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Einführung

Nach 25 Jahren eigener Erfahrung und nach gut 20 Jahren, in denen ich andere Menschen in der Übungsweise Zapchen1 unterrichtet habe, ist dieses Buch entstanden.

Es möge eine Einladung sein, sich mit schlichten und sehr einfachen Übungen zurückzubesinnen auf die Fülle, die Freude und das Wohlgefühl, das dem einfachen Sein innewohnt, wenn wir uns dafür öffnen können.

Es gibt nichts zu erreichen, es gibt nichts, wofür man sich besonders anstrengen müsste, es gibt nur die Einladung, Hingabe und Vertrauen ins Leben zu entwickeln, sie zu vertiefen und zu genießen, was dabei nach und nach auftaucht.

Das klingt unglaublich einfach – und ist es auch. Je einfacher, desto wirkungsvoller.

In der gesellschaftlichen Situation, in der wir uns befinden, wird es immer dringender notwendig, Boden, Anker und Orientierung zu finden in den schnellen und großen Veränderungsprozessen und in den verunsichernden Fragen, die sich uns stellen.

Immer wieder weisen vor allem Neurowissenschaftler und Philosophen darauf hin, dass sowohl zur Versicherung als auch zur Orientierung das Gefühl für uns selbst, für uns als Körper, besonders wichtig ist. Wir brauchen es, um zu wissen und vor allem zu spüren, wer wir sind und was wir wirklich brauchen.

Die Rückbesinnung auf »mich selbst« ist keine Flucht vor den drängenden Fragen, sondern eine Erforschung der Basis des Menschseins, die sowohl Bedürfnisse deutlich macht als auch Sensibilisierung schafft. Hier kann sich eine Kreativität entfalten, mit der wir den Herausforderungen begegnen können. Bei den Übungen in diesem Buch finden sich keine Antworten auf Fragen der Digitalisierung, der Datennutzung, des Klimawandels oder der Globalisierung, aber es gibt Hinweise, wie wir inmitten von allem unser Menschsein spüren, es verlebendigen und zur Basis unserer Entscheidungen machen können.

Wozu dieses Buch?

Unsere Grundbedürfnisse sind schlicht und meist einfach zu erfüllen. Und wenn wir wahrnehmen, dass sie erfüllt sind, werden wir grundzufrieden und kommen dem Lebensglück schon nahe. Wir brauchen Sicherheit, Grundversorgung, soziale Verbundenheit bei klaren Grenzen, Wertschätzung für uns und die eigene Wertschätzung für das, was wir haben.

Wir leben in unserer Gesellschaft unter Bedingungen, die es den meisten von uns ermöglichen, diese Grundbedürfnisse zu erfüllen, und dennoch leben wir oft eher in Anspannung, Stress und Mühsal. Es geht dabei um Arbeits- und Lebensstrukturen, die uns belasten, stressen und unzufrieden machen. Es geht aber auch um »eingefleischte« Gewohnheiten, die uns von der bewussten Wahrnehmung der Fülle abschneiden. Und es geht um Gewohnheiten, die uns eher von der Zufriedenheit fernhalten, als uns für sie zu öffnen.

Zugleich haben wir als Menschen die Möglichkeit, unser Bewusstsein zu öffnen für die Erfahrung von Weite, Klarheit, großer Freude und einem tiefen Gefühl von Zuhausesein im Sein. Und wir tragen eine unbestimmte Sehnsucht mit uns, die uns darauf hinweist.

In diesem Buch sind Sie eingeladen, sich auf eine Übungsweise einzulassen, die Sie unterstützt, sich mit der Fülle wieder zu verbinden, dem einfachen Dasein Raum zu geben, größere Räume von Offenheit, Präsenz und Bewusstheit zu erleben. Womöglich entstehen daraus dann Impulse und Initiativen, die eigenen Lebensbedingungen in eine Richtung zu verändern, die Zufriedenheit und Glück unterstützt.

Aber zunächst geht es um das, was wir jetzt, hier, »inmitten von allem«, tun können, um unser »Well-Being« zu entwickeln. Dieses »Well-Being« ist der Überbegriff für ein Lebensgefühl, in dem wir mit unserer ursprünglichen Natur – mit der uns innewohnenden Weite, Klarheit, Freude und Offenheit – wieder mehr verbunden sind, Zufriedenheit und Glück wieder wahrnehmen und in dem es uns möglich ist, uns immer wieder mit diesem Ursprung unseres Seins zu verbinden.

Die Quelle

Die Übungen in diesem Buch, ihre Struktur, ihre Intention und das mitschwingende Verständnis dafür, wer wir als Menschen sind, gehen zurück auf Julie Henderson und die Übungsweise Zapchen oder auch Zapchen somatics, die sie entwickelt hat. Seit fast dreißig Jahren lehrt sie Zapchen auf mehreren Kontinenten und vermittelt ihr tiefes Wissen. Über zwanzig Jahre habe ich von ihr gelernt und begann vor vielen Jahren, selbst zu unterrichten und zu lehren. Mit tiefem Respekt, großer Dankbarkeit und liebevoller Verbundenheit versuche ich hier, ihren Lehren gerecht zu werden und ihre Sichtweise durch mein eigenes Sein durchscheinen zu lassen.

Viele der Übungen in diesem Buch folgen den sogenannten »Basics« des Zapchen, wie sie von Julie Henderson (2012) in ihrem Buch Embodying Well-Being beschrieben werden. Ich halte mich zum Teil eng an ihre Beschreibung, ohne jedes Mal neu auf das Buch zu verweisen. Alle Übungen, die direkt aus Julie Hendersons Buch Embodying Well-Being, dem Summ-Buch (Henderson 2007) oder ihrem Buch Die Erweckung des Inneren Geliebten (Henderson 2006) stammen, sind im Verzeichnis der Übungen (im Anhang) mit einem Z in Klammern (für Zapchen) gekennzeichnet.

