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Würdest du einen Hund abknallen, könntest du ihn nicht einmal essen

Acht Tage zuvor hockte Kompanie Charlie 30 Stunden lang umgeben von ihrer Ausrüstung auf der Rollbahn der logistischen Unterstützungszone King Cobra im Irak, brütete tagsüber in der Hitze und fror bei Nacht, und wartete darauf, nach Hause zu kommen. King Cobra war praktisch eine Stadt aus mit Sandsäcken verstärkten Zelten und Betonbunkern, die sich, umgeben von Stacheldraht und Wachtürmen, über mehrere Meilen in alle Richtungen erstreckte. Der fortschreitende Abzug der Armee aus dem Land verlief insgesamt so zügig und geordnet, dass man nur staunen konnte. Nichtsdestotrotz hielt allmählich das Chaos auf dem Logistikstützpunkt King Cobra Einzug. Die allgemeine Verwirrung, Rebellenangriffe sowie die kontinuierliche Heidenarbeit, den Infizierten nach Möglichkeit Unterschlupf und ärztliche Hilfe zu gewähren, hinterließen ihre Spuren. Schätzungsweise 20 Prozent der Streitkräfte im Irak fingen sich Lyssa ein und litten in Quarantänezelten.

Zu jener Zeit gingen die Kameraden davon aus, nach Florida versetzt zu werden, woraus sich ein Streitgespräch über die relativen Vorzüge von Girls aus Miami im Vergleich zu solchen aus allen anderen in der Kompanie vertretenen Bundesstaaten ergab. Sie mussten laut werden, um sich Gehör zu verschaffen, weil ein paar Dieselknechte – Soldaten der Fahrbereitschaft, also Kampfunterstützungstruppen – in der Nähe begonnen hatten, einander ihren guten Musikgeschmack zu beweisen; die einen mit Gangsta-Rap, die anderen mit Heavy-Metal-Klassikern.

In der zweiten Nacht fingen die Jungs an, sich Sorgen zu machen. Niemand unter den Zuständigen schien zu wissen, dass sie dort warteten, zumal sie nichts mehr zu beißen hatten und hungrig waren. Der eine oder andere versuchte, Notrationen zu erbetteln oder zu stehlen und schaffte es nur mit Ach und Krach lebendig zurück. Man konnte nicht zur Latrine gehen, ohne von Wildhunden angefallen zu werden oder sich eine Kugel von nervösen Ersatzeinheiten einzufangen. Lyssa hatte sich auch auf die Köter übertragen, sodass man ein Gewehr mit auf den Donnerbalken nehmen musste, um sich vor Bissen zu schützen – und aus dem gleichen Grund konnte man die Tiere nicht essen, wenn man eins von ihnen niedergestreckt hatte, wie einer der Scharfschützen vom Dritten Platoon.

Ein am Rand der Landebahn geparkter Geländewagen war von einer Panzerfaust getroffen worden und brannte, wobei die erhitzte Munition für Feuerwerk sorgte. Am dunklen Himmel surrten Marine-Cobras, die zu Luftangriffen aufbrachen. Mitten in einem dicht bevölkerten Lager, in dem überall Feuer brannten, waren Wärme- und Nachtsichtgeräte nutzlos, also schossen die Kameraden Leuchtraketen in die Luft und zielten ins Blaue. Als der brennende Geländewagen explodierte, flogen flammende Metallteile 20 Meter weit in die Höhe, was die Männer zu ausgelassenem Grölen veranlasste. Ein MG-Schütze des Zweiten Platoons tauchte lachend mit einer Flasche billigem Iraker Gin auf, die er irgendwelchen Kids am Rand des Lagers abgekauft hatte und nun zum Befeuchten ausgetrockneter Kehlen rundgehen ließ. Sie genossen das sich langsam ausbreitende Brennen in ihren Mägen.

