Читать книгу Ein immer noch verirrter Kater im Nether - Cube Kid - Страница 8
TAG 13 - TEIL III
ОглавлениеLeila hatte mir geraten, eine Siesta zu machen, und das tat ich jetzt auch. Eine Siesta von fünf Stunden. Aber das ist das Problem bei Katzen, wisst ihr ...
Um ehrlich zu sein, hatte ich wohl doch ein längeres Schläfchen gemacht und wachte erst auf, als die Tür mit lautem Getöse aufgerissen wurde. Ich fuhr so hoch, dass ich nicht nur an die Decke stieß, sondern mit meinem Kopf beinah ein Loch hineingestoßen hätte.
Fünf Legionäre marschierten herein. Einer von ihnen hatte ein knallrotes Outfit, die anderen trugen die übliche Clanuniform. Sie stellten sich sofort vor.
—Ah, das ist also die furchterregende Katze? Ich heiße Kobalt.
— Ich bin Zack. Schön, dich zu treffen, Billy. Sag mal, welches Level hast du?
— Grüß dich! Ich heiße Becca, sagte ein Mädchen mit dunkelbraunen Haaren.
— … Rubinia.
— Flammenphantom. Kannst mich aber einfach Phantom nennen.
— Also, wir haben eine ziemlich merkwürdige NPC-Quest. Dorfstadt ist völlig aus dem Häuschen.
Er hielt kurz inne, um mich abschätzend anzublicken.
— Ich frage mich, welche Stats er wohl hat. Vielleicht kann man einen Panzer aus ihm machen?
Zack schüttelte den Kopf.
— Wir könnten einen Panzer gut gebrauchen. Was hat Ched nochmal über ihn gesagt? Er sei gegen Feuer immun?
Während ich ihnen zusah, wie sie so redeten, wurde mir klar, dass mein ursprünglicher Plan — Minus treffen, meine Quest erfüllen und in die Hauptstadt gehen ...—, dass diese Quest wohl erst einmal auf meiner Liste für die ferne Zukunft landen würde.
Wenigstens hatte ich nichts mehr mit diesem Augebrauenkerl zu tun.
— Was ist denn nun ein Panzer?, fragte ich.
Die fünf Kameraden sahen sich verblüfft an.
— Wow, der hat ja wirklich von nichts eine Ahnung, staunte Phantom.
— Das stimmt, pflichtete ich ihm bei. Aber ich bin lernfähig.
Zu ihrer großen Überraschung richtete ich mich auf meinen Hinterpfoten auf. Allerdings eher ungeschickt.
— Seht ihr?
Sie begannen zu lachen.
— Jetzt braucht er nur noch Stiefel, sagte Becca.
Sie lachten schon wieder. Aber warum?
Wo sollte denn da der Witz sein?
Zack lachte nicht. Er sah nur ein wenig traurig aus.
— Keine Ahnung, ich weiß nicht. Eigentlich erinnere ich mich kaum noch an die Erde.
— Mir geht es ähnlich, gab Kobalt zu. Die Vergangenheit ist dahin ...
— Bei mir ist es auch so, bestätigte Becca. Als ich in dieser Welt aufwachte, kam es mir vor, als hätte ich tausend Jahre geschlafen.
— Ich habe von einem Spieler gehört, der sich noch nicht mal mehr an seinen Namen erinnern kann, fügte Phantom hinzu.
Becca drehte sich zu ihm um.
— Sprichst du von S? Hast du ihn gesehen?
— Nee, aber Glitzi. Er wollte ihn überreden, hierher zu kommen, aber S hat sich geweigert. Dieser wahnsinnige Typ hat seit der Katastrophe ein immer höheres Level erreicht.
Katastrophe?
Das war zu viel.
Zuviel neue Gesichter, viel zu viele neue Wörter. (Und was für ein Vorname soll „Glitzi“ sein?!)
Kobalt schien meine Verwirrung zu spüren.
— Die Katastrophe ... so nennen wir den Tag, an dem wir hier angekommen sind – ist schon Monate her.
— Meinst du etwa das Ereignis?, fragte ich ihn. So etwas Ähnliches wurde in der Prophezeiung erwähnt.
— Egal, wie es heißt, es war der Tag, an dem wir hier aufgewacht sind. In dieser Welt, meine ich. Wir waren verstört und verängstigt. Einige erlitten Nervenzusammenbrüche, starrten nur noch ins Leere, blieben stumm und aßen nichts mehr. Es dauerte Wochen, bis sie sich ein wenig erholt hatten.
— Wie viele Menschen ... äh, Erdlinge wurden hierher geschickt?
— Wer weiß?, sagte Zack und zuckte mit den Schultern. Tausende vielleicht? Wir wissen nicht, wo sie stecken. Zu den meisten haben wir keinen Kontakt.
— So viel wir wissen, sind wir mindestens tausend, unterbrach ihn Becca. Aber die meisten verstecken sich in der Hauptstadt. Sie lehnen es ab ... das Spiel zu spielen.
Kobalt lachte.
— Da kann ich ihnen nur Glück wünschen. Um dort zu überleben, braucht man viele Smaragde. Es gibt keine Anbauflächen und ein eigenes Haus zu errichten, geht auch nicht. Man sagt, dass die meisten nicht mal einen Unterschlupf haben und bei den NPCs um Essen betteln.
— Sie betteln?, hörte ich eine sanfte Stimme hinter ihnen. Das kann ich mir durchaus vorstellen. Aber soll man es ihnen vorwerfen?
Das war Karl, oder Kalle, der Kommandant der Verlorenen Legion. Er stand im Türrahmen.
Langsam betrat er das Zimmer.
