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3.2Hör dir selbst zu

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Wenn ich Schülern rate, sich selbst zuzuhören, ernte ich manchmal unverständliche Blicke: „Wie kann man sich denn nicht zuhören?“

„Wenn du dir selbst zugehört hast, wie kann es dann sein, dass du den Namen der Figur deines Mitspielers vergessen hast, die du selbst etabliert hast?“

Gerade im Improtheater wird zu viel geredet, ohne etwas zu sagen. Die Worte bleiben Geschwätz und emotionales Wischiwaschi. Wenn ich wirklich meine, was ich sage, wird mir das nicht so schnell entfallen.

Wir haben schon besprochen, wie wichtig der Partner für unser Spiel ist. Daher gilt auch umgekehrt: Wir sind wichtig für unseren Partner – unsere improvisierten Sätze, Gesten und Emotionen.

Wir hören uns selbst nicht zu,

•wenn wir Namen, Orte und Tatsachen, die wir selber etabliert haben, vergessen,

•wenn wir unsere Figur schauspielerisch verlieren, zum Beispiel weil uns der Tonfall, der gestische Habitus oder der Dialekt entfallen,

•wenn unsere Gesten und Worte für uns selber nur wenig Bedeutung haben.

Das Namen-Vergessen ist die wohl augenfälligste Form des Sich-nicht-selber-Zuhörens.

A: „Ich habe das Beil mitgebracht, Herbert.“

B: „Ich heiße eigentlich Horst, aber du kannst gern Herbert zu mir sagen.“

A: „Ja, Horst-Herbert, nicht wahr?“

So sicher, wie der verzweifelte, kraftlose Lacher des Publikums für das Zurechtbiegen der Figur, so langweilig ist diese millionenfach gespielte Sequenz des Zwei-Namen-Kombinierens. Manchen scheint es banal und nicht so wichtig – man könne es ja immer noch rechtfertigen, und letztlich sei es ja egal, ob die Figur Herbert oder Horst heißt. Aber das ist es eben nicht. Wir verbinden als Zuschauer Emotionen mit ihnen. Also gib deinen Mitspielern Namen, die dir etwas bedeuten.

Je spezifischer man ist, umso leichter bleibt das Etablierte im Gedächtnis. Stellen wir uns zum Beispiel einen alten rauchenden Mann vor, der sitzend liest. Der emotionale Gehalt dieses Bildes bleibt wahrscheinlich ziemlich vage. Wenn wir uns nun aber vorstellen, dass er sich immer wieder die Brille zurechtrückt, dass er einen Zigarillo raucht, dass er in einem Schaukelstuhl sitzt und eine Zeitschrift über Motorboote liest, dann haben wir ein wesentlich farbigeres Bild vor uns, das uns sofort anspricht. Dabei habe ich lediglich die Attribute Alter, Rauchen, Sitzen, Lesen spezifiziert.

Ich höre mir zu, wenn ich die Figur ernst nehme, wenn der Dialekt mehr ist als nur ein hingeworfener Gag fürs Publikum, wenn ich ihre Gewohnheiten und ihre Sicht auf die Welt verinnerlicht habe, wenn sie mir wichtig geworden sind.

Improvisationstheater

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