In der Ferne brach ein Feuergefecht los, dann ein zweites, und rote Leuchtspuren blitzten entlang des Stacheldrahts auf. Eine einzelne Mörsergranate sauste pfeifend mitten ins Lager und ließ Zeltteile durch die Gegend fliegen. Ein Trupp schwerbewaffneter Militärpolizisten trabte vorbei und wies jedermann an, sich zu ducken. Mit Soldaten voll besetzte Busse befuhren wie selbstverständlich die Landebahn. Ihre Scheinwerfer huschten über die ordentlich aufgereihten Zelte und Stryker-Radpanzer, während ein C130-Frachtflugzeug gefährlich nahe aufsetzte. Der Lichtkegel des Flugzeuges traf kurz auf zwei Soldaten, die einen Faustkampf vom Zaun gebrochen hatten, ehe er zur Seite schwenkte und sie wieder in Dunkelheit verschwanden. In den Quarantänezelten brüllte jemand. Weitere Schüsse fielen.

Die Mannschaft lag zitternd in ihren Panzerwesten am Boden und verwendete die Helme als Kissen, auf welchen sie von verbotenen Freuden träumten: heiße Duschen, Riesenportionen Pommes frites … und natürlich Sex. Einige waren so fertig, dass sie vom Schlafen selbst träumten oder überhaupt nicht. Mitten in der Nacht wurden sie von Schüssen in der Nähe aufgeschreckt. Irakischer Sand klebte in ihren Ohren, Mündern und Nasenlöchern. Es stank nach ölhaltigem Qualm und heißen Abgasen.

Nun ja, zu Hause wird es besser sein, dachte so mancher bei sich. Bald würde dieser Scheiß vorüber sein.

Grüne Signalgeschosse aus russischen Gewehren erleuchteten den kalten Nachthimmel über Bagdad. Die Stadt schien sich selbst in Stücke zu reißen. Das Gerücht, Milizen richteten Lyssa-Opfer öffentlich hin, machte die Runde. Wen die Tollwut packte, der durchstreifte die Stadt gemeinsam mit Tieren, die es ebenfalls erwischt hatte, und verbreitete die Seuche weiter.

Das Ausmaß dieser Katastrophe überstieg die Fassungsgabe der Soldaten.

»Wir haben es versucht«, beteuerte Private First Class Richard Boyd mit vor Zorn zitternder Stimme, während er den bunten Feuerregen in der Ferne betrachtete. »Wir haben wirklich alles versucht, aber jetzt können sie von mir aus verrecken.«

Lieutenant Colonel George Custer Armstrong, der mit silbergrauem Haar und einem Arm in einer blutbefleckten Schlinge Strenge ausstrahlte, musterte das Bataillon im Morgengrauen und hielt eine bewegende Rede, bevor sie gecharterte Flugzeuge von United und Air France bestiegen, um ihre lange Heimreise anzutreten.

Operation Iraqi Freedom sei abgeblasen worden, erklärte er ihnen. »Die Welt hat uns wieder. Wir haben eine neue Mission erhalten, die wichtiger ist, streng genommen vielleicht sogar die wichtigste, derer sich die Armee seit der Gründung der Republik angenommen hat. Wir müssen dafür sorgen, dass Amerika die Pandemie übersteht«, proklamierte er.

Die Kameraden wechselten Blicke und bemühten sich mit kurzem Grinsen um Unauffälligkeit, während sie in Reih und Glied standen. Es geschah wirklich: Sie flogen endlich nach Hause.

Während die Kompanie an Bord der Flugzeuge ging, stellte das Erste Platoon fest, dass Jungspund Private Tyrone Botus, den alle Rook nannten, spurlos verschwunden war. Er hatte sich in der vergangenen Nacht in die Nähe der Quarantänezelte geschlichen, um die Feldflaschen seiner Einheit aufzufüllen. Sie konnten ihn nirgendwo finden.

MIT ZÄHNEN UND KLAUEN

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