Читать книгу Korridorium – magische Abenteuer - Cory d'Or - Страница 6
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Ich betrete den Korridor, gefolgt von meiner Truppe. Infernalische Hitze schlägt uns entgegen, der Korridor ist ein einziges Flammenmeer. Tja, der Schatz aller Schätze mag gut geschützt sein, doch ich habe Helfer dabei. Meine zwei Feuersalamander treten an. Sie salutieren und begeben sich in die lodernde Hölle, um zur gegenüberliegenden Seite zu gelangen, wo sie den Flammenwerfern den Saft abdrehen. Der Weg ist frei. Wir marschieren weiter, zwischen den rußgeschwärzten und noch glutheißen Wänden hindurch.
Das nächste Portal und der Gang dahinter sind komplett mit Erdreich ausgefüllt – hier ist meine Maulwurfbrigade gefragt. Sie setzen ihre Helme auf und machen sich an die Arbeit. Wenig später können wir passieren.
Wir stoßen auf ein abwärtsführendes Treppenhaus voller Wasser. Auch daran habe ich gedacht. Klar, dass es der elementarste aller Schätze, der sich schon Jahrzehntausende lang allen Grabräubern entzieht, uns nicht leicht macht. Die Sumpfschildkröten setzen sich in Marsch und tauchen die Stufen hinab. Offenbar finden sie bald darauf den Auslass, denn mit einem Mal sinkt der Wasserspiegel. Ein letztes wässriges Rülpsen hallt im Treppenhaus nach, und wir können hinuntersteigen, wenn auch die Stufen noch ziemlich glitschig sind und wir aufpassen müssen, nicht lang hinzuschlagen.
Im nächsten Korridor wachsen Mammutbäume so eng nebeneinander, dass dort kein Durchkommen ist. Nicht einmal meine Hand kann ich zwischen den Stämmen hindurchstecken. Holz? Ich hatte Luft erwartet. Oder Aristotelischen Äther. Aber Holz? Fleißig begeben sich die Termiten ans Werk. Doch obwohl sie sich voll ins Zeug legen, kommen sie nicht sonderlich schnell voran. Es dauert Tage, bis sie die Bäume zu Holzmehl verarbeitet haben. Die Moral der Truppe sinkt. Einige glauben nicht mehr an einen Erfolg und kehren um, obwohl ich beschwörend an sie appelliere, nicht aufzugeben. Jetzt hält nur noch ein Bruchteil derer zu mir, die mit mir aufgebrochen sind.
Der letzte Korridor – denn nach alter Überlieferung können es nicht mehr als fünf sein – ist wieder angefüllt. Doch nicht mit Luft oder Äther, sondern mit Metall. Das Portal öffnet sich auf massives Eisen, womöglich in flüssiger Form in den Korridor gegossen und dann erkaltet. Wir Übriggebliebenen blicken uns an. Damit hat keiner von uns gerechnet. Ich werfe einen verzweifelten Blick auf unseren bunt zusammengewürfelten Trupp. Diesem Material ist keiner von uns gewachsen.
Ein Zwitschern. Ich schaue hoch. Ein kleiner Vogel fliegt heran, ohne uns zu beachten. Einen Moment lang schwebt er flatternd vor der massive Eisenwand, wetzt seinen Schnabel kurz daran, und fliegt dann wieder davon. An der Stelle, an der er – vermutlich schon zum werweißwievielten Mal – seinen Schnabel gewetzt hat, entdeckt das Eichhörnchen eine kleine Einbuchtung im Metall und macht uns piepsend darauf aufmerksam.
Auch an dieser Legende ist also etwas Wahres dran. Doch nun werfen sogar meine letzten Getreuen das Handtuch und machen kehrt – offenbar nicht mit der Geduld und Hartnäckigkeit eines Vögelchens aus Hinterpommern gesegnet, das alle hundert Jahre einmal mit dem Schnabel kurz ins Eisen pickt. Nur ich, als Letzter der Schatzsucher, setze ich mich mit verschränkten Armen vor das nackte Metall. Jetzt bin ich schon so weit gekommen. Da schreckt mich auch nicht mehr, warten zu müssen, selbst wenn es ein Weilchen dauern sollte.