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Kapitel 7: Die Akademie

Schon als sie das Tor passiert hatten, wusste Ayuma, dass sie Seron mehr gemocht hatte als diese große, hektische Stadt Daicha. Es war eng und schmutzig, an jeder Ecke schrien die Händler oder wurde Streit, der in Schenken begonnen hatte, auf der Straße ausgetragen. Und es stank nach zu vielen ungewaschenen Menschen und Tieren auf zu wenig Raum.

Ayuma wollte gerne ihre richtige Mutter kennenlernen und war ein wenig enttäuscht, als sie erfuhren, dass sich Königin Miyu zurzeit auf Reisen befand.

Izores und Cass hatten sich nach einer neuen Schmiede umgesehen, während Ayuma, Korsion und Nerada sich auf den Weg zur Akademie machten.

„Werden wir auch auf den General treffen? Wie ist er so?“, plapperte Ayuma vor Aufregung, jemanden kennenzulernen, der sich für ihr Leben eingesetzt hatte.

„Er ist hart, aber fair. Du solltest ihn nicht unnötig reizen. Sag einfach nur etwas, wenn er dich fragt“, informierte sie Nerada. Nun standen sie vor der Tür zum Empfangssaal. „Bereit?“

Ayuma atmete tief ein und nickte, woraufhin Nerada an die Tür klopfte.

„Herein“, rief eine tiefe Stimme. In der Mitte des großen Raumes saßen zwei Männer, die kurz aufblickten. „Nerada, schön, dich noch einmal hier zu sehen.“

General Yuuko, der rechte der beiden, wie Ayuma von Nerada wusste, hatte kurze schwarze Haare und so dunkle Augen, dass sie schon fast schwarz wirkten. Der andere schien genauso alt wie General Yuuko, war jedoch auffälliger anzusehen mit seinen langen dunkelblauen Haaren, die zu einem Pferdeschwanz gebunden waren. Die blauen Augen hätten lustig sein können, hätten sie nicht einem unnachgiebigen Krieger gehört.

„Wir sind uns dann so weit einig. Wir sprechen morgen weiter, General“, beendete der Zweite das Gespräch und verbeugte sich.

„Gut, Roscoe, du kannst gehen.“ General Yuuko wandte sich Nerada, Ayuma und Korsion zu. „Setzt euch doch.“ Er wies auf die andere Seite des riesigen Schreibtisches. Sie taten wie geheißen. Er selbst nahm auf einem großen, gemütlich gepolsterten Stuhl Platz. „Aus welchem Grund willst du mich sprechen, werte Nerada?“, fragte er.

„Ich bringe dir zwei Bewerber für einen Platz in der Akademie. Sie möchten ihre Ausbildung zu Kriegern beginnen“, kam Nerada zur Sache.

„Ich denke, die beiden in deiner Begleitung sind die zwei, um die es geht?“

Nerada nickte zustimmend und General Yuukos Blick wanderte musternd von Korsion zu Ayuma. Einen kurzen Augenblick blitzte etwas in seinen Augen auf, Ayuma konnte es nicht deuten.

„Aus welchem Grund wollt ihr Krieger werden?“, verlangte er zu wissen.

„Die Krieger Darilons haben meine Heimat zerstört. Ich muss den Schwertkampf beherrschen, wenn ich ihnen entgegentreten will“, erklärte Ayuma ihre Absichten.

„Und du?“, fragte General Yuuko, jetzt zu Korsion gewandt.

Korsion zuckte mit den Schultern und erklärte ungerührt: „Ich bin Ayumas Begleiter. Ich hab geschworen, dass ich an ihrer Seite bleibe. Außerdem muss ich weiter an meiner Schwerttechnik arbeiten, was man nirgendwo besser kann als hier.“

„Wenn Nerada sich für euch verbürgt, sehe ich keinen Grund, euch nicht aufzunehmen. Das neue Übungsjahr beginnt morgen, ihr beide kommt genau zur richtigen Zeit“, erklärte General Yuuko, was Ayuma innerlich jubeln ließ. „Eure Ausbildung läuft folgendermaßen ab: Zuerst werdet ihr als Schüler trainiert und bekommt verschiedene Aufgaben. Wenn ihr genug Aufgaben, oder wie wir sagen Missionen, bestanden habt, werdet ihr für die Prüfung der Krieger vorgeschlagen. Nach Bestehen der Prüfung seid ihr ausgebildete Krieger. Dann könnt ihr offiziell in die Armee von Baril eintreten“, erklärte General Yuuko. Er klatschte fröhlich in die Hände und umgehend betrat eine Dienerin den Raum. „Bring diese beiden zu den Unterkünften im Ostflügel“, wies der General sie an.

