Читать книгу Love@work - Das Tagebuch - Dani Merati - Страница 3
1. Kapitel
ОглавлениеMit einem Mut machenden tiefen Atemzug betrat Sascha die Werbeagentur ‚Green Elefant‘. Er wusste nicht, wieso er sich das jeden Tag aufs Neue antat. Am liebsten würde er das Praktikum schmeißen, aber das käme beruflichem Selbstmord gleich. Die drei Plätze, die jedes Jahr von der Agentur ausgeschrieben wurden, waren heiß begehrt und nach achtzehn Monaten in der Topagentur der Stadt riss man sich förmlich um die Absolventen.
Hätte er sich doch nur nie mit diesem Schleimbeutel eingelassen. Wie naiv war er eigentlich? Erst vögelte er während der letzten Award-Verleihung mit Heinrich, der an ihm danach wie eine Klette gehangen hatte und den er nur schwer wieder losgeworden war. Aber der behäbige Buchhalter war harmlos im Gegensatz zu seinem direkten Vorgesetzten, der ihn bei jeder sich bietenden Gelegenheit durchnagelte ...
Er sollte endlich lernen, Nein zu sagen.
‚Ja klar, Sascha, das hat die ersten dutzend Male ja so hervorragend funktioniert.‘
Tauber saß eindeutig am längeren Hebel, war als stellvertretender Agenturchef ganz oben in der Hierarchie. Er dagegen gehörte nur zum Fußvolk. Jederzeit austauschbar. Vielleicht war es doch besser zu kündigen. Aber alles hinschmeißen, weil der Bastard ihn zum Sex nötigte? Nur ein halbes Jahr bräuchte er noch durchhalten, er benötigte die Referenzen von ‚Green Elefant‘. Er würde sich wegen dieses Mistschweins nicht seine Zukunft verbauen. Er musste einfach nur weiter unbeteiligt wirken und es an sich abprallen lassen.
Mit hängenden Schultern schlurfte er in die Aufzugkabine. Wem wollte er eigentlich etwas vormachen? Es gab einen bestimmten Grund - oder besser eine Person - wieso er noch nicht die Flucht ergriffen hatte. Tief in ihm schlummerte die Hoffnung, dass jener Mann sein Retter war. Natürlich müsste er dazu erst einmal den Mut finden, sich ihm anzuvertrauen. Das funktionierte bisher jedoch nur in seinen Träumen. Darin stürmte sein Ritter in Martins Büro und prügelte ihn windelweich, ehe er die um Gnade winselnde Ratte eigenhändig aus dem Gebäude schleifte. Eine erhebende Vorstellung ... aber leider nur das, da Sascha niemals den Mut aufbringen würde, Tauber zu verpfeifen.
„Stopp. Halten Sie bitte den Fahrstuhl auf!“
Ein tiefes Timbre hallte durch die Lobby der Agentur und unwillkürlich schauderte er. Hatte er ihn mit seinen Gedanken angelockt? Automatisch hielt er den Aufzug für die Person auf, die ihm, seit er hier arbeitete, schlaflose Nächte bereitete: Adam Donahue!
Es war Himmel und Hölle gleichzeitig, dem Mann seiner Träume so nahe zu sein, dass er nur eine Hand ausstrecken müsste ... Sascha war überzeugt davon, dass der Agenturchef ihn nie so verachtenswert und herablassend wie Martin behandeln würde. Oder ihn mit dem Praktikum erpressen. Ebenso wie sein jüngerer Bruder Grayson - noch so ein Prachtexemplar! - galt er als äußerst fair. Knallhart zwar, wenn jemand Mist baute, aber immer gerecht!
„Hey, vielen Dank. Oh guten Morgen, Sascha. So früh schon im Büro? Sehr vorbildlich.“
Fröhlich grinste sein Boss ihn an und der Muskel in Saschas Brust überschlug sich vor Freude, den attraktiven Agenturchef zu sehen. Alles andere rückte in weite Ferne, verkam zur Nebensächlichkeit.