— Da diese Welt kein Spiel mehr ist, ist es sogar schon schwieriger geworden, sich von einem niedrigen Monster zu befreien. Die Angst, der Magen, der sich vor Ekel umdreht, die Knie, die sich in weichen Schleim verwandeln – beim kleinsten Schaden vergisst man alles, was man je gelernt hat. Ich kann verstehen, dass sie nicht mehr spielen wollen. Aber die Legion hat keine Wahl. Es ist unsere Pflicht, sie zu beschützen. Wir werden nicht ruhen, bis wir ihnen eigene Häuser und etwas zu essen gekauft haben.
Beeindruckt von diesem Bekenntnis verharrten die fünf Kameraden nachdenklich auf der Stelle.
Dann gab Rubinia einen irritierenden Laut von sich, etwa so: „Pfft““.
— Weißt du eigentlich, wie viel ein Haus in der Hauptstadt kostet? Mindestens zwanzigtausend, und das nur für einen Schuppen!
— Dann werden wir eben unsere eigene Stadt bauen, erwiderte Karl. Und wir werden sie verteidigen. Wir könnten die anderen auch in ein Elfenschutzgebiet bringen, wo sie wenigstens etwas anbauen können. Egal, wir müssen einen Weg finden.
Phantom klopfte ihm auf die Schulter.
— Ich bin dabei, Bruder! Für die Noobs von Aetheria!
— Ich bin auch dabei, sagte Kobalt und blickte Rubinia fragend an.
— Ich auch, versicherte sie. Aber wir müssen besser werden.
— Ich weiß nicht, sagte Becca. Sich den Monstern in den Weg zu stellen, ist schon bescheuert genug, aber sich hier zu verstecken, ist wirklich „noobisch“. Ich kann die Dorfbewohner kaum noch ertragen.
Karl zuckte mit den Schultern.
— Selbst wenn du den Clan verlässt, wirst du sie hin und wieder „ertragen“ müssen.
— Er hat Recht, stimmte Phantom zu. Wir können sie nicht einfach im Stich lassen. Im Übrigen ist das hier kein schlechter Ort. Wir werden Dorfstadt zu unserem Stützpunkt machen.
Zack blickte Karl verlegen an.
— Ich ... werde mein Bestes geben, versicherte er.
Die Legionäre schwiegen, bis Karl den Blick auf mich richtete.
— He, Billy, tut mir leid für dich. Der Bürgermeister ...
— Das hat man mir schon gesagt, unterbrach ich ihn.
— Ah, gut. Ich war damit einverstanden, dich hier aufzunehmen, weil ich denke, dass du es hier gut hast und wir so einiges von dir lernen können. Du bist offensichtlich kein gewöhnlicher NPC.
— Das bin ich also? Ein NPC?
— Sorry, ich wollte natürlich „Aetherier“ sagen, denn diese Welt scheint mir doch ... ziemlich real zu sein. Irgendwie sind wir ja hierher teleportiert worden, so unglaublich das auch klingen mag.
Erschöpft setzte er sich auf den einzigen Stuhl im Raum
Dieser stand in der Nähe einer Fackel. Nun konnte ich auf seiner Rüstung winzige Punkte erkennen. Vielleicht ...rosa leuchtender Schleim?
Zack hatte sie ebenfalls bemerkt.
— Schleimtörtchen?
Der Kommandant nickte.
— Allerdings. Ich bin auf eine ganze Meute getroffen. Sie kamen von Süden, wahrscheinlich aus dieser Schlucht.
(Das war die Gelegenheit, eine weitere Frage zu stellen!)
— Was ist ein Schleimtörtchen?
— Wie der Name schon sagt, antwortete Becca, halb Schleim, halb Kuchen. Vielleicht das Ergebnis eines Experiments vom Augenlosen.
— Das sind die schwächsten Monster der Welt, fügte Phantom hinzu. Echte Noobs. Noobmonster. Unsere Kundschafter haben sie im Süden entdeckt. Die Schlucht, von der Kalle spricht, befindet sich einige Biome von hier entfernt.
Rubinia begab sich zur Tür.
— Ich muss gehen. Hab noch einiges zu verzaubern.
— Ich muss auch los, sagte Kobalt. Es wartet noch viel Arbeit an der Mauer auf mich.
Becca folgte ihnen wortlos.
Sie sagten mir nicht einmal auf Wiedersehen, die beiden anderen jedoch vergaßen es nicht.
Karl hingegen rührte sich nicht von der Stelle.
— Kann ich noch etwas in deinen Zimmer bleiben?, fragte er.
Kaum jemand weiß, dass ich hier bin. Ich könnte für ein oder zwei Stunden die Augen schließen, bevor ich wieder raus muss.
— Kein Problem.
— Danke, antwortete er und machte es sich auf dem Stuhl so bequem wie möglich. Es ist anstrengend, der Clanchef zu sein. Alle kommen zu dir, wenn sie ein Problem haben oder einen Rat brauchen.
— Warum habt ihr nicht mehrere Chefs?
— Nette Idee, aber wer wäre denn so verrückt, mitzumachen?
— Ich will gar nicht so tun, als ob ich wüsste, warum es so schwer ist, einen Clan zu führen. Besonders in diesem Moment nicht.
— …
Keine Antwort.
Karl schnarchte schon leise.
Ich rollte mich auf meinem Bett ein und versuchte, das alles zu verdauen. Meine Quest, den geheimnisvollen Minus ausfindig zu machen, war nun offiziell bis auf Weiteres vertagt. Was die Quest angeht, mehr über die seltsamen Bewohner dieser Welt zu lernen: sehr, sehr schwierig.
Schlafen sie wirklich gern auf Stühlen?