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Vorwort

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»Es ist nur zu bedauern, daß der Tod Soma Morgensterns der Vollendung der Lebenserinnerungen eines Intellektuellen seiner Prägung – jüdischer Herkunft und Überzeugung, im deutschen und jüdischen Kulturgut gebildet, Journalist zum Dichter geworden, Zeuge und Teilnehmer an den stürmischen Ereignissen einer kataklysmischen Epoche, Bekannter und Freund von mehreren Angehörigen der zeitgenössischen geistigen Elite – zuvorgekommen ist« – mit diesen Worten beschließt der amerikanische Literaturwissenschaftler Alfred Hoelzel seinen 1989 verfaßten Essay über den ostgalizischen Journalisten und Schriftsteller Soma Morgenstern.1a Morgenstern war 1976 im New Yorker Exil nahezu unbekannt und von der literarischen Öffentlichkeit so gut wie unbeachtet gestorben. Neben einigen wenigen noch zu seinen Lebzeiten publizierten Romanen hinterließ Morgenstern in seinem Nachlaß eine Vielzahl unveröffentlichter Typoskripte, die als Teile eben jenes autobiographischen Projektes anzusehen sind, dessen Nicht-Vollendung Hoelzel zu Recht in seinem Aufsatz bedauert.

Der zu Klampen Verlag, der es sich seit Anfang der 1990er Jahre zur Aufgabe gemacht hat, Morgensterns nicht unbeträchtliches Werk zu edieren, hob auch diesen verborgenen Schatz aus Morgensterns Nachlaß. Mit den Bänden In einer anderen Zeit, Joseph Roths Flucht und Ende, Alban Berg und seine Idole und dem ›Romanbericht‹ Flucht in Frankreich wurden Morgensterns autobiographische Schriften vor dem Vergessen bewahrt und erstmals einer breiten Leserschaft zugänglich gemacht. Das Erscheinen der Morgenstern-Werkausgabe legte den Grundstein nicht nur für eine größere Verbreitung seiner Schriften, sondern auch für eine wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Schriftsteller Morgenstern und dessen Werk, allen voran mit dessen autobiographischen Schriften, die zahlreiche Ansatzpunkte für eine weitergehende Auseinandersetzung bieten.

Mit der Studie Ein Leben mit Freunden – Über Soma Morgensterns autobiographische Schriften erscheint die erste umfassende Monographie über den ostgalizischen Journalisten und Schriftsteller Soma Morgenstern auf dem deutschen Buchmarkt. Nahezu dreißig Jahre nach dessen Tod liegt hiermit die erste wissenschaftliche Untersuchung vor, die diesen in Vergessenheit geratenen Autor und dessen umfangreiches autobiographisches Œuvre in ihr Zentrum stellt.

Die vorliegende Abhandlung entstand als Dissertation am Institut für Deutsche Sprache und Literatur der Universität Hamburg und wurde dem Fachbereich im Dezember 2002 unter dem Titel Ein Leben mit Freunden – Soma Morgenstern als Autobiograph und als Chronist seiner Zeit vorgelegt. Sie widmet sich den zu Lebzeiten des Autors unveröffentlicht gebliebenen autobiographischen Schriften Soma Morgensterns und greift jenen Titel auf, den Morgenstern ursprünglich für seine Autobiographie vorgesehen hatte: Ein Leben mit Freunden. Damit wird bewußt jener letzte von Alfred Hoelzel angeführte Wesenszuge Morgensterns in den Mittelpunkt gestellt: »Bekannter und Freund von mehreren Angehörigen der zeitgenössischen geistigen Elite«.

Die Freunde, Familien- und Heimatersatz des mehrfach ins Exil getriebenen, ziehen sich wie ein roter Faden durch die autobiographischen Texte. Morgenstern schildert sein Leben im Spiegel der Freunde. Er stellt weniger sich und sein eigenes Erleben in den Mittelpunkt als vielmehr das seiner Freunde, allen voran das Joseph Roths und Alban Bergs. Da sich Morgensterns engster Freundeskreis überwiegend aus der Literatur-, Musik-, und Kunstszene rekrutierte, sind seine Aufzeichnungen zugleich ein lebendiges kulturgeschichtliches Zeugnis ihrer Zeit, es sind Erinnerungen eines »Zeuge[n] und Teilnehmer[s] an den stürmischen Ereignissen einer kataklysmischen Epoche«.

Im Zentrum der Studie steht neben der Erschließung der Texte für die Wissenschaft vor allem die Klassifizierung der literarischen Verfahrensweisen, derer sich Morgenstern in seinen autobiographischen Schriften bedient. Das Spektrum der literarischen Methoden ist hierbei ebenso breit gefächert wie die historischen, biographischen und autobiographischen Bezüge. Die Texte oszillieren zwischen Biographie und Autobiographie, zwischen Generationenbild und Zeitdokument.

Ein Leben mit Freunden

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