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8. Katzen sind intelligente Tiere

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Ich brauchte eine Viertelstunde, um über den Schreck hinwegzukommen. Als das allerdings geschafft war, sagte ich mir eisern: Katzen sind intelligente Tiere.

Ich beschloss, die Rückkehr der Probekatze in aller Ruhe abzuwarten und vertrieb mir die Zeit mit hochphilosophischen Gedanken. Ich stellte mir die rhetorische Frage, warum bitte die Tierheimmitarbeiter annahmen, dass eine Katze mir davonlaufen sollte, wenn ich ihr doch größtmögliche Freiheiten zubillige, und ich ergänzte diese erste rhetorische Frage durch eine sich ganz logisch anschließende zweite rhetorische Frage, die da lautete: Welchen Grund zu freiwilliger Rückkehr sollte bitteschön eine Freiheit liebende Katze haben, wenn ich sie vorher sechs Wochen lang in meiner Wohnung eingesperrt habe? Ich sagte mir nochmals, dass Katzen intelligente Tiere sind. Um genau zu sein: Ich redete mir mit Engelszungen ein, dass Katzen hochintelligente Tiere sind. Ein solch hochintelligentes Tier würde also gewiss die ihm zugebilligte Freiheit zu schätzen wissen, ohne sie unnötig zur Flucht zu missbrauchen. Eine hochintelligente Katze musste wissen, dass ein Mensch, der sie sofort hinauslässt, sofort, also ohne sechs Wochen Wohnungsinhaftierung, dass so ein Mensch sie immer wieder hinauslassen würde, dass also so ein Mensch ein guter Mensch ist.

Die Wirkung der mir gestellten rhetorischen Fragen hat nach einer weiteren Viertelstunde merklich nachgelassen. Womöglich, so dachte ich mir, wird die Intelligenz von Katzen einfach überschätzt. Vielleicht werden schwanzlose Katzen auch schnell kopflos. Vielleicht haben schwanzlose Katzen auch überhaupt keinen Orientierungssinn. Siedend heiß fiel mir ein, dass die Tiervermittlerin mir gesagt hatte, dass ich jederzeit mit unangekündigten Kontrollbesuchen zu rechnen hätte. Jederzeit! Oh Schreck, dachte ich, es ist schönes Wetter, geradewegs ideales Wetter für einen Kontrollbesuch. Ich spähte auf die Straße und fuhr erschrocken zusammen, weil ein Auto hielt. Mein Herz fing an zu rasen, als eine Frau ausstieg und zu mir herüber grüßte. Dann erkannte ich die Tochter meines Nachbarn Heribert Blumenfeld. Ich grüßte zurück, allerdings lagen inzwischen meine Nerven blank. Ich versuchte, mich zu beruhigen und legte mir schon mal gute Ausreden fürs Tierheim zurecht. Zuerst wollte mir überhaupt nichts Brauchbares einfallen. Schließlich schwankte ich zwischen: Die Katze hat sich durchs gekippte Fenster gezwängt. Und: Ich musste die Türen öffnen, weil sich beim Mittagessenkochen eine Giftwolke gebildet hatte. Vermutlich kannten die Tierheimmitarbeiter bereits beide Ausreden zur Genüge. Gewiss würden sie mich umgehend der Flunkerei bezichtigen, die Probekatze Mimi mit einer Polizeistaffel suchen lassen, mir die dafür entstehenden Kosten aufs Auge drücken und mich über ein internes System bundesweit als „zur Haltung einer Katze ungeeignet“ brandmarken.

Ich war in Bezug auf die bessere Ausrede noch unentschieden und grübelte hin und her, als eine schwanzlose Katze neben mir auf die Sommerbank sprang. Mimi! - Ich hatte es ja von vornherein gewusst: Katzen sind intelligente Tiere.

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