Читать книгу Selbstcoaching für Frauen - Cornelia Topf - Страница 10
Einstellungen sind wichtiger als Tatsachen
ОглавлениеAndrea ist stellvertretende Abteilungsleiterin und mit großen Schritten auf der Karriereleiter unterwegs. Eines Tages untersagt ihr Chef ihr den Besuch eines Turnus-Meetings, das sie von Amts wegen schon über ein Jahr lang jeden Monat besucht hat. Es ist klar, was dahinter steckt: »Dem steige ich zu schnell auf! Der fürchtet eine Kronprinzessin!« Andrea ist zu Recht sauer: »Das ist typisch Old Boys Network! Die wollen mich von den wichtigen Informationen abschneiden! Dann sollen sie ihren Mist eben allein machen.« Was ist das? Erst einmal eine Tatsache: Andrea sagt, wie es ist. Ach ja?
Wie viele Seiten hat ein Ding?
Hildegard Palm, die Protagonistin in Ulla Hahns Roman Das verborgene Wort fragt ihren Großvater: »Großvater, wie viele Seiten hat ein Ding?« Er sagt: »So viele Seiten, wie man Blicke darauf werfen kann.« Ein weises Wort und eine perfekte Anleitung zum Selbstcoaching:
Werfen Sie einen anderen Blick darauf! Wenn Sie künftig Menschen, auch sich, über Dinge reden hören, dann fragen Sie sich: »Die Worte hör’ ich wohl. Welche Einstellung steckt dahinter?« Und dann werfen Sie einen anderen Blick darauf und finden noch andere Einstellungen dazu.
Coach yourself
Setzen Sie die Einstellungsbrille auf und betrachten Sie Andreas Klage: »Das ist typisch Old Boys Network! Die wollen mich von den wichtigen Informationen abschneiden! Dann sollen sie ihren Mist eben allein machen.« Wie würden Sie die Einstellung dahinter beschreiben? Vertrauen Sie Ihrer spontanen Wahrnehmung.
Im Seminar nennen Teilnehmerinnen Eindrücke zu Andreas Einstellung wie: beleidigt, klein, mädchenhaft, trotzig, traurig, eingeschnappt, frustriert, defätistisch … Was war Ihr Eindruck von Andreas Einstellung? Und nun machen Sie es wie Hildegards Großvater:
Coach yourself
Wenn Sie hinter einer Aussage die Einstellung wahrgenommen haben: Werfen Sie einen anderen Blick auf die Situation! Und noch einen anderen! Fragen Sie andere Menschen nach deren Blickwinkel!
Im Seminar sagen viele Teilnehmerinnen: »Die Old Boys wollen mich ausschließen? Denen werd’ ich’s zeigen!« Oder: »Ach, das wird nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Ich muss dann eben mal mit meinem Vorgesetzten darüber reden.« Sie furchen die Stirn?
Einwände sind Wegweiser
Das tun viele an dieser Stelle. Warum? Darum: »Aber so kann man das doch nicht sehen!« Haben Sie auch gedacht? Wunderbar! Die Einstellungen, gegen die wir uns am vehementesten wehren, sind die wichtigsten für uns. Warum reagiert Andrea als immerhin stellvertretende Abteilungsleiterin immer noch wie eine Zwölfjährige, der der Papa das Beyoncé-Konzert verbietet? Eingeschnappt und kleinmädchenhaft? Warum reagiert sie nicht wie Theresa mit »Jetzt erst recht!« und »Den krieg ich auch noch rum!«?
Coach yourself
Begrüßen Sie Ihre Einwände gegen andere, neue, ungedachte Einstellungen mit Freude! Sagen Sie: »Willkommen, alte Freundin!« Dann fragen Sie sie: »Was möchtest du mir sagen? Was steckt dahinter? Warum möchte ich das nicht anders sehen? Was bringt mir meine alte Perspektive?«
Andrea zum Beispiel sah sofort: »Meine Frust-Einstellung macht mich klein und ganz jung. Ich darf auf Papa warten, der mich retten soll. Außerdem erspare ich mir so eine nervenaufreibende Auseinandersetzung mit meinem Vorgesetzten.« Aha:
Hinderliche Einstellungen nutzen uns! Deshalb pflegen wir sie.
Was dieser heimliche Nutzen ist, ist uns oft jahrelang unbekannt. Wir kennen uns leider selbst nicht besonders gut hinsichtlich der wirklich wichtigen Punkte unserer Persönlichkeit. Andrea war lange Jahre nicht ganz klar, warum sie regelmäßig sauer auf die Old Boys war: Je older der Boy, desto jünger und dümmer fühlte sie sich. Das war so lange so, bis Andrea sich selbst auf die Schliche kam:
Kommen Sie sich selbst auf die Schliche! Schauen Sie sich Ihre Einstellungen an und fühlen Sie ihrem heimlichen Nutzen nach.
Und dann: Machen Sie sich zur Sau! Sagen Sie sich: »Blöde Kuh! Wie kannst du nur!« Ach ja? Nein. Und an diesem Punkt möchte ich Ihnen ein Versprechen abnehmen:
Bitte versprechen Sie mir und sich selbst hier und jetzt: »Egal, wie mich andere Menschen behandeln – ich werde mich ab sofort und bis an mein seliges Ende mit Hochachtung und Aufmerksamkeit behandeln.«
Behandeln Sie sich selbst mit Achtung!
Diese zentrale Einstellung sollte eigentlich selbstverständlich sein. Dass sie alles andere als das ist, wissen wir nur zu gut. Deshalb die Notwendigkeit des Versprechens: Gemacht wird, was versprochen wird. Wir sollten uns ernsthaft vornehmen, uns stets gut zu behandeln. Nicht nur wegen des offensichtlichen Nutzens, sondern auch wegen der tiefer liegenden Bedeutung: Einstellungen regieren die Welt.