„Guten Morgen, Adam.“
‚Mehr hast du nicht drauf? Kein Wunder, dass so ein Schwein wie Tauber leichtes Spiel mit dir hat! Du bist ein erbärmlicher Feigling. Los! Mach den Mund auf. Erzähl ihm endlich, was sein Stellvertreter mit dir anstellt.‘
Doch Sascha blieb stumm. Die Angst, dass Adam ihn wegen seiner Schwäche verachten oder ihm vielleicht nicht glauben würde, dass es unfreiwillig geschehen war, schnürte ihm die Kehle zu.
„Hey Sascha, bist du okay? Du siehst etwas blass um die Nase aus.“
Der Agenturchef stand plötzlich ganz dicht vor ihm, eine Hand erhoben, als wollte er ihn berühren. Erschrocken wich er aus und prallte an die Fahrstuhlwand. Adam räusperte sich und trat seinerseits einen Schritt zurück.
„Sorry, ich wollte dir nicht zu nahetreten. Es sah nur gerade so aus, als würdest du aus den Latschen kippen.“
„Oh.“ ‚Sehr intelligent, Sascha!‘
„Ähm, mein Kreislauf braucht morgens ein bisschen mehr Anlauf. Nichts, was eine Überdosis Koffein nicht in den Griff kriegt.“
Zaghaft grinste er seinen Chef an. Der musterte ihn einen Moment schweigend, schien die Erklärung jedoch zu schlucken.
„Hm, okay. Vielleicht kann ich deine Zirkulation noch stärker motivieren. Ich hätte einen Kunden für dich. Nichts Großes, die Kampagne läuft schon seit zwei Jahren ziemlich erfolgreich, aber Wolfgang König möchte gern etwas frischen Wind reinbringen. Traust du dir das zu?“
Ein eigener Klient? Er musste träumen. Ganz bestimmt. Zweifellos lag er noch Zuhause in seinem Bett und ...
„Das ist ... Ja, das tue ich. Ich werde dich nicht enttäuschen, Adam.“
Entschlossen blickte er seinen Chef an. Das war eine Riesenchance und vielleicht ...
„Das weiß ich, Sascha. Wenn du Fragen hast, komm einfach in mein Büro. Ich helfe dir gerne.“
Adam zwinkerte ihm zu und er verlor sich in den grauen Iriden, die ihn immer an einen sturmumtosten Himmel erinnerten. Doch im Moment leuchten sie viel heller, funkelten regelrecht, schienen ihn irgendwie zärtlich anzusehen. Das Rucken des Fahrstuhls riss ihn aus seiner Träumerei.
‚Dämlich Sascha. Einfach nur närrisch. Adam ist nur freundlich. Er behandelt alle Mitarbeiter zuvorkommend und gibt ihnen das Gefühl, wichtig zu sein. Du bist nichts Besonderes.‘
„Mache ich“, presste er hervor und hielt krampfhaft sein Lächeln aufrecht. „Okay. Dann frohes Schaffen. Man sieht sich.“
Mit einem letzten Zwinkern verließ sein Boss den Aufzug und er folgte ihm wie in Trance. Matt ließ er sich in seinen Bürosessel plumpsen, verfolgte die hochgewachsene Gestalt des anderen Mannes, der sein Büro betrat, das genau gegenüber seinem Schreibtisch lag. Pure Folter! Er hatte seinen Chef so immer vor Augen, wie eine Möhre, die unerreichbar vor dem armen Kaninchen baumelt.
‚Schluss jetzt, Sascha. Er hat dir einen Kundenaccount übertragen, eine eigene Kampagne. Das ist eine Riesenchance, die du nicht vermasseln darfst!‘
Es sank allmählich in sein Bewusstsein, wie groß die Chance tatsächlich war. Keiner der anderen Praktikanten arbeitete alleine an einem Konzept. Mit Feuereifer stürzte er sich auf die Mappe, die Adam anscheinend schon gestern Abend auf seinen Platz gelegt hatte.