Die Grundstruktur, der Aufbau der Übungsfolgen in diesem Buch, orientiert sich an einem Retreat, das ich 2016 für relative »Anfänger« im Zapchen auf dem Hofgut Rineck für das Wieslocher Institut für systemische Lösungen geleitet habe. Ich habe vertiefende Übungen und Erläuterungen hinzugefügt, die meine eigene Sicht wiedergeben und doch – so hoffe ich – dem Geist des Zapchen treu bleiben.

Die meisten der Übungen stammen aus dem breiten Feld der Basics des Zapchen. Dies sind Übungen für Menschen, die mit dem Üben beginnen, und stellen zugleich die immer vorhandene Basis für alle dar, die im Üben weitergehen. Es sind Übungen, die dafür geeignet sind, sie allein auszuprobieren (auch wenn sie im Feld einer übenden Gruppe ihre Wirkung stärker entfalten). Einige der Übungen sind weiterführende, zum Teil fortgeschrittenere Übungen, die man am besten im Rahmen einer Gruppe und mit Anleitung durchführt.

Zapchen ist ein weitgespanntes Feld, ein großer Raum – in dieser Übungsfolge hier wird lediglich der Geschmack des Übens deutlich. Es gibt eine große Vielfalt der Übungsweisen im Zapchen, und vieles kann sich nur in der längerdauernden Praxis unter Anleitung von autorisierten Übungsleitern2 und vor allem Zapchen-Lehrern entfalten. Das Üben kann sich dann vertiefen, neue Aspekte aufnehmen und ganz allmählich von einer »Übung« zu einer inneren Haltung und Seinsweise werden.

Eine Erläuterung der Übungsweise und des Kontextes, in dem sie steht, finden Sie am Ende des Buches. Dieses Kapitel steht bewusst nicht am Anfang, damit Sie bei der Lektüre ganz unvoreingenommen in die Praxis des Zapchen eintauchen können. Es steht Ihnen aber natürlich frei, diesen Abschnitt auch schon vorab zu lesen.

Hier nur so viel: Zapchen zu üben ist eine Einladung an uns als Körper und Geist, uns dem Wohlgefühl zu öffnen, das im Moment möglich ist. Zapchen folgt immer der direkten Erfahrung. Keine Erklärung, kein Konzept sind wichtiger als das, was sich durch Üben, Wahrnehmen und Erleben erschließt. Das Üben folgt der Wahrnehmung, nicht dem Konzept. Unser Geist wird eingeladen, sich der direkten, momentanen Wahrnehmung zu öffnen und sich davon zu verabschieden, Übungen zu machen, um ein vorgedachtes Ziel zu erreichen.

Sie selbst und das, was Sie erleben, sind das Einzige, was hier zählt.

Wie üben?

Sie sind eingeladen, die Übungen für sich auszuprobieren – so, wie Sie es möchten. Die Reihenfolge, die ich vorschlage, hat sich bewährt, Sie müssen aber keineswegs daran festhalten. Vielleicht finden Sie in der Mitte des Buches eine Übung, die gerade Ihren Bedürfnissen am meisten entspricht, dann beginnen Sie damit. Bleiben Sie offen in der Wahrnehmung der Übungen – immer wieder neu, immer wieder anders, immer wieder auch neugierig können Sie wahrnehmen, was die jeweilige Übung jetzt gerade in Ihnen bewirkt und wie es Ihnen damit geht.

Wichtig ist vor allem, immer ein bisschen zu üben, solange es wirklich Freude macht, und dann ein kleineres oder größeres Nickerchen zu machen. Das Nickerchen ist eine Einladung, das Gelernte zu integrieren und daraus zu lernen – ohne Anstrengung.

Behalten Sie beim Üben einen »Anfängergeist«, wie diese Haltung im Zen genannt wird. Der Anfängergeist meint die Haltung, in der wir unseren Geist immer wieder »leer« werden lassen und uns dem Üben immer wieder mit frischer Neugierde zuwenden. Und in dieser Haltung der Offenheit – dem Nichtwissen – können wir etwas entdecken, Neues erfahren und uns überraschen lassen.

Doch noch ein Hinweis

Behalten Sie beim Üben im Blick und in Ihrer Aufmerksamkeit, dass Ihr Körper nicht eine Maschine ist, die funktionieren soll, sondern dass er bewusst und intelligent auf die Intention von Übung und Berührung antwortet – dass der Körper selbst eine komplexe, nur auf gewissen Ebenen vom Äußeren getrennte Einheit ist, sozusagen »langsamer verkörperter Geist«, verkörperte Bewusstheit.

Die Übungen sind eine Einladung, dies intensiver wahrzunehmen, sich allmählich mehr mit dem Sein als verkörperter Präsenz und Bewusstheit zu verbinden.

Viel Vergnügen!

Für Menschen, die die Übungen in ihrem Arbeitskontext einführen möchten: Bitte lesen Sie die WICHTIGEN HINWEISE am Ende des Buches.

1Aussprache von »Zapchen« etwa: »Tsap-tschenn«

2Zur besseren Lesbarkeit verzichte ich bei der Nennung von Personen auf die Ausformulierung beider Geschlechter. Selbstverständlich sind Frauen und Männer gleichermaßen angesprochen.

Im Körper zu Hause sein

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