäume, mit offenem Mund und weit aufgerissenen Augen.

Sie waren riesig, diese Bäume. Größer als alle, die er jemals gesehen hatte. Die Stämme waren dick und knorrig mit einer furchigen, gespaltenen Rinde. Innen am Stamm waren die Äste so dick wie Jesper hoch war.

"Sieh, Sigurd, sieh die Bäume."

"Bäume sind Bäume," flüsterte Sigurd, flog in die Dunkelheit zwischen den Stämmen und verschwand. Jesper lief das letzte Stück zu dem nächsten Stamm und streckte eine Hand aus. Er ließ die Finger über die felsartige, spaltendurchfurchte Rinde gleiten. Sie war ein bißchen feucht vom Nebel und kalt wie die Nacht. Als er die Rinde berührte, entfuhr dem Baum ein langgezogenes Seufzen. Jesper zog erschreckt die Hand zurück, ging vorsichtig außen um den Baum herum und verschwand in der Dunkelheit wie Sigurd.

Sigurd flüsterte von einer Stelle in der Nähe zu ihm: "Da kommt jemand, Fister."

Jesper setzte sich in die Hocke und machte sich so klein wie möglich. Er spähte aus seinem dunklen Versteck, hinaus über den See und den Nebel, der im Licht des Mondes weiß war.

Geräusche von Pferdehufen drangen von einer Stelle weit weg zu ihnen. Es donnerte und bebte alles, während sie näherkamen. Dann waren sie zu sehen, im scharfen Galopp am Wasser entlang reitend. Es waren viele Ritter und es rasselte und klirrte vom Zaumzeug und den Panzerhemden, die sie trugen.

Jesper drückte sich an die Erde und hoffte, daß Sigurd seinen Mund halten könnte.

Die Ritter blieben stehen, als der erste von ihnen seine Hand hob. Sein Pferd bäumte sich auf und wieherte.

Dann war es plötzlich still, während die Ritter auf das kleine Ruderboot schauten, das im Schilf lag. Der Atem der Pferde stand wie klare, weiße Wolken vor den Nasenlöchern und trieb mit dem Wind fort.

Jesper bemerkte etwas an seiner Hand und wollte gerade vor Angst laut schreien.

"Ruhig, Fister, ich bins..."

"Ich bin total ruhig," log Jesper.

"Das weiß ich wohl," flüsterte Sigurd. "Du bist der geborene Held, Fister."

"Da ist wer heute Nacht gekommen," sagte eine tiefe, kalte Stimme. Der erste Ritter, der einen roten Umhang über seiner schwarzen Rüstung trug, drehte sich und sah in den Wald hinein.

Sie sahen seine Augen im Schatten seines Helmes. Augen die kalt, klar und funkelnd waren, wie geschliffene Diamanten. Die Ritter in seinem Gefolge machten es wie er, spähten in den Wald. Sie hatten alle Augen wie er; kalt und funkelnd, so hart und klar, wie geschliffene Diamanten.

"Sollen wir das Boot zerschlagen?" fragte ein Ritter mit rauher Stimme.

Der Anführer, der mit dem roten Umhang, drehte sich mit einem Ruck und beobachtete ihn eine lange Sekunde.

"Ich bestimme was wir tun!" knurrte er.

Der andere erwiderte seinen bösen Blick, aber sagte nichts.

"Wer sind sie?" fragte ein dritter.

"Wir finden sie," antwortete der Anführer. "Sie müssen Rosendiebe sein. Und Rosendiebe werden wir fangen, so wie wir es immer getan haben, und sie in die Schlucht der Seufzer werfen."

Die Ritter murmelten etwas zusammen, Worte, die für Jesper und den Schwarzen Sigurd unverständlich waren. Aber sie konnten hören, daß sie reimten, und daß es klang wie ein Vers. Sie sangen leise und heiser, während das Wasser zwischen dem Schilf gluckste, am Rande des Nebels.

Dann reckte der Anführer den Arm in die Luft und rief laut. Sie gaben alle ihren Pferden die Sporen und ritten davon, während die Erde bebte und zitterte und Blätter von den Bäumen fielen. Das Schilf flüsterte mit seiner kaum hörbaren Stimme, daß Rosendiebe an Land gegangen waren.

Jesper wartete bis der Lärm der Pferde zu einem schwachen Donnern in der Ferne geworden war.

"Wir könnten zum Boot rennen und verschwinden, bevor sie wiederkommen," flüsterte er.

"Ich dachte, wir brauchen die Rose, Fister?" antwortete Sigurd vorwurfsvoll.

Jesper dachte an Cherri und gab den Gedanken, den Schwanz einzukneifen, auf.

"Wo liegt der Rosengarten?" fragte er stattdessen.

"Keine Ahnung," antwortete Sigurd. Er stellte sich auf seine krummen Füße und sah sich um. "Vielleicht den Weg?" Er zeigte mit dem einen Flügel in die gleiche Richtung, in die die Ritter geritten waren.

"Vielleicht," flüsterte Jesper. "Komm, laß uns gehen."

Land hinter den Nebeln

Подняться наверх