Die Besucher und die Dienerin verneigten sich und wollten gerade hinausgehen, als er nachschob: „Nerada, bevor du gehst, kann ich noch kurz mit dir allein sprechen?“

Nerada drehte sich um und schloss die Tür des Empfangssaals hinter den anderen.

„Kommt mit mir.“ Ayuma und Korsion folgten der Dienerin. Sie führte sie durch einen Gang, mehrere Treppen hinauf, erneut durch einen Gang und schließlich blieben sie vor einer Tür stehen.

„Das ist deins.“ Die Frau deutete auf Korsion. „Und deins ist das dort.“ Sie deutete auf die nächste Tür.

„Danke“, sagten beide und betraten ihre Bleibe.

Am nächsten Morgen saßen die Freunde zwischen den anderen Schülern im Speiseraum der Akademie. Es herrschte ein großes Durcheinander und es war laut. Das Essen schmeckte hervorragend, alle griffen ordentlich zu. Ayuma und Korsion tauschten ihre ersten Eindrücke beim Essen aus. Plötzlich wurde es still, als sich eine Person erhob. Sie erkannten General Yuuko.

„Ich hoffe, das Essen war nach eurem Geschmack. Jetzt müssen wir aber unser Tagewerk beginnen und uns wichtigeren Dingen zuwenden. Wie ihr wisst, fängt heute das neue Übungsjahr an. Hier die Vorgehensweise für die Neuankömmlinge: Ihr werdet in Gruppen aufgeteilt. Zuerst rufe ich euren Gruppenleiter auf, er kommt nach vorne. Danach werdet ihr aufgerufen, ihr stellt euch zu ihm. Wenn eure Gruppe vollständig ist, wird er euch auf den Übungsplatz geleiten. Jede Gruppe besteht aus vier Schülern und einem Lehrer.“ Er räusperte sich und holte eine Liste hervor. „Der Leiter der ersten Gruppe ist Goran Sky. Seine Schüler sind Loras Aryo, Neiro Aryo, Arzani Hikamaru und Afea Tsumera.“

Ein übellauniger Mann mit strubbligen weißen Haaren und hellen Augen trat vor. Er verschränkte die Arme und musterte die anwesenden Schüler. Die vier Aufgerufenen stolperten unsicher nach vorne. Sofort viel Ayuma ein Mädchen mit langen tiefroten Haaren und dunkler Haut auf, dem ein großer Wüstenfuchs folgte. Es war Arzani. Ayuma spürte eine Verbindung zu diesem Mädchen. Irgendetwas Übernatürliches ging von ihm aus, aber sie konnte es nicht erfassen, es schien jedenfalls kein Mensch zu sein. Goran verließ mit seinen Schülern die Halle.

„Der Leiter der zweiten Gruppe ist Roscoe Kero.“

Es war der Mann, den Ayuma gestern schon im Empfangssaal gesehen hatte. Erst jetzt konnte sie ihn sich richtig ansehen. Er musste aufgrund seiner blauen Haarfarbe eine Nymphe sein.

„Roscoes Schüler sind ...“ General Yuuko machte eine kurze Pause, was die Spannung in die Höhe trieb. „Falko Hivonoko.“ Ein Junge mit roten Haaren, ebenso dunkler Haut wie Arzani und braunen Augen ging nach vorne. „Orea Niwori.“ Diesmal war es ein Mädchen mit grünen Haaren und lilafarbenen Augen, das auf seinem Weg nach vorne längst nicht so ruhig blieb wie Falko. „Korsion Seram.“ Er stand sofort auf. „Ayuma Shino.“

Auch Ayuma stand auf und ging nach vorne. Sie wäre am liebsten losgerannt, hätte Korsion umarmt und sich gefreut, dass sie zusammen in einer Gruppe waren. Das ließ sie aber lieber bleiben und stellte sich verlegen neben die anderen drei.

„Folgt mir“, sagte Roscoe und ging mit ihnen in Richtung Übungsplatz davon. Es war nicht weit. Roscoe setzte sich auf den Boden und wies seine Schüler an, dasselbe zu tun.

