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FUCK!

JACOB

Nachdenklich schaute ich vom Fenster meines Büros auf den Buffalo River. Unser Urlaub war flachgefallen, weil Emma arbeiten musste. Ich stand kurz davor, ihr einen Job in meiner Firma anzubieten. Natürlich müsste ich eine neue Stelle für sie schaffen. Geld genug war da.

Warum zum Teufel tat ich es dann nicht? Zumal sie mir erzählt hatte, dass sie sich wie wild im ganzen Land bewarb. Sie hatte doch gerade erst ihr Studium abgeschlossen.

Ich konnte ihr zwar auch keine Arbeit als Mathematikerin bieten, doch etwas Besseres als Doppelschichten als Kellnerin in einer Bar waren immer drin.

Mir wurde ganz übel, wenn ich mir vorstellte, wie sie mit einem Tablett voller Bier zwischen sabbernden Börsenmaklern herum flitzte.

Hoffentlich trug sie wenigstens die dicke Brille und einen Rollkragenpullover. Und ein knöchellanges Schlabberkleid. Und Boots. Aber wahrscheinlich rannte sie da in einem kurzen schwarzen Röckchen und einem knappen weißen Blüschen umher.

Das konnte ich nicht länger zulassen. Vielleicht konnte sie Melanie mit der Buchhaltung helfen oder sie bei irgendwas anderem unterstützen. Meine Assistentin war wegen der Kooperation mit Klotz Inc. sowieso überlastet.

Ich kehrte dem Buffalo River den Rücken zu. Wenn Emma für mich arbeitete, würde sie als erstes Urlaub bekommen. Diese zehn Minuten dauernden Telefonate, bei denen sie mir zuliebe das Gähnen unterdrückte, waren mir zu wenig.


Gerade als ich meine Hand ausstreckte, um die Tür meines Büros zu öffnen und einen Job für Emma zu schaffen, flog sie auf.

„Gut, dass du nicht im Urlaub bist!“, stieß Melanie hervor. Hektische rote Flecken übersäten ihr Gesicht.

Meine Assistentin war sonst die Ruhe selbst. Wenn sie so aufgelöst war, dann Mahlzeit.

Etwas Schlimmes musste passiert sein. Schlimmer als der Tod von Melanies Oma. Da war ihre Gesichtsfarbe ganz normal gewesen.

„Was ist passiert?“, erkundigte ich mich.

Melanie schnappte nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen.

„Petersen ist am Apparat”, keuchte sie und wedelte vor lauter Nervosität mit den Armen.

„Petersen? Meinst du Ricky Peterson vom Buffalo Manager Magazine?“

Melanie sah aus, als würde sie gleich anfangen zu weinen. „Ja, genau. Was er zu sagen hat, klingt gar nicht gut.”

Ricky Peterson war der Chefredakteur vom Buffalo Manager Magazine und er war ein guter Freund von mir. Als meine Firma noch ganz am Anfang stand, war er der einzige, der bereit gewesen war, einen Bericht über mich zu bringen.

Seit ich auf dem Landmaschinenmarkt ganz oben mitmischte, revanchierte ich mich, wann immer es möglich war, mit einer Exklusiv-Reportage. So etwas verbindet.

Aber dass es gar nicht gut klang, was er zu sagen hatte, war die Untertreibung des Jahrhunderts.

„Wann hast du die Fotos bekommen, Ricky? Und von wem?“

Ich wandte den Blick von meinem Bildschirm ab. Es waren schöne Fotos. Zumindest der Teil, der Emma zeigte. Sie war unglaublich fotogen. Ob im Cocktailkleid beim Verspeisen eines Steaks, im knappen Röckchen beim Tennis, so gut wie nackt im Solebecken, im Gouvernantenkleid bei der Versteigerung - oder auf einem nächtlichen Hotelflur, kopfüber an mir hängend.

„Gestern Abend. Seitdem versuche ich, dich zu erreichen. Der Absender ist Secret Gossip, eine Presseagentur aus New York. Die verkaufen Klatsch und Tratsch an jeden, der dafür zahlt.“

„Hab das Telefon auf lautlos gestellt. Musste nachdenken.“

„Du solltest mindestens deine E-Mails regelmäßig checken.“

Allerdings! Ich Idiot! Jetzt hatte ich noch viel mehr nachzudenken. Mein Kopf rauchte bereits. Diese Fotos durften auf gar keinen Fall an die Öffentlichkeit. Kein Mensch würde ein Callgirl als Mathematikerin einstellen. Und die Kooperation mit dem frommen Klotz konnte ich auch vergessen.

„Die Schnappschüsse sind keine Fakes?“, riss Ricky mich aus den Gedanken.

„Schön wär’s“, murmelte ich. „Haben sie dir die Story exklusiv angeboten?“

„Bis vor einer Stunde war das Angebot noch exklusiv.“

„Fuck”, fluchte ich. „Für wieviel?“

„100.000.“

„Mehr bin ich denen nicht wert?“

„Ich hab den Preis nicht gemacht.“

Ich schnaufte. „Das Geld bekommst du von mir. Ruf die an und sag, dass du die Story kaufst. Exklusiv. Wenn sie Zicken machen, biete ihnen das Doppelte. Für dich springt natürlich dasselbe raus, wenn du die Story nicht bringst. Haben wir den Deal?“

„Sind wir Freunde oder nicht, Jacob?“

„O. k. Dann hoffen wir das Beste, dass noch keiner von den Goldgräbern zugeschlagen hat. Halt mich auf dem Laufenden.“

Stöhnend schaltete ich meine sämtlichen Kommunikationsmittel wieder scharf.

„Beschaff mir die Nummer von Rudy’s Bar und die Privatnummer von dem Besitzer”, wies ich Melanie an. „Und danach sieh zu, dass du ein halbes Dutzend heiße und versierte Aushilfskellnerinnen an Land ziehst, die so lange es nötig sein sollte, in einer New Yorker Bar eingesetzt werden können. Erstmal auf unsere Kosten.”

„Wird gemacht, Boss“, erwiderte Melanie voll motiviert.

Ich wählte die Nummer von Emma.

Da sie nicht abhob, weil sie um die Zeit immer ein paar Stunden schlief, rief ich ihre Freundin Tina an und sagte ihr, dass sie Emmas Koffer packen sollte. Als Vorsichtsmaßnahme würde ich meine geliebte Emma noch heute aus dem Schussfeld nehmen, für den Fall, dass Ricky zu spät kam. Und auch ein ganz klein wenig für mich.

Callgirl unterm Weihnachtsbaum

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