Ayuma nahm zwischen Korsion und Orea Platz.

„Bevor wir beginnen, machen wir uns erst einmal miteinander bekannt. Ihr solltet ehrlich antworten, wenn ich euch nun ein paar Fragen stelle“, leitete Roscoe ein und blickte in die Runde. „Wieso seid ihr hier?“

Roscoe wandte sich Falko zu, der neben Orea saß. „Es ist allein meine Sache. Damit ihr es wisst, es ist jedenfalls nicht aus Rache. So wie bei vielen anderen.“ Falko blieb kühl und abweisend und verwirrte damit die Gruppe.

Orea übernahm nun das Wort. „Ich habe meine Kampfübungen gemacht, seit ich acht Jahre alt war, und ich werde mit jedem Tag besser. Mein Ziel ist es, so stark zu werden, dass ich der Armee von Darilon entgegentreten kann.“

„Nachvollziehbar“, meinte Roscoe und schaute nun Ayuma an.

Ihre Absichten hatte Ayuma gestern bereits dem General dargelegt. „Meine Heimat wurde zerstört. Mein Vater hat für mich ein Schwert geschmiedet und es mir zu meinem Geburtstag geschenkt. Ich denke, ich bin recht talentiert im Schwertkampf, aber ich muss noch einiges lernen.“

„Ich bin nur wegen Ayuma hier. Ich habe geschworen, an ihrer Seite zu bleiben. Wenn das zur Folge hat, dass ich im Schwertkampf besser werde, habe ich nichts dagegen“, leierte Korsion seinen Spruch herunter.

„Also habt ihr alle einen mehr oder wenigen vernünftigen Grund.“ Bei dieser Bemerkung wanderten seine Augen kurz von Falko zu Korsion. „Wenn ihr ein Ziel habt, arbeitet ihr härter, um es zu erreichen. Mit welcher Waffe kämpft ihr?“

„Meine Waffe ist ein Langdolch“, sagte Falko und zog ihn hervor. Der Griff und die Klinge waren schwarz. Roscoe streckte die Hand danach aus. Falko nickte und gab ihn ihm.

„Lass mich raten: schwarzer Kristall?“

„Ja, ich hab den Dolch schon seit Jahren und er hat keine einzige Schramme“, prahlte Falko. Roscoe gab ihm seinen Langdolch zurück und dieser steckte ihn zurück an seinen Gürtel.

Orea war an der Reihe. „Ich kämpfe mit Pfeil und Bogen.“

„Also kämpfst du eher im Fernkampf?“

Sie nickte.

„Wie ich schon sagte, mein Vater hat mir ein Schwert geschenkt und deswegen ist dies meine Waffe“, wiederholte Ayuma und zog ihr Schwert hervor, das Roscoe eingehend betrachtete.

„Ein Zweihänder, zweischneidig und aus weißem Kristall.“

„Ich habe auch ein Schwert“, lenkte jetzt Korsion die Aufmerksamkeit auf sich. „Meins ist aus schwarzem Kristall.“

„Als Einhänder ist ein Schwert aus schwarzem Kristall geeigneter. Der schwarze Kristall hält härtere Schläge aus und das Schwert ist trotz seines höheren Gewichts wendiger. Es wird oft von Männern bevorzugt. Und es sieht einfach gefährlicher aus“, erklärte Roscoe schmunzelnd die feinen Unterschiede. Er stellte noch einige weitere Fragen, bis er schließlich erklärte: „Für heute seid ihr erlöst. Ich erwarte euch morgen um dieselbe Zeit hier auf dem Übungsplatz.“

Die Schüler standen auf und gingen gemeinsam zurück zur Akademie.

Gerade als sie das Tor erreichten, sprang Ayuma zur Seite und verließ die anderen, um noch schnell ihren weißen Drachen Finea zu besuchen, der in den großen Stallhallen der Akademie Platz gefunden hatte.

„Ich habe schon gedacht, du hättest mich vergessen“, strahlte Finea Ayuma erfreut an und diese erzählte der Drachendame, was sie an ihrem ersten Tag erlebt hatte.

„Und weißt du, was das Beste von allem ist?“, fragte Finea.

„Nein, was?“ Ayuma schaute sie fragend an.

„Du bekommst auch Unterricht im Fliegen!“

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